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Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders
Inhaltsverzeichnis
1 Der Autor Patrick Süskind
1.1 Biographie
1.2 Bibliographie
2 Das Werk "Das Parfum"
2.1 Inhaltsangabe
2.2 Interpretation
2.2.1 Grenouilles Kindheit
2.2.2 Grenouilles erster Mord
2.2.3 Lehrlings- und Gesellenzeit
2.2.4 Der Menschfeind
2.2.5 Rückkehr in die Welt
2.2.6 Seine Vollkommenheit
2.2.7 Grenouilles Delirium
2.3 Charakterstudie
2.4 Bauformen des Autors
2.4.1 Form
2.4.2 Sprache und Stil
3 Persönliche Meinung
4 Quellen
Der Autor Patrick Süskind
Biographie
Patrick Süskind wird am 26. März 1949 in Ambach am Starnberger
See geboren. Sein Vater, der 1970 verstorbene Wilhelm Emanuel Süskind
war Schriftsteller, Übersetzer und politischer Redakteur bei der "Süddeutschen
Zeitung", schrieb mehrere Romane und vielbeachtete Artikel über die
deutsche Sprache. "Aus dem Wörterbuch eines Unmenschen", eine Artikelsammlung,
die Wilhelm Süskind mit Dolf Sternberger und Gerhard Storz verfasste,
beschäftig sich mit der national-sozialistischen Gewaltherrschaft
und ihrem Fortwirken.
Patrick Süskind wächst in einem kleinen bayrischen
Dorf, Holzhausen, auf. Dort besucht Süskind die Dorfschule und später
das Gymnasium. Nach seinem Abitur und Zivildienst studiert er von 1968
bis 1974 in München, wie sein Vater, Geschichte. Ein Auslandstudienjahr
verbringt Süskind in Aix-en-Provence, wo er sich mit der französischen
Sprache und Kultur vertraut macht. Er schließt sein Studium mit einer
Arbeit über George Bernard Shaws politisches und soziales Interesse
ab. Danach lebt er von Gelegenheitsjobs und schreibt Drehbücher und
kleine Prosastücke, die aber zunächst nicht veröffentlicht
werden.
***
Mit der Uraufführung seines einaktigen Monologs "Der Kontrabass"
im Münchner Cuvilliée gelingt Süskind 1981 schlagartig
der Durchbruch. Mit über 500 Aufführungen und über zwanzig
Inszenierungen wird 'Der Kontrabass' zum meistgespielten Theaterstück
der Saison 1984/85 im deutschsprachigen Raum und auch zum ersten internationalen
Erfolg Süskinds, da sein Stück in zahlreiche Sprachen übersetzt
wird. Die "brillant-verräterische Selbstdarstellung eines Orchestermusikers
aus den zweiten Glied" zeigt einen Mann, der an der eigenen "Unauffälligkeit
und Bedeutungslosigkeit" leidet und zwischen "verinnerlichter Subordination"
und "nörgelndem Fatalismus changiert."
Dass er ein Grenzgänger zwischen literarischem Anspruch und Massenunterhaltung
ist, dokumentiert Patrick Süskind in den 80er Jahren durch die Mitarbeit
an den Drehbüchern für die zwei erfolgreichen Fernsehserien "Monaco
Franze. Der ewige Stenz"(1983) und "Kir Royale. Aus dem Leben eines Klatschreporters"(1987).
Dazu zählt auch der Kinofilm 'Rossini - oder die Frage wer mit wem
schlief', den Süskind zusammen mit Regisseur und Freund Helmut Dietl
geschrieben hat.
Sein Roman "Das Parfum" macht ihn 1985 endgültig zu einem der weltweit
bekanntesten und erfolgreichsten Schriftsteller der deutschen Gegenwartsliteratur.
Dieser Roman ist nicht nur ein Bestseller, sondern auch ein Longseller:
Neun Jahre lang haltet er sich auf der Spiegel-Bestsellerliste. Süskinds
Verlag startet die erste Auflage mit über 100 000 Exemplare, die bereits
nach wenigen Monaten vergriffen ist. Inzwischen wurde der Roman in 33 Sprachen
übersetzt und über acht Millionen Mal verkauft.
Marcel Reich-Ranicki feiert Süskind mit den Worten: "Also das
gibt es immer noch und schon wieder: einen deutschen Schriftsteller, der
des Deutschen mächtig ist; einen zeitgenössischen Erzähler,
der dennoch erzählen kann; einen Romancier, der uns nicht mit dem
Spiegelbild seines Bauchnabels belästigt; einen jungen Autor, der
trotzdem kein Langweiler ist."
1987 wird Süskinds Erzählung "Die Taube" veröffentlicht,
deren Hauptfigur der Bankwachmann Jonathan Noel ist. Durch eine vor seiner
Mansardentür sitzende Taube wird Noel aus der überraschungslosen
Alltäglichkeit seines eintönigen Lebens geworfen und stürzt
in einen Zustand orientierungsloser Hilflosigkeit.
Noel lebt, wie der Kontrabass-Spieler, isoliert und einsam ein sorgfältig
geplantes Leben, das aber durch das Auftauchen der Taube in einer Katastrophe
zu enden droht.
"Die Geschichte von Herrn Sommer" erschien im Jahre 1991 und handelt
vielmehr von der Kindheit des Ich-Erzählers, wie von der Titelfigur.
Die Kindheit, die hier erzählt wird, weist einige Parallelen zur Kindheit
des Autors auf.
Laut der These des "Spiegels" ist in der Geschichte des menschenscheuen
Herrn Sommers "mehr die Geschichte von Herrn Süskind selbst".
Süskinds Sonderlinge empfinden ihre Umwelt als bedrohlich und leben
zurückgezogen in engen Räumlichkeiten. Der Kontrabass-Spieler
in einem schall-isolierten Raum, der Wachmann Noel in einer kleinen Dachkammer.
Grenouille verbringt sieben Jahre seines Lebens in einer Höhle unter
der Erde und der Ich-Erzähler aus der "Geschichte von Herrn Sommer"
lebt einen großen Teil seines Lebens auf Bäumen.
Süskinds "Antihelden" haben alle Schwierigkeiten, sich in der
Welt und im Umgang mit ihren Mitmenschen zurechtzufinden.
***
Trotz Patrick Süskinds literarischen Berühmtheit ist über
den Menschen Süskind nur wenig bekannt. Er legt keinen Wert auf Popularität,
er tritt selten in der Öffentlichkeit auf und gibt grundsätzlich
keine Interviews. Er lebt zurückgezogen in München, Paris und
Montolieu (Südfrankreich).
Bibliographie
1981 Der Kontrabass
1984 Das Parfum
1987 Die Taube
1991 Der Zwang zur Tiefe
1991 Dreißig Jahre umsonst gelesen oder Amnesie
1991 Die Geschichte von Herrn Sommer
Das Werk "Das Parfum"
Inhaltsangabe
Jean-Baptiste Grenouille wird am 17. Juli 1738 am allerstinkendsten
Ort des Königreichs Frankreich, dem Cimetiere des Innocents in Paris,
am Verkaufsstand seiner Mutter, einer ledigen Fischhändlerin, geboren.
Seine Mutter will den Neugeborenen jedoch, wie schon vier ihrer Kinder
zuvor, zwischen den Fischresten sterben lassen. Dass Grenouille noch am
Leben ist, hat er seinen lautstarken Schreien zu verdanken, mit denen er
auf sich aufmerksam machte. Er wird unter dem Marktstand aufgefunden und
in die Obhut einer Amme gegeben, seine Mutter wegen versuchten Mordversuches
hingerichtet.
Die ersten Tage eines Lebens verbringt Grenouille bei der Amme Jeanne
Bussie, die sich jedoch weigert, dieses gierige Kind weiterhin zu stillen.
Sie schaudert vor ihm, da er keinen Geruch besitzt. Er riecht nicht nach
einem Baby, er riecht überhaupt nicht.
Nach längerem Drängen der Amme Jeanne Bussie nimmt Pater
Terrier den Säugling Grenouille in sein Kloster auf. Aber schon nach
kurzer Zeit schaudert es auch den Pater. Das geruchlose Kind, so kam es
ihm vor, riecht ihn schamlos ab mit seinem kleinen, ausgeprägten Riecher,
entblößt ihn mit seiner Schnüffelei bis auf die nackte
Seele. Grenouille wird ihm so unheimlich, dass er das Ding möglichst
schnell loshaben will.
So bringt er Grenouille weit weg nach Osten zu Madame Gaillard, welche
jegliches Gefühl für menschliche Wärme und Leidenschaft
verloren hat und keinen Geruchsinn mehr besitzt. Hier, unter der Aufsicht
einer innerlich toten Frau, fällt Grenouille mehreren Mordanschlägen
durch seine Mitzöglinge zum Opfer. Die anderen Kinder hassen sein
seltsames Äußeres und seine Zurückhaltung, aber als er
größer wird, geben sie ihre Tötungsversuche auf, da er
nicht zu zerstören ist. Grenouille übersteht mehrere Krankheiten
und Unglücksfälle, er ist genügsam wie ein Zeck. Während
seiner Zeit bei Madame Gaillard lernt Jean-Baptiste die menschliche Sprache
nur unzureichend, konzentriert sich aber voll und ganz darauf, seine Umgebung
geruchlich zu erfassen und die gesammelten Gerüche in seinem Gedächtnis
zu speichern. Er erbringt Höchstleistungen, indem er Leute durch Mauern
hindurch erriechen kann und sämtliche homogenen Duftgemische in ihre
Duftelemente zerlegt.
(Kap. 1 - Kap. 5)
Als das Kloster von Pater Terrier die Zahlungen einstellt, verkauft
Madame Gaillard ihren achtjährigen Zögling Grenouille an den
Gerber Grimal, bei dem er unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten und
leben muss. Als Jean-Baptiste die tödliche Gerberkrankheit Milzbrand
übersteht wird er für Grimal ein wertvoller Mitarbeiter. Die
ihm allmählich gewährten Freiräume nutzt Grenouille, um
Paris olfaktorisch zu ergreifen. Nun war die Zeit des Überwinterns
vorüber. Der "Zeck" Jean-Baptiste Grenouille regt sich wieder, ihn
packt Jagdlust.
Als Jean-Baptiste am 1. September 1753 gerade auf dem Heimweg ist,
steigt ihm plötzlich eine noch nie gerochene Duftkombination in die
Nase. Von dem Geruch besessen folgt er ihm bis zu seinem Ausgangspunkt,
einem jungen Mädchen. Um ihn zu besitzen, tötet er das Mädchen
sie empfindungslos und saugt ihren Duft in sich ein. Dank dieses Geruches
ist Grenouille nun imstande, seine bisher gesammelten Düfte systematisch
zu ordnen und Kombinationen von Gerüchen anzufertigen. Nun hat Grenouille
den Plan vor Augen: er will der größte Parfumeur aller Zeiten
werden.
(Kap. 5 -> Kap. 8)
Eines Tages wird Jean-Batiste von Grimal zum Parfumeur Baldini geschickt,
um diesem Leder zu bringen. Dieser hat sich gerade dazu entschlossen sein
Geschäft in naher Zukunft aufzugeben. Als Grenouille den Laden Baldinis
sah, oder besser gesagt, roch, wusste er, dass er hier bleiben und arbeiten
wollte. Die Vorführung seiner Künste, Düfte zu kreieren,
überzeugt den anfangs skeptischen Baldini, so dass ihn der Parfumeur
von dem Gerber Grimal abkauft und Grenouille als Lehrling einstellt.
Während der Zeit bei Baldini lernt Grenouille die Arbeitsweise,
die Verfahren, sowie die Werkzeuge eines Parfumeurs kennen. Jean-Baptiste
versucht allen möglichen und unmöglichen Dingen ihren Duft zu
entziehen. Er schöpft die genialsten Düfte, die Europa je zu
riechen bekam und macht den alten Baldini zum größten Parfumeur
Frankreichs. Als es Grenouille nicht gelingt, einigen Stoffen mittels der
Destillation ihren Duft zu stehlen, wird er todkrank. Erst als Baldini
ihn von einer anderen Technik der Duftgewinnung unterrichtet und ihm verspricht,
einen Gesellenbrief zu beschaffen, genest Grenouille.
(Kap. 9 -> Kap. 21)
Nach dem Erwerb des Gesellenbriefes verlässt Jean-Baptiste
Paris und schlägt den Weg nach Grasse ein, um diese Technik der Duftgewinnung
zu erlernen. Er entfernt sich von der Stadt und stiegt ins Gebirge auf,
wo ihm der menschliche Geruch zuwider wird. Er zieht sich in den menschenentferntesten
Winkel zurück und lebt von Insekten, Moos und Wasser, in einer Höhle,
die ihm als Schlafgemach dient. Während in Frankreich der siebenjährige
Krieg stattfindet, verbringt Grenouille die meiste Zeit in beglückenden
Traumwelten. Er betrinkt sich an seinen gesammelten Geruchserinnerungen
wie an Wein, berauscht sich immer wieder aufs neue und fühlt sich
wie ein Gott. Bis seine Welt plötzlich an einer Erkenntnis zusammenzufallen
droht. Sein fehlender Eigengeruch versetzt Grenouille eine innere Schicksalsschlag.
Er verlässt die Höhle als grässlich aussehender Jean-Baptiste
Grenouille.
(Kap. 21 -> Kap. 29)
Nach sieben langen Jahren flüchtet er im verwilderten Zustand
zurück zu den Menschen, zurück in die Städte. Er lässt
sich von dem Wissenschaftler Marquis de la Taillade-Espinasse als lebenden
Beweiß für die von ihm entwickelte Theorie vom "fluidum letale"
betrachten. Der Marquis heilt Grenouille von seiner angeblichen Erdgasverseuchung
und verwandelt ihn zurück in einen Vollmenschen. Jean-Baptiste mischt
sich einen Menschenduft und erprobt seine Wirkung auf die Personen in seiner
Umgebung. Er selbst empfindet diesen Geruch zwar als stinkend, doch die
Reaktion seines Umfeldes sagt ihm, dass er nun von den Menschen als ihresgleichen
akzeptiert wird. Grenouille fasst den Entschluss, Menschen zu beherrschen
und sie durch ein Parfum dazu zu bringen, ihn zu lieben. Er setzt sich
als Ziel das absolute Parfum zu schaffen.
(Kap. 30 -> Kap. 34)
Nach Montpellier erreicht Jean-Baptiste Grasse, die Hochburg der Parfumeure.
Dort vernimmt er aus einem Garten wieder diesen faszinierenden Duft eines
Mädchens. Doch diesmal tötet er das Mädchen nicht. Er wartet
zwei Jahre ab, bis sich der Geruch des Mädchens voll entfaltet hat.
Während dieser Zeit des Wartens eignet sich Grenouille bei Madame
Arnulfi die Kunst des Duftmachens mit der Hilfe von Fetten an. Im geheimen
beginnt Jean-Baptiste mit dieser Methode zu experimentieren, stiehlt zuerst
die Gerüche lebloser Dinge und ergründet, welche Methode die
beste ist, um einem Lebewesen den Duft zu entreißen.
(Kap. 35 -> Kap. 38)
Schließlich tötet Grenouille 24 Mädchen und versetzt
so die ganze Stadt in Angst und Schrecken. Die Aromen der Mädchen
sollen ihm die Grundlage für sein Duftdiadem liefern, für dessen
Edelstes er der Duft des rothaarige Mädchens beabsichtigt. Nachdem
die Mordserie nach einem Bittgottesdienst ein Ende findet, legt sich die
entstandene Unruhe in der Bevölkerung. Doch der kostbarste aller Düfte
befindet sich noch nicht in Grenouilles Besitz.
(Kap. 39 -> Kap. 40)
Aber ein Bürger von Grasse, Antoine Richis, der Vater des Mädchen,
hat eine beängstigende Vorahnung. Er durchschaut das System der Morde,
wenn auch nicht das Motiv, und er erkennt, dass seine Tochter Laure das
nächste Opfer sein wird. Richis flüchtet mit seiner Tochter,
um diese in Sicherheit zu bringen. Doch das Fehlen dieses wertvollsten
Duftes bemerkt Grenouille sofort und folgt Vater und Tochter aus der Stadt.
In einem Gästehauszimmer, in dem ihr Vater sie untergebracht hat,
ermordet Grenouille das Mädchen Laure, enfleuriert sie und kehrt nach
Grasse zurück. Nun hat Grenouille sein Lebenswerk in absoluter Perfektion
vollendet.
(Kap. 41 -> Kap. 46)
Aufgrund der wagen Beschreibung eines Wachmanns wird Grenouille verhaftet.
Die Vorstellung an den Mörder löst beim Volk entsetzen aus. Sie
können nicht glauben, dass so ein Mörder aussieht. Grenouille
gesteht die Tat aber, verheimlicht jedoch sein Motiv und wird daraufhin
zu einem grausamen Tod verurteilt. Seine Hinrichtung wird vorbereitet wie
ein Volksfest. Als Jean-Baptiste Grenouille aber am Tage seiner Hinrichtung
leicht besprenkelt mit seinem "Parfum fatale" vor die Menschen tritt, glaubt
niemand mehr, dass er ein Mörder sein könne. Der Duft verfehlt
seine Wirkung nicht, so dass sich Grenouilles Hinrichtung zu einer von
Liebe erfüllten Massenorgie entwickelt. Doch seine Macht gegenüber
diesen Menschen lässt in seinem Inneren Ekel und eine tiefe Ablehnung
aufkommen; Hass gegen die Bürger dieser Stadt, Hass gegen sich selbst.
Er ist der einzige, den das Parfum nicht verzaubern kann. Für Grenouille
ist das Parfum sinnlos, da er es selbst geschaffen hat und nur er weiß,
wie gut es angefertigt ist, sein Parfum.
Als Antoine Richis auf Grenouille zukommt, hofft er, das dieser ihn
töten und dadurch erlösen wird. Doch Richis umarmt Grenouille
liebevoll und bittet ihn um Verzeihung. Grenouille verliert das Bewusstsein.
Nachdem Jean-Baptiste in Laures Bett erwacht und Richis ihn bittet, sein
Adoptivsohn zu werden, verlässt Grenouille die Stadt Grasse und kehrt
nach Paris zurück.
(Kap. 47 -> Kap. 50)
Am 28. Juni 1767 kommt er in Paris an. Es zieht ihn zu der Stätte
seiner Geburt, zurück in den Gestank von Paris. Dorthin, wo sich nachts
der Abschaum der Gesellschaft, bestehend aus Dieben, Mördern, Messerstechern,
Deserteuren und Huren, versammelt. Als Grenouille den ganzen Inhalt der
Ampulle des genialsten Duftes aller Zeiten über sich gegossen hat,
erscheint er den verbrecherischen Gestalten wie ein Engel. Gierig wie Wölfe
stürzt sich das Gesindel auf Grenouille, zerhackt ihn in dreißig
Stücke und frisst ihn, Jean-Baptiste Grenouille, vollständig
auf.
Die Kannibalen haben "zum ersten Mal etwas aus Liebe getan."
(Kap. 51)
Interpretation
Grenouilles Kindheit
In der "Geschichte eines Mörders" von Patrick Süskind handelt
es sich um einen Entwicklungsroman, in dessen Mittelpunkt sich Jean-Baptiste
Grenouille als einzig zentrale Figur befindet. Er ist das Zentrum der Geschichte,
um den alle anderen Figuren gruppiert sind.
Jean-Baptiste besitzt seine genialen Begabungen und Eigenschaften schon
seit seiner Geburt. Er ist seither aber auch unerwünscht und ungeliebt.
Schuld daran ist sein abscheuliches Äußeres und sein unangenehmes
Verhalten, das zu einem raschen Wechsel der Bezugspersonen führt:
Seine Mutter, vier Ammen und schließlich Pater Terrier schieben den
geruchlosen Säugling Grenouille nach kurzer Zeit ab. Danach kommt
er im Kinderheim der Madame Gaillard unter, auf deren Gefühlskälte
Jean-Baptiste mit einer Abkapselung gegen seine Mitmenschen reagiert. Er
erwickelt sich zum "Zeck".
Bevor Grenouille seiner Muttersprache mächtig ist, hat er bereits
mit sechs Jahren "seine Umgebung olfaktorisch erfasst".
Für 15 Franc übergibt Madame Gaillard den Achtjährigen
dem Gerber Grimal, der sich als roher, unmenschlicher Ausbeuter erweist.
Mit dem Wechsel zu Baldini verbessern sich die Lebensbedingungen Grenouilles.
Einziger Grund dafür ist die Erkenntnis Baldinis, wie wertvoll der
Junge für seine Karriere ist. Erst bei ihm beginnt Grenouilles "menschliches"
Leben.
Als Grenouille dabei ist, ein Mensch zu werden, begeht er aber Merkwürdigerweise
eine "unmenschliche Tat", seinen ersten Mord.
Grenouilles erster Mord
In den wenigen freien Stunden, die der Gerber Grimal dem Zwölfjährigen
gestattet, geht Grenouille im "größten Duftrevier der Welt"
auf Streifzug. "Mit geblähten Nüstern" saugt er Gerüche
in sich hinein und wenn er einen neuen Duft entdeckt hat, "stößt
er zu", zerlegt die Gerüche in ihre Komponenten und speichert sie
in seinem Gedächtnis. Er sammelt unwählerisch alle Gerüche,
er will schlichtweg alle Düfte besitzen, die ihm die Welt bieten kann.
"In der synthetisierenden Geruchsküche seiner Phantasie herrschte
noch kein ästhetisches Prinzip."
Doch am 1. September 1753, dem Jahrestag der Thronbesteigung des Königs,
ändert sich Grenouilles Einstellung. Er erhält das "Prinzip"
erst, als er bereits auf dem Heimweg des geruchlich langweiligen Festes
ist. Grenouille wird ein "Duft zugeweht, ein Duftatom, nein noch weniger:
eher die Ahnung eines Duftes". Instinktiv bemerkt Grenouille, dass dies
"der Schlüssel zur Ordnung aller Düfte" ist. Der gefühlskalte
Jean-Baptiste Grenouille stellt an sich ungewohnte emotionale Regungen
fest.
Ihn überfällt eine "grässliche Angst", ihm wird "schlecht
vor Aufregung" aus Furcht, diesen Geruch verlieren zu können.
Die Quelle des Geruchs ist ein junges Mädchen, das im Hinterhof
Mirabellen entkernt. Weil Grenouilles Leben ohne diesen Duft "keinen Sinn
mehr hat", will er diesen Geruch besitzen. Er erwürgt das Mädchen
und saugt seinen Geruch in sich hinein, bis er es "welkgerochen" hat und
"übervoll von ihr" ist.
Nun ändert sich Grenouilles Leben schlagartig. Ihm ist, als würde
er neu geboren.
Grenouille wird sich seinem bisherigen animalischen Leben bewusst und
erkennt seine wirkliche Bestimmung: "die Welt der Düfte zu revolutionieren".
Er will "der größte Parfumeur aller Zeiten" werden. "Was Glück
sei, hatte er in seinem Leben bisher nicht erfahren. Er kannte allenfalls
sehr seltene Zustände von dumpfer Zufriedenheit. Jetzt aber zitterte
er vor Glück und konnte vor lauter Glückseligkeit nicht schlafen."
Noch in der Mordnacht beginnt Grenouille damit, seine "Millionen und
Abermillionen von Duftbauklötzen" in eine "systematische Ordnung"
zu bringen.
Der erste Mord ist in doppelter Hinsicht ein "Schlüsselerlebnis
für die zentrale Figur des Romans. Welch großen Einfluss der
Mord auf Grenouilles weitere Entwicklung nimmt, wird u.a. dadurch unterstrichen,
dass Grenouille sich zum ersten Mal in seinem Leben nicht allein auf seine
Nase verlässt, sondern seine "Augen zu Hilfe nehmen musste, um zu
glauben, was er roch."
Grenouille erhält durch den Duft des Mädchens einen Schlüssel
zur Ordnung aller Düfte, gleichzeitig bekommt sein Leben durch den
Duft des Mädchens einen Sinn. Grenouille hat nun ein lohnendes Ziel
vor Augen.
Seine Genialität allein reicht jedoch nicht aus, um sich den Titel
des größten Parfumeurs zu erkämpfen. Es bedarf auch handwerklicher
Fähigkeiten, um sich diesen Wunsch zu erfüllen.
Deshalb verlässt Grenouille den Gerber Grimal, um eine Lehre als
Parfumeur zu beginnen. Eine neue Etappe in Jean-Baptiste Grenouilles Lebens
steht an.
Lehrlings- und Gesellenzeit
Aufgrund Grimals Befehl begibt sich Grenouille zu dem auf der Pont au
Change gelegene Haus des Parfumeurs Baldini, dessen gesellschaftliche und
wirtschaftliche Stellung in einer Krise steckt.
Nach dem missratenen Kopierversuch des Parfums "Amor und Psyche" seines
Konkurrenten Pelissiers entschließt sich Baldini sein Geschäft
aufzugeben und seinen Lebensabend in Messina zu verbringen.
Das Angebot Grenouilles, das Parfum herzustellen, nimmt Baldini aus
einer Laune heraus an. Als Grenouille ohne Kenntnis das Parfum, das Baldini
vergeblich zu kopieren versucht hatte, hergestellt hat, ist Baldini sprachlos.
Als Grenouille mit dem Satz herausplatzt "Es ist kein gutes Parfum" und
innerhalb einer Minute ein besseres Parfum zusammenmixt, ist Baldini völlig
perplex und stellt Jean-Baptiste als Lehrling ein.
Nun beginnt der Wiederaufstieg des Hauses Baldini, denn alles, was
Grenouille kreiert, wird zum Verkaufschlager.
Grenouille beherrscht innerhalb kurzer Zeit alle handwerklichen Techniken
und wird "Spezialist auf dem Gebiet des Destillierens". Tagsüber arbeitet
er für Baldini, nachts experimentiert Grenouille mit Hilfe der Destillation,
Dingen ihren Geruch zu entreißen. Seine Versuche missglücken
ihm jedoch. ("Bei Substanzen, denen dieses ätherische Öl abging,
war das Verfahren der Destillation natürlich völlig sinnlos.
Uns heutigen Menschen, die wir physikalisch ausgebildet sind, leuchtet
das sofort ein". Mit diesem Kommentar spielt der auktoriale Erzähler
mit der Eitelkeit seiner Leser.) Grenouille fällt in ein schwarzes
Loch und wird "lebensbedrohlich krank".
Baldini, der seine Geschäfte über die Landesgrenzen hinaus
ausdehnen will und sich Hoffnungen macht, "königliches Privileg" zu
erhalten, packt die Angst, da er eine Gefährdung seiner Ideen befürchtet.
Einzig und allein deshalb, nicht aus Menschenliebe oder Mitleid, lässt
Baldini einen Arzt kommen, der die Diagnose "syphilitische Blattern" und
"eitrige Masern in stadio ultimo" stellt. Dieser prophezeit jedoch den
Tod Grenouilles innerhalb der nächsten 48 Stunden.
Schließlich überwindet Baldini sogar seinen Ekel und pflegt
Grenouille. Als Baldini, bereits aller Hoffnungen beraubt, in den Sessel
neben Grenouilles Bett sinkt, fragt der eigentlich Todgeweihte plötzlich
nach weiteren Methoden der Duftgewinnung.
Baldini unterrichtet Grenouille über die Techniken der enfleurage,
die in Grasse entwickelt worden sind. Grenouille schläft darauf ein
und hat sich binnen einer Woche von seiner Krankheit erholt.
Baldinis Aufstieg stehen keine Hindernisse mehr im Weg und Grenouille
bekommt von Baldini das Versprechen, ihm zum Gesellenbrief zu verhelfen.
Nach drei langen Jahren erhält Grenouille im Frühjahr 1756 den
Gesellenbrief und wird von Baldini frei gesprochen. Nun hat Grenouille
ein neues Ziel vor Augen: er will in Grasse die Techniken der enfleurage
erlernen. Im Mai 1756 bricht Jean-Baptiste nach Süden auf.
In diesem Abschnitt des Romans profitiert aber nicht nur Baldini von
der Fähigkeit seines Lehrlings, die begehrtesten Parfums Europas herzustellen.
Auch Grenouille zieht einen Nutzen aus seiner Gesellenzeit bei dem Parfumeur.
Er erlernt "mit der obligatorischen Verwendung von Messbecher und
Waage die Sprache der Parfumeure", und er spürt "instinktiv, dass
ihm die Kenntnis dieser Sprache von Nutzen sein könnte." Schließlich
will Grenouille der Schöpfer eines absoluten Duftes werden.
Der Menschenfeind
Grenouille ist gerade auf den Weg nach Orleans, als ihm bewusst wird,
wie angenehm ihm die menschenfreie Luft ist. Je mehr er die Gerüche
von Paris aus der Nase verliert, desto behaglicher fühlt er sich.
Grenouille will seine "frischgewonnene Atemfreiheit" noch nicht aufgeben,
als er das nahende Orleans wittert und umgeht die Stadt. So zieht es ihn
"ohne besonderen Beschluß" in abgeschiedenere Gegenden des Landes,
bis er schließlich den Gipfel des Vulkans Plomb du Cantal, dem "menschenfernsten
Punkt des ganzen Königreichs." (Der Gegensatz des Vulkans und Grenouilles
Geburtsort Paris wird durch die verwendeten Superlative "allerstinkendster
Ort" und "menschenfernster Punkt" zur Geltung gebracht.)
Und wieder traut Grenouille seiner Nase nicht, sondern nimmt seine
Augen zu Hilfe, um die Umgebung nach Menschen abzusuchen. Als er feststellt,
dass er tatsächlich allein ist, erwacht in Grenouille ein Glücksgefühl,
wie er es nur in der Nacht seines ersten Mordes empfunden hat.
Grenouille entdeckt eine Höhle in 50 Metern Tiefe, in die er sich
einrichtet.
Hier fühlt sich Grenouille sicher wie nie zuvor in seinem Leben,
"schon gar nicht im Bauch seiner Mutter". Er ist so gerührt, dass
er vor Glück weint. (Der indirekte Vergleich der Höhle mit dem
Bauch seiner Mutter sagt aus, wie ungeliebt Grenouille von Anfang an war.
Die Gefühle, die er im Mutterleib vermissen musste, kann er nun erfahren.)
Nur um seine Notdurft zu verrichten und sich mit Nahrung zu versorgen,
verlässt Grenouille seine Höhle.
In seinen Phantasienwelten, die sich Grenouille in seiner Höhle
erträumt, wird er zum Schöpfer und Zerstörer von Welten
(hier sind Ähnlichkeiten zur Schöpfungsgeschichte festzustellen).
Sieben Jahre lang genießt Grenouille die vielen Szenen seines
"Seelentheaters." (Die beliebte Zahl Sieben kennen wir aus Märchen,
wie zum Beispiel sieben Zwerge.) Nichts kann ihn hier erschütten,
nicht einmal der Krieg, der draußen herrscht. Grenouille ist entschlossen,
die menschliche Geschichte schlichtweg zu ignorieren.
Als er während einer Traumreise feststellt, dass er keinen Eigengeruch
hat, erwacht Grenouille mit einem Schrei, muss jedoch erkennen, dass er
die Wirklichkeit geträumt hat. Diese erschütternde Gewissheit
bewegt Grenouille dazu, "noch in derselben Nacht den Plomb du Cantal in
südlicher Richtung" zu verlassen.
Grenouilles Lebensabschnitt im Plomb du Cantal hat einen weiteren bedeutsamen
Einfluss auf seine folgende Entwicklung. Dies ist an der Gruppierung der
anderen Abschnitt um diese sechs Kapitel zu erkennen. In den vorherigen
und künftigen Abschnitte steht Grenouille der Menschenwelt gegenüber;
hier wird er mit sich selbst konfrontiert. Aber erst die Abgeschiedenheit
in der Höhle hilft Grenouille einen einschneidenden Schritt bei der
eigenen Menschwerdung.
Rückkehr in die Welt
Vollkommen verwildert verlässt Grenouille den Plomb du Cantal.
Einige Menschen, denen er begegnet, meinen, "er sei gar kein richtiger
Mensch, sondern eine Mischung aus einem Menschen und einem Bären."
Grenouille wird dem Marquis de la Taillade-Espinasse vorgeführt,
der ihn aufnimmt. Ausschlaggebend ist für den Marquis lediglich die
Tatsache, dass ihm Grenouille als Beweis für seine "fluidum-letale-Theorie"
dienen könnte.
Der Marquis zog mit Grenouille nach Montpellier und präsentiert
ihn dort als "wissenschaftliche Sensation des Jahres". Marquis verspricht
am Ende seiner Vorführung, "den an und für sich Todgeweihten
mittels einer Ventilationstherapie in Kombination mit Vitaldiät innerhalb
von acht Tagen wieder herzustellen."
Nach einem Aufenthalt im "Vitalluftventilator" wird Grenouille gebadet,
mit Cremes behandelt und fein gekleidet. Und auch in Grenouilles Fall machen
Kleider Leute. Der Marquis ist von seiner genialen Tat begeistert und bezeichnet
den "Monsieur" als "ganz passabler Mensch."
Auch Grenouille ist erstaunt, dass "er so unglaublich normal" aussieht.
Er ist sich aber im Klaren, dass der "Vitalluftventiltor" keinen Einfluss
auf seine Verwandlung vom Tier zum Menschen hatte. Er lernt es, sich den
gesellschaftlichen Bestimmungen entsprechend zu verhalten.
Nun nimmt Grenouille in Angriff, seinen fehlenden Eigengeruch, durch
die Herstellung eines menschlichen Parfums zu beseitigen.
Seine Freude ist unbeschreiblich, als er sein aus Katzendreck, Käsereste...entstandenes
Gemisch in der Öffentlichkeit austestet und von der Menschenmenge
akzeptiert wird. Grenouille wird von einem "bösen Triumphgefühl"
erfasst, sind die Menschen doch so leicht zu täuschen.
An diesem Tag beschließt Grenouille, der "omnipotente Gott des
Duftes" zu werden. Die Menschheit soll ihn lieben "bis zum Wahnsinn". Grenouille
verachtet nicht nur die Menschen, nein, auch Gott war seiner Meinung nach
ein kleiner armer Stinker.
Nach einigen Wochen, in denen er zum Mittelpunkt gesellschaftlicher
Ereignisse wird, ist für Grenouille wieder einmal die Zeit gekommen,
aufzubrechen. Er macht sich auf den Weg nach Grasse, um seine Pläne,
den absoluten Duft zu kreieren, zu verwirklichen.
Seine Vollkommenheit
Grenouille erreicht Grasse und noch am Abend seiner Ankunft streift
er durch die Gassen der Parfumhochburg. Aus einem der Häuser weht
ihm ein bekannter Geruch entgegen, der Duft des rothaarigen Mädchens,
seinem ersten Opfer. Grenouille entdeckt ein junges Mädchen und er
weiß sofort, in zwei Jahren "würde dieser Geruch gereift sein
und eine Wucht bekommen, der sich kein Mensch, weder Mann noch Frau, würde
entziehen können."
Auch diesen Geruch will Grenouille besitzen. Zuerst muss er jedoch
warten, um seine handwerklichen Fähigkeiten zu vervollkommnen. (Hier
kann man die gewachsene Disziplin Grenouilles deutlich erkennen.)
Grenouille wird dank seines Gesellenbriefes im Hause Arnulfi eingestellt,
wo er sich die Techniken der Mazeration und der Absorption aneignet.
Er führt ein Doppelleben. Tagsüber arbeitet Grenouille für
Madame Arnulfi, nachts experimentiert er, die neu erlernten Techniken für
seine Zwecke zu prüfen.
Als er seine Versuche abgeschlossen hat, macht er sich auf die Suche
nach dem "Duft gewisser Menschen: jener äußerst seltenen Menschen
nämlich, die Liebe inspirieren."
Doch Grenouille wird sich bewusst, dass auch der Duft des Mädchens
nicht ewig halten würde. Um ihn möglichst lange zu bewahren,
will Grenouille ein Duftdiadem anfertigen, dessen "Herznote" der Duft selbst
sein soll. Die Zusammensetzung dieses Diadems soll aus den Düften
anderer Mädchen erfolgen. Der Beginn einer Mordserie.
Im Laufe der nächsten Monate werden 24 Mädchen zu Opfern
Grenouilles. Dass die Toten nicht sexuell missbraucht werden, aber ihr
Haar abgeschnitten ist und ihre Kleider fehlen, bringt Unruhe unter die
Bevölkerung. Als nach einem Bittgottesdienst die Mordserie aufhört,
glaubt man, sich von der "Bestie" befreit zu haben. Nur ein Bürger
in Grasse ahnt, dass der Mörder noch einmal zuschlagen wird: Antoine
Richis, der Vater Laures, deren Duft sich Grenouille aneignen will.
Richis kommt Grenouille verblüffend nahe auf die Spur. Er weiß,
dass seine Laure, die er in seinen Gedanken selbst begehrt (womit Richis
gedanklich gegen das Inzestverbot verstößt), der "kostbarste
Baustein" sein würde.
Doch Richis Plan, seine Tochter zu retten, scheitert. Grenouille tötet
Laure Richis und ist an seinem Ziel angelangt: seinem absoluten Parfum.
Aber nur wenige Tage nach seiner Tat wird Grenouille verhaftet, des
Mordes an 25 Mädchen angeklagt und des Todes verurteilt.
Zur Hinrichtung Grenouilles versammeln sich zehntausende von Menschen
am Schafott. Als er mit seinem Parfum beträufelt vor die Menschenmenge
tritt, entfaltet dies seine Wirkung und ein "Wunder" geschieht, oder so
"etwas Ähnliches wie ein Wunder."
Die Menge ist sich plötzlich absolut sicher, dass Grenouille nicht
der Mörder gewesen sein kann und jeder Anwesende wird von einem "mächtigen
Gefühl von Zuneigung, von Zärtlichkeit, von toller kindischer
Verliebtheit, ja, weiß Gott, von Liebe zu dem kleinen Mördermann"
überwältigt. Sie lassen ihren lassen Gefühlen freien Lauf.
Grenouille fühlt sich zuerst wie ein Befreier, "ja, er war der
große Grenouille."
Doch plötzlich er kann diesen "größten Triumph seines
Lebens" nicht genießen. Er, der sich gewünscht hatte, dass die
Menschen ihn liebten, hasst sie, und er will, dass auch er gehasst wird.
Einmal im Leben will Grenouille "sein wie andre Menschen auch und sich
seines Inneren entäußern."
Aber genau das wird Grenouille nie gelingen, weil ihm sein absolutes
Parfum, das er je kreiert hat, den Weg dazu versperrt.
Als Laures Vater auf ihn zukommt, hofft Grenouille erleichtert, Richis
würde ihn aus Rache töten. Doch als dieser Grenouille um Verzeihung
bittet, fällt er in Ohnmacht.
Als Grenouille im Bett von Laure Richis aufwacht, stellt er zu seinem
Entsetzen fast, dass er gescheitert ist. Grenouille beschließt, wieder
nach Paris, seinem Geburtsort, zu gehen.
Als Grenouille endlich ein Mitglied der Gesellschaft geworden ist und
ihre Umgangsformen beherrscht; als er mit der Schaffung eines Parfums eine
geniale Meisterleistung vollbracht hat, führt ihn die schmerzliche
Einsicht in der Stunde seines größten Triumphes zur persönlichen
Katastrophe. Es ist ja nicht Grenouille, den die Menschen verehren, sondern
sein Parfum, dem sie verfallen sind.
Grenouilles Delirium
Grenouille, mittlerweile auf dem Weg nach Paris, weiß um die ungeheure
und ungeheuerliche Macht, die ihm sein Parfum verleiht. An dieser Macht
ist Grenouille jedoch nicht mehr interessiert. Am 25. Juni 1767 erreicht
er Paris am heißesten Tag des Jahres, dessen Hitze die Stadt stinken
lässt, "wie am Tag von Grenouilles Geburt."
Er geht zum Friedhof des Cimetiere des Innocents, wo sich um Mitternacht
das Gesindel von Paris versammelt hat.
Als Grenouille sich mit seinem Parfum über und über betupft,
stehen die Gestalten plötzlich vor einer anziehenden "Engelsgestalt".
In einem kannibalischen Akt wird Grenouille getötet und gefressen.
Nach der Mahlzeit zeigen die Kannibalen keine Reue, "sie hatten zum
ersten Mal etwas aus Liebe getan".
Grenouilles Biographie endet in zweifacher Weise an ihrem Ausgangspunkt.
Er kehrt räumlich, als auch in seiner Persönlichkeitsentwicklung
zum Ort seiner Geburt zurück..
Er hat erkannt, dass er immer der Verstoßene, der ungeliebte
Isolierte sein wird. Sein von ihm selbst herausgeforderter Tod ist somit
kein Opfer, sondern Erlösung.
Grenouille löst sich in Luft auf und wird Absurderweise gleichzeitig
verinnerlichter Teil der Menschheit. Was bleibt, ist die Erinnerung an
Grenouilles Parfum.
Charakterstudie:
Jean-Baptiste Grenouille
Die Hauptfigur des Romans, Jean-Baptiste Grenouille, ist mit Merkmalen,
Verhaltensweisen und Eigenschaften ausgestattet, die für mindestens
zehn Figuren eines Horrorromans gereicht hätten.
Es scheint, als könne er als Kind mit der Nase sehen. Er verschlingt
alles mit seinem Riecher, der das Sehen und Hören eigentlich überflüssig
macht. Seine Augen, ein Gemisch von "unbestimmter Farbe, zwischen austern-grau
und opal-weiß-cremig" können keine Menschenaugen sein (S. 24).
Laut Pater Terriers Feststellung ist Grenouille ein "feindseliges Animal"
(S. 24).
Auch beim Gerber Grimal kann man das "animalischen" Verhalten Grenouille
verfolgen. So wird er von "Jagdlust" gepackt und durchstreift Paris, sein
"Jagdgebiet", "mit geblähten Nüstern, still wie ein Raubfisch"
nach neuen Gerüchen (S. 43-50).
Nach seinem ersten Mord, als er eine Entwicklung zum Menschlichen macht,
hat Grenouille noch animalische Seiten an sich. So wandert er auf dem Weg
nach Grasse bei Nacht immer der Nase nach, da ihn das "Sehen mit den Augen"
Schmerzen bereitet.
Von Geburt am erscheint das Tier Grenouille den Menschen als die Verkörperung
des Bösen. Er kommt bereits ungeliebt auf die Welt. Einem Urteil zufolge
ist Grenouille "vom Teufel besessen" (S. 14).
Der teuflische Grenouille kommt insbesondere durch sein Aussehen ans
Tageslicht. Sie verkrüppelter Fuß, seine Narben, die der Milzbrand
zu Folge hatte und sein Buckel lassen Grenouilles Erscheinungsbild auf
den Menschen unheimlich wirken.
Aber auch sein Verhalten ist für die "Normalen" angsteintreibend.
So weiß Grenouille, dass eine Raupe im Blumenkohl ist, bevor der
Kopf geteilt ist und kommt auch im dunklen Keller auch ohne Kerze zurecht.
Menschliche Wärme benötigt Grenouille anscheinend auch nicht,
er selbst ist durch und durch kalt und lebt nur auf Distanz zu anderen
Menschen, ja, sogar isoliert.
Er gibt nicht an seine Umwelt ab "als seinen Kot" (S. 29) und führt
das Leben eines "resistenten Bakteriums" (S. 27). Er ist Grenouille, das
"Animal".
Der Zeck ist in der ersten Hälfte des Roman ein wichtiger Vergleich
zu Grenouille und verdeutlicht sein zweites Gesicht. Dabei ist der Hinweis
auf den "zeckischen" Charakter Grenouilles immer mit besonderen, zum Teil
lebensnotwendigen Momenten in Grenouilles Leben oder mit neuen Lebensabschnitten
verbunden.
Besonders die Gemeinsamkeiten zwischen der Existenzweise einer Zecke
und dem Leben Grenouilles sind auffallend. Beide halten sich im Hintergrund,
leben zurückgezogen und unauffällig, halten ihre eigenen Interessen
zurück, bis der Zeitpunkt kommt, diesen Interessen nachzugehen. Der
Vergleich zwischen einer Zecke und Grenouille wird zum Beispiel verdeutlicht,
als Grimal seinem Gerbergehilfen einige Freiheiten zugesteht. Grenouille
beginnt das Geruchsrevier Paris zu erobern: "Die Zeit des Überwinterns
war vorbei. Der Zeck Grenouille regte sich wieder. Er witterte Morgenluft.
Die Jagdlust packte ihn" (S. 43).
Am Ende taucht der Zeck-Vergleich nicht mehr auf. Vielleicht ein Deut
auf Grenouilles Entwicklungsfortschritte zur Menschwerdung. Schließlich
wird er immer menschenähnlicher, der Vergleich mit einem Zeck halt
den neuen Verhaltenweisen Grenouilles nicht mehr stand.
Zum Schluss ist er für seine Mörder nicht einmal mehr Mensch,
sondern ein "Engelsmensch", ja sogar ein "Engel" (S. 319f.).
Bauformen des Autors
Form
Die Geschichte wird, unter fast vollständigem Verzicht auf die
Elemente wie Perspektivenwechsel, innerer Monolog u.a., weitgehend einsträngig
chronologisch erzählt. Ein auktorialer Erzähler nimmt die Leser
bei der Hand und führt sie in die Welt seiner Charaktere und in die
stinkende und duftende Welt des 18. Jahrhunderts in Frankreich.
Neben dem Erzählstil des Romans spielt sicherlich auch die Motivwahl
eine große Rolle. Süskinds monströser Mörder hat etliche
literarische Vorbilder, um nicht zu sagen Vorväter, Hugos Quasimodo,
der Glöckner von Notre-Dame, ist zu nennen, mit dem Grenouille das
hässliche Äußere teilt. Chamissos Peter Schlemihl hat keinen
Schatten, Süskinds Grenouille keinen Eigengeruch. E.T.A. Hoffmanns
Goldschmied Cardillac sieht in der Dunkelheit, Grenouille riecht sich durch
die Dunkelheit.
"Das Parfum" ist ein Reiseroman und führt uns von Frankreichs
Hauptstadt ins Zentralmassiv, nach Montpellier und in die Stadt der Düfte
und Parfumeure, Grasse, und schließlich nach Paris zurück. Süskinds
Werk ist ein historischer Roman, der Details der Handwerkstechnik der Gerber
und Parfumeure ebenso vor uns ausbreitet wie er uns, wenn auch mit unübersehbaren,
parodistischen Elementen, das Zeitalter der Aufklärung vor Augen führt.
Und der Autor gewährt uns einen Einblick in die hygienischen Verhältnisse
des 18. Jahrhunderts.
Süskinds Werk weist aber auch Elemente des Entwicklungsromans
auf, denn wir verfolgen den inneren und äußeren Werdegang Grenouilles
von der Geburt bis zum Tod. Es sind auch Elemente eines Horrorromans enthalten.
Hat der Autor seinen "Helden" doch mit Fähigkeiten, Eigenschaften
und Verhaltensweisen ausgestattet, die gleichermaßen eigenartig wie
angsteinflößend sind.
Der Untertitel des Romans (Geschichte eines Mörders) deutet schon
auf einen Kriminalroman hin; und immerhin bringt es Grenouille auf die
beachtliche Anzahl von 26 Morden. Der Erzähler versteht es geschickt,
die dementsprechenden Erwartungen der Leser zu wecken, wenn es gleich zu
Beginn über die Hauptfigur heißt, sie gehöre "zu den genialsten
und abscheulichsten Gestalten dieser an genialen und abscheulichen Gestalten
nicht armen Epoche" (S. 5).
Für den Erfolg des Romans ist aber auch die Sprache verantwortlich.
Der Autor scheint beweisen zu wollen, dass unsere Sprache zur Beschreibung
der riechbaren Welt sehr wohl ausreicht. Landschaften, Menschen, Tiere,
Gegenstände werden anhand der von ihnen ausgehenden Gerüche definiert,
indem sie in kleine und kleinste Geruchsnuancen differenziert werden.
"Der Schöpfer des Geruchsgenies und Mörders Grenouille tritt
uns auch als Schöpfer von Wortkompositionen entgegen, die sich, oft
in langen Reihungen, vergleichbar mit Wasserfällen, über ganze
Zeilen ergießen. Das ist ein Schwelgen in Vergleichen, Abtauchen
in Adjektivhypertrophien, ein Kumulieren von Superlativen, gleichsam um
sich an den Kern eines Geruchs sprachlich " (Bernd Matzkowski).
Grenouille kommt als ungeliebter Sohn auf die Welt. Seine Mutter will
nur, "dass der Schmerz aufhöre" und deshalb die "eklige Geburt so
rasch als möglich hinter sich bringen" (S. 7). Seine Mutter sieht
in ihm nur ein blutiges Stück Fleisch, das mit dem Fischgekröse
unter ihrem Verkaufstisch mehr Ähnlichkeit hat als mit einem Menschen.
Grenouilles erste Erfahrung ist also die Ablehnung, der Gleichgültigkeit,
der mangelnden Fürsorge, des Hasses. Wen wundert es da, wenn der Schrei,
mit dem das Neugeborene auf sich aufmerksam macht, kein "instinktiver Schrei
nach Mitleid und Liebe" ist, sondern ein Schrei der Entscheidung "gegen
die Liebe und dennoch für das Leben" (S. 28).
Das Kind kommt in die Fürsorge von Ammen, die es aber - alle aus
dem gleichen Grund - nach wenigen Tagen weiterreichen. Der kleine Grenouille
stört das rentable Stillen der Ammen, da er zu gierig ist. Bereits
in den ersten Wochen seines Lebens wird Grenouille somit unter dem Gesichtspunkt
der ökonomischen Rentabilität beurteilt. Er zählt nicht
als Mensch, sondern als Einkommensquelle, als wirtschaftlicher Faktor.
Die rasch wechselnden Bezugspersonen und den auf mangelnder Liebe und Ablehnung
gegenüber dem Kind beruhenden Sozialbeziehungen verhindern zwangsläufig
die Herausbildung eines Urvertrauens bei Grenouille. Die Ablehnung, den
Hass, den bereits der kleine Grenouille verspürt, wird er stets in
sich tragen und an seine Mitmenschen zurückgeben.
Jeanne Bussie, die letzte Amme, gibt aus dem gleichen Grund wie
ihre Vorgängerinnen bereits nach wenigen Wochen den kleinen Grenouille
in die Obhut von Pater Terrier und begründet ihre Kindsabgabe mit
dem fehlenden Körpergeruch Grenouilles.
Ein rascher Wechsel der Bezugspersonen und ein Gleichmaß an Ablehnung
bestimmen die ersten Lebenswochen und Monate Grenouilles. Erst bei Madame
Gaillard werden die Sozialbeziehungen Grenouilles stabiler - allerdings
auf der Basis absoluter Gefühlskälte. "Hier aber, bei der seelenarmen
Frau gedieh er" (S. 27).
Auf die ihm entgegengebrachte Gefühlskälte reagiert Grenouille
mit einer absoluten Abkapselung gegen seine Mitmenschen, er wird zum "Zeck".
Für 15 Franc übergibt Madame Gaillard den Achtjährigen
dem Gerber Grimal. Erst bei ihm wird aus Grenouille, dem "Animal", ein
animalisches Geschöpf - aber Grenouille wird dazu gemacht. Denn Grimal
erweist sich als roher, unmenschlicher Ausbeuter.
Grenouille wird, um sein Äußeres und seinen Charakter zu
beschreiben, immer wieder mit Tieren verglichen, die eher negative und
unangenehme Gefühle im Menschen wachrufen. Auf den animalischen Wesenszug
Grenouilles verweisen nicht nur Nomen ("Kröte", "schwarze Spinne"),
sondern auch Verben wie zischeln, verharren, krächzen, lauern und
schnarren, die seine Lebens- und Sprechweise beschreiben und eher Ablehnung
hervorrufen.
Mit dem Wechsel zu Baldini verbessern sich die Lebensbedingungen Grenouilles
zwar, aber dies nur deshalb, weil Baldini erkennt, wie wertvoll der Junge
in wirtschaftlicher Hinsicht für ihn ist. Eine menschliche Beziehung
baut Baldini nicht zu ihm auf, selbst seine fürsorglichen Gesten am
Krankenbett Grenouilles sind von geschäftlichen Gründen gesteuert
und keinesfalls Ausdruck menschlichen Mitgefühls. Im Gegensatz zu
Grimal praktiziert Baldini lediglich eine menschlichere Variante der Ausbeutung.
Auch der Marquis de la Taillade-Espinasse hat kein Interesse an dem
Menschen Grenouille. Er sieht in Grenouille lediglich ein lebender Beweis
für seine Theorie. Dass Taillade-Espinasse Grenouille in die Gesellschaft
einführt, soll seinen Ruhm mehren, erfolgt aber nicht aus Sympathie
für sein "Beweisstück".
Madame Arnulfi und ihrem Liebhaber Druot bleibt der neue Geselle ebenfalls
fremd. Sie interessieren sich nur insoweit für Grenouille, als er
den Geschäftsbetrieb in Gang hält und eine Entlastung von eigener
Arbeit fördert.
Die "Liebe", die die Massen Grenouille am Tage seiner Hinrichtung entgegenbringen
und die auch in Richis' Wunsch zum Tragen kommt, Grenouille zu adoptieren,
ist nicht Ausdruck wahrer menschlicher Gefühle, sonder beruht ja auf
der Verführungskraft des Grenouilleschen Parfums. Diese "Liebe" hebt
also nicht die Entfremdung auf, sondern verdoppelt sie. Sie verschärft
die Distanz zwischen Grenouille und seinen Mitmenschen, fördert den
tiefsitzenden, auf der Erfahrung der Ablehnung beruhenden Hass wieder ans
Tageslicht. Auf der anderen Seite treibt sie Grenouille von sich selbst
weg, weil er erkennen muss, dass sein "Menschsein" an das Parfum gebunden
und daher flüchtig ist und auf einer Täuschung beruht. Grenouille
wird zum Gefangenen seiner Genialität. Er will zwar den Menschen gleich
werden, einer von ihnen sein. Doch die Menschen können ihn nicht als
den erkennen, der er ist. Daraus resultiert sein Hass auf die Menschen.
Er scheitert nicht an sich selbst, sondern an den Menschen. In der
Unmenschlichkeit Grenouilles, in seiner kalten Grausamkeit und seiner gefühlsleeren
Psyche, spiegeln sich die Grausamkeit und Gefühlskälte der menschlichen
Gesellschaft, mit denen Grenouille in sozialen Kontakt kommt.
Grenouille ist die Hauptfigur, die keinen Gegenspieler, bestenfalls
Mitspieler hat. Allen Menschen, denen er begegnet, haben Ziele. Keiner
von ihnen erreicht diese aber, denn immer wieder spielt ihnen der Zufall
einen Streich.
Die Menschen, so legt es das Schicksal der Romanfigur nahe, sind zum
Scheitern verurteilt. Ihre wohlfeilen Pläne werden durchkreuzt, von
Zufällen regiert. In einem stillen Moment der Erkenntnis hat Baldini
diese Einsicht in den Lauf der Welt, den Gang der Dinge: blickt er aus
dem Fenster seines Hauses, hat er den "wegströmenden Fluss" vor Augen
(S. 76). Und dies ist ihm ein Sinnbild für das "Wegströmen" aller
Hoffnung, allen Reichtums, der Zukunft überhaupt. Alles ist in Bewegung
- aber es ist eine Bewegung von den Menschen weg.
Grenouille steckt sich ein Ziel: die Schaffung des absoluten Parfums.
Im Gegensatz zu anderen Figuren des Romans erreicht Grenouille sein Ziel.
Mit der Herstellung des Parfums hat er seine geniale Meisterleistung vollbracht,
ein Ergebnis höchsten handwerklichen Geschicks. Der Prozess der Ich-Findung
aber wird in dem Moment, in dem sein absolutes Parfum seine Wirkung entfaltet,
zur persönlichen Katastrophe. Dies ist die für ihn schmerzliche
Einsicht in der Stunde seines größten Triumphes.
An seinem wirklichen Problem scheitert er nämlich. Es ist ja nicht
Grenouille, den die Menschen in ihrem rasenden Übermut lieben, sondern
es ist sein künstlicher Geruch, dem sie verfallen. Sie lieben nicht
ihn, sondern seine geruchliche Maske. Hinzu kommt, dass die Liebe zwischen
den Menschen auf dem Platz der Hinrichtung auf niedere Instinkte verringert
ist. Eine wirkliche Liebe zwischen Menschen scheint also nicht möglich.
Insofern ist Grenouille nicht nur auf dem Höhepunkt seiner Macht,
sondern er ist gleichzeitig auf dem Höhepunkt seiner Einsamkeit.
Grenouilles im letzten Kapitel über sich und sein Handeln nachdenkt,
erkennt er, dass er - trotz seiner Genialität - immer ein Einsamer
wird sein müssen. Nie wird er riechen können. Grenouille weiß,
dass er ohne sein Parfum nicht wahrgenommen wird, ja nicht existent zu
sein scheint. Aus Selbsthass und Selbstekel sucht er den Tod.
Grenouilles Biographie endet in doppelter Weise an ihrem Ausgangspunkt.
Grenouille kehrt räumlich, aber auch in seiner Persönlichkeitsentwicklung
zum Ort seiner Geburt zurück. Mit dem "allerstinkendsten Ort" von
Frankreich als Schauplatz des kannibalischen Abendmahls fallen Geburts-
und Todesstätte in eins. Grenouille kehrt zu sich selbst zurück,
zu dem schon im Mutterleib verhassten Grenouille. Er hat erkannt, dass
er immer der Ungeliebte und ewig Isolierte sein wird. Sein Tod ist somit
kein Opfer, sondern Befreiung und Erlösung. Was bleibt ist die Erinnerung
an ein Parfum - sein Parfum.
Sprache und Stil
Süskinds Roman spielt in der duftenden Welt der Parfumeure und
der stinkenden Welt der Stadt und der menschlichen Ausdünstungen.
Da die Hauptfigur die Umwelt nahezu ausschließlich olfaktorisch erfasst
und das Handwerk eines Parfumeurs erlernt, stammen die dominanten Wortfelder
aus den gegensätzlichen Bereichen Duft und Gestank. Seine besondere
Aufmerksamkeit schenkt der Autor der Darstellung des Parfumeurwesens und
der Techniken zur Parfumherstellung im 18. Jahrhundert, wobei er die gebräuchlichen
Fachbegriffe verwendet.
Schon im ersten Kapitel wird der Leser mit Stilmitteln der Wiederholung,
auch in Form der Anapher konfrontiert. So wird der gesamte zweite Abschnitt
des ersten Kapitels vom Verb "stinken" regiert, das siebzehnmal auftaucht.
Zur Beschreibung und zur sprachlichen Annäherung an einen Geruch,
Duft, dienen immer wieder Vergleiche. (der Schweiß des Mädchens
aus Paris riecht frisch wie Meerwind, ihr Haar süß wie Nussöl,
...; S. 54)
Um dem Leser die Nuancen eines Duftes sprachlich zu veranschaulichen,
verwendet der Autor aber auch Kontraste. So ist das Parfum Pelissiers "frisch,
aber nicht reißerisch, besitzt "Tiefe" und ist doch nicht "schwülstig"
(S. 79).
Die Aufzählungen sind ein weiteres Stilmittel. So verdeutlicht
der Autor, wie differenziert sich Grenouilles olfaktorisches Sammeln entwickelt.
Auch Superlative sind ein charakteristisches Merkmal der Sprache und
des Stils des Autors. Paris als "allerstinkendster Ort" und der Plomb du
Cantal als "menschenfernster" Punkt sind zwei eindeutige Beweise hierfür.
"Süskind versteht es, den Leser zu schocken, mit starken Kontrasten,
kühl kalkulierten Effekten und Superlativen, die wohl nur noch von
denen seiner Kritiker übertroffen werden."
Quellen:
Königs Erläuterungen und Materialien Band 386
C. Bange Verlag -> Hollfeld
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