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"Der goldene Topf"
1. Allgemeines1.1Der Autor:· geb. am 24. Januar 1776 in Königsberg,
als Sohn eines Advokaten · Nach Abschluß des Gymnasiums, Jurastudium
(1792-1795) · Ernennung zum Regierungsrat in Posen (1802)· 1808
Berlin Aufenthalt, danach verschiedene Tätigkeiten beim Theater und Versuche
als Komponist· 1813/14 Leipzig und Dresden Aufenthalt und Erscheinen
des Märchens "Der goldene Topf"· 1816 Ernennung zum Kammergerichtsrat·
Am 25. Juni 1822 stirbt Hoffmann in Berlin
1.2 Zum Buch: "Der goldene Topf" erschien 1814 als dritter Band der
"Fantasiestücke in Callots Manier". In dem Märchen überschneiden
sich reale Welt und Fantasiewelt, wobei dies Hoffmanns Absicht entspricht, die
Geschichte "feenhaft und wunderbar, aber keck ins gewöhnliche, alltägliche
Leben tretend und seine Gestalten ergreifend" erscheinen zu lassen.
1.3 Inhalt:Der durchwegs ungeschickte Student Anselmus sitzt am Abend des Himmelfahrtstages
am Elbufer unter einem Holunderbusch, als er plötzlich drei grün und
gold glänzende Schlangen bemerkt, welche ihm ein verwirrendes Lied vorsingen.
In ihm wird ein glühendes Verlangen entzündet, was jedoch durch die
Gesellschaft des Konrektors Paulmann, dessen Tochter Veronika und des Registrators
Heerbrand, wieder gelöscht wird. Erst durch die Begegnung mit dem Archivarius
Lindhorst, für welchen er gegen Bezahlung arabische und koptische Manuskripte
übersetzt, werden die Fantasmata des Studenten wieder geweckt. Durch die
Erzählungen des Archivarius erfährt er, daß die drei Schlangen,
welche ihm begegnet sind, dessen Töchter sind und er sich in Serpentina,
die Jüngste der Drei, verliebt hat. Erst im zauberhaften Garten des Archivarius
sieht Anselmus seine Serpentina wieder, wobei diese ihre Gestalt zwischen der
eines Mädchens und einer Schlange changiert. Dort bemerkt er auch den Goldenen
Topf, Serpentinas Mitgift, in dem er allerlei Gestalten erkennt, darunter auch
sich selbst. Von ihr erfährt er die wahre Geschichte des Archivarius Lindhorst:
Dieser ist ein Salamander, welcher in mythischer Vorzeit wegen einem Vergehen,
so lange aus Atlantis verbannt wurde, bis seine drei Töchter verheiratet
sind. Veronika versucht mit der Hilfe der Hexe, Anselmus von der Poesie abzubringen
und in den bürgerlichen Alltag zurück zuführen. Dies gelingt
und all jenes, was vorher einen fantastischen Eindruck auf ihn machte erscheint
nun armselig und geschmacklos. Als er aufgrund seiner verlorenen Fantasie und
zurückgekehrten Ungeschicktheit eine Schrift des Archivarius beschmutzt,
wird er in einer Kristallflasche eingesperrt. Diese Symbolisiert den Stumpfsinn
des bürgerlichen Alltags. Hier erkennt Anselmus, wie bedrückend das
bürgerliche Glück doch ist und gewinnt seinen Sinn für Poesie
wieder. Nun entscheidet er sich Serpentina, worauf beide nach Atlantis gelangen,
wo sich ihm "der heilige Einklang aller Wesen als tiefstes Geheimnis der
Natur offenbart". Im abschließenden Dialog zwischen dem Erzähler
und dem Archivarius, deutet dieser Anselmus' Seligkeit als "ein Leben in
der Poesie".
2. Hauptteil2.1 Die Charaktere: - Der Student Anselmus: Anselmus besitzt ein
extrem gespaltenes Persönlichkeitsprofil welches zwischen den Wunsch auf
der einen Seite bürgerliche Ziele (Hoffrat, nachahmen von bürgerlichen
Riten, bürgerliche Liebe zu Veronika) und auf der anderen Seite, poetische
Ziele zu erreichen (Freiheit, Poesie an sich, Fantasiewelt erkennen, poetisch-
enthusiastische Liebe zu Serpentina, Atlantis). Er scheitert jedoch in die Klasse
der Bürger aufzusteigen, aufgrund seiner Tollpatschigkeit und seiner Fantasie.
Wird jedoch durch seine materiellen Wünsche auch immer wieder der Fantasiewelt
und der Poesie entrückt. Dies wird deutlich, als das Palmbaumzimmer seine
Anziehungskraft auf ihn verliert. Die sonst "wie funkelnde Smaragde glänzenden
Blätter" (S. 62) wirken nur grell und häßlich. Er wird
mit der Gefangenschaft in einer Glasflasche bestraft. Daraufhin, merkt er erst
wieder, wie begrenzt das bürgerliche Leben, hinterfragt die Echtheit der
Wirklichkeit und entscheidet sich letztendlich für die Poesie, in der er
frei sein kann. - Der Archivarius Lindhorst: In der Figur des Archivarius verschmilzt
die Dresdener Realität mit dem Mythos von Atlantis. Durch seinen Sündenfall
in Atlantis, und seine Verbannung auf die Erde ist er Initiator sämtlicher
Ereignisse des Märchens. Er ist in zwei Welten zu Hause: Als Elementargeist
in Atlantis und als arbeitender Bürger in Dresden. Trotz seines bürgerlichen
Lebens grenzt er sich von seiner Umgebung ab, bzw. wird von dieser abgegrenzt.
Dies geschieht zum einen durch einen räumlichen Faktor (er lebt abgeschieden
in einem alten Haus) und zum anderen durch seine Tätigkeiten, welche in
der Öffentlichkeit nicht völlig geklärt sind. Er strahlt etwas
fast gottähnliches aus. Er setzt Anselmus der Welt des Mythos aus forciert
somit dessen Entwicklungsprozess, setzt ihn jedoch öfters wieder unsanft
in den Alltag zurück, um ihm vor der Erfüllung seiner Wünsche
noch einiges zu lehren. Dabei setzt er seine magischen Fähigkeiten ein,
welche sich in der Überwindung von Zeit und Raum, seiner Allwissenheit
und Metamorphose widerspiegeln. - Serpentina: Serpentina hat zwar keinen ausgesprochen
bürgerlichen Wesensteil, ist jedoch für Lindhorst eine heiratsfähige
Tochter, die es gilt unter die Haube zu bringen, damit dieser nach Atlantis
zurückkehren kann. Serpentina besitzt, wie ihr Vater, magische Kräfte,
die es ihr erlauben ihre Gestalt zu verändern. Den ersten Kontakt zu Anslemus
stellt sie in der Form eines "Schlänglein" her. Dabei bewirkt
sie durch das Zusammenspiel verschiedener Sinneseindrücke, bei Anselmus
eine Transzendierung der Wirklichkeit. Indem sie den Studenten Anslemus verführt,
weckt sie seine kreativen Kräfte, welche ihm das Erblicken der Herrlichkeit
der Welt der Poesie ermöglicht. Sie ist die treibende Kraft im Märchen.
Sie ist zugleich Weg und Ziel des Anselmus aus der bürgerliche Welt in
das Fantasiereich Atlantis einzutreten. Serpentina stellt die Vollendung der
Liebe in der Poesie dar. - Veronika: Veronika ist die Gegenspielerin von Serpentina.
Die Verführungen des Bürgerlichkeit und des Philistertums werden in
ihr personifiziert. Sie ist wild entschlossen den zum Hofrat bestimmten Anselmus
zu heiraten, um somit gesellschaftliches Ansehen zu erlangen. Sie setzt alle
ihr zur Verfügung stehenden Mittel ein um ihr Ziel zu erreichen, sogar
Magie. Durch die Hilfe der alten Hexe, entrückt sie Anselmus der Poesie
und verursacht somit dessen Gefangenschaft in der Flasche und den Verlust dessen
Einstellung zur Betrachtung der Welt. Als sie letztlich gegen ihre Antagonistin
Serpentina verliert, gibt sie sich kurzerhand mit dem zum Hofrat beförderten
Heerbrand zufrieden. Veronika, stellt im Gegensatz zu Serpentina die an die
bürgerliche Welt gebundene Liebe dar. - Hexe: Die Hexe spielt eine eher
untergeordnete Rolle. Sie verkörpert das böse Element des Märchens.
Sie ist der Gegenspieler zu Lindhorst. Sie ist auch im Besitz magischer Kräfte,
ähnlich denen des Archivarius, welche sie anfangs dazu einsetzt, Anselmus
vor der Poesie abzuschrecken. Später nutzt ihr Macht um Anselmus, auf Bitte
von Veronika, von dessen Erkenntnis, daß die wahre Freiheit in der Poesie
und Fantasie liegt, abzubringen und ihn an die beklemmende Enge des philisterhaften
Lebens zu binden. - Konrektor Paulmann und der Registrator Heerbrand: Beide
haben keine tragenden, für den Verlauf des Märchens wichtige Rollen,
symbolisieren jedoch die bürgerliche Welt, welche im Konflikt mit der wunderbaren
Welt des Archivarius steht. Beide sind vom Streben nach materiellem Reichtum
und gesellschaftlichen Ansehen geprägt, gar besessen. Dies wird besonders
daran deutlich, daß ihre Berufe den Platz ihres Vornamen einnehmen. Jedoch
unterscheiden sich beide in ihren Grundzügen. Paulmann führt ein geordnetes
Leben, begrenzt durch seine extreme Spießbürgerart. Er wird als absolutes
Feindbild gegenüber dem träumenden und fantasierenden Anselmus charakterisiert.
Heerbrand hingegen beweist ähnliche Ansätze der Fantasie und des Träumens
wie Anselmus. Er versucht auch dessen Ausschweifungen vor dem Konrektor zu rechtfertigen.
Nach seiner Ernennung zum Hofrat und der Heirat mit Veronika, entscheidet er
sich jedoch den Zielen des gepflegten Bürgertums nachzustreben.
2.2 Der Konflikt zwischen dem Reich der Fantasie und der bürgerlichen Welt:
"Der goldene Topf", ist von einem sich mit dem Verlauf der Geschichte
steigernden Konflikt geprägt: Der Kampf zwischen dem Reich der Fantasie
und der bürgerlichen Welt. Dies wird bereits in der ersten Vigilie deutlich,
als Anselmus unter dem Holunderbusch, durch den Gesang der Schlänglein
einen übernatürlichen, diastolischen Moment erlebt. Dies schlägt
kurz darauf, als er wieder im bürgerlichen Leben gefangen ist, in einen
retardierenden Moment mit systolischem Charakter um. Der Höhepunkt des
Konflikts findet sich in der Gefangenschaft Anselmus in der Flasche, als er
es letztendlich schafft, die bürgerliche Welt zu überwinden und den
Weg nach Atlantis erkennt.
3. Besonderheiten: 3.1 in Märchen aus der neuen Zeit:Schon der Untertitel
"Ein Märchen aus der neuen Zeit", zeigt um welche Sorte von Text
es sich handelt. Hoffmann verwendet die Form des Märchens, da es erlaubt
eine Welt mit eigenen Gesetzen zu schaffen. Jedoch unterscheidet sich Hoffmanns
Märchen deutlich von denen der Gebrüder Grimm. Es beginnt nicht mit
dem üblichen "Vor langer Zeit in einem unbekannten Land" -Anfang,
sondern setzt zu einer klar definierten Zeit, dem Himmelfahrtstag, an einem
reellen Ort ein. Ein klarer Unterschied zum Volksmärchen wird auch in der
Gestaltung des Helden deutlich. So sind im Volksmärchen die Handlungen
des Helden, aufgrund seines unveränderlichen Charakters vorherbestimmt.
Bei Hoffmann hingegen unterläuft der Held, Anselmus, einem steten Entwicklungsprozesses,
ohne den er sein Ziel nicht erreichten könnte. Am Rande ist noch zu vermerken,
daß das Brautwerbemotiv von Hoffmann total auf den Kopf gestellt wird,
ist es doch im Volksmärchen üblich, daß der Held für die
Braut kämpfen muß, so wird sie ihm im "Goldenen Topf" regelrecht
aufgedrängt.
3.2 Das Märchen im Märchen: Dem eigentlichen Märchen ist ein
weiteres eingefügt, die Geschichte des Archivarius in Atlantis und dessen
Schicksal. Sie ist in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil erzählt die
Geschichte des Geisterfürsten Phosphorus, welcher sich unglücklich
in eine Feuerlilie verliebt. Der zweite Teil erzählt vom Archivarius, damals
noch als Salamander, welcher sich in eine Schlange verliebt, den Rat des Fürsten
ignoriert und auf die Erde verbannt wird. Der erste Teil Atlantismärchens
erscheint zuerst unbedeutend. Er wirkt belustigend auf die Philister und stellt
den Archivarius als sehr skurril dar. Erst der zweite Teil bringt die Auflösung
des Ersten und erklärt auch die gesamt Handlung des Märchens. Ohne
die Atlantisgeschichte wäre die Handlung schwer zu verstehen, da in ihn
ihr sämtliche Bedingungen für das Handeln des Archivarius und Serpentinas
enthalten sind. Erstaunlich ist, das der goldene Topf an sich eine eher untergeordnete
Rolle spielt, ist er doch nur als Mitgift und Erinnerungsstück an die Vergangenheit
des Archivarius und Serpentinas gedacht. Sowohl das Atlantismärchen als
auch die eigentliche Geschichte enden mit der Erklärung, was Atlantis an
sich ist: "...das Leben in der Poesie, der sich der heilige Einklang aller
Wesen als tiefstes Geheimnis der Natur offenbaret".
3.3 Erzählperspektive und -struktur: Auffällig ist gleich zu Beginn,
das E.T.A. Hoffmann sein Märchen nicht in Kapitel, sondern in Vigilien
unterteilt hat. Vigilie heißt Nachtwache und lehnt sich dabei an den Zeitgenössischen
Roman "Die Nachtwachen des Bonventura" an. Hilfreich ist ebenfalls,
daß zu Beginn einer jeden Vigilie eine kurze Zusammenfassung des Inhalts
in Form von mehreren Stichworten gegeben wird, wodurch eine gewisse Vorrauskenntnis
des Stoffes durch den Leser ermöglicht wird. Wesentliches Merkmal bei der
Erzählperspektive ist, daß der Erzähler sich oft direkt in das
Märchen einmischt, oder mit dem Leser direkt kommuniziert. So fordert er
ihn zu Beginn der vierten Vigilie den Leser auf, sich in die seelische Lage
des Anselmus zu versetzen. Die höchste Steigerung dieses Spiels wird in
der letzten Vigilie erreicht, als er seine eigene Beschränktheit gegenüber
Anselmus eingesteht und sich ebenfalls nach einem Leben in Atlantis sehnt. Hier
befindet er sich direkt im Märchen, da der Archivarius ihn anspricht und
ihm und den Leser "den Weg nach Atlantis" erklärt.
Zitat Goethe: "Den goldenen Becher angefangen zu lesen bekam mir schlecht;
ich verwünsche die goldenen Schlänglein."
Literaturverzeichnis: - "Der Goldnen Topf - Nachwort" von Hartmut
Steinecke- "E.T.A. Hoffmann: Der goldene Topf - Interpretation und unterrichtspraktische
Vorschläge" von Ingeborg Scholz- "Text und Kritik" von Heinz
Ludwig Arnold- "Erläuterungen zu E.T.A. Hoffmann" von Hans Ulrich
Lindken- "Romantik - Erläuterungen zur deutschen Literatur" -
Kindler's Literaturlexikon- Microsoft Encarta
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