Gratis Newsletter !
Der Schultreff-Newsletter informiert Dich stets über neue Arbeiten und mehr rund um Schultreff.
Du kannst Dich jederzeit wieder abmelden.
 

Annette von Droste - Hülshoff

Annette von Droste - Hülshoff wurde am 12. Januar 1797 auf dem Wasserschloss Hülshoff bei Münster in Westfalen geboren. Beide Eltern Annettes entstammten dem alteingesessenen
Werbung
westfälischen Adels. Clemens August, der Vater, gehörte einer der angesehensten Familien des Münsterlandes an. Der Vater war ein sanftmütiger, gelehrter Mann, zu dem sich die Tochter besonders hingezogen fühlte. Während Clemens August entsprechend der Rollenverteilung die Familie nach außen vertrat, organisierte die Mutter Therese Luise, sie stammte aus dem ostwestfälischen Adelsgeschlechts derer von Haxthausen auf der Abbenburg und im Bökerhof bei Brakel, das gesamte Hauswesen einschließlich der Erziehung. Sie galt als lebenspraktischer als ihr Mann und war die eigentliche Herrin. Annettes Verhältnis zu ihrem Vater war eher kindliche Liebe, das zu ihrer Mutter in erster Linie Respekt. Sie war das zweite Kind, das nach ihrer 1795 geborenen Schwester Maria Anna, genannt Jenny, geboren wurde. Ein Jahr nach Annettes Geburt kam Werner Konstantin, der Erbe der Hülshoff, und darauf, 1800, ihr Lieblingsbruder Ferdinand zur Welt. Annette wurde mehr als einen Monat zu früh geboren, deshalb war sie auch ihr ganzes Leben über anfällig für Krankheiten. Ihr Überleben verdankte sie ihrer Amme, der Weberfrau Maria Katherina Plettendorf aus Altenberge, die mit ihrem Sohn auf das Schloss zog. Früh wurden die vier Kinder von Hauslehrern in alter Sprache, Französisch, sowie Naturkunde und Mathematik unterrichtet. Auffällig war von Anfang an, ein Erbteil des Vaters, Annettes musikalische, von der Familie geförderte Begabung. Von 1804 bis 1814 entstanden bis zu 50 von der Mutter handgeschriebene Gedichte, die die Mutter nicht als Kunstwerke ansah, wie das „Lied vom Hähnchen“.

Am 4. August 1805 unternimmt die achtjährige ihre erste Reise zu den Eltern ihrer Mutter nach Bökendorf  bei Brakel in Ostwestfalen. Der wache Intellekt Annettes machte sie den dominierenden Männern suspekt, die mit Spott auf ihrer literarischen Versuche reagierten. 1813 verbrachte Annette erneut den Sommer in Bökendorf, wo sie Wilhelm Grimm, der mit ihren Onkeln Werner und August von Haxthausen befreundet war, kennenlernte. Sie nahm an Grimms Sammeln von Volksliedern und Märchen teil. Bei der ersten Begegnung Grimms mit Annette fühlte er sich von ihr höchst unangenehm berührt, fand sie jedoch dann durch ihr Wissen über die Märchen und Sagen doch sehr nett.

Für Annette blieben jedoch die Bökendorfer Erfahrungen zwiespältig. Man wollte nicht, dass sie dichtete. Sie dachte, da ihre Onkels auch literarische Interessen verfolgten, würde sie auf Verständnis stoßen. Dies war jedoch nicht der Fall. Ihre Mutter dagegen war sehr stolz und trug auch ein paar Gedichte der Gesellschaft vor. Jedoch dachte man bei ihren Dichtungen eher an häusliche, unterhaltsame Gelegenheitsdichtungen und nicht an etwas Ernstes. Deshalb wandte sich die Dichterin an Anton Matthias Sprickmann, ihren wichtigsten literarischen Anreger, den sie 1812 kennenlernte. Sie legte ihm ihre Gedichte vor und unterwarf sich seinem verständnisvollem Urteil. 1815 traten bei ihr schwere gesundheitliche Störungen und seelische Depressionen auf. Diagnosen schwankten zwischen rheumatischer Erkrankung, Lungentuberkulose und Erkrankung der Schilddrüse. Über dies hatte man eine neuropathisch - psychopathische Anlage angenommen. Sie konnte wegen ihrer Augenentzündungen nichts schreiben und war somit zur Ruhe gezwungen.

Im Frühjahr 1819 reiste Annette zu ihren Verwandten ins Paderbornische. Über ein Jahr lang verbrachte sie in Bökendorf. Sie unterbrach ihren Aufenthalt für eine Kurbesuch in Bad Driburg und hoffte hier Linderung für ihre Kopf-, Augen- und Magenbeschwerden zu finden.

Annette begab sich im Juni 1819 nach Driburg, wo sie lebhaft am gesellschaftlichen Leben teilnahm, ohne wirklich interessante Menschen zu treffen. Außer der Reiseschriftstellerin Knigge. In einem Brief an die Mutter beschwerte sich Annette darüber, wie teuer hier alles sei. Aus diesem Grund lehnte sie auch eine 2. Kur ab. Jedoch konnte sie sich über den Kuraufenthalt nicht beklagen, denn ihre Beschwerden waren nur noch vereinzelt da. In einem Brief an den Vater erzählte Annette das erste mal von Heinrich Straube. Er war ein Student der Rechtswissenschaft und für seine Freunde ein künftiger bedeutender Dichter. 

Annette lernte ihn ein Jahr zuvor in Bökendorf, durch ihren Onkel August, kennen. Er sah äußerlich zwar nicht sehr gut aus, war jedoch ziemlich geistreich und amüsant. 1820 erstand zwischen Annette und Straube eine kleine Romanze. Wie weit diese Liebelei wirklich ging, weiß man nicht, jedoch schrieb Annette ihr Erlebnis in dem Gedicht „Die Taxuswand“ nieder. Über die Ursachen des Scheiterns ist viel gerätselt worden. Aber es ist sicher, dass eine Familienintrige, ihrer Stieftante Anna von Haxthausen, ausschlaggebend dafür war, von der die ganze Familie wusste. Warum sie das tat weiß keiner. Schlüsselfigur der Intrige war der aus Hannover stammende August von Arnswald. Er war ein Freund der Familie Haxthausen und von jugendlich attraktiven Aussehens. Er näherte sich Annette und machte ihr viele Komplimente. Staube war der Zeit in Göttingen. Die Dichterin fühlte sich zu Arnswald hingezogen merkte jedoch, dass sie nur Straube liebe. Arnswald fuhr nach Göttingen und erzählte dies Annettes Geliebten. Heinrich Straube schrieb darauf einen Brief an die Droste und kündigte ihre Freundschaft. Somit hatte die Intrige ihr Ziel erreicht. Annette sah Arnswald, der Anna heiratete und Straube der auch heiratete, nie wieder. Annette durchschaute zwar das böse Spiel, wusste aber nicht das ihre eigene Familie daran beteiligt war. Nach der Enttäuschung zog sich die Droste nach Hülshoff zurück und miet 18 Jahre lang Bökendorf und die dort stattfindenden Familienfeste, zumal sie die Rolle ihres Onkels August durchschaute, der u.a. die Intrige mit inszeniert hatte. Um Abwechslung zu bekommen, reiste sie in den Jahren 1822 und 1824 mit ihrem Bruder Werner ins Sauerland. In Gevelinghausen lebte seit 1796 die Familie Wendt - Papenhausen aus der Annettes Stiefgroßmutter stammte. Caroline von Wendt - Papenhausen wurde später die Frau Werners und somit Schlossherrin von Hülshoff. Die Droste schrieb in dieser Zeit geistliche Lieder für ihre Steifgroßmutter und begann die Arbeit am „Geistlichen Jahr“. Zwischen den Jahren 1822 und 1824 gibt es keine schriftlichen Lebenszeichen, jedoch verschwand durch die Reisen ins Sauerland ihre Isolation und Vereinsamung. Durch die Reisen die sie unternommen hatte, fasste sie wieder Mut und drängte den Schmerz in den Hintergrund.

Im Oktober 1825 unternahm Annette auf ärztlichen Rat zur Luftveränderung ihre erste große Reise nach Köln zu ihrem Onkel Werner und dessen Frau. Er verfolgte die Dichterischen Versuche der Nichte mit Ironie und Spott, war aber aufrichtig und hatte garantiert nichts mit der Intrige von Bökendorf zu tun. Kurz nach ihrer Ankunft in Köln lief am 17. Oktober 1825 der erste Rheindampfer „Friedrich Wilhelm“ aus. Dieses Erlebnis faszinierte sie so, dass sie sofort ihrer Mutter davon berichten musste. Ihr gefiel es hier sehr gut. Sie bekam teure Geschenke und nahm an einigen Bällen teil. Auch das Klima tat ihr sehr gut. Amüsiert verfolgte sie das bunte und lustige Karnevalsgeschehen in dieser Stadt. Ihre erste Rheinreise war für sie die wichtigste, da sie dort Wilhelmine Thielmann wiedersah, die sie bereits 1817 bei Schlossbällen in Münster kennenlernte. Sie empfand Wilhelmine als Mutter, bei der sie größeres Verständnis gefunden hatte, als bei ihrer eigenen Mutter. Annette hatte sie sehr lieb und sie schrieben sich sehr oft. Durch die Frau ihres Onkels lernte die Droste im Winter 1825/26 bei einem gesellschaftlichen Zusammenkunft die gleichaltrige Sybilla Mertens - Schaaffhausen kennen, genannt „Die Rheingräfin“, und beeindruckte diese so, dass Sybilla sie sehr gern hatte. Sie waren gut befreundet und Annette kam oft bei der häufig kranken Sybilla vorbei. Sybilla gehörte zur Generation der Frauen die früh Selbstachtung und zu einem stabilen Selbstbewußtsein gefunden hatten. Durch den Umgang mit der selbstbewußten Frau, führte es zu Spannungen in dem Haus des Onkels. Nachdem sie wieder in Hülshoff war, schrieb sie ihrer Tante Betty, sie solle doch bitte mit ihrem Onkel reden, dass er nicht mehr böse sei.

Die inzwischen 29 jährige fühlte sich wieder mit ihrer Familie konfrontiert, vor allem mit ihrer Mutter, da Annette ein typisches Kölner Verhalten aufwies. Da sie weitere Konflikte vermeiden wollte, tat sie das was man von ihr verlangte. In Köln konnte sie mit ihrer Freundin alles ungezwungen tun und lassen was sie wollte. Die Dichterin bewunderte Thielmann und Sybilla, da sie so emanzipierte Frauen waren, die auf sie einen bestimmten Einfluss ausübten. Reisen war für Annette, wie für alle Dichter, zum lebenslangen vollzogenen Aufbruch aus der Enge in die Weite der Welt, in der man die Expansion des eigenen Ichs erfuhr.  

Annette fuhr während ihres Aufenthalts 1825/26 unteranderem nach Koblenz, danach in die Universitätsstadt Bonn, wo sie abwechselnd bei dem älteren Bruder ihrer Mutter Moritz Elmerhaus von Haxthausen und bei ihrem Vetter Clemens August von Droste - Hülshoff wohnte. Ihr Onkel Moritz mochte Annettes Vetter nicht und machte ihn anderen gegenüber schlecht. Ähnlich parteiisch und voreingenommen ging Moritz auch mit anderen ins Gericht, die sich kritisch zu August Wilhelm Schlegel, dem Star der Bonner Universität, verhielten. Annette hatte ihn während ihres Aufenthalts in Bonn kennengelernt und fand den Professor für Kunst- und Literaturgeschichte sehr nett und bat ihn ihre Gedichte durchzuschauen, jedoch ging die Stellungnahme verloren. Annette lernte unteranderem Eduard d´ Alton, Professor der Archäologie und Kunstgeschichte und den Arzt und Naturforscher Professor Josef Ennemoser kennen.

Nach ihrem interessanten Aufenthalt fuhr die Droste Ende April 1826 zurück nach Hülshoff. Sie war sehr traurig als sie von Köln wegging, redete sich aber ein, sie werde ja ihre Eltern wiedersehen und müsste glücklich sein. Das komische an ihrem Aufenthalt in Köln und Bonn war, dass sie nie über Beschwerden und irgendwelche Krankheiten plagte. Wahrscheinlich tat ihr das Klima so gut oder vielleicht war es, weil ihre Familie nicht bei ihr war. Als Annette in Hülshoff ankam, sah sie ihren Vater, der trotz einer schweren Krankheit ziemlich gut aussah. Als die Familie im Juli zu dem Familientreffen nach Bökendorf fahren wollte, starb der Vater ganz plötzlich am 25. Juli. Für Annette war es a schlimmsten, da er die eigentliche Seele des Elternhauses gewesen war. Der älteste Sohn Werner bezog den Ansitz Hülshoff mit seiner Frau Caroline von Wendt - Papenhausen und die Dichterin, ihre Mutter, ihre Schwester Jenny und ihre Amme zogen ins wenige Kilometer von Hülshoff gelegene Rüschhaus, das die Drostes als Witwensitz erworben hatten. Annette führte hier ein zurückgezogenes, einsames Leben, dass leider oft von Verwandtenbesuchen und des sonntäglichen Erscheinen des Hülshoffer Hausgeistlichen unterbrochen wurde. Es muss ein ereignisloses Leben im Rüschhaus gewesen sein. Tag für Tag das selbe Geschehen. Sie ging nur noch selten nach Hülshoff, da der Weg dorthin sehr beschwerlich war und sie kein gutes Verhältnis zu ihrem Bruder Werner hatte. Der Zustand ihres Bruders Ferdinand, der sie öfters besuchte, machte ihr große Sorgen, da er während eines Besuches sogar Blut gebrochen hatte. Auch Annettes körperliche Beschwerden wurden schlimmer.

Zur Erholung fuhr Annette 1828 erneut nach Bonn und besuchte ihren Vetter Clemens August. Darauf fuhr sie nach Plittersdorf zu ihrer Freundin Sybilla Mertens - Schaaffhausen. Hauptgrund warum sie wieder hierher kam, waren nicht ihr Vetter oder ihre Freundin, sondern Wilhelmine Thielmann, die sich im benachbarten Bad Godesberg  aufhielt. Leider war Frau Thielmann während des Aufenthalt der Droste sehr krank gewesen und Annette war sehr traurig als sie wieder nach Hause fuhr, da sie sich so selten gesehen hatten.

Als Annettes Schwester Jenny den Vorschlag machte nach Mannheim zu reisen, war Annette nicht sehr begeistert, das eher ungewöhnlich für sie war. Sie meinte das Mannheim sehr klein sei, schlechte Luft habe und die Gesellschaft sehr niedrig wäre. Jedoch war der eigentliche Grund der, dass die ganze Familie mitfahren würde. Sie schlug Köln oder Bonn als Reiseziel vor, da sie sich hier wie bekannt am wohlsten fühlte.

Im Herbst 1830 reiste sie erneut an den Rhein zu ihrem Vetter Clemens von Droste und wieder schienen Atmosphäre und Klima ihre heilende Wirkung nicht zu verfehlen. Sie wurde Mitglied bei einer Leihbibliothek und Stammgast bei einem Friseur, zu dem sie fast jeden Tag ging, und sich täglich neu einkleidete. In ihrem Brief an die Mutter meinte sie, sie würde alle sehr vermissen, so wie man es von ihr erwartete, dehnte den Aufenthalt jedoch bis in den Winter hinaus. Die Freundschaft zu ihrer Freundin Sybilla war nicht mehr so stark. Als diese Anfang des Jahres 1831 erkrankte, fuhr Annette zu ihr um sich um sie zu kümmern. Sie hatte in diesen sechs  Wochen für nichts Zeit, auch nicht um irgendwelche Gedichte zu schreiben. Der eigentlich Gewinn dieser zeit war die Bekanntschaft mit der Schriftstellerin von Reisebüchern und Frauenromanen Adele Schopenhauer. Ihre Mutter war die Patin von Goethes Enkel. Annette schätze Adele als Kritikerin und vertraut Adele auch gerne ihre Gedichte an und wartete auf ihr Urteil. Ihr Kontakt hielt bis ins Jahr 1842. Adele sah in der Droste eine große Dichterin. Annette war auch eine gute Märchenerzählerin, so dass sich oft viele Kinder um sie versammelten. Die Freundschaft zwischen Annette und Sybilla ging ernennt zu Bruch. Darauf verschwanden auch plötzlich die zugeschickten Verse an Adele, die für ein Buch gedacht waren. In Sybillas Tagebuch stand, dass sie diese vernichtet hatte, da sie ziemlich schlecht und nichts für die Gesellschaft seien.

In einem Brief von 2. November 1828 an Wilhelmine, bat die Dichterin nach Information über die Schweiz, von der Annette schon sehr viel durch Wilhelmine erfuhr. Durch die Informationen begann sie das Gedicht mit dem Namen „Das Hospiz auf dem großen St. Bernhard“ zuschreiben. Dieses Gedicht wurde jedoch erst 1834 fertig.

Durch die wiederholten Reisen an den Rhein, wurde ein literarischer Schaffungsprozess ausgelöst, da zu Hause kaum jemand da war mit dem sie über literarische Dinge hätte reden können. Auch als Annette im Herbst 1828 aus Bonn zurückkehrte, waren die Mutter und ihre Schwester noch in Bökendorf, wo Annette seit sechs Jahren nicht wegen ihres Onkels August von Haxthausen gewesen war. Sie hatte sowieso zu ihren Verwandten ein schlechtes Verhältnis, außer zu ihrer Schwester Jenny und ihrem Bruder Ferdinand. Der Sommer am Rhein hatten Annettes körperliche Beschwerden wie Kopf- und Augenschmerzen nicht gebessert, so dass sie kaum einen angefangenen Brief fertigstellen konnte. Durch ihre Krankheiten und der Bökendorfer Intrige interessierten sich nur weniger Männer für sie. So war sie praktisch vom gesellschaftlichen Leben völlig abgeschnitten. Da ihre Krankheiten immer schlimmer wurden, wandte Annette sich an einen Münster Homöopathen, der erste erfolge mit ihr hatte. Durch die Pflege ihres am 15. Juli  1829, durch eine Lungenkrankheit, gestorbenen Bruders Ferdinand, wurde auch ihre Krankheit immer schlimmer. Da ihre Schwester Angst hatte auch sie zu verlieren, zogen die beiden Schwestern nach Münster in die Nähe des Arztes. Durch die Therapie ging es der Droste wieder wesentlich besser. Sie verstand sich auch mit ihrem Arzt sehr gut, jedoch war Annettes Krankheit eher hervorgerufen durch Isolation. Mangel an geistigen Austausch, an liebevoller Zuwendung und Krisen. Jedoch sprachen die meisten Ärzte nicht mit ihren Patienten, um das herauszufinden.

Mitte des Jahres 1831 kehrte Annette ins Rüschhaus zurück. Dort begegnetet sie dem 16 jährigen Levin Schücking, der Sohn der berühmten Katherina Busch, die Annette 1803 kennengelernt hatte. Der Sohn sollte hier auf ein Gymnasium und die Dichterin hatte vor, sich um ihn zu kümmern. Erst als im November 1831 seine Mutter starb, nahm Annette ihre Aufgabe richtig ernst. Sie sahen sich viele Jahre nicht. 1838 begegneten sich der 23 jährige und Annette erneut. Sie hatten eine äußerst ergiebige literarische Verbindung zueinander. Die Droste hatte in diesen Monaten kaum Zeit, wegen der Vollendung einiger Werke und konnte somit mit niemandem reden, deshalb war das Zusammentreffen im Frühjahr 1834 mit dem etwas jüngeren Philosophen Professor Christoph Bernhard Schlüter eine Bereicherung für sie. Sie unterhielten und schrieben sich oft. Durch ihn hatte Annette häufig Ideen zum Schreiben. Durch Schlüter lernte Annette den Philologie- und Geschichtsstudenten Wilhelm Junkmann kennen, denn sie wegen seiner Aufrichtigkeit schätzte. In diesem Jahr lernte sie noch jemanden bedeutendes kennen, nämlich den Schweizer Freiherrn Josef von Laßberg, der mit ihrem Onkel Werner ins Rüschhaus kam. Nachdem er die Schwester der Dichterin kennenlernte, hielt der 60 jährige um Jennys Hand an. Die Mutter war zwar nicht sehr begeistert, ließ es dann im Oktober 1834 jedoch zu. Annette und ihre Mutter viel die Trennung von Jenny schwer. Die Droste schätzte ihren Schwager, der bis heute als einer der bedeutesten Germanisten gilt, sehr. Jedoch mochte er Annettes Gedichte nicht, da er nur die altdeutsche Literarturwelt schätzte und half ihr wie Sybilla nicht einen Verlag für einen Buchdruck zu finden. Da es im Rüschhaus noch einsamer ohne die Schwester geworden war, reisten Annette und ihre Mutter im Juli 1835 über Bonn zu ihrer Schwester nach Eppishausen im Thurgau, wo sie im September eintrafen. Als Annette einen Brief an ihren Freund Schlüter schrieb, schilderte sie ihm ganz genau wie wunderschön die Natur hier war, aber wie düster, einsam, öde und gewaltig dieser Ort bei Dämmerung und bei Nacht war. Durch die Schilderung in ihren Briefen entstand ein richtiges Landschaftsbild, das zur Dichtung überging. So schön wie die Natur hier auch war, Annette langweilte sich trotzdem, soweil ihre Schwester schwanger war und es ihr nicht gut ging. Hier hatte sie wieder niemanden mit dem sie über Literatur hätte reden können. Genervt war sie von ewigen Erzählungen ihres Schwagers von altdeutscher Literatur die sie erdrückte.

Am 5. März kamen endlich die Zwillinge Hildegund und Hildegard, die Nichten der Dichterin, zur Welt. Als die ganze Familie im Mai an den Bodensee fuhr, stürzte Laßberg so stark, dass er zwei Wochen in einem Wirtshaus von seiner Frau gepflegt werden musste. Annette und ihre Mutter reisten mit den Zwillingen zurück nach Eppishausen und kümmerten sich so lange um die Kinder. In der Zeit in Eppishausen entstanden einige weitere Gedichte.

Im Oktober 1836 reiste Annette von Eppishausen ab, da sie hier nichts mehr hielt. Im Winter 1836/37 fuhr sie nach Bonn, zu ihrer verwitweten Cousine Pauline. Durch einige Besuche bei Sybilla wurde klar, warum die Verse an Adele damals verloren gingen.

Im Februar 1837 trat Annette, bei schlechter Gesundheit, mit dem Dampfschiff den Heimweg nach Rüschhaus an, jedoch kamen durch die Ankunft zu Hause wieder die ganzen Verpflichtungen auf sie zu, die ihr keine Zeit ließen.

Das Jahr 1837/38 war für die Droste das literarischte in ihrem Leben. Sie schrieb mehrere Gedichte. In dieser Zeit erwähnte Annette auch das erste Mal den Stoff  zur „Judenbuche“, einer Kriminalgeschichte die wirklich vorgefallen ist und die wohl das bekannteste ihrer Werke ist. Vielleicht war diese Geschichte der Grund dafür, dass sie im Frühjahr 1838, nach 18 Jahren, ihre Verwandten in Bökendorf, wo man ihr so übel mitgespielt hatte, wieder besuchte. Gewohnt hatte sie auf der Abbenburg, dem Stammsitz der Haxthausens. Hier hatte sie sehr viel Zeit und Ruhe zum schreiben. Die Droste verstand sich jetzt wieder gut mit allen, außer mit ihrem Onkel August. Sie wollte ihre Gedichte in Druck geben, aber es wurde für ihre Werke kein geeignetes Lesepublikum gefunden. Durch die Enttäuschung mit Sybilla und ihrem Schwager, überließ sie Schlüter und Junkmann die Verhandlungen mit einigen Verlegern. Nur ein Münster Verleger willigte ein, von dem Annette gar nicht begeistert war, da nicht sehr viele Münster Bürger gern lesen würden, sagte aber nichts.

Im Spätsommer 1838 erschien das 220 Seiten Buch mit 500 Exemplaren halb anonym, weil es die Droste so wollte, unter dem Namen „Gedichte der Annette Elisabeth v. D. H.“ Als das Buch herauskam, war Annette gerade in Bökendorf, um nichts von der Herausgabe mitzubekommen. Sie bekam einige Exemplare für ihre Familie zugeschickt, die es aber für schrecklich und kindisch hielten. Zurück in Münster lobten sie nur ihre Freunde, die „Kölnische Zeitung“ hielt es für eine Frau über 40 für unreif. Sogar manche Freunde meinten es sei nicht gut. Insgesamt wurden nur 74 Bücher verkauft. Aber der Mißerfolg leitete den Durchbruch ein. Im Winter 1838/39 fand im Haus Rothenburg bei Münster eine sogenannte „Heckenschriftsteller-gesellschaft“, bei der Rätin Elise Rüdiger, statt. Hier versammelten sich Leute die über Autoren sprachen. Die Künstler selber waren auch anwesend, um ihre Werke vorzustellen. Wie auch die Droste nahmen diesmal u.a. Junkmann und Schücking teil. Für Annette war es toll mit anderen Autoren über literarische Dinge zu reden.

Im Jahre 1839 nahm Annette auf Drängen Schlüters die abgebrochene Arbeit am „Geistlichen Jahr“ wieder auf.

Am 14. Januar zog die Dichterin einen Schlußstrich unter das „Geistliche Jahr“, da es nur Illusionslose Vergewisserungen gewesen waren. Danach schrieb sie noch einige unbedeutende Gedichte.

1840 begann sie auf Bitten Schückings hin Balladen zu schreiben, aus denen ein Erfolg wurde. Innerhalb weniger Jahre wurde sie zur bedeutesten Balladenautorin des 19. Jahrhunderts. Die einzigste vollendete Novelle der Droste ist ihr eigentliches Lebenswerk, nämlich die „Judenbuche“. Diese Geschichte ereignete sich um 1806. August von Haxthausen, der Onkel der Dichterin, dokumentierte den Fall und veröffentlichte ihn 1818 in einer Zeitschrift. Annette hatte als kleines Kind viel davon gehört, da es sich in der Nähe einiger Güter der Haxthausens abspielte. Am 1. Juli 1841 schrieb sie ihrer Schwester Jenny von der Vollendung der „Judenbuche“. Sie galt als Abrechnung mit ihrer Heimat. Zwischen dem 22. April und dem 10. Mai 1842 erschien die „Judenbuche“, die von einem Judenmörder, der nach der Flucht aus algerischer Gefangenschaft in sein Heimatdorf Bellersen zurückkehrt und sich im Spätherbst 1806 erhängt, handelt, in 16 Fortsetzungen im „Morgenblatt für gebildete Leser“.

Nach dem Besuch der Schwester und deren Kinder im Sommer 1841, entschloß sich Annette mit ihnen zu deren neuem Wohnsitz nach Meersburg am Bodensee zu reisen. Das milde Klima bewog Annette die anstrengende Reise auf sich zu nehmen, da ihre Gesundheit erneut sehr stark angegriffen war. Die Luftveränderung tat ihr tatsächlich gut. Als sie am Bodensee eintraf, stellte Annette erfreut fest, dass sich Schücking hier auch aufhielt. So konnte sie sich mit ihm wieder über literarische Dinge unterhalten. Durch Schückings Inspiration schrieb Annette im Winter 1841/42, die weitaus größte Zahl der lyrischen Poesien. Im April 1842 verließ Levin die Meersburg, da er eine Stelle als Erzieher in Ellingen bekam. Für Annette war es ein schwerer Abschied. Im Spätsommer 1842 trat die Dichterin ihre Heimreise an. Auf dem Heimweg besuchte sie Sybilla in Bonn. Nach ihrer Ankunft im Rüschhaus ging es der Droste wieder schlechter. Der Besuch ihrer Freundin Sybilla im Frühjahr 1843 verlief zwar nicht ohne Spannungen und Aufregungen, verschaffte ihr jedoch etwas Abwechslung.

Anfang Oktober traf Annette zum zweiten Mal in Meersburg ein. Diesmal entdeckte sie die schöne Natur noch intensiver. Jetzt fühlte sie sich heimischer als zuvor.

Mitte November 1843 kaufte Annette sich das sogenannte „Fürstenhäuschen“ mit dem dazugehörenden Weinberg für 400 preußische Taler.

1844 brachte Annette ihr zweites Buch mit 575 Seiten heraus, das im Gegenteil zu ihrem ersten Buch gelungen war und gelobt wurde. In diesem Jahr besuchte Levin die Meersburg mit seiner Frau. Annette und dessen Frau verstanden sich nicht sehr gut miteinander und so entstand auch ein Streit mit Levin. Wegen des Streites reisten Levin und dessen Frau verärgert ab.

Ende September 1844 trat die Droste die Heimreise nach Rüschhaus an. Im Februar 1845 starb ihre Amme. Der Tod trat sie sehr, denn ihr wie sie sagte, verdankte sie ihr Leben. In dieser Zeit war sie einsamer denn je.

Die Jahre 1845/46 waren für Annette die schlimmsten. Im Sommer 1845 reiste sie nach Abbenburg, da ihr Onkel Fritz erkrankte und sie sich um ihn kümmerte. Daraufhin starb er im Dezember. Im Frühjahr 1846 stellten sich schwere Erstickungs- und Fieberanfälle, Kopf- und Augenschmerzen ein. Da sie mit ihrer Mutter nicht nach Meersburg reisen konnte, fuhr diese alleine dorthin und ließ die todkranke Tochter alleine. Als es ihr etwas besser ging, bat ihr Bruder sie nach Hülshoff überzusiedeln. Eine schwere Erkrankung mit starken krampfartigen Bauchschmerzen und blutigschleimigen Durchfällen fesselte sie endgültig ans Bett. Bei schlechtem Zustand reiste Annette in ihre neue Heimat nach Meersburg. Durch neuverordnete Medikamente verschlimmerte sich ihr Zustand. Nachdem sie keine Medikamente mehr schluckte, ging es ihr etwas besser und im Jahre 1847 hatte sie keine Schmerzen mehr, so dass sie zu ihrem Haus fahren konnte. Ende des Jahres stellte der Arzt eine schwere Herzschwäche fest, wodurch es ihr wieder schlechter ging. Am 19. Mai 1848 unternahm die Dichterin ihren letzen Spaziergang. Kurz danach, in der Nacht vom 21. auf den 22. Mai, setzte ein starker Bluthusten ein, der bis zum 24. Mai anhielt. An diesem Tag starb sie zwischen 14. und 14.30 Uhr an einem Herzschlag.

Quelle: dtv: Portrait   Annette von Droste - Hülshoff von Winfried Freund