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Alfred Döblin - Berlin Alexanderplatz

Beschreibung: Kurzbiographie des Autors, Inhalt und Aufbau, Sprache und Form, Interpretation und verschiedene Deutungsansätze, "Handout"

Die Geschichte vom Franz Biberkopf

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Einleitung:
Wir haben ja gestern schon angefangen, die Literatur im Dritten Reich zu besprechen.
Dieser Roman zählt noch zur Literatur der "Weimarer Republik".

1. Biographie

Leertaste > Bild 1: Döblin um 1938

 1878  geboren in Stettin als Sohn eines Schneiders
 1957  gestorben in Emmendingen bei Freiburg i. Breisgau
Er studierte Medizin und wurde Arzt für Neurologie und Psychiatrie. In seiner Praxis (1911 -1931) behandelte er vor allem Patienten aus der
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sozialen Unterschicht. Er war Mitbegründer  der expressionistischen Zeitschrift "Der Sturm" (1910) und gilt als einer der "Väter" des Dadaismus. In der Weimarer Republik engagierte er sich politisch und arbeitete mit Heinrich Mann zusammen. Er selbst bezeichnete sich als Sozialist.
1933 floh er nach Paris, später nach Amerika, wo er vom Judentum zum katholischen Glauben konvertierte.

Leertaste > Bild 2: Döblin 1947

Weitere Werke: "Die Ermordung einer Butterblume" (1910), "Die drei Sprünge des Wang-lun" (1915), "Wallenstein" (1920), "Pardon wird nicht gegeben" (1937), "November 1918" (1938), "Hamlet oder Die lange Nacht nimmt ein Ende" (1956)

"Die Ermordung einer Butterblume" und "Die drei Sprünge des Wang-Lun" können trotz der Andersartigkeit im Einzelnen als wichtige Vorstufen zu "Berlin Alexanderplatz gesehen werden.

In "Die Ermordung einer Butterblume", einer Satire auf das wilhelminische Bürgertum tritt das Interesse des Autors an der hinter den Dingen vermuteten irrationalen Kraft bereits deutlich zu Tage. Im Gegensatz zu "Berlin Alexander- platz" wird diese Kraft aber in der belebten Natur gesucht, und nicht in der Großstadt.

Die drei Sprünge des Wang-lun spielt im China des 18.Jh. Das Werk handelt wie "Berlin Alex" von der Sinneswandlung eines zunächst rohen, ja kriminellen Burschen und hat ebenfalls ein offenes Ende. Auch verwendet Döblin hier schon die Montagetechnik.
 

2.Inhalt und Aufbau

Der Roman ist in 9 Bücher untergliedert, die wiederum jeweils in 3 - 18 Kapitel unterteilt sind.
Urteilende, belehrende, erklärende, warnende und skeptische Kapitelüberschriften kommentieren das Geschehen.

Leertaste > Bild 3: Ausschnitt der Verfilmung von 1931

Handlungsort ist das Belin der 20er Jahre.
Die erzählte Zeit erstreckt sich vom Ende 1927 bis Anfang 1929. Durch Rückblenden und Vorverweise erfährt man allerdings auch von Ereignissen außerhalb dieses zeitlichen Rahmens.

Die Hauptperson ist Franz Biberkopf. Es gibt zahlreiche Nebenpersonen, die zum Teil nichts mit der eigentlichen Handlung zu tun haben.
Franz hat einen großen Freundes- und Bekanntenkreis. Wichtige Nebenpersonen um Franz sind seine wechselnden Freundinnen (z.B. Ida, Lina, Mieze) und seine männlichen Freunde wie Otto Lüders (Linas Onkel) oder Reinhold (der eine große Anziehung auf Franz ausübt, jedoch nicht gerade um dessen Wohl besorgt ist).

Zu Beginn des Romans wird die Hauptfigur Franz Biberkopf, ein ehemaliger Transportarbeiter, aus der Haftanstalt Berlin Tegel entlassen. Dort hatte er vier Jahre absitzen müssen, weil er im Affekt seine zukünftige Braut Ida erschlagen hatte. Er fährt mit der Straßenbahn in die Stadt, die sich in den vier Jahren stark verändert hat.
Seinen Vorsatz, von nun an anständig zu bleiben kann er nicht einhalten, weil er sehr leicht zu beeinflussen ist. Die Großstadt Berlin mit ihrem Häusergewirr, dem Menschentrubel, Zeitungs- und Reklamegeschrei, unterirdisch brodelndem Verbrechertum, Schlachthausdunst und Jazzrhytmen, Hurenwinkeln und Kaschemmenphilosophie, Zuhälterpack, Flittermoral und Lichterglanz ist übermächtig.
Am Anfang des Romans wirkt es noch so, als könnte Franz seinen Vorsätzen treu bleiben. Er hat eine Wohnung und verdient sein Geld indem er Zeitungen auf dem Alexanderplatz verkauft. Außerdem geht es ihm körperlich gut - er nimmt an Gewicht zu . Da sein Anspruch, was Frauen betrifft, sowieso nicht besonders hoch gesteckt ist, findet er auch schnell eine Freundin, die Polin Lina. Von deren Onkel, Lüders, wird Franz so sehr enttäuscht, das er zu saufen anfängt. Franz hatte Lüders erzählt, wie er beim Hausieren von einer Witwe viel Geld bekommen hatte. Daraufhin erleichtert Lüders diese um ihr "Kleingeld" woraufhin Franz bei seinem nächsten Besuch nicht mehr eingelassen wird. Er zieht sich zurück und möchte von der Welt nichts mehr wissen. Er beginnt außerdem, sein ganzes Geld für Alkohol auszugeben.
Hier wird zum ersten Mal das Leitmotiv des Romans verdeutlicht: "verflucht ist der Mensch, der sich auf andere Menschen verlässt".
Schließlich rafft er sich aber doch wieder auf und versucht, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Er verkauft wieder Zeitungen.
Eines Abends lernt er Reinhold kennen, dem er später hörig wird. Immer auf der Flucht vor der Vergangenheit, gerät er immer mehr in den Strudel von Verbrechen und Unmoral: Reinhold hat nämlich die Angewohnheit, seine Freundinnen in etwa einmonatigen Abständen zu wechseln. Unter einem Vorwand schickt er seine zukünftigen Ex-Freundinnen zu Franz, der sie dann "übernimmt".
Irgendwann wird diese Angewohnheit Franz allerdings doch zuviel, und er versucht Reinhold von einem geruhsameren Lebenswandel zu überzeugen. Außerdem beginnt er, die Frauen, die Reinhold sich auserwählt hat, zu warnen.
Reinhold wirft Franz deshalb aus einem fahrenden Auto, das sich auf der Flucht vor einem vermeintlichen Verfolger befindet. In dieses Auto gerät Franz, weil er während eines Einbruchs Schmiere steht. Dass es sich um einen Einbruch handelt wird ihm allerdings erst vor Ort bewusst. Ursprünglich war ihm erzählt worden, dass Obst abgeholt werden müsse.
Franz rechter Arm wird bei dem Sturz so stark verletzt, dass er amputiert werden muss. Trotz alledem verrät Franz Reinhold nicht, sondern erzählt herum, dass es eine Schießerei mit der Polizei gegeben hätte.
Nachdem er sich allmählich wieder erholt hat, will er nicht mehr arbeiten, weil man allein durch "Schwindeln" reich werde.
Durch Freunde gerät er an die Prostituierte Mieze und wird ihr Zuhälter. Allmählich kommt er wieder mit Reinhold in Kontakt. Als dieser von Mieze erfährt, will er sie für sich haben. Sie sträubt sich aber, da sie weiss, dass er den Verlust von Franz Arm zu verschulden hat. Reinhold vergewaltigt sie, bringt sie um und verscharrt sie daraufhin im Wald.

Diese Stelle finden wir auch im Sprachbuch auf Seite182. Wer will das vorlesen?
Zu dieser Textstelle sollte ich untersuchen,
- aus welchen Perspektiven die Ermordung dargestellt wird,
und
- durch welche erzählerischen Mittel der Perspektivenwechsel dargestellt wird.
Im Wesentlichen lassen sich drei verschiedene Perspektiven unterscheiden.
Es gibt einen personalen Erzähler, der das Geschehen in der dritten Person, also von außerhalb des Geschehens, schildert und auch mit Geschichten aus dem Schlachthaus kommentiert. Es wird außerdem in direkter Rede der Dialog zwischen Mieze und Reinhold wiedergegeben.
Aus der Perspektive Reinholds wird ebenfalls beschrieben, wie Mieze sich verhält. Hier wird das erzählerische Mittel des Bewußtseinsstroms angewandt. Man erfährt, was in Reinhold vorgeht.
Die dritte Perspektive ist die von Mieze. Auch ihre Gedankengänge werden als Bewußtseinsstrom oder innerer Monolog geschildert.

Der Perspektivenwechsel wird dadurch gekennzeichnet, dass z.B., wenn aus der Perspektive Miezes erzählt wird, wie das von Zeile 14-21 der Fall ist, nur ihr Bewußtseinsstrom wiedergegeben wird, während Reinhold hier ausschließlich in direkter Rede spricht. Nur Miezes Empfindungen werden hier deutlich.
Meistens kennzeichnet auch ein Absatz, dass aus einer anderen Perspektive erzählt wird..
Die nüchternen Beschreibungen von Handgriffen eines Schlachters kennzeichnen den außenstehenden Beobachter, dessen Äußerungen als bildhafte Untermalung der Ermordung zu sehen sind. Sie sind in Montagetechnik in den Text eingefügt.

Franz wird als vermeintlicher Täter verhaftet, bricht zusammen und landet schließlich in der Irrenanstalt Buch. Hier wird er zwar zwangsernährt, erbricht aber alles wieder und schwebt schließlich zwischen Leben und Tod.

An dieser Stelle wird die Handlung dann eher irrational.
Der Tod will Franz symbolisch in ein neues Dasein führen. Er erinnert ihn an verschiedene Stationen seines Lebens und macht ihn auf seine Schuld aufmerksam. Erst im Todeskampf empfindet Franz Reue über sein Verhalten. Er stirbt schließlich und wird als neuer Mensch geboren. Der Weg durch den Tod führt zu neuer Freiheit. Endlich spricht Franz wieder und kann sich im Mordfall Mieze entlasten. Er wird als tragischer Held gefeiert und beginnt ein neues Leben mit einer Anstellung als Hilfsportier.
 

3. Sprache und Form

Alfred Döblin bedient sich bei der Vermittlung seines Romans eines dauernden Wechsels der Sprachebenen: Berliner Jargon, Bibelsprache, Schlager- und Moderatorenton, Werbeslogans, Zeitungsdeutsch, ... womit er das Chaos und die Verwirrung in der Großstadt deutlich macht.

Er will die Großstadtatmosphäre aber nicht nur realistisch beschreiben: Biblische Leitmotive überhöhen den Tumult der Massenwelt ins Apokalyptische.
Döblins Sprachgestaltung ist sehr expressiv und wird als "neuer Naturalismus" bezeichnet.

Der Roman "Berlin Alexanderplatz. Die Geschichte vom Franz Biberkopf" hat, wie der Titel schon sagt, zwei Helden: die Stadt Berlin und Franz Biberkopf. Beide sind keine Helden im traditionellem Sinne: Indem Döblin das Leben in Berlin in den Mittelpunkt rückt, schuf er den ersten deutschen Großstadtroman.
Als Vorbilder dafür dienten sowohl James Joyces Roman "Ulysses" (Bewußtseinsstrom) als auch "Manhattan Transfer" (Montagetechnik, realistische Großstadtbeschreibung) von Dos Passos.

Die Montagetechnik, die Döblin in seinem Werk häufig verwendet , dient dazu, dem Leser die im Roman dargestellte Welt unmittelbar vorzustellen.
Es finden sich im Romanverlauf zum Beispiel die unterschiedlichsten Textsorten, die einfach eingeschoben werden: Nachrichten, Verwaltungsschreiben, wissenschaftliche Berichte, physikalische Formeln, Schlagzeilen, Firmenaufschriften, Werbeslogans....
Dadurch wird das Berlin der 20er Jahre recht lebhaft porträtiert.
Auch die Geschichte von Franz Biberkopf wird nicht einfach chronologisch erzählt. Hier spielt die Montagetechnik ebenfalls eine wichtige Rolle.
Seine Geschichte ist zu großen Teilen aus Texten im inneren Monolog und in der direkten Rede montiert.

Außerdem sind die Parallel- und Kontrastgeschichten sowie die Leitmotive, die den Roman durchziehen als Montageelemente zu betrachten.
Im Roman wird sehr szenisch dargestellt, Geschehnisse werden nach dem Prinzip des Kinofilms aneinandergereiht.

Es lassen sich im Roman insgesamt drei Erzählebenen unterscheiden:
- Die Geschichte des Franz Biberkopf, die großenteils im inneren Monolog und in der indirekten Rede steht
- Längere Parallel- und Kontrastgeschichten sowie Leitmotive, die der metaphorischen Überhöhung und Ausdeutung der Geschichte dienen.
- Zitate, die mit der Geschichte des Franz Biberkopf kaum in Verbindung stehen und vor allem einen farbigen Eindruck des Großstadtlebens vermitteln.

"Berlin Alexanderplatz" ist also sowohl Großstadt- als auch Entwicklungsroman und ist in vielfacher Hinsicht ein moderner Roman:

Leertaste > Textfolie 1: "Berlin Alexanderplatz" - Ein moderner Roman

- Biberkopf ist kein Held im traditionellem Sinn, sondern Antiheld: Statt durch seine Taten die Handlung voranzutreiben, treibt er selbst durch Berlin. Er erleidet mehr, als er bewegt.
- Die Fabel wird nicht chronologisch erzählt, es kommen häufig erklärende Rückblicke oder auch Vorausschauen vor.
- Es werden neuartige Mittel des Erzählens wie innerer Monolog, erlebte Rede, Bewußtseinsstrom und Polyperspektive verwendet.
- Die Montagetechnik wird häufig eingesetzt (z.B. Überschriften von Tageszeitungen)

Es finden sich in dem Roman sowohl naturalistische als auch expressionistische Elemente.

Leertaste > Textfolie 2: "Expressiver Naturalismus"

Naturalistisch ist z.B.:
· Dass die Großstadt als Thema in die Literatur eingeführt wird,
· Die untenstehenden Gesellschaftschichten und ihre Verhältnisse beobachtet werden,
· Die wahrnehmbare Realität genau wiedergegeben wird (realistische Darstellung Berlins)

Expressionistische Elemente sind z.B.:
· Dass die Großstadt als grauenerregender und zugleich faszinierender Ort geschildert wird,
· Die Sprache: Sie ist ungebändigt und verdichtet, zugleich aber einfach; der Autor spielt  mit Rhythmus und Klang.
· Auf das hinter der Oberflächenrealität vermutete Irrationale zurückgegriffen wird (Es ist oft vom Schicksal die Rede)

Deshalb wendet man häufig den Begriff "expressiver Naturalismus" auf ihn an.
 

4. Interpretation
Wie schon gesagt, ist die Handlung um Franz Biberkopf nicht die einzige Geschichte, die das Buch erzählt. Es werden immer wieder Geschichten erzählt, die nicht unmittelbar zur Haupthandlung gehören, aber auch nicht zur Darstellung Berlins beitragen. Häufig stammen sie aus der griechischen Mythologie oder dem alten Testament. Sie dienen in der Regel als Parallel- und Kontrastgeschichten.

Wie zum Beispiel Hiob sich in seinem Elend nicht helfen lassen will, zieht auch Franz sich nach seiner Enttäuschung über Lüders auf seine Bude zurück und will von niemandem mehr etwas wissen.

Auch in der Form von Leitmotiven ist besonders das Alte Testament gegenwärtig. Sie zeigen Parallelen auf, vertiefen die Thematik oder dienen der metaphorischen Überhöhung. In jedem Fall fördern sie den inneren Zusammenhalt des Textes.

Wichtige Leitmotive sind z. B. das Paradies (mit dem das Gefängnis Tegel gelegentlich verglichen wird), Hiob (der mit Franz verglichen wird), , das Anständigsein (Franz will ja anständig bleiben)....

Der Roman ist weiterhin ein hervorragendes zeitgeschichtliches Dokument. Die Passagen zur zeitgenössichen Politik haben nur teilweise etwas mit Franz zu tun. So bekommt er zum Beispiel in Kneipen Auseinandersetzungen zwischen den erstarkenden Nationalsozialisten und Kommunisten mit oder gerät in eine Anarchistenversammlung. Es wird aber auch zum Beispiel von Stresemanns Plan, Paris zu besuchen berichtet.

Leertaste > Bild 4: Schutzumschlag von 1929

Auch Ausschnitte aus dem kulturellen Leben in und um das Berlin der 20er Jahre findet Eingang in den Roman. Man erhält zum Beispiel Einblick in den offenbar schon damals hitzig ausgetragenen Streit um die Psychoanalyse.
Der technische Fortschritt wird beispielsweise in Form von Zeitungsartikeln über den "Grafen Zeppelin"(, der das erste brauchbare Luftschiff entworfen hat) dokumentiert.
 

Deutungsansätze:

Im wesentlichen kann der Roman nach vier verschiedenen Ansätzen gedeutet werden.

a)  als gesellschaftskritischer Roman:
Es gibt eine Reihe von Stellen, die man mit Gesellschaftskritik in Verbindung bringen kann, z.B. den folgenden Einschub: "Alex und Vera wollten heiraten, aber die wirtschaftlichen Verhältnisse ließen die eheliche Vereinigung nicht zu."
Franz allerdings, der Held des Romans macht ja im Prinzip eine Entwicklung zum Positiven durch. Darauf kann der gesellschaftskritische Aspekt also nicht interpretiert werden.

b)  als christlicher Roman:
Bibel und christliche Kultur sind von Anfang an durch Anspielungen und Zitate präsent. Der Roman beschränkt sich aber nicht darauf, die Geschichte Biberkopfs mit biblischen Motiven zu untermalen. Franz wird solange in vielfältiger Weise auf Gott aufmerksam gemacht, bis es zu einer Art Bekehrung kommt. Er bekommt zum Beispiel christliche Gedichte zu lesen oder es fallen ihm religiöse Prospekte in die Hände.

c)  als aufklärerischer Roman:
Franz wird aber nicht nur bekehrt, sondern überwindet auch seine Unmündigkeit.
Wenn man die biblischen Elemente nur als Metaphern versteht, kann man auch zu dem Schluß kommen, dass sich Franz nicht auf Gottes-Suche, sondern auf Ich-Suche befindet.
Die aufklärerische Absicht des Romans zeigt sich auch darin, dass der Weg, den Franz zu gehen hat, von der Schuldunfähigkeit zur Schuldfähigkeit führt.

d)  als Roman des Irrationalen
Das Irrationale zieht sich unter immer neuen Bezeichnungen ( wie : etwas, Schicksal, Ding, dunkle Macht,...) durch den Roman.
Es hindert Franz daran, seine Schuld schon früher einzusehen und für seine Handlungen die Verantwortung zu übernehmen.
Am Ende des Romans entpuppt sich die dunkle Macht als Tod, der als positiv dargestellt wird.
 

Der Tod als zentrale Stelle des Romans:

Er klärt Franz über seine Irrtümer, seinen Hochmut und seine Unwissenheit auf. Im Durchgang durch den Tod wird Franz von seinen tierischen und pflanzlichen Seelenbestandteilen gereinigt.
Die hier dargestellte Wiedergeburt unterscheidet sich von den christlichen Vorstellungen. Franz muss den für die Erlösung erforderlichen Tod nämlich selbst erleiden. Bei der christlichen Wiedergeburt, die in der Taufe gefeiert wird, tut das Jesus Christus als stellvertretendes Opfer.
Der persönlich durchlittene Schmerz hat eine zentrale Bedeutung im Roman.
Die Wiedergeburt von Franz wird in einem Extra-Kapitel beschrieben.
 

5.Schluß:

Obwohl der Roman wirklich nicht gerade einfach zu lesen ist, war er von seinem erstmaligen Erscheinen (1929) an, bis zum Verbot durch die Nationalsozialisten (1933) schon sehr erfolgreich. Er wurde schon bald in zahlreiche Sprachen übersetzt. Die Auflage in Deutschland lag bis 1933 bei etwa 50 000 Exemplaren.
Er war Döblins einziger wirklich großer und weltweiter Erfolg.
 
 
 

Quellen:   -   Kindlers Neues Literaturlexikon, Kindler Verlag, München
   -   Mentor Lektüre-Durchblick, Band 327, Mentor Verlag, München
   -   Alfred Döblin, Berlin Alexanderplatz. Die Geschichte vom Franz Biberkopf,  Walter-Verlag, Olten
                  (Text)
                -   http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/DoeblinAlfred/
                -   http://www.cinegraph.de/filmtext3.html
                  (Bilder)

Alfred Döblin
Berlin Alexanderplatz
Die Geschichte vom Franz Biberkopf
1. Biographie
 1878  geboren in Stettin als Sohn eines Schneiders
 1957  gestorben in Emmendingen bei Freiburg im Breisgau
Er studierte Medizin und wurde Arzt für Neurologie und Psychiatrie. In seiner Praxis (1911 -1931) behandelte er vor allem Patienten aus der sozialen Unterschicht. Er war Mitbegründer der expressionistischen Zeitschrift (und Vereinigung) "Der Sturm" (1910) und gilt als einer der "Väter" des Dadaismus. In der Weimarer Republik engagierte er sich politisch und arbeitete mit Heinrich Mann zusammen. Er selbst bezeichnete sich als Sozialisten.
1933 floh er nach Paris, später nach Amerika, wo er vom Judentum zum katholischen Glauben konvertierte.
Weitere Werke: "Die Ermordung einer Butterblume" (1910), "Die drei Sprünge des Wang-
                           -lun" (1915), "Wallenstein" (1920), "Pardon wird nicht gegeben" (1937),
                           "November 1918" (1938), "Hamlet oder Die lange Nacht nimmt ein Ende"
                           (1956)
"Die Ermordung einer Butterblume" und "Die drei Sprünge des Wang-Lun" können trotz der Andersartigkeit im Einzelnen als wichtige Vorstufen zu "Berlin Alexanderplatz gesehen werden.

2.Inhalt und Aufbau
Der Roman ist in 9 Bücher untergliedert, die wiederum in einzelne Kapitel unterteilt sind.
Urteilende, belehrende, erklärende, warnende und skeptische Kapitelüberschriften kommentieren das Geschehen.
Handlungsort ist das Berlin der 20er Jahre.
Die erzählte Zeit erstreckt sich von Ende 1927 bis Anfang 1929. Durch Rückblenden und Vorverweise erfährt man allerdings auch von Ereignissen außerhalb dieses zeitlichen Rahmens.
Die Hauptperson ist Franz Biberkopf. Es gibt zahlreiche Nebenpersonen, die zum Teil nichts mit der eigentlichen Handlung zu tun haben.
Wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang musste Franz eine vierjährige Haftstrafe verbüßen. Zu Beginn des Romans kehrt er nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis Tegel gerade in die Stadt Berlin zurück.
Allmählich findet er sich dort wieder zurecht. Er verdient sein Geld als Zeitungshändler. Bald entwickelt sich zwischen ihm und der Polin Lina eine ernsthaftere Beziehung. Franz will anständig bleiben.
Von Lüders, Linas Onkel wird er so enttäuscht, dass er zu trinken anfängt und von der Welt nichts mehr wissen will. Aber es kommt noch schlimmer. Franz übernimmt die Gefährtinnen seines vermeintlichen Freundes Reinhold, sobald dieser ihrer überdrüssig geworden ist. Bald wird er von einer Verbrecherbande in einen Einbruch mit hineingezogen. Auf der Rückfahrt wirft ihn Reinhold, der auch mit von der Partie ist, aus dem Auto, und Franz verliert den rechten Arm. Dadurch wird er allerdings auch nicht zur Umkehr bewegt. Er lässt sich von Mieze, einer Prostituierten aushalten und beteiligt sich nun bald freiwillig an Einbrüchen. Erst als Reinhold Mieze erwürgt, wird es Franz zu viel. Er landet in der Nervenheilanstalt, wo sich sein Zustand so weit bessert, dass er ein neues Leben beginnen kann.
Textstelle im Sprachbuch auf Seite182:
a) Erzählperspektiven:
· Personaler Erzähler
· Reinhold
· Mieze
b) erzählerische Mittel, durch die der Perspektivenwechsel dargestellt wird:
· Absätze kennzeichnen den Wechsel in eine andere Perspektive
· Der Bewußtseinsstrom einer Person wird in den Dialog (direkte Rede) zur Untermalung ihrer Gefühle eingefügt
· Die Erzählung in dritter Person kennzeichnet nicht immer den außenstehenden Erzähler, sondern teilweise auch den Blickwinkel von Mieze oder Reinhold
· Nüchtern beschreibende Anleitungen dazu, wie man ein Tier schlachtet, sind als bildhafte Parallelgeschichte zu Miezes Ermordung in den Text eingefügt (Montagetechnik). Sie werden aus der Außenperspektive erzählt.

3. Sprache und Form
· dauernder Wechsel der Sprachebenen
· Großstadtroman
· Montagetechnik (Parallel- und Kontrastgeschichten, Leitmotive)
· Innerer Monolog
· Moderner Roman
· Expressionistische und naturalistische Elemente ("Expressiver Naturalismus")

4. Interpretation
· Parallel- und Kontrastgeschichten
· Leitmotive
· Der Roman als zeitgeschichtliches Dokument
· Deutungsansätze:
         a)  als gesellschaftskritischer Roman:
               > kann nicht auf Biberkopf bezogen werden
         b)  als christlicher Roman:
               > biblische Elemente, Franz wird wiederholt auf Gott aufmerksam gemacht
         c)  als aufklärerischer Roman:
               > Überwindung der "selbstverschuldeten Ummündigkeit"
         d)  als Roman des Irrationalen:
               > Schicksal, Tod als positive Größe
· Der Tod als zentrale Stelle des Romans:
Er klärt Franz über seine Irrtümer, seinen Hochmut und seine Unwissenheit auf. Im Durchgang durch den Tod wird Franz von seinen tierischen und pflanzlichen Seelen- bestandteilen gereinigt.
Die hier dargestellte Wiedergeburt unterscheidet sich von den christlichen Vorstellungen. Franz muss den für die Erlösung erforderlichen Tod nämlich selbst erleiden. Bei der christlichen Wiedergeburt, die in der Taufe gefeiert wird, stirbt Jesus Christus als stellvertretendes Opfer.
Der persönlich durchlittene Schmerz hat eine zentrale Bedeutung im Roman.
Die Wiedergeburt von Franz wird in einem Extra-Kapitel beschrieben.

5. Schluß
Döblins Erfolg wird fast auf diesen Roman reduziert. Von 1929 bis 1933, als dieser von den Nationalsozialisten verboten wurde, belief sich seine Auflage auf etwa 50 000 Exemplare.
Er wurde schon damals in zahlreiche Sprachen übersetzt.
 
Quellen:   Kindlers Neues Literaturlexikon, Kindler Verlag, München
   Mentor Lektüre-Durchblick, Band 327, Mentor Verlag, München
   Alfred Döblin, Berlin Alexanderplatz. Die Geschichte vom Franz Biberkopf,  Walter-Verlag, Olten

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