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Stifter, Adalbert: "Brigitta"

zu seiner Person:

Vor über 200 Jahren, am 23. Oktober 1805, wurde Adalbert Stifter in Oberplan, im Böhmerwald geboren und starb am 28. Jänner 1868 in Linz.
Stifter besuchte nach dem frühen Tod seines Vaters das Gymnasium des Benediktinerstiftes in Kremsmünster. In Wien studierte Stifter dann Mathematik, Jura und Naturwissenschaften. Er gab jedoch früh der Malerei und der Literatur nach.
1837 heiratete Stifter, nach einer unerfüllten Liebe, die Modistin Amalie Mohaupt. Obwohl er als Maler und Autor immer mehr ansehen erlangte, war er auch als Hausleherer und Redakteur tätig und er bemühte sich auch um die Erhaltung von Kunstdenkmälern.
Eine schwere Krankheit und viele persönliche Entäuschungen führten ihn zum Selbstmord, an dessen Folgen er zwei Tage danach starb.
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Stifters Kunst:

Stifter war ein Meister der Landschaftschilderung, wobei er aber "gleichsam mit dem Pinsel gemalt"  (P. Rosegger) erzählt. Seine symbolisch überhöhte Natur übernimmt in den Erzählungen, wie zum Beispiel in "Bunte Steine" verschiedene Erzählfunktionen. Sie erscheint als grundlegende Gewalt, die dem geordneten Bereich menschlichen Lebens als drohende und unbeeinflussbare Macht gegenübersteht. Sie kann diese Welt ins Chaos stürzen, oder, sie kann auch als Schutz dienen.
Stifters Romane wurden vom zeitgenössischen Publikum nicht angenommen. Erst nach den beiden Weltkriegen fanden sie stärkere Beachtung. Thomas Mann fasste 1949 seine Eindrücke der erneuten Stifter Lektüren in einem markanten Satz zusammen: "Stifter ist einer der merkwürdigsten, hintergründigsten, heimlich kühnsten und wunderlich packendsten Erzähler der Weltliteratur, kritisch viel zu wenig ergründet."
Stifter, zeitlebens Pädagoge, wollte seine Werke nicht nur als Dichtung, sondern auch als "sittliche Offenbarung" gewertet sehen.
 

Stifter heute:

Stifter gehört heute zu den historischen Grössen der österreichischen Literatur, und betrachtet man die Übersetzungen in vielen Weltsprachen, kann man ihn ohne weiteres als Autor der Weltliteratur bezeichnen.
Heute wird Stifters Kunst von österreichischen und deutschen Gegenwartsautoren, auch bei mancher kontroversiellen (strittigen) Kritik, in ihrer ästhetisch-sprachlichen Qualität reflektiert und oft bewundernd anerkannt. Viele Autoren setzen sich mit Stifter in positiver Weise, wie mit einem Vorbild auseinander.
 

Biedermeier und Vormärz:
 

Die Epoche des Biedermeier war zwischen 1815, dem Wiener Kongress und 1848, der deutschen Märzrevolution, was auch der Name Vormärz bezeichnet. Das Biedermeier war eigentlich nur eine Kulturströmung, die in den Vormärz eingegliedert wurde. Diese dreieinhalb Jahrzehnte waren von einer restaurativen und revolutionären Tendenz geprägt. Unter Restaurativ verstand man den Versuch, die Emanzipation des Bürgertums aufzuhalten, oder besser gesagt rückgängig zu machen.
Biedermeier  war aber nicht nur eine literarische Epoche, sondern auch ein Stilleben. Zu Beginn des 20. Jahrhundert beschrieb sie auch Kleider, Malerei,  Möbel und auch den damaligen Lebenstil. Mit dem Begriff Biedermeier assoziierte man den resignierten Rückzug in die unpolitische Privatheit, den Weg in die Idylle und die Abwendung von allen gesellschaftspolitischen Zeitfragen. Die dabei gepflegte Häuslichkeit und die Geselligkeit in Familien und Freundeskreise, durch Lesecaf#s, literarische Zirkel und Hausmusik, waren die gesellschaftlichen Grundlagen der Biedermeierkultur.
Seit etwa 1900 sah man in der Biedermeierzeit das Wunschbild bürgerlichen Daseins, das noch im Zeichen der Geborgenheit und Ruhe stand. Doch heute erweist sich diese Zeit als ein geschichtliches Spannungsfeld. Ihre vordergründige Harmonie stand vor einem höchst konfliktreichen Hintergrund, die das 19. Jahrhundert geprägt und bestimmt haben.
Das Biedermeier versucht dem bewusst erlebten Spannungsverhältnis zwischen Ideal und unbefriedigter Wirklichkeit eine heile poetische Welt entgegenzusetzen. Diese heile poetische Welt war von innerer Seelenruhe und Frieden, von genügsamer Selbstbescheidenheit und Zähmung der Leidenschaft geprägt. Man muss aber auch sagen, dass diese Seelenruhe für die Autoren oft unerreichbar war.
Der Autor des Biedermeier sucht in seinen Werken Halt in sittlichen Gesetzen. Oft hatten sie aber auch innere Konflikte, was sie aber zum Teil resignierten und sie dadurch nicht selten in Weltschmerz versanken.
Das Biedermeier wurde mit sehr vielen Problemen konfrontiert, wie Industrialisierung, Emanzipationsbestrebungen der Frauen und der Juden, kurz gesgat mit der Emanzipation der Menschheit.
In dieser Zeit wurden unzählige Manuskripte, Tagebücher und Briefe geschaffen. Das Biedermeier bewirkt eine bürgerliche Lesekultur. Was aber nicht heißen soll, dass an dieser Lesekultur nur Männer teil nahmen. Auch Frauen gaben sich vermehrt der Literatur hin. Bestes Beispiel dafür ist die Gartenlaube.
Die Gartenlaube ist eine Frauenzeitschrift dieser Zeit, die aus einer Mischung von hochwertige Literatur und trivialsentimentaler Geschichten besteht. In der Zeit des Biedermeier war sie so populär, dass sie sich zu einer Art Grossmacht entwickelte.
Mittelpunkt und zugleich das grosse Kulturzentrum der Biedermeierzeit war Wien. Schon zur Zeit des Wiener Kongresses stand Wien mit seiner gehobenen Geselligkeit, der gepflegten Lebensführung und der grossherzigen Aufgeschlossenheit im Mittelpunkt. Wien wurde durch das lebendige Theaterleben, durch rauschende Feste und gesellige Veranstaltungen und durch die Anwesenheit berühmter Männer und Frauen in strahlenden Glanz erfüllt.
 

Brigitta:

Das Werk wurde schon in der Journalfassung von der Kritik positiv aufgenommen und gilt bis heute als eines der bedeutendsten Erzählungen Stifters.
Den eigentlichen Kern der Handlung entfaltet Stifter erst nach einer langen Einleitung, die zwei, von insgesamt vier Kapitel des Buches beansprucht. Der Erzähler, der aus der Ich-Perspektive erzählt und dessen Name man nie erfährt, hatte auf seiner letzten ziellosen Reise in Neapel einen Major kennengelernt, der ihm sogleich sehr beeindruckte und der ihm nicht mehr aus dem Kopf ging. Nach zwei Jahren wurde der Erzähler vom Major auf sein Schloss oder Gut in der ungarischen Steppe eingeladen. Seine Wanderung zu seinem Gastgeber, war aber nicht zielgerecht und er wanderte monatelang in Ungarn herum, bis er das Schloss des Majors fand, womit sich das erste Kapitel des Buches, mit der Bezeichnung "Steppenwanderung" beschäftigt.
Der Erzähler begegnet im ersten Kapitel auch schon Brigitta. Er trifft sie unbekannterweise in der Nachbarschaft an und fragt sie nach dem Weg. Zunächst hält er sie für einen Mann, und dann als sie ihm Auskunft gibt für eine Bedienstete, die er mit Geld für ihre Freundlichkeit belohnen will.
Im zweiten Kapitel, "Steppenhaus" beschreibt der Erzähler den Alltag auf dem Schloss, das Verhältnis zwischen Gutsherren und Untertanen. Er erklärt das wirtschaftliche und soziale Engagement und die Vielfälltigkeit seiner Interessen.
Vor der Begegnung mit Brigitte entfaltet der Erzähler im Kapitel "Steppenvergangenheit" die Vorgeschichte ihres Schicksales.
Brigitta ist als hässliches und von der Umgebung abgelehntes Mädchen aufgewachsen. Trotzdem zieht sie die Liebe des weltgewandten Stephan Murai, so der Name des Majors, auf sich. Zuerst lehnt sie die Liebe des Majors ab: "Ich weiss, dass ich hässlich bin, darum würde ich eine höhere Liebe fordern, als das schönste Mädchen dieser Erde. Ich weiss nicht, wie hoch, aber mir ist, als sollte sie ohne Mass und Ende sein. Sehn Sie -> da nun dies unmöglich ist, so werben sie nicht um mich."
Doch Murai gewinnt sie schließlich dennoch zur Frau und sie bekommen auch einen Sohn. Die Ehe verläuft zunächst glücklich, doch dann wird Murai Brigitta wegen einer jungen, hübschen Frau untreu. Sie verlässt Murai und zieht mit ihrem Sohn Gustav auf das Gut Maroshley, dass das Stammgut ihrere Familie ist, und beginnt die Öde um das Gut zu bebauen und zu bewirtschaften.
Nach fünfzehn Jahren lässt sich Murai in der Nachbarschaft von Maroshley auf seinem Landsitz Uwar nieder. Doch beide, Brigitta und Murai schrecken vor einem gemeinsamen Leben zurück und beschliessen, aus Angst vor erneuter Enttäuschung ein ferundschaftlich - nachbarschaftliches Verhältnis zu pflegen: "dass Aufrichtigeit, dass gleiches Streben und Mitteilung zwischen ihnen herrschen sollte, aber weiter nichts; an diesem sittlich festen Altare wollen sie stehenbleiben, vielleicht glücklich bis zum Lebensende..."
Im letzten Kapitel "Steppengegenwart" sollte sich dieses freundschaftlich -> nachbarschaftliches Verhältnis jedoch ändern.
Als ihr Sohn Gustav, der nicht weiss, dass Murai sein Vater ist, den er aber in den Himmel pries und liebte, von Wölfen angefallen wird, rettet ihm Murai das Leben. Am Krankenbett fallen sich Brigitta und Murai wieder in die Arme: "Sie waren wie zwei Menschen, von denen eine große Last genommen ist. Die Welt stand wieder offen."
 
 
 
 

Nachwort zu Brigitta:

Schön zu erkennen in Brigitta ist die Liebe zur Natur und zum Detail, die Stifter besaß. Vor allem im ersten Kapitel, "Steppenwanderung", kann man die Liebe zur Natur und zum Detail gut beobachten. Der Leser hat zuerst den Eindruck, als würde sich der Erzähler in einer Öde befinden. Erst nach und nach erkennt er, dass sich der Erzähler in einer Steppe vortbewegt. Stifter zeigt, wie sehr sich Eindrücke, sei es in der Landschaft, oder auch bei Menschen im zeitlichen Ablauf verändern.

Obwohl es so den Eindruck hat, ist Brigitta keineswegs eine frei erfundene Figur. Es existierte bereits ein historisches Vorbild, wie G. v. Petrikovits zeigen konnte, die ein landwirschaftliches Gut nach den modernsten Kenntnissen der Zeit führte.
Der Roman "Brigitta", weist deutlich auf die Emanzipation der Frau hin. Sehr gut zu erkennen ist dies, dass die Heldin Stifters einen eigenen Gutshof verwaltet, was zu dieser Zeit bestimmt nicht alltäglich ist, aber zu dem kommt noch hinzu, dass sie als Ratgeberin ihrer männlichen Nachbarn zu gute kommt.