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Der Hauptmann von Köpenick

  • Ein Stück Expressionismus, Erläuterungsversuch mit eigenen Worten -
von Martin Ruhrmann
  • Inhaltsangabe von Stephanie Mann


Gliederung :

I.
Werbung
Inhaltsangabe von Stephanie Mann

II. Vorführung des Spielfilms „Der Hauptmann von Köpenick“

III. Erläuterungen von Martin Ruhrmann

Historischer Hintergrund
Expressionismus
Zeitgeist
Thema des H.v.K.
Politischer Hintergrund
Absicht des Autors
Aktueller Bezug
Die Präsentation


Historischer Hintergrund

Nachdem wir nun einen Eindruck von Zuckmayers Schauspiel „Der Hauptmann von Köpenick“ bekommen haben, möchte ich vorab die historischen Fakten nennen, die für Zuckmayer Grundlage seines Werkes waren. Was ist tatsächlich passiert: Am 16. Oktober 1906 verkleidete sich der arbeitslose, vorbestrafte Schuster Wilhelm Voigt durch eine bei einem Trödler erstandene Uniform in einen preußischen Hauptmann. Er sprach einige Soldaten an, stellte sie unter sein Kommando und besetzte mit ihnen das Köpenicker Rathaus, verhaftete den Bürgermeister und lies sich die Stadtkasse übergeben. Danach ließ er den Bürgermeister, seine Frau und den Kassenwart als Gefangene nach Berlin bringen und verschwand spurlos. Die ganze Aktion dauerte ca. 1,5 Stunden.
Soweit der tatsächliche Vorgang. In den folgenden Tagen reagierten die Tageszeitungen heftig, nahmen zum Teil den Vorfall auch zum Anlaß, Kritik an der übertriebenen Hochschätzung der Offiziersuniform zu üben. Zum Teil sah man das jedoch anders und erklärte, daß es doch absolut korrekt sei, Uniformträgern Gehorsam zu leisten. Die Verhaftung Wilhelm Voigts erfolgte am 26. Oktober 1906. Die Polizei war vielen falschen Spuren gefolgt und wurde erst durch einen ehemaligen Mithäftling des
Schusters auf die richtige Fährte gebracht. Mit diesem tollen Streich gelang es Wilhelm Voigt, aus dem Teufelskreis seines Lebens auszubrechen. Zwar wurde er zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, doch wurde er bereits nach 20 Monaten vom Kaiser begnadigt. Danach begann der ehemalige Schuster, der sich lediglich mittels falscher Uniform auf dem Rathaus Ausweispapiere beschaffen wollte, die man ihm bisher verweigert hatte, ein neues Leben.

Expressionismus
Eine wesentliche Erscheinung in der deutschen Literatur in der Zeit von 1910 bis 1925 nennt man den Expressionismus. Es handelt sich also um eine bestimmte Zeitepoche in der in den verschiedensten Bereichen wie z.B. Architektur, Malerei, Literatur und Theater bestimmte Ausdrucksformen umgesetzt wurden. Nachfolgend beschäftigen wir uns aber hauptsächlich mit einem Beispiel aus der Literatur bzw. dem Theaterwesen, welches zeitlich gesehen allerdings nicht einmal exakt in diese Epoche hinein zu gehören scheint.

Zeitgeist
Denn die historische Geschichte spielt bereits vor 1910 und die Erstveröffentlichung des Schauspiels „Der Hauptmann von Köpenick“ von Carl Zuckmayer erfolgte erst 1931. Und dennoch beschäftigt sich dieses Stück exakt im Sinne des Expressionismus mit einer Gesellschaftsform, nämlich dem Militarismus und dem Uniformwesen, die speziell in dieser Zeit von 1910 bis 1925 die Welt in großes Elend stürzten und es genau deswegen angebracht schien in revolutionärer Art und Weise diese Gesellschaftsformen einmal kritisch in einem Schauspiel unter die Lupe zu nehmen.
Thema des H.v.K.
Das Schauspiel der Hauptmann von Köpenick beschäftigt sich also im weitesten Sinne mit dem Thema der Obrigskeitsgläubigkeit in Verbindung mit der sicher von jedem von uns schon einmal gemachten Erfahrung, daß Kleider Leute machen; also ein Thema was nicht nur zu Beginn unseres Jahrhunderts akut war, sondern auch heute noch, z.B. bei einem Vorstellungsgespräch für jeden von uns von großer Wichtigkeit sein kann.

Politischer Hintergrund
Nun aber zurück zur politischen und gesellschaftlichen Situation um die Zeit des ersten Weltkrieges. Deutschland hatte ein streng gegliedertes Gesellschaftssystem in dem der Gehorsam der Bürger eine Tugend war und Obrgkeitsgläubigkeit herrschte.
Das Deutschland, das heute in unserer Vorstellung existiert, gibt es noch nicht sehr lange. Dieses Deutschland wurde eigentlich erst im Januar 1871 durch Gründung des deutschen Kaiserreiches etabliert. Viele Jahrhunderte vorher bestand Deutschland aus vielen Einzelstaaten mit den verschiedensten Interessen. Der Zusammenschluß zu einem neuem Deutschland ab 1871 nach einem militärischem Sieg über Frankreich bescherte den Deutschen ein starkes Nationalbewußtsein und eine hohe Bewertung aller soldatischen Tugenden. Man war stolz auf sich. Wesentlich für den Zeitgeist war auch die Auffassung von Disziplin. Deutscher Kaiser wurde der König von Preußen. Die Preußen pflegten militärische Disziplin schon historisch seit Friedrich dem Großen. Die Gesellschaft der Deutschen war völlig anders strukturiert als wir dies heute kennen. Die herrschenden Kräfte waren der Adel, das Militär und die wohlhabenden Bürger. Zu dieser feinen Gesellschaft konnte man nur mit großem Vermögen oder militärischer Karriere kommen. Es war also absolut erstrebenswert Offizier zu werden. Die Menschen hatten nicht den gleichen Wert und somit in der Regel auch nicht die gleichen Rechte. Die da unten, das normale Volk, schaute nach oben zur feinen Gesellschaft und den Herrschenden.

Dies alles änderte sich erst nach Ende des ersten Weltkrieges, also nach 1918, mit dem Ende des Kaiserreiches, der Gründung der ersten deutschen Republik.
Dies war jedoch ein langer politischer und gesellschaftlicher Kampf der quasi von 1918 bis 1933 dauerte und ein betrübliches Ende darin fand, daß nicht wahre Demokraten, sondern nationalsozialistische Kräfte die politische Macht bekamen.
Zuckmayers Stück der Hauptmann von Köpenick wurde gerade in dieser Zeit in der die nationalsozialistischen Kräfte (Nazis) an die Macht gelangten populär. Das Aufkommen dieser braunen Kräfte, also der SA-Truppen von
Hilter, die auch äußeres Blendwerk, Gehabe u. Uniformen präsentierten ist meines Erachtens der Grund, warum Zuckmayer 1930 ein Schauspiel veröffentlichte, welches sich mit einem Thema von 1906 beschäftigt.

Absicht des Autors

Zuckmayer will darauf hinweisen, daß die Menschen sich nicht durch Uniformen blenden lassen sollen, also nicht durch äußeres Gehabe von anderen das eigene Denken einstellen sollen. Die Menschen sollen sich z.B. nicht durch äußeres Gehabe von den aufkommenden Nazis in ihren braunen und schwarzen Hemden einwickeln lassen, so wie damals 1906 sich die Beamten und Soldaten sich nicht von dem falschen Hauptmann in der falschen Uniform hätten auf den Arm nehmen lassen dürfen.

Aktueller Bezug

Zuckmayers Warnung lautet: Schaut auf den Inhalt, schaut auf den Menschen und laßt euch nicht durch seine äußeren Erscheinungsformen blenden. Und diese Weisheit wäre sicher 1906 wie auch 1933 gegenüber den Nazis wie auch heute gegenüber den vielfältigen Formen einer Konsum-, Werbung- und Showgesellschaft angebracht. Heute könnte es heißen schaut auf die Inhalte, auf die Moral und die Ethik und nicht nur auf die äußeren, schönen und schrillen Formen von Videoclips und Big Brother-Shows. Bezeichnend ist, daß der Hauptmann von Köpenick von den Nationalsozialisten verboten wurde und erst nach dem 2. Weltkrieg wieder in die Spielpläne der Theater aufgenommen wurde.

Die Präsentation

Den Gehalt bringt uns Zuckmayer mit seinem Hauptmann von Köpenick in einem sehr volkstümlichen Stück nahe. Zuckmayer schildert gelungen das Milieu, bietet eine lebensnahe Dialogführung und zeichnet die Charaktere seiner Figuren sehr deutlich. Er produziert einen volkstümlichen Helden, der mit seiner Geschichte Gesellschaftskritik, Antimilitärisches und Sozialgefühl vermittelt ohne plump belehrend zu sein. Expressionismus kann man übersetzen mit Ausdruckskunst. Die expressionistische Literatur gibt die Dinge nicht so wieder wie sie gesehen werden, sondern wie sie empfunden werden. Und dieses besondere innere Erleben vermittelt auch Zuckmayer durch seine Figuren in genialer Weise.




Es zeigt, wie man sich zum blinden Narren macht, wenn man den Menschen nur auf seine nach außen vorgegebene Hülle reduziert. Wenn auch kein klassisches expressionistisches Werk, so vermittelt es dennoch in leichter und dabei doch intensiver Art ein Grundanliegen des Expressionismus. Das ist das Aufmerksammachen auf die Anonymität und Verlorenheit des Menschen. So wie die Expressionisten die fundamentalen Veränderungen in der Zeit nicht mehr mit der normalen Sprache erfassen wollten, sie bediente sich auch Zuckmayer im Hauptmann von Köpenick einer besonderen Sprache; insbesonders einer direkten Mundart als Ausdrucksmittel für inneres Erleben.