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China (Volksrepublik)

Zhonghua Renmin Gongheguo

 

China liegt in Ostasien und ist (nach Russland und Kanada) das drittgrößte Land der Erde; gemessen an seiner Bevölkerung nimmt es Platz eins in der Welt ein. Die Volksrepublik China grenzt im Norden an die Mongolei und Russland, im Nordosten an Russland und Nordkorea, im Osten an das Gelbe Meer und das Ostchinesische Meer, im Süden an das Südchinesische Meer, Vietnam, Laos, Myanmar, Indien, Bhutan und Nepal, im Westen an Pakistan, Afghanistan und Tadschikistan und im Nordwesten an Kirgisistan und Kasachstan. Zu China gehören mehr als 3 400 Inseln vor der Küste. Hainan im Südchinesischen Meer ist die größte chinesische Insel. Die Gesamtfläche von China beträgt 9 571 300 Quadratkilometer, Nationalchina, offiziell unter dem Namen Republik China bekannt (siehe Taiwan), ist dabei nicht mitgerechnet. Die Hauptstadt von China ist Peking; die größte Stadt des Landes ist jedoch Shanghai.

Mehr als ein Fünftel der gesamten Weltbevölkerung lebt innerhalb Chinas Grenzen. China ist die Wiege einer der frühesten Zivilisationen der Erde; Zhonghua, der chinesische Name für das Land, bedeutet Reich der Mitte und belegt zugleich den Glauben der Chinesen, dass ihr Land das geographische Zentrum der Erde und die einzige wirkliche Zivilisation ist. Im 19. Jahrhundert durchlief China eine politisch und ökonomisch schwache Phase und wurde von ausländischen Mächten beherrscht. Die Machtübernahme durch eine kommunistische Regierung 1949 zählt zu den wichtigsten Ereignissen der chinesischen Geschichte. In einer bemerkenswert kurzen Zeitspanne änderte sich sowohl die chinesische Wirtschaft als auch die Gesellschaft radikal. Seit 1970 versucht China seine selbst auferlegte Isolation innerhalb der internationalen Gemeinschaft zu durchbrechen und sucht Anschluss an moderne ökonomische Strukturen.

 

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Land

In China herrscht eine große landschaftliche Vielfalt und entsprechend unterschiedlich sind auch die natürlichen Ressourcen des Landes. Die höheren Gebirgszüge mit einigen der höchsten Berge der Erde befinden sich überwiegend im Westen Chinas. Drei dieser Gebirge, Tian Shan, Kunlun und Tsinling, stammen aus der Zeit der paläozoischen Gebirgsbildungen (Orogenese), die im späten Karbon begannen und im Perm endeten, als sich die Landmassen der Erde zu einem einzigen großen Kontinent zusammengefügt hatten, Pangaea (siehe Geologie: geologische Zeitalter). Ein viertes, das Himalayagebirge, ist jüngeren Ursprungs. Es bildete sich, als die im mesozoischen Meer, der Tethys, abgelagerten Sedimente aneinandergepresst und beim Zusammenstoß der indischen und eurasischen Platten in die Höhe geschoben wurden. Dieser Vorgang fand im Oligozän, einem Zeitabschnitt des Tertiärs, vor etwa 40 Millionen Jahren statt. Im Quartär, dem geologisch jüngsten Abschnitt, äußert sich tektonische Aktivität vor allem in Form von Erdbeben, die insbesondere entlang eines breiten Bogens auftreten, der sich vom westlichen Rand des Sichuan-Beckens (Rotes Becken) nach Nordosten in Richtung Bo Hai und zum Golf an der Nordküste des Gelben Meeres erstreckt.

Die zahlreichen Gebirgszüge des Landes umschließen verschiedene Hochebenen und Becken, die beträchtliche Wasserreservoire und Bodenschätze enthalten. Auch das Klima lässt sich in unterschiedliche Zonen einteilen; diese reichen von subarktischen bis zu tropischen Bedingungen, einschließlich großer Gebiete mit alpinen Lebensbereichen und Wüsten. Entsprechend den klimatischen Unterschieden bietet das Land eine enorme Artenvielfalt in Flora und Fauna.

43 Prozent der chinesischen Landfläche sind gebirgig, weitere 26 Prozent nehmen die Hochebenen ein, während 19 Prozent aus Becken und hügeligem Terrain in vorwiegend trockenen Regionen bestehen. Lediglich zwölf Prozent des Landes lassen sich als Ebenen bezeichnen.

 

Geographische Regionen

China lässt sich in sechs geographische Hauptgebiete einteilen, wobei die einzelnen Regionen beträchtliche topographische Unterschiede aufweisen.

Der Nordwesten

Diese Region besteht aus zwei Becken, dem Dsungarischen Becken (Junggar Pendi) im Norden und dem Tarim-Becken im Süden sowie dem hoch gelegenen Tian Shan. Das Tarim-Becken umfasst die weite Sandwüste Takla Makan (Taklimakan Shamo), die trockenste Wüste Asiens. Die Dünen in ihrem Inneren erreichen Höhen bis zu 100 Metern. Die Tiefebene Turfan (Turpan Pendi) liegt bis zu 154 Meter unterhalb des Meeresspiegels. Das Dsungarische Becken enthält zwar ebenfalls Sand- und Steinwüsten, ist jedoch eine überwiegend fruchtbare Region, die bewässert und landwirtschaftlich genutzt wird.

Das mongolische Grenzland

Im Norden Zentralchinas liegt das mongolische Grenzland. Dieses Plateaugebiet besteht vorwiegend aus sandigen, steinigen oder schotterbedeckten Wüsten, die sich nach Osten in eine fruchtbare Steppenregion ausdehnen. Diese flache bis abschüssige Ebene wird von verschiedenen Tafelgebirgen unterteilt. An seiner östlichen Grenze liegt das bewaldete Hochland des Großen Chingan (Da Hinggan Ling).

Der Nordosten

Er umfasst die gesamte Mandschurei im Osten des Großen Chingan. Die nordöstliche Region schließt die Mandschurische Ebene (Bongbai Pingyuan) und die umliegenden Hochgebiete ein. Die Ebene verfügt über weite, fruchtbare Böden. Die Hochgebiete sind hügelig bis gebirgig und von zahlreichen breiten Tälern und sanften Hängen durchzogen. Im Süden erstreckt sich die Liaodong-Halbinsel, die über einige Naturhäfen verfügt.

Nordchina

Diese Region liegt zwischen dem mongolischen Grenzland im Norden und dem Fluss Jangtsekiang im Süden. Das Gebiet lässt sich in verschiedene topographische Einheiten gliedern. Das Lößplateau im Nordwesten besteht aus einer Anhäufung von durch den Wind angewehtem Löß. Der locker aufgeschichtete Lößboden ist ständiger Erosion ausgesetzt, weshalb die Oberfläche von versunkenen Straßen, Tälern und zahlreichen Schluchten durchzogen ist. Das Gebiet ist mit vielen Terrassen versehen und wird landwirtschaftlich genutzt. Die Nordchinesische Ebene, das größte Flachland Chinas, besteht aus fruchtbaren Böden, die sich auf Löß herausgebildet haben. Die meisten Regionen werden intensiv bewirtschaftet. Die im Osten gelegenen Shandong-Hochländer auf der gleichnamigen Halbinsel setzen sich aus zwei unterschiedlichen Gebirgsregionen zusammen, die von Geröllhügeln flankiert sind. Die felsige Küste der Halbinsel enthält einige natürliche Häfen. Im Südwesten bildet das Zentralgebirge eine stattliche Barriere gegen alle nordsüdlich gerichteten Luftmassenbewegungen.

Südchina

Die Region umfasst das Jangtsekiang-Tal und die verschiedenen topographischen Regionen im Süden. Das Jangtsekiang-Tal besteht aus einer Reihe von Becken mit fruchtbaren angeschwemmten Böden. Diese Tiefebenen werden von natürlichen und angelegten Wasserwegen durchkreuzt. Außerdem sind hier auch zahlreiche Seen verbreitet. Das Sichuan-Becken (Rotes Becken) im Westen wird von zerklüfteten Felsvorsprüngen des Zentralhochlandes eingeschlossen und bildet ein relativ abgelegenes hügeliges Terrain. Das Gebiet ist wegen seiner weiten, landwirtschaftlich genutzten Terrassenanlagen bekannt. Die Hochebenen Südchinas erstrecken sich vom Tibetischen Plateau nach Osten bis zum Meer. Das tief erodierte Yunnan-Guizhou-Plateau im Westen wird von verschiedenen Gebirgsketten eingerahmt, die durch tiefe Täler und steile Schluchten voneinander getrennt sind. Eine der bizarrsten Landschaften ist im östlichen Guizhoue zu finden, wo das Gelände von hohen Lehmbergen mit säulenartigen Gipfeln gekennzeichnet ist. Im Osten liegen die zum großen Teil kahl geschlagenen und stark erodierten Nan-Ling-Hügel. Entlang der Küste erstrecken sich die zerklüfteten südöstlichen Hochebenen. Die vielen vorgelagerten Inseln verfügen über zahlreiche natürliche Häfen. Im Süden der Nan-Ling-Hügel liegt das Xi-Jiang-Becken. Diese überwiegend hügelige Region ist mit fruchtbaren Böden ausgestattet; auch die Flusstäler sind nährstoffreich und werden landwirtschaftlich genutzt. Das breite Flussdelta des Xi Jiang wird auch Kantondelta genannt.

Die Tibetische Hochebene

Im abgelegenen äußersten Südwesten Chinas liegt die Tibetische Hochebene. Das zerklüftete Bergland gehört zu den höchsten Plateauregionen der Welt. Die durchschnittliche Höhe beträgt 4 510 Meter. Die Hochebene wird im Süden vom Himalaya begrenzt, im Westen vom Pamir und dem Karakorum und im Norden von den Gebirgen Kunlun und Qilian Shan. Auf der Hochebene liegen mehrere Salzseen und Sumpflandschaften; zudem wird sie von verschiedenen Gebirgszügen durchkreuzt und enthält die Quellen der wichtigsten süd- und ostasiatischen Flüsse, z. B. des Indus, Ganges, Brahmaputra, Mekong, Jangtsekiang und Huang He (Gelber Fluss). Die Landschaft ist karg und felsig.

 

Flüsse und Seen

Die drei längsten Flüsse des Landes, Jangtsekiang, Huang He und Xi Jiang münden in den Pazifik; nur ein kleiner Teil des Landes entwässert zum Indischen Ozean hin. Der Huang He durchfließt das Lößbergland und mündet in das Ostchinesische Meer; aufgrund der transportierten Lößmengen hat er den Namen "Gelber Fluss" erhalten. Der Xi Jiang fließt ins Südchinesische Meer. Der bedeutendste Fluss im äußersten Norden des Landes ist der Amur (Heilong Jiang), der über eine lange Strecke die nordöstliche Grenze mit Russland darstellt. Der Songhua (Sungari) und Liaoe entwässern mit ihren Nebenflüssen den größten Teil der Mandschurischen Ebene und der sie umgebenden Hochländer. Zu den größten Seen Chinas zählt der Qinghai Hu. Die meisten der großen Seen Chinas liegen im mittleren und unteren Jangtsekiang-Tal. Dongting Hu und Poyang Hu gehören zu den größten im Mittellauf des Flusses. Im Sommer steigen die Wasserstände der Seen stark an und sie dienen zu Bewässerungszwecken. Der größte Salzsee der Tibetischen Hochebene ist der Qinghai Hu (Koko Nor) im weniger hoch gelegenen Nordosten; weitere Salzseen ähnlichen Ausmaßes befinden sich auf dem Hochplateau. Über 2 000 Wasserspeicheranlagen wurden in China errichtet, vorrangig zum Zweck der Bewässerung und der Überflutungskontrolle. Die meisten dieser Anlagen sind relativ klein, doch die größte am Huang He besitzt eine Kapazität von 35,4 Milliarden Kubikmetern.

 

Klima

Das Klima Chinas ist je nach Region sehr verschieden; gemäßigte Temperaturen herrschen in den halbtrockenen Regionen des Westens vor, während im äußersten Süden tropische Bedingungen überwiegen. Für weite Teile des Landes ist starke Kontinentalität mit kalten Wintern und heißen Sommern charakteristisch.

Der asiatische Monsun beeinflusst das Klima des Landes weiträumig. Im Winter strömen kalte, trockene Winde aus dem ausgedehnten Hochdruckgebiet über Zentralsibirien nach China. Dies führt in allen Gebieten nördlich des Jangtsekiang zu niedrigen Temperaturen und bringt dem gesamten Land Trockenheit. Im Sommer strömt warme, feuchte Luft aus dem Pazifik ein, wodurch Niederschläge und zyklonenartige Stürme entstehen. An der Leeseite der Berge nehmen die Niederschläge mit zunehmender Entfernung vom Meer ab. Die Becken im Nordwesten erhalten nur geringe Niederschläge. Die sommerlichen Temperaturen sind im ganzen Land bemerkenswert konstant; im Winter herrscht zwischen Norden und Süden jedoch ein extremes Temperaturgefälle.

Im südöstlichen China, südlich des Jangtsekiang-Tales, herrscht im Allgemeinen subtropisches, im äußersten Süden sogar tropisches Klima vor. Die Sommertemperaturen in dieser Region liegen im Durchschnitt bei 26 °C. Im Winter fallen die Temperaturen bis auf 17,8 °C im tropischen Süden und auf 3,9 °C entlang des Jangtsekiang. Die Bergplateaus und Becken im Südwesten weisen ebenfalls subtropisches Klima mit beträchtlichen regionalen Unterschieden auf. Wegen der Höhenlage sind die Sommer kühler, und durch den Schutz vor Nordwinden sind die Winter relativ mild. Im Sichuan-Becken (Rotes Becken) dauert die Vegetationszeit aufgrund der großen Feuchtigkeit mit häufiger Nebelbildung elf Monate. Die Niederschläge sind vor allem im Sommer hoch; sie betragen in fast allen Teilen Südchinas jährlich mehr als 1 000 Millimeter.

Nordchina enthält keine Gebirgskette, die vor den Kaltlufteinbrüchen aus Sibirien schützt, weshalb die Winter hier kalt und trocken sind. Die Temperaturen im Januar reichen von 3,9 °C im Süden bis –10 °C im Norden von Peking und in den höheren Lagen des Westens. Im Juli liegen die Temperaturen im Allgemeinen bei 26 °C und erreichen in der Nordchinesischen Ebene sogar 30 °C. Beinahe der gesamte Jahresniederschlag von etwa 760 Millimetern konzentriert sich auf den Sommer. Im Nordwesten ist es weniger feucht, denn hier herrscht trockenes Steppenklima. Die Niederschläge variieren in diesen Gebieten von Jahr zu Jahr sehr stark. Diese Tatsache sowie gelegentliche Sandstürme und Hagelschauer machen die Landwirtschaft zu einem schwierigen Geschäft. An etwa 40 Tagen im Jahr herrscht dichter Nebel, an der Küste bisweilen sogar an 80 Tagen.

Das Klima der Mandschurei ähnelt dem Nordchinas, ist aber kälter. Im Januar liegen die mittleren Temperaturen in der Mandschurischen Ebene bei –17,8 °C, im Juli bei 22,2 °C. Die Jahresniederschläge liegen zwischen 510 und 760 Millimetern im Osten und 300 Millimetern im Westen; Hauptregenzeit ist der Sommer.

In den nordwestlichen Grenzgebieten zur Mongolei herrscht überwiegend Wüsten- und Steppenklima. Im Januar liegen die Durchschnittstemperaturen überall mit Ausnahme des milderen Tarim-Beckens um –10 °C. Im Juli belaufen sie sich auf etwa 20 °C. Der Jahresniederschlag liegt zwischen 100 und 250 Millimetern.

Wegen der Höhenlage herrscht auf dem Tibetischen Plateau arktisches Klima; die Temperaturen bleiben ganzjährig unter 15 °C. Die Luft ist das ganze Jahr über klar und trocken. Die jährlichen Niederschläge liegen mit Ausnahme des äußersten Südostens überall unter 100 Millimetern.

 

Flora

Aufgrund der verschiedenen klimatischen und topographischen Bedingungen weist die Pflanzenwelt Chinas eine große Artenvielfalt auf. Ein Großteil der ursprünglichen Vegetation ist jedoch während der Jahrhunderte der Besiedlung und intensiven landwirtschaftlichen Nutzung zerstört worden. Natürliche Wälder gedeihen nur noch in den abgelegenen Bergregionen.

In der Region südlich des Xi-Jiang-Tales wachsen dichte tropische Regenwälder. Diese bestehen aus breitblättrigen Laubbäumen von mehr als 50 Meter Höhe und vereinzelten Palmen. Subtropische Vegetation gedeiht im Norden des Jangtsekiang-Tales und im Westen des Tibetischen Plateaus. In dieser Zone ist die Artenvielfalt besonders reichhaltig und umfasst Eichen, Ginkgos, Bambushaine, Pinien, Azaleen und Kamelien. Auch Wälder aus Lorbeerbäumen und Magnolien sowie dichtes Unterholz aus kleineren Büschen und Bambusdickichten sind hier zu finden. In den höheren Lagen überwiegen Nadelbäume und Berggewächse.

Im Norden des Jangtsekiang-Tales liegt ein noch sehr ursprünglich erhaltener Wald aus breitblättrigen Laubbäumen. Die wesentlichen hier vertretenen Arten sind Eiche, Esche, Ulme und Ahorn; Linden und Birken wachsen in der nördlichen Mandschurei. Die wichtigsten Holzreserven liegen in den Bergen der nördlichen Mandschurei, wo es noch große Gebiete mit Lärchenwäldern gibt. Die heute kultivierte Mandschurische Ebene wurde früher von Grassteppe mit verstreuten Baumbeständen eingenommen.

Prärie- oder Steppenlandschaften mit dürreresistenten Gräsern sind im Grenzgebiet zur Mongolei verbreitet. Die Vegetation dieser Region nahm jedoch aufgrund von Überwucherung und Bodenerosion stark ab. Die kargeren Gebiete im Nordwesten sind von Gebüschen krautiger Pflanzen gekennzeichnet. Tundrenvegetation aus Gräsern und Blumen wächst in großen Teilen des Tibetischen Hochlandes. In den günstigeren Lagen der Trockenregionen gedeihen auch höhere Büsche und Bäume; in vielen Berggebieten befinden sich Fichten- und Tannenwälder.

 

Fauna

Die unterschiedlichen Lebensräume in China sorgen auch für eine vielfältige Fauna. Diese reicht von arktischen Arten in der Mandschurei bis hin zu einer reichen tropischen Tierwelt im südlichen China. Einige andernorts bereits ausgestorbene Arten haben in China überlebt. Zu diesen zählen der Schwertstör aus dem Fluss Jangtsekiang, bestimmte Alligatoren- und Salamanderarten, der Große Panda (lebt nur im Südwesten Chinas) und das Chinesische Wasserreh (existiert ausschließlich in China und Korea).

Im tropischen Süden tummeln sich vielerlei Primaten, darunter Gibbon und Makak, sowie verschiedene andere Affenarten. Größere Raubtiere, etwa Bär, Tiger und Leopard, sind nur in begrenzter Zahl vertreten und lediglich in abgelegenen Gebieten heimisch. Leoparden leben in der nördlichen Mandschurei, Tibet ist Lebensraum des Schneeleoparden. Kleinere Raubtiere, darunter Fuchs, Wolf und Waschbär sind in vielen Regionen zahlreich vertreten. Antilopen, Gazellen, Gämsen, Wildpferde und andere Huftiere bewohnen die Bergregionen und Täler im Westen, der Elch ist in der nördlichen Mandschurei verbreitet. Auch die Vögel sind in verschiedensten Arten anzutreffen: Fasane, Pfauen, Papageien, Reiher und Kraniche leben in China.

Zu den Haustieren zählen auch der Wasserbüffel, der im Süden als Zugtier eingesetzt wird, das im trockenen Norden und Westen als Lasttier verwendete Kamel sowie der Yak, ein halbdomestiziertes Hochgebirgsrind, das in den tibetischen Hochländern genutzt wird.

Das Meeresleben, insbesondere an der Südküste, ist reichhaltig. Hier finden sich Flundern, Kabeljau, Thunfische, Tintenfische, Krabben, Garnelen und Delphine. Die Flüsse Chinas bieten Lebensraum für verschiedene Karpfenarten, Lachs, Forelle, Stör, Wels und den chinesischen Flussdelphin. Viele Binnengewässer Chinas werden für die Fischzucht verwendet.

 

Bevölkerung

Die Bevölkerung Chinas besteht zu 93 Prozent aus Chinesen (Han-Chinesen). Die Chinesen sind überwiegend mongolischer Abstammung und unterscheiden sich innerhalb Chinas nicht durch verschiedene Herkunft, sondern über sprachliche Variationen. Sieben Prozent der Bevölkerung gehören zu nationalen Minderheiten, die jedoch etwa 60 Prozent der Gesamtfläche Chinas bewohnen. Auf diese Weise erhalten die nationalen Minderheiten sogar eine größere Bedeutung als der prozentuale Anteil an der Bevölkerung vermuten lässt.

Mehr als 70 Millionen Menschen gehören den 56 nationalen Minderheiten an. Die meisten dieser Gruppen unterscheiden sich von den Chinesen durch Sprache oder Religion und weniger durch ethnische Merkmale. Zu den größten Minderheiten zählen die mit den Thais verwandten Zhuang (14,6 Millionen, überwiegend in der Autonomen Region Guangxi Zhuang), die Hui (7,9 Millionen chinesische Muslime in der Autonomen Region Ningxia Hui), die Gansu und Qinghai, die türkischsprachigen Uigur (6,5 Millionen in der Autonomen Region Singkiang), die Ureinwohner Yi (5,9 Millionen in Sichuan, Yunnan und Guangxi), die Ureinwohner Miao (5,5 Millionen in Guizhou, Hunan und Yunnan), die Tibeter (4,3 Millionen in der Autonomen Region Tibet und Qinghai) sowie die Mongolen (3,7 Millionen in der Inneren Mongolei, Gansu und Singkiang). Weitere Gruppen umfassen Koreaner, Bonyei und Mandschu. Die Mandschu stammen von jener Volksgruppe ab, die im 17. Jahrhundert China eroberte und die Ching- oder Mandschu-Dynastie begründete; sie sind von den Han-Chinesen kaum zu unterscheiden.

Die erste nationale Volkszählung seit der kommunistischen Machtübernahme 1953 versuchte, die menschlichen Ressourcen für den ersten Fünfjahresplan zu erfassen. Zu dieser Zeit betrug die chinesische Bevölkerung 585,5 Millionen. Eine zweite Volkszählung von 1964 zeigte eine Zunahme auf 694,6 Millionen und die dritte Zählung von 1982 ergab eine Einwohnerzahl von knapp über einer Milliarde (nicht einbezogen sind Hongkong, Macao und Taiwan). Die Einwohnerzahl ist mittlerweile auf etwa 1,2  Milliarden gestiegen. Das jährliche Bevölkerungswachstum beträgt 1,3 Prozent.

Der Geburtenrückgang zwischen den Jahren 1950 und 1980 basierte zum großen Teil auf den Anstrengungen der Regierung, späte Eheschließungen zu befürworten und, erst in jüngerer Zeit, chinesische Familien auf die Zeugung nur eines Kindes zu verpflichten. Dieses Programm wurde mit einem kontinuierlichen Ausbau medizinischer Versorgungseinrichtungen gekoppelt, die über Geburtenkontrolle informieren und empfängnisverhütende Mittel gegen geringes Entgelt oder kostenfrei ausgeben. Offizielle Schätzungen im Jahr 1984 ergaben, dass 70 Prozent aller verheirateten Paare im zeugungsfähigen Alter Verhütungsmittel anwenden und 24 Millionen Paare formal einem Verzicht auf mehr als ein Kind zugestimmt haben. Die Abtreibung ist in China legal und der soziale Druck, eine Schwangerschaft zu unterbrechen, ist insbesondere für jene Frauen hoch, die bereits ein Kind oder mehrere geboren haben. Die nationalen Minderheiten wurden generell vom Programm der Geburtenkontrolle ausgenommen. Dadurch soll eine Politik aufrechterhalten werden, die allen nicht den Han-Chinesen zugehörigen Menschen größtmögliche Unabhängigkeit bietet.

Bei einer Gesamtbevölkerung von rund 1,2 Milliarden Menschen beträgt die Bevölkerungsdichte 124 Einwohner pro Quadratkilometer. Diese Zahlen zeigen jedoch lediglich den Durchschnitt einer sehr ungleichen geographischen Verteilung. Der Großteil der Bevölkerung lebt in den 19 östlichen Provinzen, dem historischen Kernland Chinas. Dies zeigen die unterschiedliche historische Landnutzung und die Siedlungsmuster der Chinesen im Osten und der nicht zu den Han-Chinesen gehörenden Völker im Westen. Seit 1960 propagiert die chinesische Regierung die Besiedlung der westlichen Provinzen und der autonomen Regionen.

Trotz Industrialisierung ist China nach wie vor eine bäuerliche Agrarnation. Obwohl in China bereits vor der Zeit des Römischen Reiches wichtige Stadtzentren existierten, nahm der Anteil der in Städten lebenden Bevölkerung nur langsam zu. Etwa 79 Prozent der Bevölkerung leben auf dem Lande.

Spontane Umsiedlungen vom Land in die Städte wurden Mitte der fünfziger Jahre verboten, da es an Produktivkraft zur Errichtung weiteren Wohnraumes in der Stadt mangelte. Dieses Verbot entsprang auch dem Glauben Mao Tse-tungs, dass der Klassenunterschied zwischen der Stadt- und Landbevölkerung eine der Ursachen für soziale Ungleichheit in China sei. Während der sechziger Jahre und in der ersten Hälfte der siebziger Jahre verwendeten die Chinesen beträchtliche Energien auf ein Konzept, bei dem die ausgebildete Stadtjugend für mehrere Jahre oder sogar für eine dauerhafte Ansiedlung auf das Land verschickt wurde. Mit dieser Bewegung sollten die in den Städten erworbenen Kenntnisse in ländliche Gebiete transportiert werden, und sie sollte das Interesse der Bauern dämpfen, in die Städte abzuwandern. Dieses Landentwicklungsprogramm wurde nach dem Tod von Mao 1976 nicht weiterverfolgt und Ende 1978 komplett aufgegeben. Zu dieser Zeit nahm die Abwanderung in die Städte zu. Innerhalb der Städte wird ein Wohnsitzwechsel ebenfalls von der Regierung beschränkt. Wer umziehen will, muss eine offizielle Erlaubnis besitzen und den Nachweis eines Wohnsitzes und einer Arbeitsstelle erbringen. Dennoch hat der Wohnsitzwechsel innerhalb der großen Städte zum Abriss vieler alter Häuser geführt, an deren Stelle dann vier- oder fünfstöckige Gebäude errichtet wurden.

 

Wichtige Städte

Die ersten Städte Chinas entstanden um 1 500 v. Chr. zur Zeit der Shang-Dynastie. Die Städte erfüllten damals überwiegend hoheitliche (administrative oder halbreligiöse) Funktionen und dienten sowohl für den Materialnachschub am chinesischen Hof als auch als wichtige Marktplätze. Im 20. Jahrhundert und besonders seit den fünfziger Jahren haben die chinesischen Städte einen großen Stellenwert als Industrie- und Produktionszentren erlangt. Doch auch heute haben die Städte hoheitliche Bedeutung, die von der kommunistischen Regierung gepflegt wird.

In China gibt es 40 Städte, deren Einwohnerzahl über einer Million liegt. Zu den bevölkerungsmäßig größten Städten zählen Shanghai (7,5 Millionen), größte Stadt des Landes mit dem wichtigsten Hafen, Peking (5,8 Millionen), Hauptstadt und kulturelles Zentrum Chinas; Tientsin (4,6 Millionen), Hafenstadt am Zusammenfluss des Hai mit dem Kaiserkanal; Shenyang (3,6 Millionen); Wuhan (3,3 Millionen), Hafenstadt am Zusammenfluss von Han und Jangtsekiang sowie Kanton (Guangzhou) (2,9 Millionen), Hafenstadt am Xi Jiang.

 

Sprache

Die chinesische Schrift ist über 3 000 Jahre alt. Obwohl die chinesische Sprache mehr als ein Dutzend gesprochener Dialekte umfasst, von denen einige kaum verständlich sind, schreiben alle Chinesen mit derselben Schrift bzw. denselben Schriftzeichen. Die Einheitlichkeit der Schrift spiegelt die historische Einheit des chinesischen Volkes seit der Shang-Dynastie wider.

Zu den ehrgeizigsten Bemühungen der chinesischen kommunistischen Regierung zählt seit 1949 die Änderung der chinesischen Sprache. Die offizielle Landessprache der Chinesen ist Putonghua. Dieser Dialekt aus Nordchina ist im Westen auch unter der Bezeichnung Mandarin bekannt. Der Dialekt wurde bei der Nationalkonferenz zur Reform der chinesischen Schriftsprache 1955 zur Amtssprache erklärt. Die Verwendung einfacherer traditioneller Zeichen mit einer geringeren Anzahl von Strichen oder in einer Art Kurzschrift ist immer üblicher geworden. Die Anstrengungen wurden vor allem unternommen, um das Analphabetentum zu mindern.

1977 haben die Chinesen eine formelle Anfrage bei den Vereinten Nationen eingereicht, um mit Hilfe der Lautsprache Pinyin eine lateinische Benennung geographischer Örtlichkeiten in China zu ermöglichen. Diese Übertragungstechnik wurde Ende der fünfziger Jahre von den Chinesen erfunden und ist seitdem ständigen Änderungen unterworfen. Einige chinesische Funktionäre wünschen, dass Pinyin die chinesischen Zeichen bald ganz ersetzen soll, doch dies wird in der nächsten Zukunft sicher nicht realisierbar sein.

Die etwa 70 Millionen Angehörigen der Minderheiten in China verfügen über eigene Sprachen. Dazu zählen beispielsweise Mongolisch, Tibetisch, Miao, Tai, Uigur und Kasachisch. Früher hatten viele der Minderheitensprachen keine geschriebene Form. Die chinesische Regierung hat dazu ermutigt, mit Hilfe von Pinyin auch für diese Sprachen eine Schrift festzulegen. Die Minderheiten wurden auch darin unterstützt, ihre Traditionen fortzuführen und damit die Kenntnisse über ihre ethnolinguistische Herkunft zu fördern. Der Dialekt Mandarin wird in den Schulen meist als zweite Sprache unterrichtet, weshalb dieser fast in ganz China bekannt ist. Siehe chinesische Sprache.

 

Religion

Eine der ersten Amtshandlungen der chinesischen kommunistischen Partei nach deren Regierungsübernahme 1949 war die offizielle Abschaffung organisierter Religionen. Bis dahin waren die bestimmenden Religionen in China der Konfuzianismus, der Taoismus und der Buddhismus. Wegen der halbweltlichen Natur des Konfuzianismus, und weil sich die meisten Chinesen zu allen drei Glaubensrichtungen hingezogen fühlen, reagierte die Bevölkerung nur mit geringem Widerstand auf dieses Projekt der Partei.

Unter den formellen Religionen in China finden sich neben dem Buddhismus und dem Taoismus auch das Christentum und der Islam. Die meisten Tempel und Schulen dieser vier Religionen wurden weltlichen Zwecken zugeführt. Erst in der Verfassung von 1978 erhielt die Verbreitung formeller Religionen in China wieder größere Unterstützung. Die Verfassung hielt jedoch auch fest, dass die chinesische Bevölkerung das Recht auf Glaubenslosigkeit habe und Atheismus propagieren dürfe.

Da die religiösen Rechte nunmehr garantiert waren, nahmen die Aktivitäten christlicher buddhistischer Gruppen wieder stark zu. Die chinesischen Muslime oder Hui haben, ebenso wie die muslimischen Minderheiten der Uiguren, Kasachen und Kirgisen, dem Islam immer die Treue gehalten und können nun ihre Religion wieder offener praktizieren.

 

Soziales

Die Regierung von China trägt, wie in sozialistischen Staaten üblich, die Verantwortung für das Wohlergehen der Bevölkerung. Das Programm einer sozialen Versorgung war ein wesentliches Element für die Machtübernahme der Partei. Zu den wichtigsten sozialen Maßnahmen zählen die Wohnraum- und Arbeitsplatzbeschaffung, die Gesundheitsvorsorge, die Altersversorgung und die Übernahme der Bestattungskosten.

Die wichtigsten Reformen wurden im Bereich der Gesundheitsvorsorge erzielt. 1949 lag die Lebenserwartung in China bei 45 Jahren. Mittlerweile ist sie bereits auf 68 Jahre für Männer und auf 71 Jahre für Frauen angestiegen. Während desselben Zeitraumes ist die Zahl der Mediziner stark angestiegen; trotz der rapiden Bevölkerungszunahme kommt jetzt auf etwa 650 Einwohner ein Arzt. 1949 belief sich das Verhältnis noch auf einen Arzt pro 27 000 Einwohner. Kliniken wurden auf Dorf- und Bezirksebene eingerichtet, während die großen Städte und die Landkreise mit Krankenhäusern versorgt sind. Besucht ein Patient eine Klinik wird eine geringe Gebühr erhoben. Für intensivere Behandlungen in städtischen Krankenhäusern oder Provinzkrankenhäusern kommt entweder die Arbeitsstelle oder die Regierung auf.

Zu den wesentlichsten Änderungen im Gesundheitswesen aus neuerer Zeit zählt das wieder erwachte Interesse an der traditionellen chinesischen Medizin, beispielsweise an der Medikation mit heimischen Kräutern, der Volksmedizin und der Akupunktur. Solche Behandlungsmethoden sind heutzutage in China gängiger als in westlichen Ländern. In den ländlichen Gebieten basieren vier Fünftel der verabreichten Medikamente auf homöopathischer Basis. So genannte Barfuß-Doktoren spielen bei der medizinischen Versorgung der Bevölkerung ebenfalls eine wichtige Rolle. Diese Mediziner sind überwiegend im Bereich der Hygiene, der Präventivmedizin, der Akupunktur und der Behandlung üblicher Krankheiten ausgebildet. Sie wirken vor allem auf dem Land, wo es sowohl an chinesischen Ärzten als auch an mit westlichen Methoden vertrauten Fachleuten mangelt.

In China wurden im Bereich der Gesundheitsfürsorge groß angelegte Kampagnen durchgeführt. Zum Beispiel wurden Kinderschutzimpfungen intensiviert und häufige Blutegelerkrankungen und Geschlechtskrankheiten eliminiert. Erfolgreiche Kampagnen wurden auch gegen Tuberkolose, Malaria, Filariose und andere häufig auftretende Krankheiten geführt. Bei der Familienplanung durch Geburtenkontrolle zeigte die Regierung zunächst eine eher unentschlossene Haltung. Seit der Kulturrevolution Ende der sechziger Jahre wurde ein Programm zur Geburtenkontrolle entschieden vorangetrieben. Die Politik der Einkindfamilie ist sogar in der Verfassung verankert.

Bei Erwerbsunfähigkeit, Mutterschaft, Schwerbeschädigung und im Alter sorgt die Regierung für die Betroffenen.

 

Bildung und Kultur

China hat eine lange und reiche kulturelle Tradition; Erziehung hat schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Während der Kaiserzeit (221 v. Chr. bis 1912 n. Chr.) erhielten lediglich gebildete Personen eine Position in der sozialen und politischen Führungselite. 124 v. Chr. entstand die erste Universität, an der künftige Staatsbedienstete im Konfuzianismus und der chinesischen Klassik unterrichtet wurden. Historisch betrachtet hatten jedoch nur einige Chinesen die Möglichkeit, die komplexe Sprache und die zugehörige Literatur zu studieren. Schätzungsweise waren 1949 noch 80 Prozent aller Chinesen Analphabeten. Für die chinesischen Kommunisten bedeutete das Analphabetentum eine unüberwindliche Blockade bei der Durchsetzung ihrer politischen Programme.

 

Bildung und Schulwesen

Zu den ehrgeizigsten Programmen der kommunistischen Partei zählt die Einrichtung eines umfassenden Erziehungssystems für große Teile der Bevölkerung. In den ersten beiden Jahren der neuen Regierung (1949-1951) schrieben sich 60 Millionen Bauern in den "Winterschulen" zum Unterricht ein, der in der beschäftigungslosen Periode der Landarbeiter gehalten wurde. Mao erklärte es zum wichtigsten Erziehungsziel, die Klassenunterschiede zu reduzieren. Dies sollte durch eine Aufhebung der sozialen Klassifizierung zwischen Hand- und Kopfarbeit, zwischen Stadt- und Landbewohnern bzw. Fabrikarbeitern und Bauern erreicht werden.

Die radikalsten Entwicklungen im Erziehungsbereich fanden in China jedoch zwischen 1966 und 1978 statt. Während der Kulturrevolution von 1966 bis 1969 wurden alle Klassenzimmer in China geschlossen. Für die 131 Millionen Jugendlichen, die bereits in den Grundschulen und weiterführenden Schulen eingeschrieben waren, blieben die Tore geschlossen. Die Grundschulen und weiterbildenden Schulen öffneten erst langsam in den Jahren 1968 und 1969 erneut, aber die höheren Bildungsstätten blieben noch von 1970 bis 1972 geschlossen.

Die Regierungspolitik änderte sich in Hinsicht auf die Erziehung in dieser Periode drastisch. Die traditionellen 13 Jahre bis zur zwölften Klasse wurden durch einen Neun- oder Zehnjahresplan für die Grund- und Mittelschulen ersetzt. Universitäten mit Studienzeiten von vier bis fünf Jahren stellten auf dreijährige Zyklen um. Ein Teil der gewonnenen Zeit wurde in Produktivarbeit zur Unterstützung der Schule oder zu einem Bereich des jeweiligen Studienfaches verwendet. Für die meisten Absolventen von Mittelschulen, die eine Universität besuchen wollten, wurde auch eine zweijährige praktische Ausbildung zur Pflicht.

Nach Maos Tod 1976 wurde diese Politik zum großen Teil wieder revidiert. Dank dieser Umstrukturierung und wegen eines wachsenden Interesses an der Entwicklung der Wissenschaften in der chinesischen Erziehung glichen sich die Stundenpläne wieder jenen an, die vor der Kulturrevolution Gültigkeit hatten. Die Programme für die Grund- und Mittelschulen wurden allmählich wieder dem zwölfjährigen Studium angepasst, und die Hochschulanwärter mussten keine zweijährige Landarbeit mehr verrichten, um an den Universitäten angenommen zu werden.

Eine bedeutende Änderung im Erziehungssystem war die Wiedereinführung standardisierter Aufnahmeexamen. Diese Examen gehörten vor der Kulturrevolution zu einem wesentlichen Instrument für den sozialen Aufstieg in China. In der Zeit der revolutionären Experimente waren die Eingangsprüfungen mit dem Argument abgeschafft worden, dass dadurch eine Elite begünstigt würde, die bereits eine familiäre intellektuelle Tradition habe. Als die Universitäten nach der Schließung zwischen 1970 und 1972 wieder geöffnet wurden, erhielten viele politisch opportune Bewerber eine Aufnahmegenehmigung. Diese Auswahlkriterien wurden 1977 revidiert, als die Chinesen mit ihrer neuen Kampagne der Vier Modernisierungen begannen. Die Regierung wollte eine schnelle Modernisierung der Landwirtschaft, Industrie, Verteidigung sowie Wissenschaft und Technik erreichen. Diese setzte ein hohes Bildungsniveau voraus. Um die hierfür erforderlichen Erziehungsprogramme zu stabilisieren, mussten Grundlagen für die theoretische und formale Ausbildung erarbeitet werden. Politische Haltung und revolutionärer Geist standen nun nicht mehr im Vordergrund.

Die höhere Erziehung in China lässt sich heute durch ein "Punktesystem" erläutern. Dabei werden die viel versprechendsten Studenten in den besten Schulen untergebracht, die zur Ausbildung einer akademischen Elite geeignet sind. Die Absolventen von Mittelschulen können ebenfalls Universitäten und verschiedene technische Schulen und Berufsschulen besuchen. Zu den bekanntesten Universitäten in China zählen die Universität Peking (1898), die Universität Hangzhou (1952), die Universität Fudan in Shanghai (1905) und die Universität für Wissenschaft und Technik von China (1958) in Hefei. Die höheren Schulen sind in China kostenfrei. Eine Neuheit im chinesischen Erziehungswesen ist die Fernsehuniversität (siehe nachfolgend unter Medien).

 

Kultur

Die pädagogischen Ziele der kommunistischen Regierung Chinas beschränkten sich jedoch nicht auf die schulische Erziehung. Während der sechziger und siebziger Jahre erkannte man, dass auch Theaterstücke, Opern, Literatur und Musik pädagogischen Einfluss ausüben.

Als Mitte der siebziger Jahre der Kulturaustausch mit dem Ausland zunahm, rückten die offiziellen Ambitionen bezüglich der Propaganda in der Kunst zunehmend in den Hintergrund. Die ausländische Literatur, seit den sechziger Jahren verboten, durfte in China wieder veröffentlicht werden. 1978 und 1979 wurden im Verlag der Volksliteratur etwa 200 ausländische Werke übersetzt, darunter auch Romane aus dem Westen.

In der Volksmusik stellte ein Regierungsbericht offiziell die neuen Trends fest. Anfang der achtziger Jahre kamen neue Titel auf, denn die Chinesen seien "der alten politischen Lieder und Slogans aus ihrer Jugend überdrüssig". Die chinesische Regierung erkannte auch, dass die Kunst ein sinnvolles soziales Ventil bot. Die Kinos waren meist ausverkauft, und die reisenden Akrobaten, Zirkusartisten und Jongleure standen in der Gunst der Zuschauer ebenso hoch wie das Ballett und die Oper. In den Kleinstädten und Gemeinden fanden die Aufführungen in vollbesetzten Häusern statt. In den achtziger Jahren öffneten sich die chinesischen Bühnen auch für klassische Stücke oder Popmusiker aus dem Westen.

Das Klima für kulturelle Darbietungen ist in China nach wie vor unberechenbar, denn die Einstellung der Regierung kann sich jederzeit ändern. 1957, während der Hundert-Blumen-Bewegung, ermutigte man Schriftsteller und Intellektuelle, sich zu Wort zu melden und Perspektiven für die Regierungspolitik und die Bedürfnisse des Volkes zu entwickeln. Die dadurch herausgeforderte Kritik war so vehement, dass die Regierung sich zu einer sofortigen Kehrtwende entschloss. Viele Intellektuelle wurden wegen ihrer vorgetragenen Meinungen verfolgt. Die Angst vor ähnlichen"Stimmungsumschwüngen" führte Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre dazu, dass die chinesischen Künstler, Autoren, Komponisten und Filmemacher eher zurückhaltend auf den Wunsch der Regierung reagierten, sich freier und unabhängiger künstlerischer Gestaltung hinzugeben.

 

Kultureinrichtungen

Peking, Shanghai und Kanton spielen in China eine führende kulturelle Rolle. Hier befinden sich die meisten bekannten Museen und Theater und hier werden die meisten kulturellen Darbietungen aufgeführt.

Peking ist das kulturelle Herz der Nation. In der Nähe des berühmten Platzes des Himmlischen Friedens liegt die Verbotene Stadt, ehemals kaiserliche Residenz und heute für die Öffentlichkeit zugängliches Museum sowie die Gedächtnishalle für Mao Tse-tung und das Museum der chinesischen Revolution. In Peking befanden sich auch die berühmte "Wand der Demokratie" und die Plakate mit den großen Zeichen, auf denen die öffentliche Meinung über die Regierungspolitik nach Maos Tod 1976 wiedergegeben werden durfte. Ende der siebziger Jahre wurde die Wand verboten. Der Sommerpalast, der Tempel des Himmels, die Gräber der Ming-Dynastie und die Chinesische Mauer befinden sich in der Nähe von Peking. Diese großen Denkmäler der Ming- und Ching-Dynastie bilden ein kulturelles Zentrum für die zunehmend mobile Bevölkerung Chinas.

In Shanghai befinden sich das Museum für Kunst und Geschichte, in dem eine der wertvollsten Kunstsammlungen Chinas untergebracht ist, sowie das Museum der Naturwissenschaften. Auch der Garten des Mandarin Yu liegt hier. Dieser lässt sich als Beispiel für die Unterstützung der Kunst durch die Regierung anführen. Nach 1949 öffnete die kommunistische Regierung viele ehemalige Privathäuser, Gärten und Parks der Reichen für die Öffentlichkeit und wandelte sie in Museen um. Heute sind diese Orte bei der Bevölkerung sehr beliebt. Sie dienen als Treffpunkte zum Teetrinken, zum Spazierengehen und zur Unterhaltung mit Freunden und Fremden. Hier lässt sich noch der Klassenunterschied zwischen Arm und Reich nachvollziehen, der vor 1949 im Land geherrscht hat.

In Kanton (Guangzhou) liegen einer der größten Zoos Chinas, das Guangzhou-Museum, die Sun-Yatsen-Gedächtnishalle, der Yuexiu-Park mit der Zhenhai-Pagode aus der Ming-Dynastie, der Tempel der Sechs Banyan-Bäume und die Huaisheng-Moschee aus dem Jahr 627. In der Nähe von Xi’an (Sian) ist eines der eindrucksvollsten Werke der chinesischen Antike entdeckt worden; eine Terrakotta-Armee mit mehr als 6 000 lebensgroßen Figuren wurde im Grab des Kaisers Shih Huang Ti aus der Qin-Dynastie gefunden. Dieser starb im Jahr 210 v. Chr.

Das seit der Revolution von 1949 geförderte nationale Bewusstsein hat dazu geführt, dass in fast jeder Stadt eine Art kulturelles Denkmal für diese Entwicklung in China errichtet wurde. In jenen Städten, in denen keine offiziellen Museen existieren, wurden ehemalige Gutsbesitzungen in einen öffentlichen Garten oder ein Teehaus umgewandelt. Hierdurch erhielten die Städte einen zunehmend urbanen Charakter.

 

Medien

Die kommunistische Regierung Chinas hat dem Radio große Bedeutung beigemessen, als es in den frühen fünfziger Jahren darum ging, Unterstützung für die neue Politik zu gewinnen. Auf den öffentlichen Plätzen und in den Fabriken wurden von 1950 bis 1970 Lautsprecher eingerichtet. Allmählich gewöhnte sich die Bevölkerung an die Medienpräsenz in ihrem Leben. Als Symbol für das freiere ökonomische Klima Mitte der achtziger Jahre kann der 1986 in Südchina eingeführte kommerzielle Rundfunk gewertet werden.

Der Zentrale Volkssender für das Fernsehen wurde 1958 in Peking eingerichtet. Im selben Jahr wurden die ersten chinesischen Fernsehgeräte in der staatlichen Radiofabrik Tientsin gefertigt. In Peking erweiterte man das Standardprogramm des Zentralen Volkssenders um zwei zusätzliche Kanäle. In vielen Städten und Provinzen entstanden eigene lokale Sendestationen.

Die Fernsehuniversität unter der Verwaltung des Zentralen Volkssenders ist ein weiterer Aspekt im Kommunikationsnetz von China. In Peking werden täglich neun Stunden Fernsehunterricht angeboten. Hunderttausende von Studenten haben sich für die Programme dieser Art Fernuniversität eingeschrieben. Diese Einrichtung ist für China besonders sinnvoll, denn der Anteil der Bevölkerung im Studienalter ist hier extrem hoch.

Über 200 Tageszeitungen haben eine tägliche Auflage von insgesamt 50 Millionen. Die verbreitetste Zeitung ist die in Peking erscheinende Renmin Ribao (Volkszeitung). Sie untersteht der direkten Kontrolle durch das Zentralkomitee der kommunistischen Partei. Die tägliche Auflage beträgt fünf Millionen. Die meisten Nachrichten entstammen der Xinhua (Neue Nachrichtenagentur Chinas). Ausländische Beobachter verwenden diese Agentur als erste Quelle für Informationen aus China. Weitere wichtige Zeitungen und Magazine sind Guangming Ribao (Tageszeitung Kuangming), Jiefang Ribao (Befreiung), Renmin Huabao (Volksillustrierte) und Tiyu Kexue (Sportanzeiger).

Die Verlagsbranche in China ist sehr aktiv. Die Intention der Regierung, eine möglichst universelle Erziehung zu erreichen, führte zu einer Förderung im Bereich Belletristik und Sachbuch. Darüber hinaus wurden Übersetzungen ausländischer Werke in Auftrag gegeben.

Post- und Telekommunikationsdienste unterliegen der Regierungsaufsicht. Das Telefonnetz ist zwar in nahezu allen Landesteilen ausgebaut, aber nur wenige Haushalte verfügen über eigene Anschlüsse.

 

Verwaltung und Politik

Seit der Shang-Dynastie 1726 v. Chr. verfügt China über eine organisierte Regierungsform, weshalb das Land zu den ältesten Nationen der Erde zählt. Historisch gesehen wurde die große chinesische Bevölkerung von einigen starken Lokalregierungen verwaltet. Daneben spielten die Hauptstadt und der Hof jeweils eine unterschiedliche politische Rolle. Seit die chinesischen Kommunisten am 1. Oktober 1949 an die Macht kamen, zeichnete sich eine zunehmende Tendenz in Richtung zentralistischer Nationalregierung mit Sitz in Peking ab. Diese Einheit wurde zum großen Teil durch die persönliche Autorität und Führungskraft Maos und durch die unter der kommunistischen Partei errichtete Regierungsstruktur erzielt. Dieses moderne Konzept wurde erstmals in der chinesischen Verfassung von 1954 verankert und später in der Verfassung von 1975 abgewandelt. Eine dritte Verfassung wurde 1978 entworfen (und trat am 1. Januar 1980 in Kraft). In dieser Verfassung zeigen sich deutlich die Änderungen der Regierungspolitik nach Maos Tod. 1982 wurde eine neue Verfassung verabschiedet.

 

Exekutive

Seit der Verfassung von 1982 wird der Präsident durch den Nationalen Volkskongress für eine fünfjährige Amtszeit gewählt. Das Amt des Präsidenten besteht jedoch überwiegend aus repräsentativen Pflichten. Die exekutive Macht liegt in Händen des Ministerrates, dem der erste Vorsitzende voransteht. Der Ministerrat ist mit der Verwaltung der verschiedenen Bereiche der Staatsgeschäfte beauftragt. Die nationale militärische Befehlsgewalt liegt in den Händen der Zentralen Militärkommission. Die Positionen der größten Autorität innerhalb der chinesischen Regierung sind auf den Ministerpräsidenten und den Generalsekretär der kommunistischen Partei verteilt. Die Autorität hängt auch jeweils stark von den Persönlichkeiten in diesen Positionen ab. Augenblicklich ist jedoch Deng Xiaoping, der keinerlei offizielle Ämter mehr ausübt, der wichtigste Politiker Chinas.

 

Legislative

Der Nationale Volkskongress ist das höchste Organ staatlicher Macht in China. Seine Mitglieder werden in mehreren Wahlgängen für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Jede Provinz wählt einen Repräsentanten (oder Abgeordneten) pro 400 000 Einwohner für den Kongress. Auf diese Weise wird jede Provinz durch mindestens zehn Abgeordnete vertreten. Der fünfte Nationale Volkskongress wurde 1978 gewählt und bestand aus 3 497 Abgeordneten. Die Hälfte des Kongresses setzte sich aus Arbeitern und Bauern zusammen. Der sechste Nationale Volkskongress wurde im Juni 1983 einberufen und umfasste 2 978 Delegierte. Der siebte Volkskongress wurde im März 1988 gewählt und der achte im März 1993.

Der Nationale Volkskongress kann Gesetze verabschieden, die Verfassung ändern, den Staatshaushalt billigen und ökonomische Pläne genehmigen. Ihm obliegt auch die Macht, die Mitglieder des Ministerrates (Kabinett) zu bestellen und zu entlassen. Der Ministerrat ist das mit der höchsten Macht ausgestattete Instrument der chinesischen Regierung.

In der Praxis hat der Nationale Volkskongress allerdings nur geringe Befugnisse. Wegen seiner fast unüberschaubaren Größe kommt der Kongress lediglich in unregelmäßigen Abständen zur Geschäftsführung zusammmen. Wenn der Kongress nicht tagt, führt ein Ständiger Ausschuss die Geschäfte. Der Ständige Ausschuss repräsentiert den Kongress auch in einer Vielzahl von Regierungsfunktionen, einschließlich des Empfangs ausländischer Gesandter und der Ratifizierung oder Annullierung von Verträgen mit ausländischen Regierungen.

Der Ministerrat ist das zentrale Regierungsinstrument des Nationalen Volkskongresses. Dieser wird vom ersten Vorsitzenden und dessen Stellvertreter geleitet. Die einzelnen Ministerien, Kommissionen und Büros sind dem Ministerrat gegenüber rechenschaftspflichtig.

 

Judikative

Die chinesische Tradition der Rechtsprechung unterscheidet sich beträchtlich von der westlicher Nationen. Die bürgerliche Ordnung wurde in der Geschichte durch die Verantwortlichkeit der Familie, der Nachbarschaft oder der Gemeinde aufrechterhalten. Allgemein ausgedrückt hat die chinesische Gerichtsbarkeit meist versucht, den Kontext eines Individualverbrechens zu verstehen, um die Ursachen zu beseitigen. Die Entwicklung eines formalen juristischen Systems lag ihr eher fern. Mit der Verfassung aus dem Jahr 1978 unternahm China jedoch große Anstrengungen, das System der Rechtsprechung und die Gesetze den westlichen Modellen anzugleichen. Die Verfassung von 1982 garantiert das Recht auf eine Verteidigung. Das chinesische Rechtssystem besteht aus drei Komponenten: einem System von Gerichtshöfen, einer öffentlichen Sicherheitsabteilung oder der Polizei und der öffentlichen Strafverfolgungsbehörde. Das höchste Organ der Judikative ist der Oberste Volksgerichtshof. Dieser wacht über die Einhaltung der Verfassung und der Gesetze des Ministerrats. In allen Provinzen und Gemeinden befinden sich Büros dieser drei judikativen Einrichtungen. Die Polizei hat ihre Reviere auf die einzelnen Stadtviertel verteilt.

Ein weiterer Grund für die Bemühungen Chinas, ein formaleres juristisches Netzwerk zu entwickeln, liegt darin begründet, dass die kommunistische Partei in vielen, schwereren zivilen Strafverfahren als Vermittler dienen musste. Durch diese Rolle hat die Partei bei der Bewältigung täglicher Routineangelegenheiten in der chinesischen Gesellschaft eine wichtige Funktion erhalten. Die Lösung von nachbarschaftlichen Konflikten, Scheidungen, Familienstreitigkeiten und kleineren Diebstählen wurde durch diese übergeordnete Vermittlung besonders stark beeinflusst. Der lokale Parteisekretär war in diesen Fällen meist in der Position des Vermittlers. Gelegentliche öffentliche Gerichtsverhandlungen trafen auf starkes Interesse.

 

Kommunalverwaltung

Die lokale Regierungsstruktur in China ist auf drei Ebenen organisiert: Provinzen, Bezirke und Städte bzw. Dörfer. Die erste Ebene untersteht direkt der Zentralregierung; sie besteht aus 23 Provinzen, fünf autonomen Regionen und den drei direkt regierten Städten Peking, Shanghai und Tientsin. Auf der zweiten Ebene sind die Präfekturen, Bezirke und Gemeinden angesiedelt und auf der dritten Ebene Gemeinden, Städte und Dörfer. Auf jeder dieser Ebenen sind auch spezielle autonome Verwaltungseinheiten eingerichtet, sofern das betreffende Gebiet überwiegend von nichtchinesischen Minderheiten bewohnt ist.

Ab Ende der fünfziger Jahre bis in die siebziger Jahre hinein wurde in den meisten Regionen die Verwaltung der Städte und Dörfer durch Kommunen ersetzt, welche als administrative Basiseinheiten dienen. Die Kommunen waren wiederum in Produktionsbrigaden unterteilt. 1985 wurde ein fünfjähriger Plan abgeschlossen, der den Abbau von 56 000 ländlichen Kommunen zum Ziel hatte.

Obwohl jede Verwaltungsebene der darüber liegenden Ebene rechenschaftspflichtig ist, wurde den kleinen lokalen Einheiten von jeher große Eigenverantwortlichkeit zugesprochen. Das war mit ein Grund für den Erfolg der chinesischen Kommunisten. Die Regierung investierte beträchtliche Energien, um diese Lokalregierungen als Diskussionsforum zu etablieren und eine von unten nach oben durchgängige Basisstruktur zu erhalten.

 

Politik

Gemäß der Verfassung von 1982 ist die Regierungsform Chinas eine sozialistische Diktatur des Proletariats, angeführt von der kommunistischen Partei auf der Basis einer Einheitsfront, zu der auch andere demokratische Parteien gehören. In der Praxis bestimmt die kommunistische Partei jedoch ausschließlich das nationale politische Geschehen. Die meisten wichtigen Regierungsposten werden von Parteimitgliedern belegt.

Die Kommunistische Partei Chinas zählt mehr als 52 Millionen Mitglieder (dies sind 4,5 Prozent der Gesamtbevölkerung) und ist die größte kommunistische Partei der Welt. Der erste nationale Parteikongress wurde 1921 abgehalten. Damals nahmen nur 57 Mitglieder daran teil. Die Mitglieder überschritten 1956 die 10-Millionen-Grenze. Die Organisation und die Funktionen der kommunistischen Partei werden in den Grundsatzprogrammen der Partei ausgearbeitet. Das sechste Parteistatut wurde 1982 beim 12. Kongress angenommen. Beachtenswert an der jüngsten Entwicklung ist, dass die Führungsrolle der Partei herabgesetzt wurde; der ehemalige erste Vorsitzende erhielt den Titel eines Generalsekretärs. Der Nationale Parteikongress ist das höchste Organ der Partei. Das Zentralkomitee, gewählt vom Nationalen Parteikongress, wählt wiederum das Politbüro und den Ständigen Ausschuss sowie den Generalsekretär der Partei. Oberstes Entscheidungsgremium über den Parteiapparat sind das Politbüro und der Ständige Ausschuss.

Darüber hinaus sind in China verschiedene kleinere politische Parteien und Massenorganisationen aktiv. Zu diesen zählen die Demokratische Chinesische Liga, der Chinesische Sportverband und der Chinesische Frauenverband. Die einzige Partei mit potentiellem politischem Einfluss ist jedoch die Kommunistische Jugendliga mit mehr als 50 Millionen Mitgliedern. Diese Organisation spielt bei der Rekrutierung von Nachwuchspolitikern für die kommunistische Partei nach Beendigung des 18. Lebensjahres eine wichtige Rolle.

 

Umweltschutz

In der Verfassung von 1978 sah China erstmals Maßnahmen zum Umweltschutz vor. Dies ist um so beachtenswerter als das Land bis zu diesem Zeitpunkt eine Politik des rigorosen Zuwachses nationaler Produktion betrieb. Unter der Verantwortung des Staatsrates wurde ein Umweltschutzbüro eingerichtet, das jedoch über keinerlei Kompetenzen verfügt. Hier werden lediglich Lösungsvorschläge zu Umweltproblemen koordiniert. Das Nationalinstitut zum Schutz der Umwelt überwacht die Verwendung von Chemikalien, Herbiziden und Insektiziden. Der Schwerpunkt der Umweltschutzbemühungen liegt in der Wiederaufforstung, der Erosionskontrolle und dem Wasserschutz. Zur Erhaltung der Wasserqualität sind umfangreiche Projekte für alle wichtigen Flusssysteme des Landes geplant. Eine bedeutende Rolle für den Umweltschutz in China spielen die Terrassenanlagen. Zusammen mit der Anpflanzung von Bäumen und der Einrichtung kleiner Wasserreservoire in Form von Teichen stellt das Anlegen von Terrassen eine jener Methoden landwirtschaftlicher Nutzung dar, die bereits seit Jahrhunderten erfolgreich praktiziert werden. Diese Techniken bieten eine hervorragende Möglichkeit, die Bodenerosion einzuschränken und die Erhaltung der Wasserqualität lokaler Verantwortung zu übergeben.

 

Verteidigung

Die chinesische Verfassung von 1982 übertrug die höchste Befehlsgewalt über die bewaffneten Streitkräfte an die Zentrale Militärkommission. Die militärischen Streitkräfte des Landes tragen seit dem Jahr 1946 die Bezeichnung Volksbefreiungsarmee. Das Heer, die Marine und die Luftwaffe sind der Volksbefreiungsarmee unterstellt. Diese umfasst etwa drei Millionen Soldaten und ist damit die größte Militärmacht der Welt. Davon sind etwa 240 000 Soldaten in der Marine, einschließlich der 25 000 auf den Luftwaffenstützpunkten der Marine und weiteren 6 000 bei der Marineinfanterie. Die Armee wird von einer Nationalmiliz aus etwa zwölf Millionen Chinesen und von einer Sicherheitspolizei mit etwa 1,8 Millionen Mitgliedern gestützt. Die Marine verfügt über 1 700 Schiffe, von denen einige mit atomaren Raketen bestückt sind. Die Luftwaffe ist mit 5 000 Kampfflugzeugen ausgestattet. China hat bei der Entwicklung nuklearer Waffen bedeutende Fortschritte gemacht, aber im Vergleich zu den Vereinigten Staaten oder der ehemaligen Sowjetunion ist das Arsenal eher klein. Die Volksbefreiungsarmee spielt auch in der wirtschaftlichen Produktion und bei der Konstruktion technischer Anlagen wie Staudämmen, Bewässerungssystemen und Landgewinnungsprojekten eine wichtige Rolle. Die Armee war maßgebliches staatliches Organ während der Kulturrevolution (1966-1969) und unterdrückte die prodemokratischen Demonstrationen im Juni 1989 in Peking.

 

Wirtschaft

Mehr als 2 000 Jahre lang basierte die chinesische Wirtschaft auf einer Art Feudalsystem; der Landbesitz lag in den Händen einer relativ kleinen Gruppe von Menschen, die von den Abgaben der bäuerlichen Pächter lebten. Daneben mussten die Bauern auch Steuern an die kaiserliche Regierung entrichten und waren Naturkatastrophen wie Dürre und Überschwemmungen ausgesetzt. Unter diesen Umständen konnte sich die Landwirtschaft nicht entwickeln. Sie war in kleinste Bereiche aufgesplittert und verwendete zur Erhaltung des Eigenbedarfs die primitivsten Mittel. Nach dem Ende der Opiumkriege 1860 begann eine Periode westlicher Einflussnahme, die vor allem von den Handelshäfen ausging. Eisenbahnschienen und Straßen wurden gebaut und die ersten Formen industrieller Entwicklung setzten ein. Diese Aktivitäten hatten für die allgemeine chinesische Wirtschaft jedoch nur geringe Bedeutung. China wurde in eine Reihe von kolonialen Interessenskonflikten verwickelt und stand unter verschiedenen Einflüssen. Vor allem Japan versuchte, seinen Wirtschaftsgeist auf China zu übertragen. Dadurch entwickelten sich im Land jedoch nur vereinzelte Zentren moderner Ökonomie.

Mitte der zwanziger Jahre entstand die chinesische kommunistische Partei während einer Wirtschaftskrise, die vor allem ausländischer Intervention und einem wachsenden Einfluss der Landbesitzer in den ländlichen Regionen zuzuschreiben war. Während der folgenden zwei Jahrzehnte konnte die Partei ihren Einfluss ausbauen, indem sie in weiten Teilen der ländlichen Gebiete ein Agrarprogramm einführte, das die Abgaben kontrollierte und den Wucher unterband. Dazu wurde ein Bauernverband gegründet. Am 1. Oktober 1949 gelang es der kommunistischen Partei erstmals seit dem Kaiserreich im Jahr 1912, eine vereinte Nationalregierung und eine gemeinsame Wirtschaftspolitik zu etablieren. Von 1949 bis 1952 konzentrierten sich die Bemühungen der Politik auf das Eindämmen der Inflation, die Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung und die Reduzierung der Arbeitslosigkeit. Die neue Regierung rief eine Landreform ins Leben; an über 300 Millionen arme Bauern wurde Land verteilt. Im Zug des ersten Fünfjahresplanes (1953-1957) wurden 92 Prozent der Landbevölkerung in Kooperativen organisiert. 1958 entstanden die ersten bäuerlichen Kommunen. Diese spielten in der chinesischen Landwirtschaft bis Anfang der achtziger Jahre eine dominierende Rolle. Die Kommunen basierten auf dem kollektiven Besitz des Landes und aller wichtigen Maschinen. Die Produktion orientierte sich an staatlich festgelegten Zielen und die Arbeiter wurden je nach Erfüllung des Solls entsprechend entlohnt. Ein grundlegendes Auskommen war jedoch allen Mitgliedern garantiert.

Auch im urban-industriellen Bereich wurde das staatliche Eigentum allmählich auf Industriefabriken und Handelsunternehmen ausgedehnt. Die Industrie wuchs während des ersten Fünfjahresplanes auch durch entsprechende staatliche Investitionen beständig und der staatseigene Sektor gewann auf diese Weise eine immer größere Bedeutung. Der zweite Fünfjahresplan wurde 1958 eingeführt. Im Sommer dieses Jahres begann das Regime mit seiner vielfach angekündigten wirtschaftlichen Offensive. Dieses Programm war von großen Investitionen in der Schwerindustrie gekennzeichnet. Ferner wurden in dieser Phase kleinere Industriezweige, wie etwa die Stahlverarbeitung eingerichtet. Das Programm verursachte jedoch auch große Irritationen im Wirtschaftsmanagement und im tatsächlichen ökonomischen Wachstum. 1960 musste es abgebrochen werden. Die chinesische Wirtschaft durchlief eine Periode der Konsolidierung, 1965 erreichte die Produktion in vielen Bereichen jedoch wieder das Niveau der späten fünfziger Jahre. Der dritte Fünfjahresplan begann 1966, aber sowohl die landwirtschaftliche als auch die industrielle Produktion wurden durch die Auswirkungen der Kulturrevolution beträchtlich geschmälert. Der vierte Fünfjahresplan wurde 1971 eingeführt, als sich die Wirtschaft langsam wieder erholt hatte.

Nachdem die Spuren der Kulturrevolution bis etwa 1976 beseitigt worden waren, entschied die chinesische Führungsspitze, die wirtschaftliche Förderung zu intensivieren, um den Rückschlag der vorangegangenen zehn Jahre wieder aufzuholen. Der fünfte Fünfjahresplan wurde 1976 eingeleitet, aber 1978 unterbrochen, als das Programm der vier Modernisierungen ins Leben gerufen wurde. Dieses Programm forderte eine Rundumerneuerung der Landwirtschaft, der Industrie, der nationalen Verteidigung sowie der Wissenschaft und Technik bis zum Ende des Jahrhunderts. Damit sollte China zu den führenden Wirtschaftsnationen der Erde gehören. Der Zehnjahresplan von 1976 bis 1985 bemühte sich um eine Verbesserung des Wirtschaftsmanagements und versuchte, die in privatem und kollektivem Besitz (im Gegensatz zu den verstaatlichten) befindlichen Unternehmen in den Vordergrund zu rücken. Dieses Programm wurde durch einen etwas bescheideneren Zehnjahresplan für die Periode von 1981 bis 1990 ersetzt. Die Bemühungen, westliche Technologien und Investitionen zu gewinnen, dauerten aber an, ebenso wie ein Programm mit Anreizen zur Förderung der landwirtschaftlichen Produktion. Die im Oktober 1984 begonnene Politik befürwortete eine weitere Dezentralisierung der ökonomischen Planungen und ein größeres Vertrauen auf die Kräfte des freien Marktes bei der Preisentwicklung für Konsumgüter. Der Fünfjahresplan von 1986 bis 1990 basierte auf der Annahme eines jährlichen ökonomischen Wachstums von sieben Prozent, aber die wirtschaftliche Entwicklung verlangsamte sich nach der politischen Krise 1989. Diese wirtschaftliche Schwächung war jedoch nur vorübergehend. Anfang der neunziger Jahre expandierte die chinesische Wirtschaft bereits enorm, weil die Regierung die Wirtschaftsbeschränkungen zunehmend lockerte. 1992 konnte bereits ein Wachstum von 13 Prozent verzeichnet werden. Doch auch dieses schnelle Wachstum zog Probleme wie hohe Inflationsraten in den Städten nach sich.

Die landwirtschaftliche Produktion (in der auch einige kleinere Industriezweige in den ländlichen Regionen sowie die Forstwirtschaft und der Fischfang enthalten sind) erbringt 27 Prozent des gesamten nationalen Einkommens, die industrielle Produktion (verarbeitende Industrie, Bergbau, Stromerzeugung und Bauwirtschaft) mehr als 45 Prozent. Zwischen 1965 und 1979 wuchs die Produktion pro Jahr um 6,4 Prozent an und zwischen 1980 und 1988 konnte eine Zunahme von 10,3 Prozent pro Jahr verzeichnet werden. 1989 sank die Wachstumsrate unter die Vierprozentmarke, erholte sich aber bereits Anfang der neunziger Jahre wieder auf jährliche zehn Prozent. Während der letzten Jahre wurde eine Wachstumsrate von etwa 6 Prozent erreicht.

Die Zahl der Erwerbstätigen wird auf etwa 550 Millionen Personen geschätzt. Beschäftigungslosigkeit und Unterbeschäftigung haben die Produktivität der Arbeit und das Anwachsen der Einkommen gedämpft. Diese Probleme sind unmittelbar mit der enormen Größe und der schnellen Zunahme der Bevölkerung verbunden. In den frühen achtziger Jahren war ein Drittel der Bevölkerung 15 Jahre alt oder jünger. Dies zeigt, dass eine große Zahl junger Leute pro Jahr in den Arbeitsprozess integriert werden muss. Obwohl etwa 60 Prozent der Arbeitskraft in den landwirtschaftlichen Sektor fließt, umfasst das Arbeitsbeschaffungsprogramm der Regierung die ländlichen Gebiete nicht. Hier müssen die neuen Arbeitskräfte von der kollektiven Wirtschaft und von den einzelnen Haushalten aufgefangen werden. Die bäuerlichen Familien erhalten ihr Einkommen zu rund drei Vierteln aus der Kollektivwirtschaft, das restliche Viertel wird aus Nebenbeschäftigungen erwirtschaftet.

 

Landwirtschaft

Das traditionell wichtigste Standbein der chinesischen Wirtschaft ist auch heute noch die Landwirtschaft. Sie ernährt einen Großteil der Bevölkerung. Etwa zehn Prozent der Gesamtfläche Chinas sind landwirtschaftlich nutzbar (insbesondere der Osten des Landes) und großflächig bewirtschaftet. Etwa die Hälfte des Kulturlandes wird mit Bewässerungssystemen versorgt. In keinem Land der Welt ist dieser Anteil so hoch. Trotz des großen Wachstums der jährlichen Produktion seit 1949 ist das Pro-Kopf- Einkommen wegen der rasanten Bevölkerungszunahme deutlich weniger gestiegen. Zwischen den Jahren 1952 und 1979 wuchs beispielsweise die Getreideproduktion pro Jahr um 103 Prozent, das Pro-Kopf-Einkommen jedoch lediglich um 20 Prozent. 1979 wurden auch neue Gebiete für die Landwirtschaft nutzbar gemacht (insbesondere in der Mandschurei und Nordwestchina). Der Verlust von bewirtschaftetem Land für nichtlandwirtschaftliche Zwecke war jedoch noch größer, und durch die große Bevölkerungszunahme sank der Landesdurchschnitt von 0,18 Hektar pro Kopf 1949 auf 0,11 Hektar.

Die beständig steigende Produktion und Ernte in China lässt sich zum Teil auf die wachsende Effektivität zurückführen. Bis 1979 waren die 838 Millionen Bauern Chinas in circa 52 000 Kommunen organisiert. Die Kommunen waren sozioökonomische Einheiten, die vom Staat Produktionsziele erhielten und dafür sorgten, dass diese erfüllt wurden. Eine Kommune war meist in mehrere Brigaden eingeteilt, die sich wiederum in Arbeitsgruppen aufgliederten. Jede dieser verschiedenen Einheiten konnte Land, Maschinen oder andere Produktionsmittel aus dem gemeinsamen Fundus der Kommune erhalten und führte jeweils unterschiedliche Arbeiten aus. Etwa sechs Millionen Arbeitsgruppen bildeten die Grundlage dieses Systems.

Das Kommunensystem bot die Möglichkeit, den landwirtschaftlichen Anbau und die Struktur der Bepflanzung im großen Stil zu planen. So konnte in jenen Gebieten Weizen angebaut werden, wo der Boden und die übrigen Umstände am besten dafür geeignet waren. Auch die Bewässerungsanlagen ließen sich in sinnvollen Maßstäben errichten. Obwohl das Land in Kollektivbesitz war, stand jedem bäuerlichen Haushalt eine kleine Parzelle für die private Nutzung zu. Ferner war den Arbeitsgruppen Autonomie garantiert und die einzelnen Haushalte konnten die Produkte, deren erzeugte Menge über dem offiziellen Soll lagen, selbst vermarkten.

Anfang der achtziger Jahre wollte die Regierung den wiederkehrenden Nahrungsmangel beheben, gestattete deshalb einen höheren durchschnittlichen Pro-Kopf-Verbrauch und strukturierte den landwirtschaftlichen Sektor um. Das System der Kommunen und Brigaden wurde zum großen Teil aufgehoben und stattdessen nahmen jetzt die Haushalte die wichtige Position der kleinsten Einheit in der landwirtschaftlichen Produktion ein. Unter diesem neuen "Verantwortungssystem" schloss jeder Haushalt mit den lokalen Behörden einen Vertrag über die zu produzierende Quote eines bestimmten Getreides. Darüber hinaus erwirtschaftete Ernteerträge können die Familien auf dem freien Markt verkaufen. Die daraus erzielten Umsätze beliefen sich Ende der achtziger Jahre auf 60 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion Chinas.

Wegen der enormen Bedeutung der Landwirtschaft in China, ist die Planung einer rationellen Landnutzung von größter Wichtigkeit. Eine Überproduktion von Getreide führte beispielsweise in den sechziger und siebziger Jahren zur Verminderung der Anbaugebiete einiger Feldfrüchte, Obstplantagen und Bäume sowie zur Vernachlässigung der Viehzucht und zu Umweltschäden. Die Regierung propagiert seitdem eine Kultivierung, die mit den natürlichen Bedingungen in Einklang steht.

Die Mechanisierung der Landwirtschaft wird aktiv betrieben, obwohl sie nach wie vor in den Kinderschuhen steckt und sich in Regionen mit relativ kleinen Anbauflächen als unpraktikabel erwiesen hat. Die Kontrolle von Überschwemmungen und das Anlegen von Bewässerungssystemen, etwa die Errichtung von Staudämmen und Kanälen werden seit den fünfziger Jahren in großem Umfang durchgeführt. Im selben Zeitraum wurde auch die Struktur des landwirtschaftlichen Anbaus wesentlich geändert. Durch die zunehmenden Wasserreservoire und die intensivere Nutzung von Kunstdünger konnte in den drei Flusstälern der Nordchinesischen Ebene eine zweite Ernte pro Jahr hervorgebracht werden. Die Erträge in den mittleren und niedrigen Lagen des Jangtsekiang-Tales, bereits damals ein Gebiet mit zwei Ernten pro Jahr, ließen sich auf drei jährliche Ernten heraufsetzen. In jüngster Zeit stand jedoch die Rückkehr zur zweimaligen jährlichen Ernte zur Debatte, da durch die dritte Ernte hohe Ausgaben für Kunstdünger entstehen und der Anbauplan ausgesprochen eng ist.

Um die landwirtschaftliche Produktion zu ergänzen, betreiben die verschiedenen Regierungsstellen weitere 2 000 staatliche Farmen. Diese Großbetriebe dienen sowohl für Experimente im Agrarbereich als auch zur Produktion bestimmter Nahrungsmittel für die städtischen Märkte oder für den Export. Diese Betriebe haben ihren Standort meist auf neu gewonnenem Agrarland, wo die ländliche Bevölkerung relativ gering ist und sich die modernen Maschinen effektiv einsetzen lassen.

Nahrungsmittelernte

Etwa 80 Prozent der Agrarfläche Chinas sind für die Produktion von Nahrungsmitteln bestimmt. Zu den wichtigsten Ernteerzeugnissen zählt der Reis, der auf etwa einem Drittel der gesamten Anbaufläche kultiviert wird. Hauptanbaugebiete sind das südliche Tal des Huai, das mittlere und östliche Tal des Jangtsekiang, das Delta des Xi Jiang bei Kanton und das Rote Becken von Sichuan.

Das zweitwichtigste Ernteprodukt des Landes ist Weizen, der hauptsächlich nördlich des Huai angebaut wird. Die wesentlichen Anbaugebiete für Weizen liegen in der Nordchinesischen Ebene und den Tälern der Flüsse Wei und Fen in der Lößregion. Obwohl die Flächen für den Weizenanbau beinahe ebenso groß sind wie diejenigen für den Reis, ist der Ernteertrag dennoch geringer.

Kaoliang (eine Art Kaffernhirse) und Hirse zählen ebenfalls zu den wichtigen Nahrungsmittelprodukten in Nordchina und der Mandschurei. Kaoliang wird auch als Viehfutter verwendet und ist ein Ausgangsstoff für die Produktion alkoholischer Getränke. Die Halme werden zur Papierherstellung und zum Abdecken der Dächer benutzt. Mais wird auf etwa 20 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche angebaut. In der Inneren Mongolei und im Westen, vor allem in Tibet, spielt auch der Hafer ein wichtige Rolle.

Daneben werden auch andere Nahrungsmittel angebaut, etwa Süßkartoffeln, weiße Kartoffeln, verschiedene Obstsorten und Gemüse. Die Süßkartoffeln überwiegen im Süden, im Norden dagegen die weißen Kartoffeln. Zu den häufigsten Obstsorten zählen tropische Früchte wie Ananas und Bananen, die hauptsächlich auf der Insel Hainan wachsen, sowie Äpfel und Birnen in den nördlichen Provinzen Liaoning und Shandong. Zitrusfrüchte, Orangen und Mandarinen sind die Hauptprodukte in Südchina.

Ölsamen spielen in der chinesischen Landwirtschaft ebenfalls eine wichtige Rolle. Sie dienen zur Herstellung industrieller Öle und nehmen einen großen Anteil am Export ein. Sojabohnen sind ein wichtiges Ausgangsprodukt von Speiseöl; sie werden auf etwa acht Prozent der gesamten Agrarfläche überwiegend in Nordchina und der Mandschurei angebaut. Bei der Produktion von Sojabohnen nimmt China den dritten Platz in der Welt ein. Auch bei der Erzeugung von Erdnüssen zählt China mit 5,9 Millionen Tonnen zu den führenden Ländern. Erdnüsse werden in Shandong und Hebei angebaut. Weitere wichtige Ölpflanzen sind Sesam und Sonnenblumensamen sowie Raps. Ein wertvolles Öl lässt sich auch aus dem Tungbaum gewinnen. Mehr als die Hälfte des gesamten Volumens von Tungöl wird in Sichuan gewonnen.

Der Tee ist eine traditionelle Exportware Chinas. Auch heute noch gehört das Land zu den größten Teeproduzenten. 20 Prozent der gesamten Ernte entfallen auf China. Der jährliche Ernteertrag beläuft sich auf 566 000 Tonnen. Die größten Teeplantagen liegen auf den Hügeln in der Mitte des Jangtsekiang-Tales und in den südöstlichen Provinzen Fujian und Zhejiang.

Der Zucker wird in China sowohl aus Zuckerrohr als auch aus Zuckerrüben gewonnen. Die jährliche Zuckerproduktion liegt bei 5,1 Millionen Tonnen. Der Zuckerrohranbau konzentriert sich auf die Provinzen Guangdong und Sichuan. Die Zuckerrüben werden erst seit jüngerer Zeit geerntet, Schwerpunkte sind die mandschurische Provinz Heilongjiang und die bewässerten Regionen der Inneren Mongolei.

Fasererzeugnisse

Die kommunistische Regierung von China hat der Entwicklung von Fasererzeugnissen für die Textilindustrie große Aufmerksamkeit gewidmet. Allen voran rangiert hier die Baumwolle mit einer Jahresproduktion von 4,2 Millionen Tonnen. China ist damit weltweit führender Baumwollproduzent.

Viehzucht

In China gibt es große Viehbestände. Besondere Bedeutung kommt der Schweinezucht zu. Das Land zählt zu den führenden Exporteuren von Schweineborsten. In den westlichen Gegenden ist die Viehzucht der nomadischen Hirten die wichtigste landwirtschaftliche Tätigkeit. Die meisten Herden bestehen hier aus Schafen, Ziegen und Kamelen. Im tibetischen Hochland ist der Yak eine Quelle für Nahrungsmittel und Brennstoff (der Dung wird verbrannt). Seine Haare und seine Haut bilden Ausgangsmaterialien für die Herstellung von Bekleidung.

 

Forstwirtschaft

Die Waldreserven Chinas sind aufgrund jahrhundertelanger Abholzung relativ begrenzt; das Holz wurde als Brennholz oder Baumaterial verwendet. Die Wiederaufforstungsprogramme haben die Baumbestände von acht Prozent der Gesamtfläche im Jahr 1949 wieder auf mehr als zwölf Prozent bis Ende der achtziger Jahre anwachsen lassen. Dennoch sind die Bauholzlieferungen gering.

Die Verteilung der Wälder in China ist sehr ungleichmäßig. Im Nordosten und Südwesten liegen die Hälfte aller Waldgebiete des Landes und drei Viertel der Ressourcen. Hauptbaumarten sind Pinie, Fichte, Lärche, Eiche und im äußersten Süden Teak und Mahagoni. Andere kommerziell genutzte Arten sind Tungbaum, Lackbaum, Kampferbaum und Bambus. Die landesweiten Baumbepflanzungsaktionen werden sowohl von staatlichen Projekten als auch von kollektiv organisierten Verbänden durchgeführt. Die Bäume wurden in der Nähe von Siedlungen, entlang von Straßen und Wasserwegen sowie nahe Bauernhöfen gepflanzt. Zu den wichtigsten Projekten zählt ein Programm zur Errichtung eines Waldgürtels an der Nordwestgrenze der Steppenregionen, in der Nordchinesischen Ebene und in der westlichen Mandschurei.

 

Fischerei

Der Fang von Fisch und Weichtieren sowie das Sammeln von Muscheln hat sich in China zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor entwickelt. Die Zucht von Süßwasserfischen spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Regierung förderte die Fischzucht in Teichen und Wasserreservoiren entlang der landwirtschaftlichen Nutzgebiete. Die wichtigsten Regionen der Fischzucht liegen in der Nähe der städtischen Märkte im mittleren und unteren Jangtsekiang-Tal und am Xi-Jiang-Delta. Die Karpfenteiche, eine seit Jahrtausenden traditionelle chinesische Nahrungsquelle, nehmen einen beträchtlichen Anteil an der Gesamtproduktion ein.

Anders als das Angeln von Süßwasserfischen ist der Meeresfischfang wenig entwickelt. Die meisten Fischer wurden in den sechziger Jahren in Fischereikommunen an der Küste angesiedelt und dazu ermuntert, neben der Fischerei auch landwirtschaftliche Aktivitäten zu entwickeln. Diese Kommunen unterhielten auch Fischzuchten im Meer.

 

Bergbau

China verfügt über reiche Bodenschätze, einschließlich großer Vorkommen von Mineralien, die für die industrielle Nutzung wichtig sind.

Chinas Kohlenbergbau ist der größte der Welt; über das ganze Land verstreut liegen viele kleine lokale Bergwerke, aber die wichtigsten Zentren befinden sich im Norden des Jangtsekiang, insbesondere in Shanxi. Die Kohle zählt zu den führenden Brennstoffquellen für die Industrie und die privaten Haushalte. Ferner nimmt sie einen großen Anteil der Eisenbahnfrachtgüter ein.

Die schnelle Entwicklung der Erdölindustrie seit den fünfziger Jahren hat China auch in diesem Bereich zu einem der wichtigsten Produzenten gemacht. Seit 1963 kann China sich selbst mit Benzin versorgen und seit 1973 ist der Export sowohl von Rohöl als auch von raffinierten Ölprodukten möglich. Das Ölfeld Daqing in der Provinz Heilongjiang wurde Ende der fünfziger Jahre entdeckt und entwickelt. Heute zählt es zu den produktivsten Ölfeldern des Landes. Die größten Ölreserven der Nation liegen im Tarim-Becken in der Autonomen Region Sinkiang Uigur.

Die Produktion von Eisenerz steigt seit den siebziger Jahren enorm an. Bei der Gewinnung von Graphit liegt China ebenfalls an der Weltspitze.

 

Industrie

Der industrielle Sektor in China ist aus Gründen der Regierungsplanung eingeteilt in verarbeitende Industrie, Bergbau, elektrische Stromerzeugung und Bauwirtschaft. Zwischen 1965 und 1988 stieg der Anteil der Industrie am Bruttoinlandsprodukt von 39 Prozent auf 46 Prozent, wobei die Schwerindustrie den größten Anteil am Wachstum erbrachte. Die Industrieunternehmen bilden unabhängige, aber integrierte regionale Strukturen. Die großen und mittleren Städte, teilweise sogar die kleineren, haben wichtige industrielle Zentren aufgebaut.

In den späten siebziger Jahren überdachte die Regierung die industriellen Ziele neu und versuchte, ein Mittel gegen Probleme zu finden, die aufgrund einer mangelnden Planung aufgetreten waren. In vielen Städten hatte auf Kosten der Spezialisierung eine gewisse Selbstzufriedenheit eingesetzt, und viele Industriezweige führten nach wie vor längst überholte Funktionen aus. Das schnelle Wachstum in der Schwerindustrie hatte zum Teil das städtische Umfeld beschädigt und Mittel auf sich gezogen, die in der Landwirtschaft, der Leichtindustrie oder zur Verbesserung städtischer Einrichtungen fehlten. Auch die technologische Entwicklung stagnierte.

Das Korrekturprogramm forderte ein langsameres Wachstum der Schwerindustrie, während der Leichtindustrie weitere Mittel zur Entwicklung überlassen wurden. Diese Investitionen sollten sich in relativ kurzer Zeit auszahlen und somit die eigene Expansion finanzieren. Investiert wurde auch in die Bauindustrie, um die Lebensbedingungen der Stadtbewohner zu verbessern und für die Arbeitslosen in den Städten neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Eine ebenfalls neue Reform ist die Garantie auf Autonomie für alle staatlichen Unternehmen bei der Frage, was mit der Überschussproduktion, den Umsätzen und Gewinnen, die nach Erfüllung der staatlichen Ziele übrig bleiben, geschehen soll. Daneben wurden zahlreiche Professoren, Manager und Techniker ins Ausland geschickt, um moderne Managementtechniken und die technischen Neuerungen kennen zu lernen. Ausländische Technologien wurden in Form neuer und kompletter Anlagen importiert.

Herstellungssektor

Die Eisen- und Stahlindustrie genießt seit 1949 in China Priorität. Das Land stellte mittlerweile eine große Vielzahl von Stahlprodukten her, wie z. B Wolframstahl, rostfreien Stahl, schwere Stahlplatten und nahtlose Rohre. Hauptproduktionsgebiete hierfür sind die Mandschurei, Nordchina und das Jangtsekiang-Tal.

Wichtige Eisen- und Stahlhütten befinden sich in Anshan, Benxi, Peking, Baotou, Taiyuan, Wuhan, Maanshan, Panzhihua, Chongqing, Shanghai und Tientsin. Die Produktion von Eisen und Rohstahl konnte kontinuierlich ausgeweitet werden.

Zu den weiteren Schwerindustrien Chinas zählt der Schiffsbau und die Herstellung von Lokomotiven, Fahrzeugen, Traktoren, Bergbaumaschinen, Stromerzeugungsanlagen, Ölbohrtürmen und Raffineriemaschinen.

Die petrochemische Industrie verfügt über Anlagen in den meisten Provinzen und autonomen Regionen, wobei die wichtigsten in Peking, Shanghai, Lanzhou, Shengli, Yueyang, Anqing und Kanton liegen. Die Produkte umfassen synthetische Fasern, Plastik und pharmazeutische Stoffe. Einmalig in der chinesischen petrochemischen Industrie ist die weite Verbreitung von kleinen Fabriken für die Gewinnung von Stickstoffdünger. Diese Technik wurde in China entwickelt.

Die chinesische Textilindustrie beschäftigt mehr als vier Millionen Arbeiter. Die meisten neuen Textilfabriken sind in den Regionen der Baumwollpflanzungen in Hubei (Hupeh), Hunan, Hebei und Shaanxi errichtet worden. Dennoch konnte die Industrie, trotz seit 1949 zunehmender Kapazität, nicht genügend Kleidung für die gesamte Bevölkerung herstellen. Aus diesem Grund war eine Rationierung der Baumwollstoffe notwendig.

Weitere wichtige Erzeugnisse sind Zement, Papier und Karton, Fahrräder, Fernsehgeräte, Saatmaschinen und Motorfahrzeuge.

 

Handel

Der Warenumsatz in China wurde früher von der Zentralplanung gesteuert und ist heute zu weiten Teilen den Kräften des Marktes überlassen. Zwischen 1978 und 1984 fiel der Umsatz im staatlich kontrollierten Einzelhandel von 90,5 auf 45,8 Prozent ab. In derselben Periode konnten die Kollektive ihre Anteile von 7,4 auf 39,6 Prozent erhöhen und die privaten Unternehmen von 2,1 auf 14,6 Prozent.

Bis Ende der siebziger Jahre wurden die von den staatlichen Unternehmen benötigten Rohmaterialien und die Ausrüstung nicht von diesen erworben, sondern den Unternehmen von Regierungsseite zur Verfügung gestellt. Nachdem die Produktion abgeschlossen war, übernahm die Regierung den Vertrieb der Waren. Verbrauchsgüter, die von der ländlichen Bevölkerung benötigt wurden, vertrieb die Regierung über staatlich organisierte Liefer-Kooperativen. Die wichtigsten Waren, etwa Getreide, Öl, Fleisch, Zucker und Baumwollstoffe wurden rationiert. Das Getreide wurde beispielsweise an die bäuerlichen Haushalte verteilt und diente als Entlohnung für die Arbeit der Bauern.

Seit 1979 war es den staatlichen Unternehmen möglich, einige ihrer Güter zu behalten und die Produkte selbst auf den Markt zu bringen. Auch der Einsatz der Werbung als Informationsmedium war zu diesem Zeitpunkt erstmalig zu erkennen. In den städtischen Zentren führte die Neuorganisation des Handels zu einer schnellen Zunahme an kollektiven und privaten Geschäften, etwa Restaurants, Teehäusern, Gasthöfen, Friseurläden, Photostudios, Schneiderwerkstätten und allen Arten von Reparatur- und Handwerksdiensten. Neu eröffnet wurden die Bauernmärkte, auf denen die privaten Haushalte ihre Überschussprodukte verkaufen oder andere Waren erwerben konnten.

 

Währung und Bankwesen

Die chinesische Währungseinheit ist der Yuan. Das Banksystem untersteht der vollständigen Kontrolle durch die Regierung. Die Volksbank von China ist die zentrale Finanzbehörde und gibt die Währung aus. Für internationale Kredite und Geldgeschäfte mit dem Ausland ist jedoch die Bank von China zuständig, die über 50 Filialen verfügt, einschließlich der Büros in Hongkong, Singapur und London. Daneben gibt es in China drei andere wichtige Banken: die Internationale Chinesische Vermögens- und Investmentgesellschaft, in der Fonds für Investitionen in China sowie Joint Ventures zwischen China und Übersee eingerichtet werden, die Volks-Konstruktionsbank China, die mit Fonds für Grundkonstruktionen handelt, und die Landwirtschaftsbank von China, die für Anleihen im Agrarsektor der Wirtschaft verantwortlich ist.

 

Außenhandel

Der Außenhandel unterliegt in China dem staatlichen Monopol. 1979 lockerte China bestimmte Außenhandelsbeschränkungen, um die relativ geringen Investitionen des Auslands und die Handelsaktivitäten zu beleben. Nach lange Zeit negativer Handelsbilanz halten sich nun die Einnahmen aus Exporten und die Ausgaben für Importe etwa die Waage. Die wichtigsten chinesischen Exportgüter sind Rohöl und raffiniertes Öl, Baumwollstoffe, Seide, Kleidung, Reis, Schweinefleisch, Shrimps und Tee. Zu den wesentlichen Importgütern zählen Maschinen, Stahlprodukte, andere Metalle, Kraftfahrzeuge, synthetische Stoffe, landwirtschaftliche Chemikalien, Gummi, Weizen und Schiffe. Bei den chinesischen Handelspartnern rangiert Japan an erster Stelle, gefolgt von Hongkong und den Vereinigten Staaten. China unterhält auch intensive Handelsbeziehungen zu Deutschland, Taiwan und Singapur. Die Handelsbeziehungen zu den Vereinigten Staaten waren 1993 bedroht, als die USA überlegte, die Meistbegünstigungsklausel für China nicht zu erneuern, bis die Einhaltung der Menschenrechte in China garantiert wäre. Im Mai 1994 erneuerten die Vereinigten Staaten jedoch die Meistbegünstigungsklausel für China, obwohl die chinesische Regierung zur Verbesserung der Menschenrechte nur wenig unternommen hatte.

 

Verkehrswesen

Die Eisenbahn ist das wichtigste Transportmittel in China. Etwa zwei Drittel des Passagierverkehrs und die Hälfte des Güterverkehrs werden mit der Eisenbahn bewältigt. Seit 1949 hat sich das Schienennetz der Eisenbahn verdoppelt und umfasst heute eine Länge von 76 000 Kilometern. Ausgebaut wurden die beiden wichtigsten Nord-Süd-Strecken (Kanton–Peking und Shanghai–Peking) sowie Strecken nach Nordosten in die Mongolei und nach Russland sowie in den Südosten. Die wichtigste Ost-West-Verbindung führt von Lianyungang nach Lanzhou und ist nun auch mit Ürümqi im äußersten Nordwesten verbunden. Die neuen Strecken haben die dicht bevölkerten und wirtschaftlich bedeutenden Regionen im Nordosten, im Zentrum und im Südwesten Chinas zugänglicher gemacht. Sobald die Strecke Lanzhou–Lhasa (Tibet) fertiggestellt ist, sind alle Provinzen und autonomen Regionen Chinas mit der Eisenbahn erreichbar.

Die chinesischen Straßen und Autobahnen sind seit 1949 erheblich ausgebaut worden. An das Straßennetz sind jedoch nur die Städte der Handelshäfen und das unmittelbare Hinterland angeschlossen. Das etwa 1 028 000 Kilometer lange Straßensystem ist zu 85 Prozent asphaltiert. Die Straßen verbinden Peking mit allen Hauptstädten der Provinzen und der autonomen Regionen sowie mit den wichtigsten Hafenstädten und den Knotenpunkten der Eisenbahn. Das Netz erstreckt sich auch in die ländlichen Gebiete und die meisten Orte sind auf der Straße erreichbar. Der motorisierte Individualverkehr nimmt in den Städten zu; kurze Strecken werden jedoch nach wie vor meist mit dem Fahrrad zurückgelegt. Pro Jahr produziert China zwar 500 000 Motorfahrzeuge; dies deckt den Bedarf einer zunehmend mobilen Bevölkerung jedoch nicht.

Die für die Schifffahrt zugänglichen Wasserstraßen nehmen im Landesinneren von China eine Gesamtlänge von 170 000 Kilometern ein. Die Binnenschifffahrt übernimmt ein Fünftel des Warentransports innerhalb des Landes. Das Potential für eine zunehmende Entwicklung ist hier noch groß. Der wichtigste Binnenschifffahrtsweg ist der Jangtsekiang, der viertlängste Fluss der Welt. Auf einer Länge von 18 000 Kilometern sind der Jangtsekiang und seine Nebenflüsse für Dampfschiffe befahrbar. Chongqing, Yichang und Wuhan sind die größten Häfen am Jangtsekiang. Der am meisten benutzte Binnenwasserweg ist jedoch der Kaiserkanal, der sich von Peking nach Jangtschou erstreckt. Der südliche Kanalteil ist eingebunden in ein lokales System aus Kanälen und Seen, wodurch sich die Städte Suzhou, Wuxi und Tschangtschou zu wichtigen Inlandshäfen entwickelten. In den ländlichen Teilen Chinas werden auch die Bewässerungskanäle von den Bauern als Binnenwasserwege benutzt.

Durch die wichtigsten Industriestandorte an der Küste hat die Küstenschifffahrt an Bedeutung zugenommen. Die internationale Schifffahrt spielt seit 1970 eine immer größere Rolle. Die chinesische Handelsflotte umfasst über 1 000 Frachter, die Häfen in mehr als 100 Ländern anlaufen. Die meisten dieser Schiffe wurden in China gebaut.

Der Lufttransport in China erhielt 1979 durch die Eröffnung des neuen internationalen Flughafens in Peking (1980) einen Aufschwung. Seither wurde der Flugverkehr zwischen China und einigen anderen Ländern intensiviert. Die Inlandsflüge verbinden heute mehr als 90 verschiedene Städte miteinander; die meisten davon liegen in Westchina.

 

Tourismus

Seit Anfang der siebziger Jahre wurden die strengen Reisebeschränkungen in China ein wenig gelockert. 1979 erstellte die chinesische Regierung einen Fünfjahresplan zur Entwicklung des Tourismus. Der Plan beinhaltete den Bau neuer Hotels und Restaurants im gesamten Land sowie die Ausbildung von Personal für die Betreuung der zunehmenden Anzahl von Besuchern. Inzwischen werden in China pro Jahr etwa acht Millionen Touristen gezählt.

 

Energie

Etwa 20 Prozent der jährlichen chinesischen Stromerzeugung werden von Wasserkraftwerken gedeckt. Beinahe die gesamte restliche Energie wird mit Hilfe der Kohleverbrennung erzeugt. Die wichtigsten Wasserkraftwerke des Landes liegen bei Liujia Xia am Huang He in Gansu, in Danjiangkou am Fluss Han in Hubei, in Gongu am Fluss Dadu in der Provinz Sichuan und am Xin’an Jiang in Zhejiang. Zahlreiche weitere große Kraftwerke wurden Ende der siebziger Jahre und in den achtziger Jahren errichtet, darunter ein Werk am Jangtsekiang, direkt unterhalb seiner Quellen, und eines am Fluss Huang He, wo dieser das Grasland Qinghai verlässt. Neue Kohleverbrennungsanlagen sind in der Nähe der großen Kohlefelder in Nordchina im Bau. Ein neues Kernkraftwerk ist in Shanghai errichtet worden. Das erste chinesische Kernkraftwerk wurde im September 1996 nahe Hongkong in Betrieb genommen.

 

Geschichte

Laut chinesischer Überlieferung stammt das chinesische Volk aus dem Tal des Flusses Huang He (Gelber Fluss). Die Legende rankt sich um einen Schöpfer namens P’an Ku, dessen Nachfolger verschiedene himmlische, irdische und menschliche Herrscher waren. Der archäologische Beweis hierfür ist dürftig, obwohl Überreste des Homo erectus in der Nähe von Peking gefunden wurden und diese sich bis zu 460 000 Jahre zurückdatieren ließen. Reis wird im östlichen China bereits seit 5500 v. Chr. angebaut und etwa fünf Jahrhunderte später entwickelten sich im Tal des Huang He die ersten landwirtschaftlichen Strukturen. Auch die Existenz von zwei so genannten Tonkulturen lässt sich belegen. Die Yang-Shao-Kultur datiert aus der Periode von 3950 bis 1700 v. Chr., und die Lung-Shan-Kultur wird zwischen 2000 und 1850 v. Chr. angesiedelt.

 

Die ersten Dynastien

 

Nach der Überlieferung war die Hsia (1994-1766 v. Chr.) als erste chinesische Dynastie, die sich jedoch anhand von archäologischen Funden nicht nachweisen läßt. Die erste historisch belegte Dynastie in China war die Dynastie der Shang.

 

Die Shang-Dynastie (1766-1050 v. Chr.)

Die Dynastie der Shang regierte in jenem Gebiet, in dem heute die nordchinesischen Provinzen Henan, Hubei und Shandong sowie der nördliche Teil von Anhui liegen. Die Hauptstadt des Reiches lag in der Zeit um 1384 v. Chr. bei Anyang in der Nähe der nördlichen Grenze von Henan. Die Ökonomie basierte auf der Landwirtschaft. Angebaut wurden Hirse, Weizen, Gerste und eventuell auch Reis. Gezüchtet wurden Seidenraupen, Schweine, Hunde, Schafe und Ochsen. Die gefundenen Bronzegefäße und Waffen lassen auf ein hohes Niveau bei der Metallverarbeitung und im handwerklichen Bereich schließen. Die Shang waren eine aristokratische Gesellschaft. An ihrer Spitze stand ein König, der über den militärischen Adel bestimmte. Die Territorialfürsten wurden ebenfalls von ihm berufen und mussten ihm in militärischen Angelegenheiten Unterstützung bieten. Zwischen der aristokratischen und gemeinen Gesellschaftsschicht gab es eine priesterlich-literarische Klasse, welche die Ereignisse in den Regierungsepochen aufzeichnete und für Prophezeiungen zuständig war. Die Menschen in der Shang-Dynastie huldigten dem Ahnenkult und einer Vielzahl von Göttern, dessen Oberhaupt den Namen Shang Ti, Gott der Höhe, trug.

Der Niedergang der Shang-Dynastie fällt in der traditionellen chinesischen Überlieferung eng mit dem Untergang der Hsia zusammen. Der letzte Shang-Kaiser, ein grausamer und sittenloser Tyrann, wurde vom mächtigen König Chou gestürzt, welcher in einem Land im Tal des Flusses Wei herrschte. Das Reich der Chou lag am nordwestlichen Rand des Gebiets der Shang; ihre Kultur bestand aus einer Mischung von Wesenselementen aus der Shang-Zivilisation und bestimmten kriegerischen Traditionen, die für die nichtchinesische Bevölkerung im Norden und Westen charakteristisch war.

 

Die Chou-Dynastie (1050-256 v. Chr.)

Die chinesische Zivilisation dehnte sich langsam über beinahe den gesamten Norden Chinas aus, unter der Chou-Dynastie bis in das Jangtsekiang-Tal. Die Weite der Region und die primitiven Möglichkeiten der Kommunikation über Land machten es für die Chou unmöglich, eine direkte Kontrolle über das gesamte Gebiet auszuüben. Deshalb delegierten sie die Macht an Vasallen, die innerhalb der befestigten Städte und über die umliegenden Ländereien herrschten. Die hierarchische Struktur dieser Art Feudalstaaten wurde von einem König angeführt, der durch die Erbfolge bestimmt wurde. Diesem unterstanden die ebenfalls durch Erbfolge bestimmte Klasse der Kämpfer und, als niedrigster sozialer Rang, die Bauern und Haussklaven. Mit der Zeit erlangten die einzelnen Feudalstaaten immer größere Unabhängigkeit.

Die Gesellschaft der Chou war um die landwirtschaftliche Produktion herum organisiert. Das Land wurde in quadratische Abschnitte unterteilt, die wiederum in jeweils neun kleinere Quadrate aufgeteilt wurden. Auf diese Weise entstand eine Art gleichförmiges Gitter. Die acht äußeren Quadrate wurden jeweils acht Bauernfamilien zugewiesen, die in gemeinsamer Anstrengung auch das mittlere Quadrat bewirtschafteten, um die herrschende Klasse zu unterhalten. Es ist nicht genau nachvollziehbar, bis zu welchem Ausmaß diese Art der Landeinteilung vorgenommen wurde, aber auch spätere Dynastien hielten dieses System für geeignet.

Die religiösen Praktiken entsprachen der hierarchischen Sozialstruktur. Die Chou glaubten, dass das Mandat für die Herrschaft aus dem Himmel stamme; die politische Autorität der Könige war also von ganz oben abgesegnet. Die Könige der Chou opferten dem Gott der Höhe, heute T’ien ("Himmel") genannt, und ihren Ahnen. Die Fürsten der Feudalstaaten huldigten der lokalen Natur und den Göttern der Landwirtschaft ebenso wie den Ahnen. Die einzelnen Familien brachten ihren Vorfahren Opfer. Wenn die Opfer nicht angenommen wurden, drohten Unglück und Streitigkeiten.

Die Chou im Osten

Die Chou-Könige konnten die Kontrolle über ihr Gebiet erhalten, bis im Jahr 770 v. Chr. einige der Feudalstaaten rebellierten und sich mit nichtchinesischen Kräften zusammenschlossen, um die Chou aus ihrer Hauptstadt in der Nähe der heutigen Stadt Xi’an zu vertreiben. In der Folge errichteten die Chou eine neue Hauptstadt im Osten bei Loyang. Obwohl sie hier zwar vor den Angriffen der Barbaren sicherer waren, konnten die Chou im Osten über die Feudalstaaten keine große politische oder militärische Macht mehr ausüben. Viele dieser kleinen Staaten übertrafen die Chou bald an Größe und Stärke. Als Wächter des himmlischen Mandats fuhren die Chou jedoch damit fort, die Rechte von neuen Fürsten über deren Länder zu bestätigen und blieben so dem Titel nach bis ins 3. Jahrhundert v. Chr. formale Alleinherrscher. Vom 8. bis ins 3. Jahrhundert v. Chr. traten anstelle von extremer politischer Instabilität und beinahe ununterbrochener kriegerischer Aktivität ein rapides Wirtschaftswachstum und soziale Veränderungen. In diesen Jahren trat China in die Eisenzeit. Die aus Eisen geschmiedeten Werkzeuge sorgten zusammen mit einer verbesserten Bewässerungstechnik für einen höheren Standard in der Landwirtschaft, was wiederum einen beständigen Bevölkerungszuwachs zur Folge hatte. Der Anstieg der Bevölkerung wurde begleitet von einem neuen Wohlstand und einer neuen Klasse von Händlern und Kaufleuten. Die Kommunikation ließ sich durch das Reiten auf Pferden ebenfalls verbessern.

Die ökonomische Integration ermöglichte es den Herrschern, über größere Territorien Kontrolle auszuüben. Die Länder an den äußeren Rändern der Grenzen chinesischer Kultur dehnten sich auf Kosten jener nichtchinesischen Staaten aus, die außerhalb dieser Grenzen lagen. Auf diese Weise vermischte sich die chinesische Kultur mit den weniger entwickelten Kulturen nichtchinesischer Zivilisationen. Von der nichtchinesischen Region an der Nordwestgrenze haben die Chinesen in diesen Randgebieten beispielsweise die Einheiten der Kavallerie übernommen. Für die Staaten im Kernland in der Nordchinesischen Ebene bedeutete Expansion die Aggression gegen andere Staaten mit derselben Zivilisation. Durch die Einheitlichkeit der Kultur unter den Staaten fand eine Art kultureller Stagnation statt. Im 6. Jahrhundert v. Chr. umgaben sieben machtvolle Staaten eine Reihe kleinerer, relativ schwacher Länder in der Nordchinesischen Ebene.

Mit dem Verfall der politischen Autorität der Chou-Dynastie und der Notwendigkeit starker Staaten an der Peripherie wurden die Beziehungen zwischen den Ländern zunehmend instabil. Während dem 7. und 6. Jahrhundert v. Chr. konnte durch interstaatliche Allianzen unter der Hegemonialherrschaft des stärksten Mitglieds für eine kurze Zeit Stabilität hergestellt werden. Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. erwies sich das System der Allianzen jedoch als unfruchtbar und das China der Chou-Dynastie fiel in anarchische Zustände zurück, was die innerstaatlichen Beziehungen anbelangte. Diese Ära ging auch als Zeit der Streitenden Reiche in die Geschichte ein (481-221 v. Chr.).

Das goldene Zeitalter der chinesischen Philosophie

Die intellektuelle Antwort auf die extreme Instabilität und Unsicherheit produzierte politische Formeln und Philosophien, die das Wachstum des chinesischen Staates und der Zivilisation für die nächsten zwei Jahrtausende umrissen. Der erste und wohl einflussreichste Philosoph dieser Periode war Kung Futzu oder Konfuzius, wie er im Westen genannt wird. Er war der Sohn einer kleinen Adelsfamilie aus dem Staat Lu (heute Shandong). Konfuzius repräsentierte die aufsteigende Klasse von Verwaltern und Ratgebern, die später dazu notwendig war, der herrschenden Aristokratie bei der Bewältigung komplizierter Probleme in der internen Verwaltung und den innerstaatlichen Beziehungen behilflich zu sein. Im Wesentlichen forderte Konfuzius die Restauration jener politischen und sozialen Einrichtungen, die zur Zeit der frühen Chou vorhanden waren. Er glaubte, dass die weisen Herrscher dieser Periode eine ideale Gesellschaft auf der Grundlage persönlicher Tugend entwickelt hatten. Deshalb versuchte er, eine Schicht integrer und kultivierter Herren zu etablieren, welche die verantwortungsvollen Aufgaben in der Regierung übernehmen und die Menschen durch ihr persönliches Beispiel führen würden.

Die Lehren des Taoismus, der zweiten großen philosophischen Schule während der Periode der Unruhen, sind im Tao-te-King ("Buch vom Tao und seiner Kraft") festgehalten. Als Urheber dieser Philosophie gelten die historisch im Dunkeln liegende Figur des Lao-tse und die Werke des Tschuang-tsu. Die Taoisten lehnten das vorstrukturierte System des Konfuzius ab, der die Kultivierung menschlicher Tugenden und eine soziale Ordnung propagierte. Auf der politischen Ebene rief der Taoismus zur Rückkehr zu den einfachen bäuerlichen Gemeinschaften auf, in der das Leben seinem natürlichen Lauf folgen könne. Die Regierung sollte uneingeschränkte Freiheiten gewähren und den Menschen die spontanen Reaktionen auf die Veränderbarkeit der Natur überlassen.

Eine dritte politische Schule, die in derselben Zeit ihre Blüte hatte, gewann im Lauf der Zeit immer größeren Einfluss auf die chinesische Zivilisation. Der Legalismus forderte angesichts der extremen Unordnung und Strukturlosigkeit neue und drastische Maßnahmen. Gewünscht wurde eine soziale Ordnung, die auf strikten und objektiven Gesetzen basiert und jeden Aspekt menschlicher Aktivität reglementiert. Um ein solches System zu errichten, sollte ein machtvoller und wohlhabender Staat gebildet werden, in dem der Herrscher eine unangefochtene Autorität darstellt. Die Legalisten drängten auf Verstaatlichung des Kapitals und Regierungsmonopole sowie andere wirtschaftliche Maßnahmen, mit deren Hilfe dem Staat ein Vermögen übertragen werden konnte. Die militärische Macht sollte gestärkt und die Kontrolle der Verwaltung zentralisiert werden.

 

Entstehung des Kaiserreiches

 

Während des 4. Jahrhunderts v. Chr. baute der Staat Qin, einer der neu aufgekommenen Staaten an der Peripherie im Nordwesten, ein Programm administrativer, ökonomischer und militärischer Reformen auf, das von einem anerkannten Rechtsgelehrten entwickelt wurde. Zur selben Zeit wurde auch die Macht des Chou-Regimes immer geringer, bis es schließlich 256 v. Chr. zusammenbrach. Eine Generation später hatte die Dynastie der Qin bereits die anderen konkurrierenden Staaten unterworfen.

 

Die Qin-Dynastie (221-206 v. Chr.)

221 v. Chr. ernannte sich der König der Qin, Shih Huang Ti, selbst zum ersten Kaiser der Qin-Dynastie. Der Name China stammt von dieser Dynastie.

Mit der Hilfe eines klugen Rechtsministers fasste der erste Kaiser den losen Verband der feudalähnlichen Staaten zu einem verwaltungstechnisch zentralisierten und kulturell geeinigten Reich zusammen. Die der Erbfolge unterworfene Aristokratie wurde abgeschafft und die betreffenden Territorien in Provinzen eingeteilt. Vom Kaiser bestellte Beamte regierten diese Provinzen. Die Hauptstadt der Qin, in der Nähe des heutigen Xi’an, wurde zur ersten Residenzstadt des kaiserlichen China. Ein standardisiertes System von Schriftzeichen wurde festgelegt und dessen Verwendung im gesamten Reich vorgeschrieben. Um den Binnenhandel und die wirtschaftliche Integration zu stärken, legten die Qin auch feste Gewichte, Maße, Münzen und Achsenbreiten fest. Das private Landeigentum wurde ebenso eingeführt wie allgemein gültige Gesetze und Steuern. Die Forderung nach kultureller Einheitlichkeit führte dazu, dass unter den Qin viele widerstreitende philosophische Schulen, die unter der späten Chou-Dynastie geblüht hatten, verboten wurden. Lediglich der Legalismus erhielt die offizielle Sanktion, und 213 v. Chr. wurden die Bücher aller anderen Schulen verbrannt, mit Ausnahme jener Kopien, die sich in der kaiserlichen Bibliothek der Qin befanden.

Der erste Kaiser versuchte auch, die Grenzen der chinesischen Zivilisation über diejenigen der Chou-Dynastie hinaus auszudehnen. Im Süden ließ er die Armee im Delta des Roten Flusses einmarschieren, in das Gebiet des heutigen Vietnam. Im Südwesten wurde das Kaiserreich auf die heutigen Provinzen Yunnan, Guizhou und Sichuan ausgedehnt. Im Nordwesten erstreckten sich die Eroberungen bis Lanzhou, der heutigen Provinz Gansu, und im Nordosten erkannte ein Teil des heutigen Korea die Vorherrschaft der Qin an. Das Zentrum der chinesischen Kultur blieb jedoch das Tal des Huang He. Neben der Vereinheitlichung und Expansion Chinas war die Fertigstellung der Chinesischen Mauer eine weitere Errungenschaft der Qin.

Die Feldzüge in das Ausland, der Bau der Mauer und andere öffentliche Arbeiten gingen auf Kosten der Gesundheit und des Lebens vieler Menschen. Die Last der Steuern, der Militärdienst und die verstärkten Arbeitsleistungen führten zu Ressentiments gegen die Herrschaft der Qin beim Volk des neuen Kaiserreiches. Daneben wurde die gebildete Klasse von der Regierungspolizei durch Zensur und Maßnahmen wie die Bücherverbrennung schikaniert. Der Nachfolger von Shih Huang Ti kam unter den Einfluss eines hinterlistigen Palasteunuchen. Ein Machtkampf wurde entfacht, die zentrale Verwaltung wurde gelähmt und die ungehaltene Bevölkerung rebellierte.

 

Die frühe Han-Dynastie (206 v. Chr. bis 9 n. Chr.)

Aus den Turbulenzen und kriegerischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre unter der Qin-Dynastie gelangte der Rebellenführer Liu Pang (siehe Kao Tsu) an die Spitze. Er verdrängte die übrigen Thronanwärter und ernannte sich 202 v. Chr. selbst zum Kaiser. Die Dynastie der Han, die Liu Pang gründete, zählt zu den dauerhaftesten Kaiserreichen dieser Zeit. Die Han-Dynastie baute auf der Einheit des Reiches auf, die unter den Qin hergestellt worden war, änderte jedoch jene Politik, die für den Niedergang der Qin verantwortlich war. Die erdrückenden Gesetze wurden abgeschafft, die Steuern stark herabgesetzt und eine liberalere Politik eingeführt. Mit diesen Maßnahmen sollte eine wirtschaftliche Erholung eingeleitet werden. Liu Pang garantierte einigen seiner Alliierten und Verwandten die Erbfolge für ihre Königshäuser. Doch bereits Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. waren die meisten dieser Königreiche eliminiert und beinahe das gesamte Territorium unterstand der direkten Herrschaft durch die Han.

Zu den wichtigsten geschichtlichen Beiträgen der Han-Dynastie zählt die Einführung des Konfuzianismus als offizielle Ideologie. In dem Versuch, eine alles umfassende Staatsideologie zu entwickeln, bezogen die Han jedoch auch andere philosophische Richtungen in den Konfuzianismus ein und reicherten die kargen Lehren des Konfuzius durch allerlei völkischen Aberglauben an.

Die frühe Han-Dynastie erreichte unter dem Kaiser Wu Ti ihren Höhepunkt. Dieser regierte von 141 bis 87 v. Chr. Beinahe das gesamte Territorium, das auch heute noch zu China gehört, wurde zur Zeit dieses Kaisers dem Reich einverleibt, auch wenn viele Gebiete, insbesondere im Süden des Jangtsekiang, sich damals noch nicht wirklich assimilierten. Die chinesische Autorität war in der südlichen Mandschurei und in Nordkorea etabliert. Im Westen bekämpfte die Armee der Han einen Stamm mit dem Namen Hsiung-nu, die vermutlich mit den Hunnen verwandt waren, und drangen in das Tal des Flusses Jaxartes ein (dem heutigen Syrdarja in Zentralasien). Auch der Süden der Insel Hainan kam unter die Kontrolle der Han. Im Delta des Xi Jiang, in Annam und Korea entstanden Kolonien.

Die expansive Politik des Kaisers Wu verbrauchte das finanzielle Polster, das in der liberalen Periode seiner Vorgänger erwirtschaftet worden war. Um die Staatskasse erneut zu füllen, wurde eine Restauration der Politik erforderlich. Die Steuern wurden angehoben, die Regierungsmonopole neu belebt und die Währung herabgesetzt. Die von den Bauern getragenen Lasten wurden durch das Wachstum der Bevölkerung noch zusätzlich erschwert. Während des 1. Jahrhunderts v. Chr. verschlechterten sich die Lebensbedingungen weiter. Der Thron war bereits mehrmals an Kinder vererbt worden, deren Mütter die Regierungsposten meist mit unqualifizierten Mitgliedern der eigenen Familie ausstatteten. Zersplitterung und Inkompetenz schwächten die kaiserliche Regierung. Die großen Landbesitzerfamilien in den Provinzen forderten die Steuer eintreibenden Behörden der Zentralregierung heraus und erreichten eine Art Ausnahmestatus. Nachdem die Anzahl der abgabefreien Besitzungen zunehmend gestiegen war, sanken die Einnahmen der Regierung, und die Belastung der steuerpflichtigen Bauern wuchs immer stärker an. Bauernaufstände und Banditentum kamen auf und waren Ausdruck der Unzufriedenheit im Volk.

 

Die Hsin-Dynastie (9-23 n. Chr.)

In dieser Phase der Wirren stand der ambitionierte Höfling Wang Mang einem kindlichen Kaiser zur Seite, für den er als Regent agieren musste. Er etablierte die kurze Zeit der Hsin-Dynastie. Wang Mang versuchte, die kaiserliche Regierung wieder zu beleben und erließ den Bauern einen Teil ihrer Lasten. Er wendete sich gegen die steuerfreien Besitztümer, indem er das gesamte Land verstaatlichte und unter der in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung verteilte. Die Sklaverei wurde abgeschafft. Die kaiserlichen Monopole auf Salz, Eisen und die Münzprägung wurden verstärkt, neue Monopole wurden geschaffen. Der Staat gab Festpreise vor, um die Bauern vor skrupellosen Händlern zu schützen und bot denjenigen niedrig verzinstes Kapital an, die produktive Unternehmen aufbauen wollten.

Der Widerstand der besitzenden Klasse war jedoch so groß, dass Wang Mang dazu gezwungen war, seine Landverteilung zurückzunehmen. Die Krise in der Landwirtschaft verschärfte sich und durch den Zusammenbruch eines wichtigen Wasserversorgungssystems in Nordchina, das durch die finanzschwache Regierung vernachlässigt worden war, verschlechterte sich die Situation weiter. Unter der Führung einer Gruppe mit dem Namen Rote Augenbrauen brach in Nordchina eine Rebellion aus. Dieser schlossen sich bald die landbesitzenden Familien an. Der Aufstand endete mit der Ermordung von Wang Mang und der erneuten Herrschaft der Han-Dynastie.

 

Die späte Han-Dynastie (25-220 n. Chr.)

Die administrative Schwäche und Ineffizienz lasteten von Beginn an schwer auf der späten östlichen Han-Dynastie. Wie bereits unter der frühen westlichen Han-Dynastie litt auch hier die Zentralregierung an inkompetenten Verwandten aus den mütterlichen Familien der kindlichen Kaiser. Mit Hilfe der höfischen Eunuchen gelang es den nachfolgenden Kaisern, die inkompetente Verwandtschaft loszuwerden, dafür mussten sie jedoch den Eunuchen einen gleich großen Einfluss garantieren. Auch dies führte dazu, dass die Regierung durch Zersplitterungen aufgerieben wurde. Zwischen den Jahren 168 und 170 fanden ständige Streitigkeiten zwischen den Eunuchen und jenen Bürokraten statt, die der Auffassung waren, die Eunuchen missbrauchten ihre starke Position zur Einflussnahme auf die Regierung. 184 brachen zwei große Rebellionen aus, angeführt durch religiöse taoistische Gruppen. Während zweier Jahrzehnte plünderten die Gelben Turbane, wie eine dieser Sekten hieß, Shandong und die benachbarten Gebiete. Erst 215 gelang es dem großen Han-General Ts’ao Ts’ao, die andere Gruppe namens Fünf-Scheffel-Reis-Gesellschaft in Sichuan zu befrieden.

 

Periode der Uneinigkeit

Das Kaiserreich der Han begann zu zerfallen, als die großen Landbesitzerfamilien aus der Schwäche der kaiserlichen Regierung ihre Vorteile zogen und eigene Privatarmeen aufstellten. 220 eroberte der Sohn von Ts’ao Ts’ao den Thron und errichtete die Wei-Dynastie (220-265). Die führenden Personen mit dynastischen Ambitionen wechselten jedoch schon bald in andere Landesteile über. Die Shu-Dynastie (221-263) etablierte sich im südwestlichen China und die Wu-Dynastie (222-280) im Südosten. Die drei Königreiche führten erbitterte Kriege gegeneinander. 265 eroberte der machtvolle General Ssu-ma Yen den Thron der Wei-Dynastie und errichtete die westliche Jin-Dynastie (265-317) in Nordchina. Bis 280 hatte er den Norden und Süden unter seiner Herrschaft vereinigt. Bald nach seinem Tod im Jahr 290 zerfiel das Reich jedoch abermals. Ein wichtiger Grund für diese innere Schwäche lag im großen Einfluss der reichen Landbesitzerfamilien. Diese übten ihre Macht durch das neunstufige Kontrollsystem aus, das prominenten Persönlichkeiten in allen Verwaltungsgebieten die Autorität verlieh, die Positionen in den Lokalregierungen zu besetzen. Da diese Machtverteilung lediglich durch einige wenige Persönlichkeiten vorgenommen wurde, spiegelte diese häufig eher die Wünsche der führenden Familien als eine tatsächliche Regierungskompetenz wider.

Die nichtchinesischen Stämme im Norden, die von den Han an die Grenze zurückgedrängt worden waren, benutzten diese Periode der Regierungsschwäche, um ihre Weideländer in die fruchtbare Nordchinesische Ebene auszudehnen. Die ersten Invasionen begannen 304, und bis 317 hatten die Stämme der Jin-Dynastie Nordchina abgerungen. Beinahe drei Jahrhunderte lang wurde Nordchina von einer einzigen nichtchinesischen Dynastie regiert, während der Süden von vier aufeinander folgenden chinesischen Dynastien beherrscht wurde, die alle ihren Sitz in der heutigen Stadt Nanking hatten. Die gesamte Nordchinesische Ebene konnte bis 420 von keiner nichtchinesischen Dynastie erobert werden. Dies gelang erst der nördlichen Wei-Dynastie (386-534).

In der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts betrieben die nördlichen Wei eine Politik der Sinofikation. Das landwirtschaftliche Gebiet von Nordchina wurde bürokratisch verwaltet, wie dies zuvor von den chinesischen Dynastien durchgeführt wurde. Die Stammesangehörigen verpflichtete man zu einem Militärdienst. Chinesische Kleidung und Bräuche wurden übernommen und Chinesisch zur offiziellen Sprache am Hof erklärt. Die Stammesfürsten opponierten gegen diese Anpassung an chinesische Sitten, weil ihre Macht dadurch geschmälert wurde. 534 stürzte die Dynastie. In den folgenden 50 Jahren wurde Nordchina erneut von nichtchinesischen Dynastien regiert.

 

Das neuchinesische Reich

 

Unter dem Herrscherhaus Sui wurde China in den Jahren 589 bis 618 neu vereint. Der erste Kaiser der Sui war Yang Chien, ein Militärbediensteter, der den Thron 581 von den nichtchinesischen nördlichen Chou übernahm. Während der nächsten acht Jahre eroberte er Südchina und richtete bei Changang (heute Xi’an) die neue Hauptstadt ein. Die Sui bauten das zentralisierte Verwaltungssystem der Han-Dynastie neu auf und richteten Auswahlkriterien für die Einstellung von Beamten ein. Obwohl der Konfuzianismus offizielle Religion war, wurden nun auch Taoismus und Buddhismus bei der Formulierung einer neuen Reichsideologie berücksichtigt. Der Buddhismus, in der Zeit der Han-Dynastie und der späteren Wirren von Indien nach China gelangt, blühte auf.

Die Herrschaft der Sui war kurz, aber von vielfältigen Aktivitäten gekennzeichnet. Die Chinesische Mauer wurde unter großen Menschenopfern repariert. Ein Kanalsystem, das später den Kaiserkanal bildete, wurde konstruiert, um die reiche Ernte aus dem Jangtsekiang-Delta nach Loyang und in den Norden zu verschiffen. Auch die chinesische Kontrolle über Nordvietnam und, bis zu einem gewissen Grad, über die zentralasiatischen Stämme im Norden und Westen war wieder hergestellt. Ein langer und kostspieliger Feldzug gegen das Königreich in der südlichen Mandschurei und in Nordkorea endete jedoch mit einer Niederlage. Durch den großen Prestigeverlust und die erneut verarmte Bevölkerung stürzte die Dynastie der Sui 617 durch einen von dem Rebellen Li Yuan angeführten Aufstand.

 

Die Tang-Dynastie (618-907)

Gegründet von Li Yuan, herrschte die Dynastie der Tang in einer Zeit, in der die chinesische Zivilisation erstarkte wie nie zuvor. Das System der Einstellungsprüfungen für Beamte war mittlerweile so differenziert geworden, dass es als Vorläufer der bis in die heutige Zeit reichenden Verwaltungsstrukturen gelten kann. Die Organe der kaiserlichen und lokalen Regierungen wurden neu strukturiert und so weit ausgedehnt, dass eine Zentralverwaltung mit einem ausgearbeiteten Kodex von administrativen und strafrechtlichen Gesetzen operieren konnte. Die Hauptstadt der Tang-Herrscher bei Changan war Zentrum der Kultur und der religiösen Toleranz. Viele Religionen, einschließlich des Christentums, durften praktiziert werden. Der Außenhandel mit Zentralasien und dem Westen wurde über die Karawanenstraßen abgewickelt und die Kaufleute aus dem Mittleren Osten betrieben ihren Seehandel über den Hafen von Kanton. Unter den Tang-Kaisern wurde der chinesische Einfluss auf Korea, die südliche Mandschurei und Nordvietnam ausgedehnt. Im Westen schlossen die Tang Bündnisse mit den zentralasiatischen Stämmen und kontrollierten so das Tarim-Becken und dehnten ihren Einflussbereich bis in das Gebiet des heutigen Afghanistan hinein aus.

Verwaltungssystem

Die ökonomische und militärische Stärke des Reiches der Tang basierte auf einem System gerechter Landzuweisung an die erwachsene männliche Bevölkerung. Die pro Kopf von den Landbesitzern zu entrichtenden Steuern bildeten die größte Einnahmequelle der Regierung. Der von jedem periodisch zu leistende Militärdienst war die Säule der militärischen Stärke in der Tang-Dynastie. Schwierigkeiten entstanden jedoch für die Regierung, weil sie nach wie vor bestimmten Besitzungen Steuerfreiheit gewährte und jenen große Ländereien garantierte, die die Regierung unterstützten. Als Ergebnis der Bevölkerungszunahme erhielten die kleinen Landbesitzer im 8. Jahrhundert zwar immer geringere Landanteile, die Steuern blieben aber dieselben. Bald setzte jedoch eine Landflucht ein, und die damit verbundenen geringeren Steuereinnahmen der Regierung schwächten die Streitkräfte. Die Grenzgebiete konnten nicht länger durch das Militär geschützt werden. Entlang der Grenze wurde ein System von Stützpunkten und Kommandoeinheiten errichtet und die nichtchinesischen Truppen und Befehlshaber mit der Verteidigung beauftragt.

Rebellion des An Lu-shan

Die frühen Tang-Herrscher, einschließlich der Kaiserin Wu (regierte 683-705), eine ehemalige kaiserliche Konkubine, waren im Allgemeinen fähige Herrscher. Der Kaiser Hsüan Tsung verliebte sich jedoch in die Kurtisane Yang Kuei-fei, die viel jünger war als er, und vernachlässigte seine Pflichten. Yang war es gestattet, ihre Freunde und Verwandten in wichtige Positionen zu bringen. Einer von Yangs Günstlingen war der General An Lu-Shan, der mit Yangs Bruder um die Regierungskontrolle kämpfte. Diese Streitigkeiten endeten 755 in einer Revolte. Der Friede konnte erst 763 wieder hergestellt werden und das lediglich mit den Mitteln einer Allianz, welche die Tang mit den zentralasiatischen Stämmen eingingen. Nach der Rebellion des An Lu-shan gelang es der Zentralregierung nicht mehr, die militärischen Kommandanturen an den Grenzen zu kontrollieren. Einige Kommandanturen gingen in Königreiche mit Erbfolge über und erhielten von der Zentralregierung Steuerrückzahlungen. Das System der Kommandanturen verbreitete sich auch in anderen Gebieten Chinas, und im 9. Jahrhundert war die tatsächlich der Zentralregierung unterstellte Region auf die Provinz Shaanxi beschränkt.

Zu großer kultureller Blüte kam es gegen Ende der Tang-Dynastie. Die Dichter Li Po, Tu Fu und Po Chü-i sowie der Meister der Erzählung Han Yü betraten zu einer Zeit die Bühne, als der politische Abstieg bereits begonnen hatte. Durch den Druck von Büchern wurde die kulturelle Einheit gestärkt.

Religiöse Verfolgung und Uneinigkeit

Mit dem Wiederaufleben des Konfuzianismus in der Periode der späten Tang entstand eine neue kraftvolle Ideologie, welche die Basis für das Entstehen einer dauerhaften Zivilisation in den folgenden Jahrhunderten bildete. Obwohl der Buddhismus bereits in der Blütezeit der frühen Tang seinen Zenit überschritten hatte, entwickelte eine gebildete Klasse überwiegend konfuzianischer Überzeugung in der Mitte dieser Dynastie eine Haltung, die den Buddhismus als zerstörerische Kraft in der chinesischen Gesellschaft betrachtete. 845 begann der Tang-Kaiser mit der Verfolgung der Buddhisten. Mehr als 4 600 Klöster und 40 000 Tempel und Schreine wurden zerstört und 260 000 buddhistische Mönche und Nonnen zur Rückkehr in ein weltliches Leben gezwungen. Andere religiöse Gruppen unterstellte man ebenfalls der staatlichen Kontrolle.

Das soziale und wirtschaftliche Wachstum konnte die Einheit in diesen Jahren der politischen Zersplitterung aufrecht erhalten. Handwerkliche Verbände, die Verwendung von Papiergeld und die kommerzielle Zentralisierung nahmen in der Periode der späten Tang ihren Anfang.

Die Auflösung politischer und ökonomischer Macht, welche den Zusammenbruch der Tang-Dynastie kennzeichnete, mündete in einer kurzen Phase der Uneinigkeit, auch unter dem Namen Periode der Fünf Dynastien bekannt (907-960). Dabei folgten in der Region des Huang He in Nordchina nicht nur fünf kurzlebige Dynastien aufeinander, sondern man errichtete auch zehn unabhängige Staaten – die meisten davon in Südchina. Obwohl China in dieser Zeit von der Eroberung durch ausländische Eindringlinge verschont blieb, konnte die Liao-Dynastie (907-1125) der Kitan-Mongolen ausgehend von der Mandschurei und der Mongolei ihren Einfluss über bestimmte Gebiete des nördlichen Hebei und der Provinz Shanxi ausdehnen. Peking wurde zur südlichen Hauptstadt des vereinigten Sino-Kitan-Reiches.

 

Kulturelle Reife und Fremdherrschaft

Die Periode der Fünf Dynastien endete um das Jahr 960, als der militärische Führer Chao K’uang-yin den Thron bestieg und die Sung-Dynastie (960-1279) ausrief. 978 kontrollierten die Sung den größten Teil Chinas, mit Ausnahme jener Gebiete im nördlichen Hebei und Shanxi, die von der Liao-Dynastie der kitanischen Mongolen regiert wurden. Diese Periode der Geschichte wird im Allgemeinen in zwei Phasen eingeteilt: Die nördlichen Sung hatten ihre Haupstadt in Kaifeng (960-1126), während die südlichen Sung (1127-1279) mit der Hauptstadt Kanton lediglich Südchina kontrollierten.

Die nördlichen Sung

Aus Furcht davor, die militärische Kraft an den Grenzen zu verteilen, eine Entwicklung die bereits die Dynastie der Tang geschwächt hatte, begrenzten die Sung in ihrer Frühzeit das Provinzmilitär und unterstellten die Armee der Regierung. Die zivilen Beamten dominierten in der Tat alle Regierungsressorts und alle gesellschaftlichen Bereiche. Das Auswahlsystem für den öffentlichen Dienst, das bereits von der Tang-Dynastie ausgearbeitet worden war, wurde erweitert und versorgte die Dynastie mit einem ständigen Zulauf von Talenten. Die Sung organisierten die kaiserliche Regierung neu und zentralisierten die Kontrolle in der Hauptstadt in bisher nie dagewesenem Ausmaß. Die lokale Verwaltungsstruktur wurde größtenteils wie unter den Tang-Kaisern beibehalten. Die Literatur, die Künste und die Philosophie entwickelten sich in jene Richtungen weiter, die in der Zeit der späten Tang entstanden waren. Die Erziehung florierte, die Wirtschaft expandierte und fand neue Ansatzpunkte. Die militärische Schwäche konnte jedoch nicht beendet werden.

Nach mehrmaligen Niederlagen gegen die Liao unterzeichneten die Sung 1004 einen Vertrag. Dabei traten sie diejenigen Gebiete für immer an die Liao ab, welche diese an der Nordgrenze besetzt hielten und stimmten einer jährlichen Tributzahlung zu. Nach langen Kämpfen mit den Hsi Hsia, einem Tangutenstamm an der Nordwestgrenze, erkauften sich die Sung erneut im Jahr 1044 durch Tributzahlungen einen Friedensvertrag. Mitte des 11. Jahrhunderts traten in der Sung-Dynastie erhebliche Finanzprobleme auf. Der Bevölkerungzuwachs hatte das ökonomische Wachstum eingeholt. Die Militärausgaben im Zusammenhang mit der Verteidigung der Nordgrenze nahmen den größten Teil der Jahreseinnahmen in Anspruch und auch die Kosten der wachsenden Zivilverwaltung waren nicht eben gering. Als sich die militärische und finanzielle Situation weiter verschlechterte, wurden die politischen Kräfte von den verschiedenen Reformvorschlägen und Lösungsansätzen zerrissen.

1069 ernannte ein junger Sung-Kaiser den kompetenten Wang An-shih zu seinem Chefberater. Wang beschloss verschiedene Reformen, um den Haushalt der Regierung zu erhöhen, die Ausgaben zur reduzieren und das Militär zu stärken. Da das Einkommen der Regierung unmittelbar mit dem Wohlstand der einzelnen Steuer zahlenden Bauern verknüpft war, befürwortete er eine Landreform, bei der alle gleiche Anteile erhalten sollten. Die Bauern konnten Anleihen aufnehmen, um das Anpflanzen und Ernten optimieren zu können. Daneben schaffte er den Militärdienst für die Bauern ab, führte eine je nach Vermögen abgestufte Steuerzahlung ein und legte staatliche Reserven an Grundnahrungsmitteln und Bedarfsgütern an, die im Falle von Hungersnöten wieder verkauft oder verteilt werden konnten. Einige Teile von Wangs Reformprogramm wurden zwar ausgeführt, aber aufgrund von bürokratischen Widerständen schon bald wieder aufgegeben.

Die südlichen Sung

Wegen der eigenen militärischen und finanziellen Schwächen waren die Sung 1122 dazu gezwungen, mit der Chin-Dynastie (1122-1234) eine Allianz für die nördliche Mandschurei gegen die Liao einzugehen. Nach dem Sieg über die Liao wendeten sich die Chin gegen die Sung und marschierten in Nordchina ein. 1126 eroberten sie die Hauptstadt Kaifeng. Die Sung zogen sich 1135 zurück und erklärten Kanton in der Provinz Zhejiang zu ihrer Hauptstadt.

Unter den südlichen Sung entwickelte sich Südchina rasch weiter. Der ökonomische Aufschwung und die intellektuellen Errungenschaften der Südchinesen übertrafen diejenigen ihrer nördlichen Eroberer bei weitem. Durch die ökonomische Blüte war es der Regierung möglich, auch die Verteidigung viel weiter auszubauen, als dies die nördlichen Sung konnten. Der Neokonfuzianismus, durch Chu Hsi in seine letzte, verfeinerte Form gebracht, blieb zwar das primäre auf die menschliche Existenz ausgerichtete Moralsystem, nährte sich aber auch von metaphysischen Anleihen aus dem Buddhismus, um eine ausgewogenere und dauerhaftere Philosophie des Universums präsentieren zu können. Obwohl die Bürokratie anwuchs und sich Probleme auf der Verwaltungsebene abzeichneten, waren bei den südlichen Sung keine Anzeichen eines internen Zusammenbruchs zu erkennen. Die Sung-Dynastie konnte erst durch eine deutliche militärische Überlegenheit nach jahrelangen erbitterten Kämpfen bezwungen werden.

1206 versammelten sich alle mongolischen Stämme in der Äußeren Mongolei, um die mongolische Einheit unter der Führung von Dschingis Khan zu bestätigen. Im Anschluss daran gingen die Mongolen auf verschiedene Eroberungsfeldzüge, die in der Errichtung des größten Reiches der Welt zur damaligen Zeit endeten. In China fiel zunächst die fremde Chin-Dynastie der mongolischen Armee zum Opfer. Dschingis Khan eroberte Peking, die Hauptstadt der Chin, im Jahr 1215 und dehnte sein Reich anschließend auf die restlichen Gebiete Nordchinas aus. Die endgültige Eroberung der südlichen Sung fand erst 1279 statt, nachdem Kublai Khan, ein Enkel von Dschingis, die Führung der Mongolen übernommen hatte.

Mongolische Herrschaft

Kublai verlegte die Hauptstadt der Mongolen in die Nähe von Peking. Von hier aus regierte er ein Reich, das sich von Osteuropa nach Korea erstreckte und von Nordsibirien in den Süden bis nach Nordindien. Kublai und seine Nachfolger übernahmen einen großen Teil des Verwaltungsapparats, der bereits unter den Sung existierte. Sie herrschten als chinesische Monarchen unter dem Titel der Dynastie Yüan (1279-1368) und wurden auch von den Chinesen als legitime Dynastie betrachtet. Das Reich des Kublai Khan war der Höhepunkt mongolischer Macht. Die Kommunikationsstrukturen wurden damals elementar verbessert. Die zentralasiatischen Handelsrouten, gänzlich unter mongolischer Kontrolle, waren sicherer als jemals zuvor. Der Verkehr von Westen nach Osten nahm ebenfalls ständig zu. Die Missionare und Händler kamen nach China und brachten neue Ideen, Techniken, Nahrungsmittel und Medizin ins Land. Der bekannteste fremde Reisende in China war der venezianische Kaufmann Marco Polo, dessen Aufzeichnungen den Glanz des mongolischen Reiches für den Westen lebendig wiedergeben.

In der Zwischenzeit wuchs in China die Unzufriedenheit. Die konfuzianischen Beamten weigerten sich, die von den Mongolen ausgesprochenen Verbote gegen chinesische Kaufleute durchzuführen. Inflation und drückende Steuern brachten den Bauernstand auf. In den Jahren 1330 und 1340 gab es große Ernteeinbußen und Hungersnöte in Nordchina, weil der Huang He die Region mehrmals heftig überflutet hatte. 1340 gab es in fast jeder Provinz Aufstände. In der folgenden Dekade betraten mehrere starke Rebellenführer die Bühne, und 1360 gelang es dem ehemaligen buddhistischen Mönch Zhu Yuanzhang, seine Macht auf das gesamte Jangtsekiang-Tal auszudehnen. 1371, während die mongolische Herrschaft aufgrund innerer Rivalitäten geschwächt war, marschierte Zhu nach Norden und besetzte Peking. Die Mongolen zogen sich schließlich wieder in die Mongolei zurück, und setzen ihre Angriffe gegen die Chinesen von dort aus fort.

 

Kaiserliche Stärke

 

Zwei bedeutende Dynastien bestimmten nach dem Machtverlust Zhus die chinesische Geschichte des 14. Jahrhunderts.

 

Die Ming-Dynastie (1368-1644)

Die von Zhu gegründete Ming-Dynastie machte Nanking zu ihrer Hauptstadt und belebte die charakteristische chinesische Zivilisation der Tang und Sung neu. Die chinesische Macht war in China und ganz Ostasien wieder hergestellt. Eine zivile Regierung wurde eingerichtet. Die Literatur wurde gefördert, Schulen wurden gegründet und die Verwaltung der Justiz reformiert. Die Chinesische Mauer wurde weiter ausgebaut und der Kaiserkanal verbessert. Das Reich war in 15 Provinzen eingeteilt, von denen die meisten ihre Originalnamen behielten. Jeder Provinz standen drei Kommissare voran, einer für die Finanzen, einer für das Militär und einer für die Justiz. Dem Finanzkommissar, gleichzeitig Leiter der Verwaltung, stand in den letzten Jahren der Dynastie ein Gouverneur vor.

In der frühen Ming-Zeit wurde erneut das Tributsystem eingerichtet. Nichtchinesische Staaten Ostasiens mussten die kulturelle und moralische Vorherrschaft Chinas anerkennen und in bestimmten Zeitabständen Tribute an den chinesischen Hof entrichten. Während des ersten Viertels des 15. Jahrhunderts wurden die Stämme aus der Mongolei entscheidend geschlagen und die Hauptstadt wurde erneut in den Norden nach Peking zurückverlegt. Die chinesischen Schiffsexpeditionen dehnten die Macht der Ming-Kaiser über den gesamten südostasiatischen Raum, die Staaten Indiens und sogar bis nach Madagaskar aus. In der Mitte des 15. Jahrhunderts begann die Macht der Ming jedoch nachzulassen. Die Qualität der kaiserlichen Führung verschlechterte sich, und die Hofeunuchen erhielten immer mehr Macht über den Kaiser. Dadurch entstanden neue Unzufriedenheiten und Spaltungen innerhalb der Regierung. Die kaiserlichen Schatztruhen wurden durch die Kosten der Verteidigung gegen die wiederholten Einfälle der Mongolen und die Plünderungen japanischer Piraten, die im 16. Jahrhundert an der Südostküste ihr Unwesen trieben, drastisch geleert. Ein siebenjähriger Feldzug gegen die japanischen Truppen in Korea 1590 erschöpfte die Reserven der Ming.

Während der letzten Periode der Ming-Herrschaft entstanden auf dem Seeweg die ersten Beziehungen zwischen China und der westlichen Welt. Zunächst kamen die Portugiesen 1514 nach China. Bis 1557 hatten sie bereits eine Handelsstation auf Macao eingerichtet. Nach 1570 begann der Handel zwischen China und den spanischen Siedlungen auf den Philippinen. 1619 ließen sich die Holländer in Taiwan nieder und nahmen von den nahe gelegenen Pescadores-Inseln Besitz. In der Zwischenzeit, in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, waren jesuitische Missionare aus Europa bis nach China gelangt und begannen mit der Verbreitung weltlicher Kenntnisse und des Christentums. Durch ihre Weisheiten und Lehren gewannen die Jesuiten zwar bald Respekt und nahmen ehrwürdige Positionen am Hof der Ming ein, doch in Fragen des individuellen Verdienstes und der sozialen Rangfolge blieben die neokonfuzianischen Gelehrten entscheidende Ratgeber am Hof. Die Jesuiten waren nicht in der Lage, das Christentum oder westliche wissenschaftliche Gedankengüter in China zu implementieren.

Der Niedergang der Ming wurde durch eine Rebellion eingeleitet, die in der Provinz Shaanxi ihren Ausgang nahm. Die Regierung konnte in einer Zeit der Hungersnöte und Arbeitslosigkeit keine Abhilfe in der Region schaffen. Als die Rebellen 1644 Peking erreichten, standen die besten Truppen der Ming an der Chinesischen Mauer, um das Land gegen die Invasion der Mandschu zu verteidigen. Dieser tungusische Stamm hatte kurz vorher in der Mandschurei die Macht übernommen. Der Befehlshaber der Ming entschloss sich, die Hilfe der Mandschu anzunehmen, um gegen die Rebellen in der Hauptstadt vorgehen zu können. Sobald diese Zusammenarbeit in die Tat umgesetzt war, weigerten sich die Mandschu Peking wieder zu verlassen und zwangen die Ming dazu, sich nach Südchina zurückzuziehen. Hier versuchten die Ming erfolglos, ihre alte Herrschaft wieder aufzubauen.

 

Die Mandschu- oder Ch’ing-Dynastie (1644-1912)

Unter den Mandschu erreichte das chinesische Kaiserreich seine höchste Blüte in seiner 2 000 Jahre währenden Geschichte. Kurz danach brach es jedoch zusammen, teils wegen interner Probleme, teils wegen des vom Westen ausgeübten Druckes auf das Land. Als Herrscher von China übernahmen die Mandschu die chinesische Kultur in weiten Bereichen. Ihre politische Organisation basierte auf den Strukturen aus der Ming-Zeit, wobei jedoch ein höheres Maß an Zentralisierung aufgebaut wurde. Der Zentralregierung stand eine neue Einrichtung, der so genannte Große Rat, vor. Dieser befasste sich mit den militärischen und politischen Fragen des Staates und war dem Kaiser unmittelbar rechenschaftspflichtig. Die wichtigsten Büros in der Hauptstadt waren sowohl mit einem chinesischen als auch mit einem Mandschu-Vorstand besetzt. Die traditionelle Bürokratie und die Einstellungsprüfungen für den öffentlichen Dienst gründeten nach wie vor auf den Kenntnissen und Maximen des Konfuzianismus.

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts hatten die Ch’ing alle oppositionellen Ming beseitigt und eine Rebellion niedergeschlagen, die von chinesischen Generälen angeführt worden war, die zuvor mit den Mandschu kooperiert hatten und denen halbautonome Gebiete im Süden des Landes zugesprochen worden waren. In der Mitte des 18. Jahrhunderts, während der Herrschaft des Kaisers Ch’ien Lung, erreichte die Dynastie der Mandschu ihre größte Macht. Die Mandschurei, die Mongolei, Singkiang und Tibet waren unter sicherer chinesischer Kontrolle. Selbst Nepal stand unter chinesischem Einfluss.

Die Aufrechterhaltung der Ordnung im Land, welche die Mandschu bekräftigen konnten, brachte China im 18. Jahrhundert langen Frieden und wirtschaftliche Blüte. Die Bevölkerung verdoppelte sich in dieser Periode, aber die Produktion konnte damit nicht Schritt halten. Am Ende des 18. Jahrhunderts verschlechterte sich der wirtschaftliche Stand der Bauern. Die finanziellen Reserven der Regierung waren durch die Expansionen im Ausland drastisch verringert und gegen Ende der Herrscherzeit von Ch’ien Lung hatte auch die Korruption in den öffentlichen Ämtern Fuß gefasst. Die Truppen der Mandschu waren in ganz China stationiert und belasteten die Wirtschaft ebenfalls. Da sie in langen Friedenszeiten lediglich ihren Dienst in den Kasernen ausübten, waren sie kaum in der Lage, tatsächliche Verteidigungsaufgaben zu übernehmen.

Die Handelsbeziehungen mit dem Westen wurden von den Mandschu widerwillig geduldet. Der Handel mit dem Ausland war jedoch auf den Hafen von Kanton beschränkt, und die ausländischen Kaufleute konnten den Handel nur mit einer begrenzten Anzahl chinesischer Kaufleute abwickeln, die allgemein als Cohong bekannt waren. Die aktivsten Handelsnationen zur damaligen Zeit waren Großbritannien, Frankreich und die Vereinigten Staaten, wobei Großbritannien mit Abstand die meisten Handelsgeschäfte tätigte. Anfänglich war die Handelsbilanz Chinas sehr günstig, denn Großbritannien importierte große Mengen Tee und bezahlte in Silber. Um diese Bilanz für Großbritannien günstiger zu gestalten, führten britische Kaufleute um 1780 aus Indien das Opium nach China ein. Bis 1800 hatte sich der Opiummarkt etabliert und die Handelsbilanz wendete sich zugunsten von Großbritannien. Der aufgrund des wachsenden Opiumhandels groß angelegte Abfluss von chinesischem Silber erschwerte die steuerlichen Schwierigkeiten der Ch’ing-Regierung.

Ausländischer Druck

Das 19. Jahrhundert war von einer Krise des Kaiserreiches gekennzeichnet, die vor allem aufgrund wachsenden ausländischen Druckes aus dem Westen und aus Japan entstand. Die Aufnahme von Handelsbeziehungen zwischen China und Großbritannien führte zu ersten ernsthaften Schwierigkeiten. Die Briten wollten ihre Handelskontakte über Kanton hinaus ausdehnen. Deshalb versuchten sie, mit dem chinesischen Kaiserreich ähnliche diplomatische Beziehungen aufzubauen wie mit anderen souveränen Staaten des Westens. China, mit seiner langen Geschichte der ökonomischen Selbstzufriedenheit, war an diesen neuen und zunehmenden Handelsbeziehungen nicht interessiert. Die internationalen Beziehungen, wenn es sie denn schon geben musste, sollten aus chinesischer Sicht in Form eines Tributsystems stattfinden, mit britischen Gesandten am chinesischen Hof als Tributentrichter. Die Chinesen waren zudem darauf bedacht, dem Opiumhandel Einhalt zu gebieten, der die steuerliche und moralische Grundlage des Kaiserreiches unterminierte. 1839 konfiszierten die chinesischen Offiziellen große Mengen Opium auf britischen Schiffen und vernichteten diese im Hafen von Kanton. Auf dieses Weise versetzten die Chinesen der britischen Handelsgemeinschaft in dieser Stadt einen ernsthaften Schlag. Die Briten weigerten sich, ihre Opiumimporte zu beschränken, woraufhin Ende 1839 ein offener Konflikt ausbrach.

Handelskriege und ungleiche Verträge

Der erste Opiumkrieg wurde 1842 durch die Unterzeichnung des Vertrags von Nanking (Nanjing) beendet. Die Vertragsbedingungen garantierten Großbritannien die begehrten Handelsvorzüge sowie zahlreiche andere Vorteile. China betrachtete dieses Abkommen als unerfreuliche, aber notwendige Konzession. Das Einverständnis mit den Handelsklauseln bezüglich der kommerziellen Expansion blieb weit hinter den Erwartungen der westlichen Nationen zurück. Während des zweiten Opiumkrieges (1856-1860) wurde militärischer Druck auf die Region um die Hauptstadt in Nordchina ausgeübt. Die neuen Friedensverträge, 1858 bei Tientsin abgeschlossen, bauten die westlichen Vorteile weiter aus. Als die Regierung in Peking sich weigerte, die Verträge zu ratifizieren, brachen neue Konflikte aus. Eine britisch-französische Militäreinheit drang bis nach Peking vor. Nachdem der berühmte Sommerpalast als Reaktion auf die grausame Behandlung westlicher Gefangener niedergebrannt worden war, wurden die Konventionen von Peking unterzeichnet, mit denen die bereits zuvor ausgearbeiteten Vertragsklauseln später doch noch ratifiziert wurden.

Diese Verträge, in China als ungleiche Verträge bezeichnet, bestimmten die Beziehungen Chinas zum Westen bis 1943. Sie beeinflussten die soziale und ökonomische Entwicklung in China und legten der Mandschu-Dynastie viele Steine in den Weg. Entsprechend den Bestimmungen wurden die chinesischen Häfen für den Außenhandel und die Einwohner geöffnet. Hongkong und Kowloon wurden dauerhaft an Großbritannien abgetreten. Den ausländischen Nationalitäten der Vertragsparteien wurde Exterritorialität eingeräumt, d. h. die in China lebenden Ausländer wurden von eigenen Richtern oder den Gesandtschaften nach den Gesetzen ihrer Heimatländer behandelt. Alle Verträge enthielten eine Meistbegünstigungsklausel, die besagte, dass alle von China einem der Vertragsländer gewährten Privilegien auch automatisch für die anderen Nationen, die den Vertrag unterzeichnet hatten, gelten sollten. Schließlich unterlag die chinesische Wirtschaft einem Netzwerk ausländischer Kontrollen. Die Verträge legten ferner eine Zollgebühr von maximal fünf Prozent des Warenwertes für jene Güter fest, die von China importiert wurden. Diese Provision war dazu bestimmt, die ungleiche Auferlegung von überhöhten Zöllen zu vermeiden. China konnte deshalb die Steuern für Importe nicht herabsetzen, um die heimische Industrie zu schützen und die ökonomische Modernisierung voranzutreiben.

Aufstand der Taiping

In den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurden die Grundpfeiler des Kaiserreiches durch die Taiping-Rebellion erschüttert. Dabei handelte es sich um einen Volksaufstand mit religiösem, sozialem und wirtschaftlichem Hintergrund. Der Anführer des Aufstands, Hong Xiuquan, ein erfolgloser Anwärter für den öffentlichen Dienst, hatte kurze Zeit und mit wenig Ergebnissen an einer amerikanisch-protestantischen Missionarsschule studiert. Er hielt sich selbst für den jüngeren Bruder von Jesus, von Gott dazu ausersehen, die Mandschu-Herrschaft in China zu beseitigen und eine christliche Dynastie aufzubauen. Die Rebellion brach in der Provinz Guangxi 1851 aus. Bis 1853 waren die Taiping in den Norden vorgedrungen und hatten ihre Hauptstadt in Nanking errichtet. Obwohl sie kurz vor Peking aufgehalten werden konnten, verankerten sie bis 1860 ihre Position fest im Jangtsekiang-Tal und bedrohten Shanghai.

Die Mandschu-Dynastie, konfrontiert mit der Realität der Beziehungen zu den mächtigen westlichen Nationen und mit internen Aufständen von unvorhersehbaren Ausmaßen, musste ihre Politik ändern, wenn das Kaiserreich überleben sollte. Von 1860 bis 1895 wurden Versuche unternommen, die erprobte konfuzianische Regierungsform wieder herzustellen, um die internen sozialen und wirtschaftlichen Probleme zu lösen sowie westliche Technologien zu übernehmen, damit die staatliche Macht erneuert werden konnte. Die Mandschu, selbst unfähig die Vorreiterrolle für solche Programme zu übernehmen, überließen den chinesischen Führern in den Provinzen diese Aufgabe. Mit diesen unerwarteten Machtinstrumentarien für finanzielle, administrative und militärische Autorität ausgestattet, konnten einige der chinesischen Regierungsbeamten ihre Programme mit beachtlichem Erfolg durchführen. Während der sechziger und siebziger Jahre konnten die Rebellion der Taiping und einige andere Aufstände niedergeschlagen werden. In den Häfen wurden Lagerhallen und Docks, auf dem Land Bergwerke errichtet. Die Ziele zur Erhaltung der konfuzianischen Regierung und zur Entwicklung militärischer Stärke waren jedoch nicht miteinander vereinbar. Das Entwicklungsprogramm wurde dem einzigen zentralen Gremium in China anvertraut, das von den neokonfuzianischen Bürokraten mit Hilfe des Einstellungssystems für den öffentlichen Dienst ausgewählt wurde. Diese Männer waren mit kargen Mitteln ausgestattet bzw. konnten das Modernisierungsprogramm nur an jenen Punkten durchsetzen, an denen es dem Erhalt und der Vermehrung staatlicher Macht gedient hätte. In der Konsequenz erwiesen sich die Anstrengungen Chinas zur Selbstkräftigung aus den Jahren 1860 bis 1895 als wenig erfolgreich.

Ausländische Einflusssphären

Zunächst versuchten die westlichen Mächte ihre Ziele mit Hilfe der bereits abgeschlossenen, übervorteilenden Verträge zu erreichen und suchten keine neuen Privilegien. 1875 begannen die westlichen Nationen und Japan jedoch damit, das chinesische Tributsystem im südostasiatischen Raum aufzuweichen. Nach 1875 waren die Ryukyus unter japanische Kontrolle gebracht worden. Der Chinesisch-Französische Krieg in den Jahren 1884 und 1885 brachte Vietnam unter französische Kolonialherrschaft, und im darauf folgenden Jahr besetzten die Briten Birma. 1860 erhielt Russland die am Meer gelegenen Provinzen der nördlichen Mandschurei und die Gebiete nördlich des Amur. 1894 endeten die japanischen Bemühungen, den Chinesen Korea abzunehmen, im Chinesisch-Japanischen Krieg. China erlitt die entscheidende Niederlage 1895 durch die Japaner und war dazu gezwungen, die Unabhängigkeit Koreas anzuerkennen, enorme Reparationszahlungen für den Krieg an Japan zu leisten und die Insel Taiwan und die Liaodong-Halbinsel in der südlichen Mandschurei an Japan abzutreten.

Russland, Frankreich und Deutschland reagierten auf die Überlassung der Liaodong-Halbinsel sofort, weil sie erkannten, dass Japan damit der Zugriff auf eine der reichsten Regionen Chinas gewährt worden war. Die drei Mächte intervenierten und forderten, dass Japan Liaodong zurückzugeben habe und zum Ausgleich einen höheren Schadensersatz erhalten solle. Sobald dies durchgeführt war, wurde China bereits mit neuen Forderungen von den drei europäischen Mächten konfrontiert. Bis 1898 hatte China nicht die Kraft, ausländischen Forderungen zu widerstehen und war den ökonomischen Einflüssen dieser Länder ausgesetzt. Russland erhielt das Recht, die Transsibirische Eisenbahn zu bauen, sowie die über die Mandschurei nach Wladiwostok führende Chinesische Osteisenbahn und die Südmandschurische Eisenbahn mit dem südlichsten Ende auf der Liaodong-Halbinsel. Daneben erhielt Russland zusätzliche wirtschaftliche Rechte in der gesamten Mandschurei. Deutschland wurde die Provinz Shandong überlassen, an Frankreich trat China die südlichen Grenzprovinzen ab, an Großbritannien die am Ufer des Jangtsekiang gelegenen Provinzen und an Japan die südöstlichen Küstenprovinzen. Als Ergebnis des Russisch-Japanischen Krieges 1904/05 ging der größte Teil der Rechte an der Südmandschurischen Eisenbahn an Japan über. Die Vereinigten Staaten begannen in den Jahren 1899/1900 mit einer Politik der offenen Tür und versuchten, ihre Rechte in China ohne Gebietsansprüche aufrechtzuerhalten. Diese Politik, die mit Zustimmung der anderen Nationen durchgeführt wurde, verlangte, dass die einheitliche Position der Nationen mit der Meistbegünstigungsklausel davon nicht berührt würde. Die Vereinigten Staaten wollten China auch territoriale und administrative Integrität garantieren, verhielten sich aber bei der militärischen Verteidigung dieser Garantien bis in das Jahr 1941 passiv.

Reformbewegungen und Boxeraufstand

Bis 1898 war es einer Gruppe von Reformern gelungen, den jungen und aufgeschlossenen Kaiser Kuang Hsü für sich zu gewinnen. Im Sommer diesen Jahres entwickelte diese Gruppe aufgrund der kritischen Lage und wegen der zunehmenden neuen Einflusssphären ein Reformprogramm, mit dessen Hilfe China in eine konstitutionelle Monarchie verwandelt werden sollte. Auch die Modernisierung der Wirtschaft und des Erziehungssystems war Ziel dieser Reform. Das Programm zerbrach an der fest verwurzelten Macht der Mandschu-Beamten und der Kaiserinwitwe Tz’u Hsi, die bereits zurückgetreten war. Tz’u Hsi und die Mandschu-Funktionäre ergriffen erneut die Macht und schlugen die Reformbewegung mit Hilfe loyaler Militärführer nieder. Eine heftige reaktionäre Welle durchzog das Land und erreichte 1900 ihren Höhepunkt mit dem fanatischen und ausländerfeindlichen Aufstand der geheimen Bruderschaft der Boxer. Diese genossen die Unterstützung der Kaiserinwitwe und der Mandschu-Beamten. Nachdem die westlichen Mächte interveniert und dem Boxeraufstand in Peking ein militärisches Ende gesetzt hatten, erkannte die Mandschu-Regierung die Sinnlosigkeit ihrer reaktionären Politik. 1902 übernahm sie das eigene Reformprogramm und plante die Einsetzung einer beschränkten konstitutionellen Regierung auf der Grundlage des japanischen Modells. 1905 wurden die althergebrachten Prüfungen für den öffentlichen Dienst abgeschafft.

Die Stunde der Mandschu-Dynastie hatte geschlagen. Kurz nach dem Chinesisch-Japanischen Krieg rief der im Westen aufgewachsene Sun Jat-sen eine revolutionäre Bewegung ins Leben, welche die Errichtung einer republikanischen Regierung zum Ziel hatte. Während der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts bildeten die Revolutionäre eine Koalition aus den im Ausland lebenden chinesischen Studenten und Kaufleuten und den einheimischen, mit der Mandschu-Regierung unzufriedenen Gruppen. 1911 erhoben sich die Aufständischen gegen die Verstaatlichung der Ching-Eisenbahn und im Oktober diesen Jahres brach die Rebellion in Hankou (Zentralchina) aus. Als die Unruhen auch in anderen Provinzen aufkamen, übernahm die revolutionäre Gesellschaft unter dem Vorsitz von Sun die Kontrolle. Die Mandschu-Armee, unter General Yuan Shikai neu organisiert, war den Kräften der Rebellen weit überlegen, aber Yuan schöpfte seine militärische Macht nicht voll aus und verhandelte mit den Revolutionsführern um eine Position als Präsident in der neuen republikanischen Regierung. Am 12. Februar 1912 trat Sun Jat-sen von seinem Amt als provisorischer Präsident zugunsten von Yuan zurück und die Mandschu gerieten allmählich in Vergessenheit. Am 14. Februar 1912 wählte eine revolutionäre Versammlung in Nanking Yuan zum ersten Präsidenten der Republik China.

 

Die Republik China

 

Die chinesische Republik bestand zwischen 1912 und 1949. Obwohl 1912 eine Verfassung angenommen wurde und ein Parlament zusammentrat, gestattete Yuan Shikai diesen Institutionen nie, seine persönliche Kontrolle über die Regierung zu beschränken. Als die neugebildete Nationalpartei, auch Kuomintang genannt, unter dem Vorsitz von Sun Jat-sen versuchte, die Kompetenzen von Yuan durch parlamentarische Taktiken und 1913 durch eine erfolglose Revolution zu begrenzen, antwortete Yuan mit der Entlassung des Parlaments und dem Verbot der Kuomintang. Er führte die Regierungsgeschäfte mit Hilfe seiner persönlichen Verbindungen zu den militärischen Führern in den Provinzen. Sun Jat-sen floh nach Japan. Yuan war jedoch durch einen Volksaufstand dazu gezwungen, seine Pläne für die Wiederherstellung des Reiches aufzugeben und ernannte sich selbst zum Kaiser. Er starb im Jahr 1916 und die politische Macht ging für mehr als ein Jahrzehnt in die Hände der Provinzgeneräle über. Die Zentralregierung konnte ihre unsichere, teilweise fast fiktive Existenz bis in das Jahr 1927 aufrechterhalten.

Während des 1. Weltkrieges (1914-1918) versuchte Japan, eine unanfechtbar überlegene Position in China zu gewinnen. 1915 konfrontierte Japan China mit dem so genannten 21-Punkte-Katalog, mit dem China zu einem japanischen Protektorat degradiert werden sollte. China stimmte einer abgeschwächten Form dieses Forderungskatalogs zu und erklärte sich u. a. damit einverstanden, die deutschen Sonderrechte in Shandong an Japan zu übergeben. Der verspätete Eintritt Chinas in den 1. Weltkrieg auf Seiten der Alliierten 1917 diente dazu, China einen Platz am Tisch der Friedensrunde zu verschaffen und damit Einblick in die japanischen Absichten zu gewinnen. China erwartete, dass die Vereinigten Staaten, entsprechend der Politik der offenen Tür, ihre Unterstützung anbieten würden. In Versailles zog der Präsident Woodrow Wilson die Unterstützung der Vereinigten Staaten für China in der Shandong-Frage jedoch zurück, falls sich Japan dazu bereit erkläre, seine Forderung nach Gleichstellung aller Bewohner in den Nationen der Entente zurückzuziehen. Diese Klausel stieß in den Vereinigten Staaten auf heftigen Widerstand, da sie einen unbegrenzten Zustrom von Arbeitskräften aus dem Orient bedeutet hätte. Die indignierte chinesische Delegation weigerte sich, den Vertrag von Versailles zu unterzeichnen. Später erhielt China auf der Basis eines separaten Vertrags mit Österreich doch noch die Erlaubnis, der Entente beizutreten.

Die chinesische Jugend und die Intellektuellen, die sich im vorherigen Jahrzehnt in zunehmendem Maß am Westen orientiert hatten, waren von diesem Verrat Wilsons in Versailles tief erschüttert. Als die Nachrichten China erreichten, fand 1919 eine antijapanische Massendemonstration statt, die den Anfang der Bewegung Vierter Mai markierte. Sie ging von der Universität Peking aus und durchzog das ganze Land.

 

Die Kuomintang und der Aufstieg der kommunistischen Partei

Es folgte eine Periode der Überprüfung und Neubeurteilung, aus der zwei deutliche Ziele hervorgingen: China sollte vom Imperialismus befreit und die nationale Einheit wieder hergestellt werden. Desillusioniert vom zynischen Eigeninteresse der westlichen imperialistischen Mächte, stieg das Interesse in China für die Sowjetunion und das marxistisch-leninistische Gedankengut mehr und mehr an. Die chinesische kommunistische Partei organisierte sich 1921 in Shanghai. Unter ihren Gründungsmitgliedern befand sich auch Mao Tse-tung. 1923 stimmte Sun Jat-sen dem sowjetischen Vorschlag zu, die zersplitterte Kuomintang und deren schwache militärische Kräfte neu zu organisieren. Zur selben Zeit gestattete er den Kommunisten, Mitglieder in der Kuomintang zu werden. Suns Grundideologie, die drei Prinzipien Nationalismus, Demokratie und Sozialismus, wurden durch den Geist des Antiimperialismus und der nationalen Einheit ersetzt. Trotz Suns Tod 1925 veranlasste die neu aufgebaute Kuomintang unter der Führung des Generals Chiang Kai-shek, von seinem Stützpunkt in Kanton aus, 1926 eine Militärexpedition. Chiang wollte China unter der Herrschaft der Kuomintang vereinen und die imperialistischen Länder aus China vertreiben. Ehe die Kuomintang die formelle Einheit von China Anfang 1928 erreichte, führte Chiang jedoch vehemente Aktionen gegen die Mitglieder der kommunistischen Partei durch. Ab diesem Zeitpunkt stützte er sich auf die Klasse der Besitzenden und auf die ausländischen Vertragsmächte.

Chiangs Probleme

Die neue Nationalregierung, welche die Kuomintang 1928 in Nanking errichtet hatte, stand im Wesentlichen drei großen Problemen gegenüber. Erstens hatte Chiang nur fünf Provinzen unter seine Kontrolle bringen können. Der Rest des Landes wurde nach wie vor von den Provinzgenerälen regiert. Zweitens war er seit 1930 mit einer internen kommunistischen Rebellion konfrontiert. Die chinesischen Kommunisten hatten sich, nachdem sie von der Kuomintang 1927 verboten worden waren, in zwei Gruppen gespalten und waren in den Untergrund gegangen. Eine Fraktion versuchte, in den Städten Aufstände zu initiieren, die andere übernahm unter der Führung von Mao Tse-tung die politische Arbeit auf dem Land. Dort stellte sie eine Bauernarmee auf und richtete verschiedene Räteregierungen ein. Die erste Fraktion schloss sich später Mao in Zentralchina wieder an. Das dritte Problem Chiangs neuer Regierung waren die japanischen Aggressionen in der Mandschurei und in Nordchina.

Während der zwanziger Jahre hatte Japan seine Politik gegenüber China gemäßigt. Bei der Seekonferenz von Washington 1922 stimmte Japan der Rückgabe der ehemaligen deutschen Sonderrechte in Shandong an China zu. Nach 1928 kollidierte der militante Kuomintang-Nationalismus mit den japanischen imperialistischen Interessen über die Kontrolle der Südmandschurischen Eisenbahn. Am 18. September 1931 benutzten die Japaner einen angeblichen Bombenanschlag der Nationalisten als Vorwand dafür, ihre militärische Kontrolle über die gesamte Mandschurei auszudehnen. Im darauf folgenden Frühjahr fassten die Japaner die drei Provinzen der Mandschurei in dem neuen Staat Mandschukuo zusammen und ernannten später Henry Puyi, den letzten Herrscher der Mandschu-Dynastie zum Kaiser Xuantong und Oberhaupt dieses Staates. Anfang 1933 wurde auch der östliche Teil der Inneren Mongolei in Mandschukuo eingebunden. Bis Mitte 1933 hatte Japan von China die Zustimmung für die Entmilitarisierung des nordöstlichen Hebei erhalten.

Der Xi’an-Zwischenfall

Zur Bewältigung dieser Probleme verhandelte Chiang Kai-shek mit den Provinzgenerälen und zeitweise auch mit den Japanern. Er räumte der Unterdrückung der kommunistischen Rebellen höchste Priorität ein. Ende 1934 gelang es ihm, die Rote Armee aus ihrer Basis in Zentralchina zu vertreiben, aber die Kommunisten kämpften sich ihren Weg durch China nach Westen frei und gingen auf den so genannten Langen Marsch nach Norden, der bei Yanan in der Provinz Shaanxi endete. 1936 hatten sie eine neue Basis im Nordwesten errichtet. Als die japanische Aggression zunahm, wuchs die Bereitschaft in der chinesischen Bevölkerung, die internen Kämpfe aufzugeben und sich gegen Japan zu vereinigen. Chiang widersetzte sich jedoch bis Ende 1936, als er von einem seiner eigenen Generäle gefangen genommen wurde. Während dieser Gefangenschaft bei Xi’an besuchten ihn die kommunistischen Führer und drangen auf eine gemeinsame Politik gegenüber Japan. Nach seiner Freilassung mäßigte er seine antikommunistische Position. 1937 formierte sich eine Einheitsfront aus Kuomintang und Kommunisten gegen die Japaner.

 

2. Weltkrieg

1937 brach zwischen Japan und China nach einem militärischen Konflikt an der Marco-Polo-Brücke in Peking der Krieg aus. Bis 1938 hatte Japan die Kontrolle über die größten Teile des nordöstlichen China, über das Jangtsekiang-Tal bis nach Hankou und über die Region um Kanton an der Südostküste gewonnen. Die Kuomintang verlegte ihre Hauptstadt und beinahe ihre gesamten militärischen Kräfte in das Landesinnere nach Chongquing in der südwestlichen Provinz Sichuan.

Während des 2. Weltkrieges (1939-1945) erlitt die Kuomintang-Regierung in Chongquing eine ernste militärische und finanzielle Schwächung, während die Kommunisten, mit dem Hauptquartier in Yanan, ihre territorialen Stellungen, ihre militärische Stärke und die Zahl der Parteimitglieder beträchtlich ausbauen konnten. Nach schweren Verlusten an Menschen und Ausrüstung während der Kämpfe um Ostchina in den Jahren 1937 und 1938 wurden die Reihen der Kuomintang-Armee durch unausgebildete Rekruten erneuert. Die neue Ausrüstung dieser Armeen musste größtenteils bis 1945 hinausgeschoben werden, als die ersten großen Lieferungen des US-Militärs die Nationalregierung erreichte. Nicht nur die militärischen Streitkräfte der Regierung der Kuomintang wurden nach 1938 drastisch geschwächt, sondern auch die Führung war durch Zersplitterungen aufgerieben. Diese Probleme wurden durch die 1939 beginnende Inflation noch verstärkt. Zu diesem Zeitpunkt war die Regierung von ihren Haupteinnahmequellen im japanisch besetzten Ostchina abgeschnitten und erhöhte deshalb die Ausgabe der Banknoten, um die steigenden Kriegskosten finanzieren zu können. Trotz der Finanzhilfe durch die USA nahm der inflationäre Trend zu. Als Konsequenz davon stieg auch die Korruption im öffentlichen Dienst, die Moral in den bewaffneten Streitkräften verfiel und die Entfremdung von der Zivilbevölkerung schritt weiter fort.

Auf der anderen Seite schwärmten die Kommunisten von Yanan aus, besetzten einen großen Teil Nordchinas und infiltrierten die ländlichen Regionen hinter den japanischen Linien. Dort organisierten sie die Bauernschaft gekonnt für den eigenen Nachschub und bauten die Reihen der kommunistischen Partei und der Roten Armee aus. Einigkeit und organisatorische Disziplin wurden durch kraftvolle Propagandaaktionen und Reformen des Gedankengutes aufrechterhalten. Große Waffenlager und Munition gingen durch die Gefangennahme von Japanern in die Hände der Kommunisten über, als die sowjetischen Streitkräfte die Mandschurei besetzt hatten und die UdSSR Japan am 8. August 1945 den Krieg erklärte. Die Kommunisten gingen aus dem 2. Weltkrieg gestärkter, disziplinierter und besser ausgerüstet hervor.

 

Der Kampf um die Vorherrschaft zwischen Kuomintang und Kommunisten

1945, kurz nach der Kapitulation Japans, brachen die Kämpfe zwischen den Kommunisten und der Kuomintang erneut aus. Truppen der Kuomintang versuchten, die Mandschurei wieder zu besetzen. Im Jahr 1946 konnte durch die Vermittlung von US-General George C. Marshall ein vorübergehender Waffenstillstand erzielt werden. Obwohl die Kämpfe schon bald wieder entbrannten, setzte Marshall seine Bemühungen fort, beide Seiten an einen Tisch zu bringen. Im August 1946 versuchten die Vereinigten Staaten Marshalls Position als parteiloser Vermittler zu stärken, indem sie ihre militärische Hilfe für die Nationalregierung einstellten. Dennoch dauerten die Feindseligkeiten an, und im Januar 1947 verließ Marshall China, weil er zu der Überzeugung gelangt war, dass alle weiteren Vermittlungsversuche vergeblich seien. Der Konflikt eskalierte schnell, und ein Bürgerkrieg brach aus. Alle Hoffnungen auf politische Annäherung zerbrachen. Im Mai 1947 begannen die Vereinigten Staaten wieder mit der Unterstützung der Nationalisten. Aber die Kräfte der Regierung waren durch die beinahe zwei Jahrzehnte andauernden kriegerischen Auseinandersetzungen erschöpft. Die Wirtschaft war von der fortschreitenden Inflation gelähmt. 1948 ging die militärische Initiative an die Kommunisten über, und im Sommer 1949 brach der nationalistische Widerstand zusammen. Die Regierung zog sich mit den übrig gebliebenen Streitkräften auf die Insel Taiwan zurück.

Im September 1949 beriefen die Kommunisten die Politische Beratungskonferenz des Chinesischen Volkes ein, woraus sich unmittelbar eine Art Verfassungsorgan aus 662 Mitgliedern bildete. Hier wurden wichtige Führungsprinzipien erarbeitet und eine Gesetzgebung für die Regierung des Landes entwickelt. Die Konferenz wählte die Zentrale Volksregierung, die als oberste politische Instanz des Staates dienen sollte. Mao Tse-tung, der zum Vorsitzenden dieses Organs gewählt wurde, war damit faktischer Staatschef von China. In Abstimmung mit den Delegierten der Konferenz richtete die Zentrale Volksregierung verschiedene Institutionen für die zentrale und lokale Regierung ein. Auf nationaler Ebene übte der Politische Volksrat unter Führung von Zhou Enlai sowohl legislative als auch exekutive Funktion aus. Dem Volksrat waren mehr als 30 Ministerien und Kommissionen unterstellt, die mit den einzelnen Staatsangelegenheiten betraut waren. Das neue Regime, die Volksrepublik China, wurde offiziell am 1. Oktober 1949 ausgerufen.

 

Die Volksrepublik

 

Im Jahr 1953, nachdem die Kommunisten die Kontrolle über die meisten Ortschaften gewonnen hatten, organisierte der Zentrale Volksrat die Wahl des Volkskongresses auf lokaler Ebene. Diese wiederum wählten die Kongresse auf der nächsthöheren administrativen Ebene. Die Hierarchie der gewählten Kongresse wurde im Jahr 1954 durch die Wahl zum Nationalen Volkskongress abgeschlossen. Dieser billigte den vom Zentralkomitee und der kommunistischen Partei ausgearbeiteten Verfassungsentwurf.

Die Verfassung von 1954 ersetzte das Gemeinsame Programm aus dem Jahr 1949 und diente nun als gesetzliche Basis für das Land. Sie bestätigte die Hegemonie der Kommunistischen Partei Chinas und führte bestimmte strukturelle Änderungen ein, um die Regierungskontrolle zu zentralisieren. Diese erste Verfassung wurde später durch andere ersetzt.

 

Umbau der Gesellschaft

Die grundlegende Politik der kommunistischen Regierung bestand darin, China in eine sozialistische Gesellschaft zu verwandeln. Zu diesem Zweck wurde die marxistisch-leninistische Erziehung und Propaganda intensiv genutzt. Die Jugend sollte anstelle der Familie direkt der Führung und Erziehung durch die Partei anvertraut werden. Den Frauen wurde durch neue Gesetze Gleichstellung garantiert, das Konkubinat, die Polygamie und der Verkauf von Kindern wurden abgeschafft. Die Religion wurde streng kontrolliert; ausländische Missionare mussten das Land verlassen und der chinesische Klerus, zur Zusammenarbeit mit den Kommunisten gezwungen, wurde über den christlichen Kirchen eingestuft. Die Intellektuellen band man in ein spezielles Programm zur Gedankenreform ein, welches insbesondere dazu dienen sollte, alle antikommunistischen Ideen auszurotten.

In den ersten Jahren der kommunistischen Republik griff die Regierung zur Eliminierung aller oppositionellen und feindlichen Kräfte auf gewalttätige Maßnahmen zurück. 1951 bekannten die Behörden in Peking, dass zwischen Oktober 1949 und Oktober 1950 mehr als eine Million so genannte Konterrevolutionäre hingerichtet wurden. Einige auswärtige Stellen schätzen die Zahlen bis Ende 1951 sogar auf beinahe zwei Millionen.

Wirtschaftspolitik

Die wichtigste Aufgabe der Kommunisten bestand darin, die Wirtschaft des Landes neu aufzubauen. Diese war seit Jahrzehnten interner Konflikte sträflich vernachlässigt worden. Sofort wurden strenge Maßnahmen erlassen, um die Inflation zu bremsen, die Kommunikationsmedien neu einzurichten und die Ordnung im Land wieder herzustellen, die für eine ökonomische Entwicklung unabdingbar war. Die wesentlichen wirtschaftspolitischen Schritte beinhalteten eine langsame Organisation der Bauern in den landwirtschaftlichen Kollektiven, um die Effizienz zu steigern und jene Ersparnisse anzulegen, die für den Aufbau der Schwerindustrie notwendig waren. Die Privatindustrie wurde allmählich in staatlich-privates Eigentum verwandelt und unter staatliche Kontrolle gebracht. Dies geschah durch verschiedene Programme zur Verstaatlichung aufgrund von Kontrollinteressen, durch Reformen sowie durch die Einschüchterung einiger Privateigentümer und durch Zahlung fester Kompensationen für diejenigen, auf deren Sachverstand der Staat nicht verzichten wollte. Die Landreform wurde 1950 eingeleitet; es folgte die Bildung von Teams zur gegenseitigen Unterstützung von Kooperativen und Kollektivfarmen. Der erste Fünfjahresplan, 1953 eingeleitet und mit sowjetischer Hilfe durchgeführt, hatte den Schwerpunkt auf der Schwerindustrie und nicht auf der Produktion von Konsumgütern. Die sowjetische Hilfe und die technische Unterstützung hatten einen entscheidenden Anteil am raschen Erfolg des Programms.

Außenpolitik

Die chinesische Außenpolitik spiegelte die Einheit der kommunistischen Bewegung in den fünfziger Jahren wider. China und die Sowjetunion unterzeichneten 1950 einen Freundschaftsvertrag und ergänzende Vereinbarungen in den Jahren 1952 und 1954. Darin machte die Sowjetunion wichtige Zugeständnisse an China und trat die sowjetischen Privilegien in der Mandschurei ab. China nahm auch enge Beziehungen zu den kleineren kommunistischen Nachbarn auf. Während des Koreakrieges halfen chinesische Truppen dem Regime in Nordkorea gegen die UN-Streitkräfte. Nachdem 1953 ein Waffenstillstand geschlossen worden war, unterstützten die Chinesen durch Militärhilfe die Vietnamesen gegen die eindringenden Franzosen. Zhou Enlai spielte bei den Verhandlungen zum Genfer Friedensabkommen von 1954 eine entscheidende Rolle bei der Beendigung der Feindseligkeiten.

Nach der Machtübernahme hatte das kommunistische Regime auch versucht, jene Gebiete wieder zu gewinnen, die innerhalb der historischen Grenzen Chinas lagen. 1950 marschierten chinesische Truppen in Tibet ein und zwangen die Tibeter zur Anerkennung der chinesischen Herrschaft. Im August 1954 erklärte Zhou Enlai offiziell, dass die Befreiung Taiwans eines der obersten Ziele der Volksrepublik sei. Auch Chiang Kai-shek konnte den Status quo nicht akzeptieren; er bestätigte von Zeit zu Zeit seine Absicht, das Festland zu erobern. Die Kommunisten begannen Anfang September mit einem Artillerieangriff auf die von den Nationalisten besetzte Insel Quemoy. Später griffen sie auch andere Inseln vor der Küste des Festlandes von China an, darunter Matsu und Tachens. Die Nationalisten attackierten das Festland aus der Luft und mit Hilfe ihrer Flotte. Als die Kommunisten 1955 ihre Offensive gegen die Inseln verstärkten, evakuierten die Nationalisten Tachens mit Hilfe der Siebten Flotte der Vereinigten Staaten. Seit 1958 herrscht in der von beiden Seiten beobachteten Meerenge eine Feuerpause, obwohl das kommunistische Regime nie einen Gewaltverzicht zur Einnahme Taiwans erklärt hat.

Der große Sprung nach vorn

Die Vorsicht und die Planung aus dem ersten Fünfjahresplan wurde im zweiten bereits weitgehend aufgegeben. Dieser begann 1958. Hier wurden strenge Kontrollen für die Wirtschaft auferlegt, um die landwirtschaftliche Produktion zu steigern, der Verbrauch wurde eingeschränkt und die Industrialisierung sollte massiv vorangetrieben werden. Das Motto dieser wirtschaftlichen Offensive war Der Große Sprung nach vorn. Vor allem wegen der vagen Direktiven und der ungenauen Planung konnte das Programm keine Erfolge aufweisen. Die Organisation der Wirtschaft verschlechterte sich weiter und die industrielle Produktion ging zwischen 1959 und 1962 um 50 Prozent zurück.

 

Zunehmende Isolation

1960 begann sich die Lage zu verschlechtern, nachdem die Sowjetunion ihre ökonomische Unterstützung und technische Hilfe zurückgezogen hatte. Während sich die Sowjetunion um eine friedliche Koexistenz mit dem Westen bemühte, entwickelten sich zwischen den beiden kommunistischen Mächten ideologische Spannungen. Das Bündnis zwischen China und der UdSSR zerbrach. 1962 verdammte China offiziell die Politik der UdSSR, weil diese ihre Raketenbasen auf Druck der Vereinigten Staaten zurückgezogen hatten. China bestand darauf, dass Aggression und Revolution die einzigen Mittel seien, um das kommunistische Ziel der Vernichtung des Kapitalismus zu erreichen. Die Chinesen beschuldigten vor allem den sowjetischen Führer Nikita S. Chruschtschow des modernen Revisionismus und des Betrugs an den marxistisch-leninistischen Idealen. Wegen dieser Anschuldigungen beteiligte sich die UdSSR nicht länger finanziell an der ökonomischen Entwicklung Chinas. Die Chinesen begannen einen offenen Wettstreit mit der Sowjetunion um die Führung im kommunistischen Block und um den Einfluss unter den neutralen Nationen. Zhou Enlai bereiste 1963 Asien und Afrika, um Unterstützung für die chinesische Sicht zu gewinnen.

Die diplomatischen Bemühungen um Freundschaft zu anderen Ländern wurden jedoch durch die chinesische Unnachgiebigkeit und subversive Taktiken torpediert. 1959 drangen chinesische Truppen nach Indien vor und besetzten dort ein etwa 31 000 Quadratkilometer großes Gebiet. Die Verhandlungen zwischen beiden Ländern erwiesen sich als unfruchtbar und 1962 brachen erneut heftige Kämpfe aus, als die Chinesen abermals die von Indien beanspruchten Grenzen überschritten. Obwohl China seine Truppen später bis zu den Positionen von 1959 zurückzog, erlitt es durch diese aggressive Politik unter den neutralen Ländern Asiens und Afrikas einen schweren Prestigeverlust. In Südostasien unterstützten die chinesischen Kommunisten die kommunistisch angeführten Revolutionsbewegungen in Laos und Vietnam sowohl moralisch als auch mit technischer und materieller Hilfe. Birma und Kambodscha standen zwar in freundschaftlichen Verhältnissen zu China, pflegten aber auch nach wie vor ihre Beziehungen zur Sowjetunion. Lediglich Albanien blieb ein treuer Verbündeter Chinas.

 

Die große proletarische Kulturrevolution

Als die Kommunisten für den Neuaufbau der chinesischen Gesellschaft kämpften, traten die ersten Differenzen zwischen Mao, einem Vertreter der reinen kommunistischen Ideologie, und den Intellektuellen auf, die eine eher rationale und gemäßigte Wandlung auf der Basis von Effizienz und Produktivität wünschten. Im Mai 1956 veranlassten die Parteiführer aus Sorge um die Loyalität und den Einfluss der intellektuellen Gesellschaftsschicht eine Kampagne unter dem Motto "lasst hundert Blumen blühen und hundert Gedanken fließen". Die gebildeten Chinesen sollten dazu bewegt werden, ihre Beschwerden kundzutun, damit die Probleme erkannt und gelöst werden könnten. Anfang 1957 verbreitete Mao selbst die Kampagne und lud zu freier und offener Kritik an der Regierungspolitik ein. Selbstverständlich ging man davon aus, dass sich die Kritik im Rahmen der kommunistischen Lehre bewegen würde. Die dadurch ausgelöste Welle der Unzufriedenheit mit der Parteiführung endete im Juni 1957 in strengen Kontrollen der freien Meinungsäußerung.

Wachsende Spaltung

Danach hatte sich die Spaltung zwischen Mao und den moderaten Kräften noch vertieft. 1959 zog er sich als Staatschef zurück; sein Nachfolger war der gemäßigte Liu Shaoqi. Den Parteivorsitz behielt jedoch Mao. Sein Einfluss wurde weiter geschmälert, als sich die Fehlschläge im Rahmen der wirtschaftlichen Offensive abzeichneten. Die innere Spaltung führte 1966 zu öffentlichen Auseinandersetzungen, als Mao und seine Getreuen die große proletarische Kulturrevolution initiierten, um die Überreste der so genannten bourgeoisen Ideen und Sitten auszulöschen und den revolutionären Eifer der frühen kommunistischen Jahre wieder zu entflammen. Mao wollte auch die Parteibürokratie schwächen, die sich mittlerweile hinter ihren Privilegien verschanzt hatte, und das Erziehungssystem modernisieren, um die Bauern und Arbeiter zu belohnen.

Die Studenten nannten sich selbst Rote Garden. Ihnen schlossen sich Gruppen von Arbeitern, Bauern und demobilisierten Soldaten an. Sie trugen die maoistischen Ideen teilweise auch mit gewaltsamen Aktionen auf die Straße. Intellektuelle, Bürokraten und Parteifunktionäre waren ihre Hauptzielscheibe. Die zentrale Parteistruktur wurde zerstört und viele hohe Funktionäre, einschließlich des Staatschefs Liu, aus ihren Positionen vertrieben und aus der Partei ausgeschlossen. Die Schulen wurden geschlossen und die Wirtschaft lag brach.

Internationale Spannungen

Während der Jahre 1967 und 1968 brachen zwischen den Maoisten und ihren Gegnern sowie unter den verschiedenen Fraktionen der Roten Garden blutige Kämpfe aus. Tausende verloren dabei ihr Leben. In einigen Gebieten arteten die Rebellionen in Anarchie aus. Schließlich musste die Armee unter der Führung von Maos Verbündetem Lin Biao die Ordnung wieder herstellen. Die Roten Garden wurden zurück in die Schulen bzw. zur Arbeit in abgelegene ländliche Regionen geschickt.

Die Kulturrevolution hatte auch Auswirkungen auf die Beziehungen zum Ausland. Die Roten Garden stifteten in Hongkong Unruhe, und die Agitation für die Roten Garden seitens der Auslandschinesen strapazierte die Beziehungen zu vielen anderen Ländern, insbesondere zur UdSSR. Die Spannungen zwischen den beiden kommunistischen Großmächten verschärften sich 1967 erheblich nach dem erfolgreichen Test einer chinesischen Wasserstoffbombe und nach dem Einmarsch sowjetischen Truppen 1968 in die Tschechoslowakei. 1969 kam es sogar zu einer Schießerei zwischen chinesischen und sowjetische Truppen am Grenzfluss Ussuri in der Mandschurei.

 

Die letzten Jahre unter Mao

Mao ging aus der Kulturrevolution siegreich hervor und wurde hoch verehrt. Mittlerweile zog er jedoch nicht mehr alleine die Fäden. Der neunte Parteikongress wurde im April 1969 abgehalten; hier stand der Versuch im Vordergrund, die zentrale Parteiführung wieder zu etablieren. Mao wurde als Parteivorsitzender wieder gewählt und der Verteidigungsminister Lin Biao, Maos enger Vertrauter, zu seinem Nachfolger ernannt. Die einflussreichsten Personen waren jedoch keine Maoisten, sondern gemäßigte hohe Militäroffiziere, Gefolgsleute von Lin Biao oder Männer mit pragmatischen politischen Vorstellungen wie der Premierminister Zhou Enlai.

Ein Machtkampf 1971 führte zum Verschwinden Lins von der politischen Bühne. Später wurde er beschuldigt, einen Anschlag auf Mao verübt zu haben. Er kam angeblich bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Zhous Popularität wuchs dagegen an. Beim zehnten Parteikongress im August 1973 wurde Lins Name als Maos Nachfolger gestrichen. Die Positionen von Mao und Zhou blieben unangefochten. Maos Glaube an die Massenbewegung und sein tief sitzendes Misstrauen gegenüber den Bürokraten fand 1973 und 1974 in einer neuen Kampagne zur Reform des Gedankengutes ihren Ausdruck. Hier griff er sowohl den Konfuzianismus als auch Lin Biao an. Maos radikales Denken manifestierte sich in der neuen, stark vereinfachten Nationalverfassung, die vom vierten Nationalen Volkskongress im Januar 1975 angenommen wurde. Bei dieser Gelegenheit wurde der moderate Deng Xiaoping, ein rehabilitiertes Opfer der Kulturrevolution, zum Stellvertreter von Premierminister Zhou gewählt.

Während dieser Periode besserten sich die Beziehungen Chinas zum Ausland deutlich. 1971 wurde China Mitglied der Vereinten Nationen und ersetzte die Republik China (Taiwan). 1972 stattete US-Präsident Richard M. Nixon China einen offiziellen Besuch ab. Während seines Aufenthalts bekräftigte er die Notwendigkeit chinesisch-amerikanischer Beziehungen und erklärte sich schließlich mit einem Rückzug der amerikanischen Truppen aus Taiwan einverstanden. Als erster Schritt in Richtung Aufnahme diplomatischer Beziehungen wurden 1973 in Peking und Washington Verbindungsbüros eingerichtet. Diplomatische Kontakte zu Japan nahm China erstmals 1972 auf.

 

Maos Nachfolger

Der Premier Zhou und der Vorsitzende Mao starben 1976 und hinterließen ein Machtvakuum. Zhous Tod beschleunigte die Machtkämpfe zwischen den gemäßigten und den radikalen Parteiführern. Die Radikalen drängten auf einen frühen Sieg, indem sie verhinderten, dass der moderate erste Stellvertreter Deng Xiaoping zum Premierminister gewählt wurde. Im Anschluss daran schlossen sie ihn aus der Regierung aus und enthoben ihn sämtlicher Parteiposten. Als Kompromisskandidat wurde Hua Guofeng, ein Technokrat ohne tiefere Bindung an eine der beiden Fraktionen, zum Premierminister gewählt. Unter Hua entwickelte sich eine gemäßigte politische Richtung. Er konsolidierte seine Position, indem er die Viererbande, wie Maos Witwe Jiang Qing und drei andere radikale Führer genannt wurden, verhaften und wegen verschiedener Vergehen anklagen ließ. Zur selben Zeit wurde er mit der Nachfolge Maos als Parteivorsitzender beauftragt.

Im Anschluss daran konzentrierte sich Hua auf eine Stabilisierung der Politik und auf den Wiederaufbau der im Juli 1976 von Erdbeben verwüsteten Region Tangshan und anderer Gebiete im Norden. Ferner betrieb er eine vehemente ökonomische Entwicklung. Um dieses Programm auszuführen, besetzte er die höchsten Regierungsstellen mit gemäßigten Politikern. 1977 wurde Deng wieder als erster Stellvertreter des Premierministers gewählt und erhielt auch seine anderen Parteiämter zurück. Die Viererbande wurde aus der Partei ausgeschlossen. Der elfte Parteikongress im August 1977 wurde von einem Triumvirat dominiert, das sich aus dem Vorsitzenden Hua sowie dessen Stellvertretern Deng und Ye Jianying zusammensetzte. Die neue Führungsspitze rekrutierte sich auch diesmal aus dem Militär und den Veteranen der Parteifunktionäre.

Die Betonung einer gemäßigten Politik und der Modernisierung der Regierung zeigte sich auf dem fünften Nationalen Volkskongress, der im Februar und März 1978 zusammentrat. Hua wurde erneut zum Premierminister gewählt und Deng abermals zu dessen Stellvertreter. Ye übernahm den Vorsitz des Ständigen Kongressausschusses, eine Position, die unter der neuen, vom Kongress verabschiedeten Verfassung, dem des Staatsoberhauptes gleichkam.

 

Auslandsbeziehungen

Nach diesen internen Neuorientierungen entwickelten sich in der Beziehung zu Vietnam erhebliche Spannungen. Zu Chinas Verdruss wuchs der Einfluss der Sowjetunion in Vietnam, und die Politik der Schließung von Privatunternehmen im neu gewonnenen Süden betraf vor allem die in Vietnam lebende chinesische Minderheit. In der Folge flüchteten die Chinesen aus Vietnam und strömten in die Notunterkünfte in Südchina. Im Juli 1978 musste China seine Grenzen schließen. Als Vietnam in Kambodscha einmarschierte und die von China gestützte kambodschanische Regierung im Januar 1979 stürzte, revanchierte sich China und entsandte im Februar Truppen nach Vietnam. Obwohl die Streitkräfte bereits im März wieder zurückgezogen wurden, zwangen die Vietnamesen die noch vorhandene chinesische Minderheit zum Verlassen des Landes. Hunderttausende Flüchtlinge stachen in See, häufig in überladenen, wackeligen Booten. Viele von ihnen gelangten sicher in andere Länder, einige starben jedoch bei diesem Versuch. Die Not der so genannten Boatpeople wurde zu einer internationalen Angelegenheit.

Die sowjetisch-vietnamesische Freundschaft bereitete China Sorgen, weshalb sich das Land um weitere Auslandsbeziehungen bemühte. Vollständige diplomatische Beziehungen wurden im Januar 1979 zu den Vereinigten Staaten aufgenommen und im Juli desselben Jahres folgte ein Handelsabkommen. Engere Bande knüpfte China auch zu Japan und Westeuropa.

 

Betagte Führungsspitze

In den achtziger und neunziger Jahren war Deng Xiaoping der tonangebende Politiker Chinas. Auch als er seine Ämter offiziell abgetreten hatte, wirkte er hinter den Kulissen entscheidend mit. Mit der Absicht, den Handel und die Industrie durch ausländische Investitionen zu beleben, lockerten Deng und die anderen älteren Führungspersonen die wirtschaftlichen Beschränkungen und beließen es bei der Dogmatik in politischen Fragen.

1980 gab Hua Guofeng das Amt des Premierministers auf, sein Nachfolger war Zhao Ziyang, ein Befürworter Dengs. Anfang 1981, nach einer in der chinesischen Öffentlichkeit ausführlich dargestellten Gerichtsverhandlung, wurden alle Mitglieder der Viererbande verurteilt und verhaftet. Im Juni ersetzte ein weiterer Verbündeter Dengs, Hu Yaobang, Hua als Parteiführer. 1982 wurden eine neue Nationalverfassung und ein neues Grundsatzprogramm der kommunistischen Partei verabschiedet. Die Nationalverfassung erneuerte die zahlreichen offiziellen Pflichten des Staatspräsidenten (ehemals erster Vorsitzender), die 1968 von Mao abgeschafft worden waren.

 

Bürgerproteste

Im Januar 1987 wurde Zhao Ziyang zum Generalsekretär der kommunistischen Partei ernannt, Hu Yaobang wurde zum Rücktritt gezwungen. Die Änderungen in der Führungsspitze begannen nach einer Demonstrationswelle der Studenten, die mehr Demokratie und Selbstbestimmungsrechte forderten. Hus Tod im April 1989 zog eine neue Welle prodemokratischer Demonstrationen nach sich. Diese erreichten im Mai ihren Höhepunkt, als der sowjetische Staatspräsident Michail Gorbatschow Peking besuchte, um die 30 Jahre andauernden Unstimmigkeiten zwischen der UdSSR und China zu beenden. Die Demonstranten besetzten den Tian-an-men-Platz in Peking, bis am Morgen des 4. Juni bewaffnete Militäreinheiten die Innenstadt stürmten und mindestens 400 Zivilisten töteten (siehe Protest am Tian-an-men-Platz). In der darauf folgenden Phase harten politischen Durchgreifens wurde Zhao Ziyang seiner Parteiämter enthoben. Neuer Generalsekretär wurde Jiang Zemin, wie Ministerpräsident Li Peng Gegner politischer Reformen. Der achte Nationale Volkskongress wählte Jiang im März 1993 zum neuen Staatsoberhaupt Chinas. Im Oktober desselben Jahres wurden erstmals in beschränktem Umfang Handelsbeziehungen zu Taiwan erlaubt. Der Grenzverlauf zu Russland wurde im September 1994 vertraglich bestätigt.

Im Juli 1995 wurden im Westen des Landes erneut unterirdische Atomwaffenversuche durchgeführt. Peking war im September 1995 Tagungsort der 4. UN-Weltfrauenkonferenz. Nach wie vor verfolgt die chinesische Regierung trotz massiver internationaler Proteste gegen die Unterdrückung der Tibeter und die Missachtung der Menschenrechte weiterhin ihren von Härte geprägten innenpolitischen Kurs.

Am 19. Februar 1997 starb Deng Xiaoping im Alter von 92 Jahren in Peking. Der politische Einfluß Deng Xiaopings dürfte krankheitsbedingt in den letzten Jahren nur mehr marginal gewesen sein. Der einstige Weggefährte Mao Tse-tungs war der letzte noch lebende "Mann der ersten Stunde" der Volksrepublik China.

Die Präsidenten Rußlands und Chinas, Boris Jelzin und Jiang Zemin, vereinbarten am 23. April 1997 bei einem Gipfeltreffen in Moskau eine "strategische Partnerschaft" beider Länder und bekräftigten ihren Anspruch auf eine führende Rolle in der Weltpolitik.

Auslöser für das Zusammenrücken Chinas und Rußlands waren die zunehmenden Differenzen beider Länder mit Washington. In Moskau grassieren seit der beschlossenen Ausweitung der westlichen Allianz nach Osteuropa Isolierungsängste, die zu einer Suche nach neuen Partnern wie China oder Indien führen. Peking ist vor allem verärgert über die sicherheitspolitische Zusammenarbeit zwischen den USA, Japan und Südkorea sowie über die permanente Kritik an der chinesischen Innenpolitik.

 

Christoph Barth

 

 

Bundeswettbewerb Fremdsprachen 1997 (Chinesisch)