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Deutsche Geschichte

von der Entstehung des deutschen Reiches im 9. Jahrhundert bis zum Jahr 1949

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Das deutsche Reich kristallisierte sich im Lauf etwa eines halben Jahrhunderts aus dem größeren Verband des Frankenreiches Karls des Großen heraus. 843 teilten die drei Söhne Ludwigs des Frommen, die Enkel Karls des Großen, das Frankenreich im Vertrag von Verdun unter sich auf; Ludwig, im Nachhinein "der Deutsche" genannt, erhielt das Ostfränkische Reich, d. h. den östlich von Rhein und Aare gelegenen Reichsteil. Mit der Reichsteilung wurde der Zerfall des Karolingerreiches und die eigenständige Entwicklung des Ostfränkischen Reiches eingeleitet. Durch den Vertrag von Meerssen erhielt Ludwig 870 noch die Osthälfte Lotharingiens, und 880 kam ganz Lotharingien an das Ostfränkische Reich.

Mit dem Tod des letzten ostfränkischen Karolingers, Ludwigs des Kindes, 911 und der Wahl Konrads I. (911-918) aus dem fränkischen Geschlecht der Konradiner zum König im Ostfränkischen Reich begann die endgültige Ablösung des Ostteils vom Frankenreich und seine Entwicklung zum "Reich der Deutschen"; zum Jahr 920 taucht der Begriff Regnum teutonicorum (Reich der Deutschen) erstmals in einer Quelle auf. Allerdings verstanden zu diesem Zeitpunkt weder die Bevölkerung noch die Herrscher ihr Reich als "deutsches", sondern noch als Teilreich des fränkischen, wenngleich sich die Zeitgenossen vor allem der Nachfolger Konrads, Heinrichs I. und Ottos I., durchaus bewusst waren, dass mit deren Herrschaftsantritt eine neue Epoche in der Staatenbildung begonnen hatte. Erst um die Jahrtausendwende ist von den Stämmen – Alemannen, Bayern, Franken, Lothringer und Sachsen – nicht mehr nur als gesonderten Einheiten die Rede, sondern bereits als den "Deutschen" als Volk, und ab dem 11. Jahrhundert taucht zunächst vereinzelt, dann immer häufiger die Bezeichnung Regnum teutonicum (deutsches Reich) bzw. Regnum teutonicorum auf. Für die mittelalterlichen Kaiser jedoch war das deutsche nur ein Teil ihres Gesamtreiches, zu dem außer Deutschland noch Reichsitalien und Burgund gehörten; sie sahen sich zudem in der von Karl dem Großen begründeten Tradition des Römischen Reiches, nannten sich ab etwa 1100 "König der Römer" und bezeichneten seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts ihr Reich als Heiliges Römisches Reich. Dem Verlust ihrer Herrschaftsgewalt über die nichtdeutschen Teile des Reiches trug ab dem 15. Jahrhundert die neue, bis zum Ende des alten Reiches 1806 offizielle Bezeichnung "Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation" Rechnung.

Ende des 9. Jahrhunderts hatten sich im Ostfränkischen Reich, bedingt durch die Schwäche des Königtums und durch Angriffe von außen, relativ starke Stammesherzogtümer – Sachsen, Bayern, Schwaben und Franken – herausgebildet. Die vier Herzöge – Lothringen hatte sich 911 dem Westfränkischen Reich angeschlossen – hatten Konrad zu ihrem König gewählt und sich mit dem aus germanischer Tradition stammenden Wahlkönigtum zugleich für die Unteilbarkeit des Reiches entschieden. Allerdings beanspruchten sie auch, ebenfalls entsprechend germanischem Recht, weit reichendes Mitspracherecht im Reich – ein Grund, weshalb es Konrad nicht gelang, trotz der Unterstützung seitens der Kirche, die Königsgewalt im Reich durchzusetzen. Der Dualismus zwischen der Zentralgewalt und den gegen alle zentralstaatliche Tendenzen opponierenden Fürsten sollte bis zum Ende des alten Reiches bestimmend bleiben. Noch kurz vor seinem Tod designierte Konrad Heinrich aus dem sächsischen Geschlecht der Ottonen zum Nachfolger.

Die Zeit der Ottonen

919 wurde Heinrich I. (919-936) von den Franken und den Sachsen zum König gewählt; 919 bis 921 konnte er auch die Zustimmung der Schwaben und der Bayern erringen. 921 anerkannte der westfränkische karolingische König Karl III. im Bonner Vertrag Heinrich als "König der Ostfranken" und trug damit der Tatsache, dass auf ostfränkischem Boden ein eigenständiges Staatswesen im Entstehen begriffen war, Rechnung. 925 gewann Heinrich Lothringen vom Westfränkischen Reich zurück, 928/29 brachte er die Elbslawen und die Böhmen unter die Oberhoheit des Reiches, und 933 besiegte er an der Spitze eines stammesübergreifenden Heeres die Ungarn bei Riade; dieser von allen Stämmen gemeinsam errungene Sieg trug wesentlich zur inneren Konsolidierung des Reiches und zur Festigung der ottonischen Königsmacht bei. Obwohl Heinrich mehrere Söhne hatte, bestimmte er seinen ältesten legitimen Sohn Otto zum alleinigen Nachfolger im Reich und ging damit vom karolingischen Brauch der Reichsteilung ab.

936 wurde Otto der Große (936-973) zum König gewählt und in der Tradition Karls des Großen in Aachen gekrönt. Anders als sein Vater Heinrich strebte er nicht den Ausgleich und das Zusammenwirken mit den Stammesherzögen und dem Hochadel im Reich an, sondern suchte deren Unterordnung unter die königliche Gewalt durchzusetzen. Sein Versuch, die Herzogtümer durch die Vergabe an Familienangehörige enger an die Krone zu binden, schlug jedoch fehl. Als Gegengewicht zu den Herzögen und als Machtbasis für die Krone begann er nun, die Reichskirche zu einem umfassenden Herrschaftsinstrument auszubauen.

Außenpolitisch setzte Otto das Werk seines Vaters fort: Er dehnte das Reich nach Osten aus und gründete die Bistümer Meißen und Magdeburg; 950 unterwarf er Böhmen, 955 fügte er den Ungarn auf dem Lechfeld bei Augsburg eine entscheidende Niederlage zu, und 963 brachte er Polen unter die Oberhoheit des Reiches. 951 unternahm er seinen ersten Italienfeldzug und gewann die Herrschaft über das Regnum Italiae (Ober- und Mittelitalien ohne die päpstlichen Gebiete); er nannte sich nun Rex Francorum et Langobardorum. Während seines zweiten Italienfeldzuges (961-965), auf ein Hilfeersuchen des Papstes hin unternommen, wurde er in Anknüpfung an die Reichsidee Karls des Großen am 2. Februar 962 in Rom vom Papst zum "Römischen Kaiser" gekrönt, und auf seinem dritten Italienfeldzug (966-972) konnte er auch die langobardischen Herzogtümer in Süditalien unter seine Oberhoheit bringen und seinen Sohn und gewählten Mitkönig 967 zum Mitkaiser krönen lassen.

Otto II. (973-983) führte das Konsolidierungswerk seines Vaters fort, sicherte die Nordgrenze gegen die Dänen und die Westgrenze, d. h. Lothringen, gegen Frankreich, scheiterte allerdings gegen die Sarazenen in Süditalien und verlor alle Gebiete östlich der Elbe an die Slawen.

Otto III. (983-1002) hatte die Renovatio imperii Romanorum, die Erneuerung des Römischen Reiches, zum Ziel; er wollte ein christliches Universalreich schaffen, das von der Hauptstadt Rom aus von Kaiser und Papst gemeinsam regiert werden, das Regnum in seiner bisherigen Ausdehnung umfassen und die neu entstehenden Staaten im Osten (Ungarn, Polen) an das christliche Abendland anbinden sollte. Letzteres leitete er mit der Gündung der Erzbistümer Gnesen und Gran ein. Gestützt wurde Ottos Reichsidee u. a. von zweien seiner engsten Berater, die er beide zu Päpsten ernannte: von seinem Verwandten Brun, als Gregor V. der erste Papst deutscher Herkunft, und von seinem Lehrer Gerbert von Aurillac, dem späteren Papst Silvester II. Otto starb, bevor er seine Reichsidee hatte verwirklichen können, und hinterließ keinen direkten Erben.

Sein Nachfolger Heinrich II. (1002-1024) aus einer Nebenlinie der Ottonen – erst nach zähen Verhandlungen gegen andere Thronanwärter zum König gewählt – ging von der universalen Reichsidee seines Vorgängers ab und konzentrierte sich auf die Konsolidierung des Reiches im Inneren, sowohl in Deutschland als auch in Italien. Dabei bediente er sich in erster Linie der Reichskirche, die er reichlich privilegierte und begüterte und die unter Heinrich II. ihren Höhepunkt als Herrschaftsinstrument erreichte (z. B. 1007 Gründung des Bistums Bamberg als Herrschafts- und Missionszentrum für den Osten).

 

Die Zeit der Salier

Nach dem Aussterben der Ottonen wurde mit Konrad II. (1024-1039) der erste Salier zum König gewählt. Er verteidigte erfolgreich die Ostgrenze des Reiches gegen Ungarn und Polen; daneben bemühte er sich vor allem um eine festere Anbindung Italiens an das Reich, die ihm jedoch nur teilweise gelang. Im Inneren schuf er mit den Ministerialen und mit der Förderung des weniger begüterten Adels ein Gegengewicht zu den mächtigen Herzögen. Aufgrund eines Erbvertrags erwarb Konrad 1033 das Königreich Burgund für das Reich.

Sein Sohn Heinrich III. (1039-1056), bereits 1026 zum König gewählt, erreichte die Unterwerfung Böhmens und Ungarns und erklärte die beiden Länder zu Reichslehen; in Unteritalien machte er die normannischen Fürsten zu Vasallen des Reiches. In Fortsetzung der Politik seines Vaters erweiterte er das Reichsgut, d. h. den dem König zur Verfügung stehenden Grundbesitz des Reiches, und baute mit Hilfe von Ministerialen die Verwaltung aus, was ihn in Konflikt mit dem Hochadel brachte. Stark geprägt von der kluniazensischen kirchlichen Reformbewegung, strebte Heinrich die Beseitigung der Missstände in der Kirche (Ämterkauf, Verweltlichung des Klerus, Verletzung des Zölibats usw.) an sowie die Reform von Kirche und Papsttum; zu diesem Zweck setzte er nicht nur im Reich reformorientierte Bischöfe und Äbte ein, sondern brachte auch Reformer auf den päpstlichen Stuhl, u. a. Leo IX. (1049-1054), der die Reform der Kirche zu seinem zentralen Anliegen erhob.

Die lange Phase der Regentschaft für den zunächst noch unmündigen Heinrich IV. (1056-1106) förderte das Erstarken der Fürstenopposition im Reich sowie die Tendenz des Reformpapsttums, sich vom Kaisertum zu emanzipieren; die kirchliche Reformbewegung begann sich zu verselbständigen und in der Folge gegen den König bzw. Kaiser zu wenden. Das Papsttum forderte nun die Loslösung der Kirche von jeglicher weltlicher Verfügungsgewalt; Papst Gregor VII. (1073-1085) bestritt dem König 1075 sogar das Recht auf Einsetzung der Reichsbischöfe und -äbte und löste damit den Investiturstreit aus, der nachhaltige Wirkungen auf die Herrschaftsstrukturen und auf die Machtposition des Königs haben sollte. Bereits vor dem Investiturverbot des Papstes hatte sich die Opposition der Fürsten im Reich gegen Heinrich 1073 in einem Aufstand unter sächsischer Führung entladen; 1076 fand sich der inzwischen vom Papst gebannte König einer gemeinsamen Opposition von Fürsten und Papsttum gegenüber und war weitgehend isoliert. 1077 sah sich Heinrich schließlich u. a. auf Druck der Fürsten gezwungen, in Canossa vor Papst Gregor VII. Kirchenbuße zu tun. Damit hatte er seine Position im Reich wieder weitgehend gefestigt, zumindest so weit, dass er sich gegen die von Opposition und Papsttum erhobenen Gegenkönige Rudolf von Rheinfelden und Hermann von Salm durchsetzen konnte. Mit dem Papsttum erreichte er jedoch keine Einigung, und auch mit seinen Söhnen geriet er in Konflikt: Sein ältester Sohn Konrad führte einen Aufstand der oberitalienischen Städte gegen Heinrich an und beendete damit dessen Herrschaft in Italien; sein zweiter Sohn, der spätere Heinrich V., stellte sich 1105 an die Spitze einer neuerlichen Erhebung der Fürsten und zwang den König zur Abdankung.

Mehr noch als seine Vorgänger hatte sich Heinrich IV. in seiner Auseinandersetzung mit den Fürsten auf die Ministerialen gestützt und erstmals auch auf die aufstrebenden Städte. Seit dem 11. Jahrhundert, verstärkt seit dem 12. Jahrhundert, nahm das Städtewesen in Deutschland seinen Aufstieg. Die neu entstehenden Städte entwickelten eigenständige Verwaltungs- und Rechtsformen und bildeten ein selbstbewusstes Bürgertum heraus; außerdem wurden sie zum Zentrum von Handel und Gewerbe sowie zum Motor der wirtschaftlichen Weiterentwicklung; mit ihrem Aufstieg ging der Aufschwung der Geldwirtschaft einher. Vereinzelt ab dem 11. Jahrhundert, verstärkt dann ab dem 13. Jahrhundert, erreichten einige Städte die Freiheit von ihrem geistlichen oder weltlichen Herrn und nahmen zum Teil großen Einfluss auf die Reichspolitik. Auch auf dem Land vollzogen sich tief greifende Veränderungen: Bevölkerungswachstum führte zu größerer Nachfrage, die wiederum Verbesserungen bei Anbau- und Produktionsmethoden sowie Erweiterungen der Anbauflächen – sowohl z. B. durch Rodungen im Altsiedlungsland als auch im Zuge der Ostkolonisation – nach sich zog; parallel dazu kam es durch die Lockerung der Grundherrschaft zu einer Verbesserung der Stellung der Bauern.

Heinrich V. (1106-1125), dem letzten Salier, gelang es, die königliche Autorität im Reich wieder zu festigen; außerdem erreichte er im Wormser Konkordat von 1122 mit dem Papsttum eine Einigung im Investiturstreit. Das Wormser Konkordat gestand dem König in Deutschland die letzte Entscheidung bei der Einsetzung der Bischöfe und Äbte zu; in Italien und Burgund entzog es dem König beinahe jeden Einfluss auf die Besetzung der kirchlichen Ämter. In Deutschland stand die Reichskirche dem Königtum nun nicht mehr als uneingeschränktes Herrschaftsinstrument zur Verfügung; in der Folge wandten sich die Könige immer mehr den Ministerialen und allmählich auch den Städten als den neuen Stützen ihrer Herrschaft zu.

Nach dem Tod Heinrichs V. wählten weltliche und geistliche Fürsten 1125 erstmals in freier Wahl, d. h. ohne Rücksicht auf Geblütsrecht und Designation, Lothar von Supplinburg (1125-1137), den Herzog von Sachsen, zum König; 1127 erhob die staufische Opposition Konrad von Schwaben, den späteren Konrad III., zum Gegenkönig. In der folgenden Auseinandersetzung um die Krone wurde Lothar von den Welfen unterstützt, insbesondere von dem mächtigen bayerischen Herzog, seinem Schwiegersohn Heinrich dem Stolzen, und konnte sich schließlich gegen Konrad durchsetzen. Dieser Konflikt begründete den staufisch-welfischen Gegensatz.

 

Die Zeit der Staufer

Obwohl Lothar Heinrich den Stolzen zum Nachfolger im Reich designiert hatte, wählten die Fürsten unter Führung einer kirchlichen Partei Konrad III. (1138-1152) zum König. Unter Konrad verschärfte sich der staufisch-welfische Konflikt: Konrad erkannte die Übertragung des Herzogtums Sachsen an Heinrich den Stolzen durch Lothar nicht an, ächtete Heinrich und übertrug Sachsen Albrecht dem Bären und Bayern den Babenbergern. Die Belehnung Heinrichs des Löwen, des Sohnes von Heinrich dem Stolzen, mit dem Herzogtum Sachsen im Jahr 1142 konnte den Streit vorübergehend beruhigen, aber nicht beenden.

Nach Konrads Tod wählten die Fürsten 1152 dessen Neffen Friedrich I. Barbarossa (1152-1190) zum König. Den immer wieder aufflackernden Konflikt mit den Welfen legte Friedrich bei, indem er Heinrich dem Löwen auch Bayern übertrug, allerdings ohne die Markgrafschaft Österreich, die zum Herzogtum erhoben und den Babenbergern zu Lehen gegeben wurde. Nachdem sich das Verhältnis zu Heinrich wieder deutlich verschlechtert hatte, ließ Friedrich ihm in einem lehnsrechtlichen Verfahren 1180 Sachsen und Bayern aberkennen; Bayern, verkleinert um die Herzogtümer Steiermark und Meranien, ging an die Wittelsbacher, Sachsen an die Askanier. Daneben baute Friedrich vor allem in Mitteldeutschland Königsgut und staufisches Hausgut konsequent aus und schuf sich damit und mit der Gründung neuer Städte ein stabiles Fundament für sein Königtum. Mit weniger Erfolg versuchte Friedrich, die Reichsmacht in Italien und seine Vorherrschaft gegenüber dem Papsttum wieder herzustellen: Zwar konnte in Mittelitalien eine effiziente Verwaltung durchgesetzt werden, die oberitalienischen Städte dagegen erkämpften sich in einer langwierigen Auseinandersetzung mit dem Kaiser weitgehende Selbständigkeit, die kaiserliche Oberhoheit war nur noch formal. Der Versuch, nach ottonisch-salischem Vorbild die Herrschaft des Kaisertums über das Papsttum wieder herzustellen, scheiterte.

Unter Heinrich VI. (1190-1197), der über seine Gemahlin das normannische Königreich Sizilien erbte, erreichte das staufische Reich seine größte Ausdehnung. Sein früher Tod stürzte das Reich in eine Krise: 1198 kam es infolge des noch immer virulenten staufisch-welfischen Konflikts zu einer Doppelwahl von Philipp von Schwaben, dem Bruder Heinrichs VI., und Otto IV., dem Sohn Heinrichs des Löwen. Der Kampf um die Krone, der zuungunsten des vom Papsttum unterstützten Welfen auszugehen schien, endete 1208 mit der Ermordung Philipps. Als Otto dann jedoch versuchte, in den päpstlichen Einflussbereich Sizilien einzudringen, veranlasste der Papst die Wahl Friedrichs II. (1212-1250), des Sohnes von Heinrich VI., zum Gegenkönig.

Der staufisch-welfische Thronstreit wurde im Rahmen des englisch-französischen Konflikts in der Schlacht von Bouvines 1214 endgültig zugunsten des Staufers entschieden. In seinem Erbreich Sizilien schuf Friedrich ein modernes, zentralisiertes, straff organisiertes Staatswesen, in Deutschland dagegen, wo er sich insgesamt nur etwa zehn Jahre aufhielt, überließ er die Gewalt weitgehend den Fürsten. Mit den Privilegien für die geistlichen und die weltlichen Fürsten (1220 bzw. 1230) bestätigte er den Fürsten weit reichende landesherrliche Rechte und zugleich den im Gange befindlichen Prozess der Territorialisierung des Reiches. Mit einem weiteren Privileg, der Goldbulle von Rimini von 1226, ermächtigte Friedrich den Deutschen Orden zur Unterwerfung der Pruzzen (Preußen) und zur Herrschaft in den eroberten Gebieten und gab damit der Ausdehnung des deutschen Herrschaftsbereichs nach Osten einen entscheidenden Impuls. Obwohl sich infolge von Friedrichs Auseinandersetzung mit dem Papsttum ein Großteil der deutschen Fürsten der päpstlichen Partei anschloss und Gegenkönige aufstellte (Heinrich Raspe, Wilhelm von Holland 1246/47) und trotz des Kampfes mit dem Lombardenbund in Oberitalien, in dessen Verlauf sich die Parteien der Guelfen und Ghibellinen herausbildeten, behauptete Friedrich sein Kaisertum; die Umsetzung seiner universalen Kaiseridee scheiterte jedoch vor allem an dem Konflikt mit dem Papsttum. Friedrichs Sohn Konrad IV. (1250-1254) konnte sich im Reich kaum mehr behaupten, und dessen Sohn Konradin, der letzte Staufer, gelangte nicht mehr auf den römisch-deutschen Thron und verlor auch das staufische Erbe in Süditalien.

Mehr noch als ihre Vorgänger betrieben die Staufer, besonders Friedrich I., die Auflösung der alten Stammesherzogtümer und die Ablösung der mächtigen Stammesherzöge durch territorial weniger reich ausgestattete und weniger einflussreiche Fürsten. Es bildeten sich nun neue, kleinere Herrschaftsbereiche heraus, deren Inhabern es gelang, ihre Herrschaften nach und nach zu relativ selbständigen Landesherrschaften auszubauen. Als Gegengewicht zu diesen sich verfestigenden Territorien und als Grundlage für ihre Herrschaft versuchten die staufischen Könige, einen zusammenhängenden Reichsgutkomplex aufzubauen, zu dessen Verwaltung unfreie, unmittelbar dem König unterstellte Ministerialen herangezogen wurden; diese Reichslandpolitik erfuhr jedoch einen Rückschlag durch den Thronstreit von 1198 und wurde nach dem Ende der Stauferzeit nicht mehr weitergeführt.

 

Das Interregnum

Nach dem Tod Konrads IV. und des Gegenkönigs Wilhelm von Holland kam es 1257 zur Doppelwahl von Richard von Cornwall und Alfons X. von Kastilien und Léon. Keinem der beiden gelang es, sich im Reich durchzusetzen, so dass sich der Prozess der Territorialisierung und des Erstarkens der Landesherrschaften ungehindert fortsetzen konnte.

Im Reich hatte sich das Prinzip der freien Königswahl ohne Rücksicht auf Geblütsrecht durchgesetzt, was dazu führte, dass sich bis 1257 zum einen ein einflussreiches, durch die Wahl die Geschicke des Reiches mitbestimmendes Kurfürstenkollegium herausgebildet hatte; zum anderen war durch die Wahl von Königen aus verschiedenen Dynastien mit unterschiedlichen Interessen und unterschiedlicher Basis eine Kontinuität in der Reichspolitik nicht mehr gewährleistet. Außerdem gingen die Könige bzw. Thronanwärter immer mehr dazu über, ihre Anhänger großzügig mit Reichsgut auszustatten, um sich ihre Unterstützung zu sichern, so dass um die Mitte des 15. Jahrhunderts praktisch keine materielle Grundlage für die Königsherrschaft in Form von Reichsgut mehr vorhanden war; die Folge war, dass sich die Herrscher mehr und mehr auf den Ausbau ihres eigenen Hausgutes konzentrierten, d. h. im Zweifelsfall die Angelegenheiten des Reiches den dynastischen Interessen hintanstellten.

 

Habsburg, Wittelsbach und Luxemburg

Mit der Wahl Rudolfs I. von Habsburg (1273-1291) kam es zu einem Wiedererstarken der Königsmacht. Er reorganisierte nach der herrschaftslosen Zeit des Interregnums die Verwaltung des Reichsgutes und erließ einen Landfrieden; mit dem Erwerb der Herzogtümer Österreich, Steiermark und Krain nach seinem Sieg über Ottokar II. von Böhmen für sein Haus schuf er die Grundlage für den Aufstieg der Habsburger. Nach seinem Tod wurde der vergleichsweise unbedeutende Adolf von Nassau (1292-1298) gewählt, aber wegen seiner aggressiven Hausmachtpolitik von den Kurfürsten wieder abgesetzt und durch Albrecht I. (1298-1308), den Sohn Rudolfs I., ersetzt, der sich ebenfalls auf die Hausmachtpolitik konzentrierte. Nach Albrechts Tod kam mit Heinrich VII. (1308-1313) das Haus Luxemburg zum Zuge. Heinrich gewann das Königreich Böhmen als Grundlage der luxemburgischen Hausmacht für seinen Sohn Johann; als erster Herrscher seit den Staufern suchte er die Herrschaft in Italien wieder herzustellen, allerdings mit wenig Erfolg, und als Erster seit Friedrich II. wurde er wieder zum Kaiser gekrönt.

1314 wurden erneut zwei Könige gewählt: der Habsburger Friedrich der Schöne (1314-1330), der Sohn Albrechts I., und der Wittelsbacher Ludwig IV., der Bayer (1314-1347). Ludwig besiegte 1322 Friedrich, erwarb Brandenburg, Tirol und Holland für die Wittelsbacher und nahm die Italienpolitik seines Vorgängers wieder auf. Dabei geriet er in Konflikt mit dem Papst, der in dieser letzten großen Auseinandersetzung zwischen Papsttum und Königtum für das Papsttum das Approbationsrecht bei der römisch-deutschen Königswahl reklamierte und Ludwig 1324 als Ketzer exkommunizierte und absetzte; die Kurfürsten jedoch stellten sich auf die Seite des Kaisers und sprachen 1338 dem Papst jegliches Mitspracherecht bei der Königswahl ab.

1346 bereits vom Papst als Gegenkönig aufgestellt, wurde der Luxemburger Karl IV. (1347-1378) nach Ludwigs Tod von den Kurfürsten anerkannt. In der Goldenen Bulle von 1356 regelte Karl das Verfahren bei der Königswahl und schrieb den privilegierten Status der sieben Kurfürsten fest. Der päpstliche Approbationsanspruch blieb unbeachtet. Unter Karl, der auch Schlesien, die Oberpfalz und Brandenburg für sein Haus gewann, verlagerte sich das Zentrum des Reiches vorübergehend nach Böhmen, wo in Prag 1348 auch die erste deutsche Universität gegründet wurde. 1365 ließ sich Karl als letzter römisch-deutscher Kaiser zum König von Burgund krönen, überließ jedoch bereits das Arelat an Frankreich. Karls Sohn und Nachfolger Wenzel (1378-1400) kümmerte sich in erster Linie um sein Königreich Böhmen und schenkte den Angelegenheiten des Reiches wenig Beachtung; 1400 wurde er abgesetzt. Sein Nachfolger Ruprecht von der Pfalz (1400-1410) konnte seine Herrschaft nur in Teilen des Reiches aufrechterhalten.

Erst unter Sigismund (1410-1437), Wenzels jüngerem Bruder, fand das Königtum zu allgemeiner Anerkennung und zu einer Führungsrolle zurück: Auf dem Konstanzer Konzil (1414-1418) gelang ihm die Beilegung des Abendländischen Schismas. Als König von Böhmen seit 1419 in die Hussitenkriege in Böhmen eingebunden und auf die Hilfe des Reiches angewiesen, musste er den Kurfürsten, die zudem Sigismunds Machtposition beschränkt sehen wollten, Reichsrechte abgeben und einer Reichsreform zustimmen.

Während die Königsmacht unter den Herrschern aus wechselnden Dynastien im Reich zunehmend an Durchsetzungskraft verlor, machte die Entwicklung der Städte große Fortschritte. Im Lauf des 13. und 14. Jahrhunderts kam die Entwicklung der Stadtrechte zu einem Abschluss, und Handel und Wirtschaft hatten einen weiteren Aufschwung erfahren. Da das Reich nicht mehr in der Lage war, für umfassenden Frieden und Schutz zu Sorgen, schlossen sich zahlreiche Städte in Eigeninitiative zu Schutzbündnissen zusammen – z. B. zum Schwäbischen Bund und zur Hanse –, die teilweise über große politische und wirtschaftliche Macht verfügten.

 

Das Kaisertum der Habsburger

Seit der Wahl Albrechts II. (1438-1439), Sigismunds Schwiegersohn, blieb die Krone trotz Fortbestehens des Wahlrechts bis zum Ende des alten Reiches beim Haus Habsburg. Friedrich III. (1440-1493) suchte im Einklang mit dem Papsttum durch eine gezielte Personalpolitik in der Reichskirche, seine Herrschaft im Reich zu untermauern und mit Hilfe einer rigiden Steuerpolitik die Finanzen des Reiches, dessen materielle Gundlage in Form von Reichsgut praktisch aufgezehrt war, aufzubessern. Weniger durch aktive Politik als vielmehr durch passives Beharren konnte sich Friedrich gegen innere und äußere Gegner behaupten.

Friedrichs größter Erfolg war die Verheiratung seines Sohnes Maximilian I. (1493-1519) mit der Erbtochter des mächtigen Herzogs Karl des Kühnen von Burgund, wodurch das burgundische Reich an das Haus Habsburg fiel. Angesichts zahlreicher Missstände im Reich kam es unter Maximilian zu einer Reihe von Reformen: 1495 wurde mit dem Ewigen Landfrieden ein allgemeines Fehdeverbot erlassen; im selben Jahr wurde ein vom König unabhängiges Reichkammergericht eingerichtet, und 1500 wurde das Reich in zehn Reichskreise eingeteilt, um die Durchsetzung des Landfriedens zu gewährleisten. Allerdings gingen durch diese Maßnahmen erneut Herrschaftsrechte vom König auf die Reichsfürsten über, die damit eine weitere Stärkung ihrer Macht gegenüber dem König erfuhren und bei denen inzwischen der Schwerpunkt der Herrschaftsgewalt lag. Die Schweizer Eidgenossenschaft, welche die Übertragung der Reichsreform auf ihr Territorium ablehnte, schied nach dem Schwabenkrieg 1499 de facto aus dem Reichsverband aus.

Für sein eigenes Haus sicherte Maximilian, der als erster römisch-deutscher Herrscher ohne päpstliche Krönung den Kaisertitel angenommen hatte, die Anwartschaft auf die böhmische und auf die ungarische Krone, und mit der Verheiratung seines Sohnes Philipp des Schönen mit Johanna der Wahnsinnigen gelang ihm die Vereinigung des spanischen Reiches inklusive Neapel-Sizilien mit Burgund und den habsburgischen Erblanden in den Händen seines Enkels und Nachfolgers Karl V. (1519-1556).

 

Das Zeitalter der Reformation

Deutschland war gegenüber seinem spanisch-habsburgischen Reich für Karl nur ein Nebenland, dessen Angelegenheiten hinter seinen dynastischen Interessen, etwa der langwierigen Auseinandersetzung mit Frankreich um das italienische und das burgundische Erbe, zurückstehen mussten. 1521/22 überließ er seinem Bruder Ferdinand I. die österreichischen Erblande und übertrug ihm die Statthalterschaft im Reich; 1526 erhielt Ferdinand Böhmen und Ungarn, und 1531 wurde er, nachdem Karl im Jahr zuvor als letzter Herrscher vom Papst zum Kaiser gekrönt worden war, offiziell zum römischen König gewählt.

Die Reformation, eingeleitet durch die Veröffentlichung der 95 Thesen am 31. Oktober 1517, in denen Martin Luther die alte Kirche anklagte, wurde zunächst vor allem durch die Humanisten, die der Kritik an den bestehenden Strukturen und Dogmen der Kirche überwiegend zustimmten, verbreitet. Während jedoch die vielschichtige reformatorische Bewegung zunächst nicht nur auf die Reform der Kirche abzielte, sondern gleichzeitig auch politisch-soziale Veränderungen anstrebte, konzentrierte sie sich nach der blutigen Niederschlagung der Aufstände der rechtlich, sozial und wirtschaftlich unterdrückten Bauern durch die Landesherren im Bauernkrieg von 1524/25 auf die konfessionelle Auseinandersetzung.

1521 verteidigte Luther auf dem Reichstag zu Worms seine Lehre und verweigerte den Widerruf, woraufhin ihn Karl im Wormser Edikt zum Ketzer erklärte und die Reichsacht über ihn verhängte. Die weitere Ausbreitung der Reformation konnte damit jedoch nicht verhindert werden. Da der Kaiser auch der Beschützer der Kirche und des rechten Glaubens war, durfte die Frage nach der Religion nicht der Gewissensfreiheit des Einzelnen überlassen werden, sondern war eine Sache des Kaisers und der Reichsverfassung. Den streng katholischen Kaiser allerdings hielten seine dynastischen Kriege sowie die Abwehr der Türken davon ab, im Reich eine tragbare Lösung für die Glaubensfrage zu finden. Der Nürnberger Reichstag beschloss 1524 die Übertragung der Regelung der Glaubensfrage an ein Nationalkonzil, das einen bis zu einem allgemeinen Konzil gültigen vorläufigen Beschluss fassen sollte (das allgemeine Konzil, das Tridentinum, fand erst von 1545 bis 1563 statt und besiegelte die Spaltung der Kirche). 1526 entschied der Reichstag zu Speyer, dass bis zu einem endgültigen Konzilsentscheid die Glaubensfrage jedem Landesherrn freigestellt sein sollte, und schuf damit die Rechtsgrundlage für die Herausbildung der evangelischen Landeskirchen. 1529 beschloss auf einem zweiten Reichstag zu Speyer die altkirchliche Partei die Durchführung des Wormser Edikts, wogegen die Anhänger der Reformation unter der Führung des Landgrafen Philipp I. von Hessen eine Protestation einreichten (daher die Bezeichnung "Protestanten"). Der Reichstag zu Augsburg 1530, auf dem die Protestanten ihre Lehre, das Augsburger Bekenntnis, vorlegten, brachte wiederum keine Einigung zwischen den Glaubensparteien, so dass sich 1531 die protestantischen Fürsten und Städte mit dem Ziel, die Errungenschaften der Reformation gegenüber Kaiser und altkirchlichen Fürsten zu verteidigen und ihre Ausbreitung zu fördern, zum Schmalkaldischen Bund zusammenschlossen. 1547 besiegte Karl den Schmalkaldischen Bund; als er in der Folge jedoch dazu ansetzte, das föderalistisch strukturierte Staatswesen zu Lasten der Fürsten in ein monarchisch-zentralistisches umzuwandeln, sich außerdem auch in Reichsangelegenheiten zunehmend auf spanische Berater stützte, provozierte er einen Aufstand nicht nur der protestantischen Fürsten, die 1552 unter der Führung von Moritz von Sachsen und mit französischer Unterstützung den Kaiser zur Flucht zwangen. Im Passauer Vertrag von 1552 musste Ferdinand den Protestanten die freie Religionsausübung gewähren; der Friede von Augsburg von 1555 gestand den protestantischen Reichsständen die reichsrechtliche Gleichstellung zu und besiegelte mit der Übertragung der Kirchenhoheit an die Landesherren (cuius regio, eius religio) die konfessionelle Spaltung Deutschlands. 1556 dankte Karl zugunsten seines Bruders als Kaiser ab und gestand damit implizit das Scheitern seiner universalen christlichen Kaiseridee ein, die er nach hochmittelalterlichem Vorbild wieder zu beleben versucht hatte, in der Deutschland aber nur noch eine nebengeordnete Rolle zugekommen wäre.

Ferdinand I. (1531/1556-1564), durch Türkenkriege abgelenkt, bemühte sich im Reich um Ausgleich und die Überwindung der Glaubensspaltung. Ferdinands Sohn und Nachfolger Maximilian II. (1564-1576) neigte stark dem Protestantismus zu, verzichtete jedoch aus politischen Gründen auf einen Übertritt. Auch ihm gelang die Versöhnung zwischen den konfessionellen Parteien nicht.

 

Die Gegenreformation

Bereits unter Ferdinand setzte mit Schwerpunkt in Süddeutschland und Österreich die Gegenreformation ein; ihre Träger waren zunächst vor allem die Jesuiten, die sich unter der Führung von Petrus Canisius in Süddeutschland etablierten. Unter Rudolf II. (1576-1612), der am spanischen Hof streng katholisch erzogen worden war, verschärfte sich, vom Kaiser gefördert, die Gegenreformation und bediente sich zum Teil gewaltsamer Mittel: Im Kölnischen Krieg 1582 bis 1584 wurden spanische Truppen eingesetzt, um die Einführung der Reformation in Köln zu verhindern, und 1607 führte der bayerische Herzog Maximilian I. die Reichsstadt Donauwörth gewaltsam zum Katholizismus zurück. Gegen diese und ähnliche Maßnahmen schlossen sich 1608 unter kurpfälzischer Führung die protestantischen Reichsstände zur Union zusammen; 1609 bildete sich unter bayerischer Führung die katholische Liga. Rudolf verlor im Reich zusehends an Durchsetzungskraft, so dass die Kurfürsten beschlossen, den Kaiser noch zu Lebzeiten durch seinen Bruder Matthias (1612-1619) zu ersetzen; es kam jedoch erst nach Rudolfs Tod zum Thronwechsel.

Der Jülich-Klevesche Erbfolgestreit (1609-1614), im Grunde die Auseinandersetzung zwischen einigen Reichsfürsten um das klevesche Erbe, wurde aus konfessionellen Gründen zu einer internationalen Angelegenheit; aber noch konnte verhindert werden, dass diese territorialpolitisch-konfessionelle Auseinandersetzung zu einem großen europäischen Krieg wurde, u. a. dank der Bemühungen des nach Ausgleich strebenden Matthias; die zunehmende Polarisierung zwischen den religiösen Parteien konnte er jedoch nicht mehr abwenden.

 

Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede

Ferdinand II. (1619-1637) betrieb erneut eine rücksichtslose Rekatholisierungspolitik, sowohl in Österreich als auch in Böhmen, wo er seit 1617 König war. Er verletzte damit die von Rudolf II. den böhmischen Ständen im Majestätsbrief von 1609 garantierte Religionsfreiheit und trug so zum Ausbruch des Böhmischen Aufstands bei, der den Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) einleitete. Der Krieg, der als Glaubenskrieg begann, schlug bald in einen europäischen Machtkampf zwischen den Habsburgern, Spanien, Frankreich und Schweden um, denen sich jeweils deutsche Fürsten anschlossen, und wurde zum größten Teil auf deutschem Boden ausgetragen. Bei Kriegsende war Deutschland in regional unterschiedlichem Maße verwüstet und die Bevölkerung im Vergleich zum Vorkriegsstand um etwa die Hälfte dezimiert. Der Westfälische Friede von 1648 verkleinerte das Reich um die nördlichen Niederlande und die Schweiz, die beide endgültig aus dem Reichsverband ausschieden, um das Elsass, das an Frankreich ging, und um die Oder-, Weser- und Elbemündung, die an Schweden fielen; zugleich schrieb er die territorialen Veränderungen innerhalb des Reiches, die vor allem zugunsten Kurbrandenburgs gingen, fest. Von größter Bedeutung für das Reich waren die verfassungs- und religionspolitischen Bestimmungen des Westfälischen Friedens, die bis zum Ende des alten Reiches 1806 die Grundlage der Reichsverfassung bildeten: Er erkannte die Gleichberechtigung der Konfessionen an, legte den konfessionellen Besitzstand auf der Grundlage des "Normaljahres" 1624 fest und untersagte in Religionsfragen Mehrheitsbeschlüsse des Reichstages. Er bestätigte die Zersplitterung des Reiches in beinahe 300 Einzelstaaten und gestand den Landesherren nahezu volle Souveränität zu, d. h. auch das Recht, Bündnisse mit ausländischen Mächten zu schließen, sofern sie nicht gegen das Reich gerichtet waren. Der Kaiser wurde in seinen Rechten weiter beschränkt und bei allen Entscheidungen, die das Reich betrafen, an die Zustimmung der Reichsstände gebunden. Aufgrund seiner verfassungsrechtlich festgeschriebenen Territorialisierung blieb das Reich bis zu seinem Ende ein Machtvakuum.

 

Vom Westfälischen Frieden bis zum Wiener Kongress (1648-1815)

In Folge des Dreißigjährigen Krieges war die Bevölkerung enorm zusammengeschmolzen, weite Teile des Landes waren verwüstet worden. Der Gesandtenkongress, der ab 1663 in Regensburg zusammentrat, entwickelte sich zu dem immerwährenden Reichstag der Landesfürsten (bis 1806), die zunehmend politischen Einfluss gewannen. Es entstanden vom Absolutismus geprägte Staaten (u. a. Österreich, Brandenburg-Preußen), in denen die Landstände meist an Macht verloren, die Verwaltung vereinheitlicht wurde und stehende Heere gebildet wurden. Die Wirtschaft war von Merkantilismus und Kameralismus geprägt, welche in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vom Liberalismus verdrängt wurden. Deutschland stand unter starkem Einfluss Frankreichs, das mit Schweden und Polen paktierte sowie Beziehungen zu den Türken unterhielt. Innenpolitisch konnte der französische Nachbar über die kooperierenden Wittelsbacher und rheinischen Fürsten Entscheidungen beeinflussen.

Durch die Friedensschlüsse von Nimwegen (1678/79), die sich dem ersten Reichskrieg gegen den französischen König Ludwig XIV. anschlossen, wurde Frankreich die Stadt Freiburg (Breisgau) zugesprochen, des Weiteren konnte es durch Reunionen im Lauf der Zeit das ganze Elsass gewinnen. 1681 erfolgte die französische Besetzung von Straßburg.

Nach dem Pfälzischen Erbfolgekrieg (ab 1688, beendet durch den Frieden von Rijswijk, 1697) musste Frankreich seine rechtsrheinischen Eroberungen und Lothringen wieder abtreten. Das Elsass und Straßburg blieben jedoch in französischen Händen.

Infolge der Belagerung Wiens (1683) durch die Türken waren die kaiserlichen Kräfte gebunden. Leopold I. konnte die Stadt mit Unterstützung von Johann III. Sobieski befreien. Im folgenden Großen Türkenkrieg (bis zum Frieden von Karlowitz, 1699) verloren die Osmanen Siebenbürgen und Ungarn (ausgenommen das Banat, einschließlich großer Teile Kroatiens und Serbiens). Damit hatte Österreich eine europäische Großmachtstellung erlangt, die es im Anschluss an den Spanischen Erbfolgekrieg (beendet durch die Friedensschlüsse von Rastatt und Baden, 1714) noch ausbauen konnte (Zugewinn der Spanischen Niederlande, Mantuas, Sardiniens, Mailands und Neapels).

Der Nordische Krieg gegen Karl XII. von Schweden hatte zur Folge, dass die schwedischen Besitzungen an der Wesermündung an Hannover gingen, ein großer Teil Vorpommerns kam zu Preußen. Kursachsen erhielt 1697 unter dem zum Katholizismus übergetretenen August dem Starken die polnische Königskrone. Kurfürst Georg Ludwig von Hannover trat (als Georg I.) 1714 die Nachfolge der britischen Könige an. Preußen wurde 1701 unter Kurfürst Friedrich III. zum Königtum. Sein Nachfolger, der "Soldatenkönig" Friedrich Wilhelm I., schuf einen militärisch ausgerichteten preußischen Staat (u. a. stehendes Heer), der die Grundlage bildete für Preußens Aufstieg zur zweiten Großmacht neben Österreich. Die Pragmatische Sanktion (1713) ermöglichte es Kaiser Karl VI., dass ihm Maria Theresia in den österreichischen Erblanden als Herrscherin nachfolgte. Nach dem Tode Karls VI. eroberte der preußische König Friedrich II. die Provinz Schlesien von Österreich (Schlesische Kriege, 1740-1742 und 1744/45) und löste damit den Österreichischen Erbfolgekrieg aus (beendet mit dem Aachener Frieden 1748).

Maria Theresias Mann wurde 1745 als Franz I. zum Kaiser gekrönt und löste den zwischenzeitlich eingesetzten Wittelsbacher Karl VII. ab. Mit den Verbündeten Russland und Frankreich versuchte Maria Theresia, den Rivalen Preußen zu bezwingen. Doch konnte sich Friedrich II. im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) behaupten. Der preußische Staat wurde zu einer europäischen Großmacht, die fortan im Gegensatz zu Österreich stand, so z. B. im Bayerischen Erbfolgekrieg von 1778/79. Russland veranlasste Österreich und Preußen, sich an den Auseinandersetzungen um Polen zu beteiligen (Polnische Teilungen 1772, 1793 und 1795).

Die Ideen der Aufklärung (Beginn des Klassizismus) brachten im 18 Jahrhundert eine Milderung der religiösen Gegensätze, eine wachsende Bedeutung des Bürgertums und innere Reformen mit sich. Als bedeutender Herrscher des aufgeklärten Absolutismus gilt beispielsweise Joseph II.

Die Französische Revolution von 1789 mit ihren Forderungen nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit rief große politische Veränderungen in Europa hervor, welchen sich Preußen und Österreich entgegenzustellen versuchten.

Während der französischen Revolutionskriege unterlagen Kaiser Leopold II. und Franz II. Preußen musste im Basler Frieden (1795) der französischen Republik die linksrheinischen Territorien abtreten. Österreich schloss mit Frankreich den Frieden von Campoformio (1797). Die dort in Geheimartikeln vereinbarte Abtretung des linken Rheinufers von Basel bis Andernach an Frankreich wurde 1801 (Friede von Lunéville) bestätigt. Das Reich war in der Auflösung begriffen und wurde den Interessen der europäischen Großmächte entsprechend aufgeteilt.

Mit dem Reichsdeputationshauptschluss (1803) setzte neben der Säkularisation geistlicher Hoheits- und Eigentumsrechte zugleich die Mediatisierung reichsunmittelbarer Stände ein. Baden, Hessen-Kassel und Salzburg wurden Kurfürstentümer (1803), Württemberg und Bayern infolge des 3. Koalitionskrieges zu Königreichen (1805). Der Rheinbund (1806) vereinigte die süd- und westdeutschen Staaten unter französischer Führung. Die ihm angehörenden Staaten erklärten sich für souverän und ihren Austritt aus dem Deutschen Reich. Kaiser Franz II. legte am 6. August 1806 auf Betreiben Napoleons I. die deutsche Kaiserkrone ab (Ende des alten deutschen Reiches). Preußen brach während der Koalitionskriege zusammen. Im Frieden von Tilsit (1807) verlor es mehr als die Hälfte seines Territoriums (u. a. alles Land westlich der Elbe). Das Königreich Westfalen und das Großherzogtum Berg wurden gebildet; beide schlossen sich mit Sachsen und den übrigen mittel- und norddeutschen Staaten dem Rheinbund an.

Die preußischen Reformen unter Freiherr vom Stein und Karl August Fürst von Hardenberg führten zur Bauernbefreiung (Beginn 1807), zur Städteordnung von 1808 (Prinzip kommunaler Selbstverwaltung) und brachten eine Heeresreform (1814 allgemeine Wehrpflicht) mit sich. Nach dem russischen Sieg über die Grande Armée (Große Armee) setzten die Befreiungskriege gegen Napoleon ein. Die Völkerschlacht bei Leipzig (1813) brachte den Zusammenbruch der napoleonischen Herrschaft in Deutschland. Im 1. Pariser Frieden (1814) wurde Frankreich in die Grenzen von 1792 zurückgewiesen. Nach Napoleons Herrschaft der "Hundert Tage" und seiner endgültigen Niederlage bei Belle-Alliance (1815) musste Frankreich im 2. Pariser Frieden auch Landau an Bayern und neben Saarlouis noch Saarbrücken an Preußen abgeben (Grenzen von 1790). Auf dem Wiener Kongress, der dem Sturz Napoleons folgte, wurde u. a. die territoriale Neuordnung geregelt.

 

Vom Deutschen Bund bis zur Reichsgründung (1815-1871)

Die seit dem Wiener Kongress souveränen deutschen Einzelstaaten vereinigten sich 1815 zum Deutschen Bund, dem auch der König von Großbritannien für Hannover, der niederländische König für Luxemburg und Limburg sowie der dänische König für Holstein und Lauenburg angehörten. 1820 wurde von der Bundesversammlung die Wiener Schlussakte angenommen, welche die Bundesakte von 1815 ergänzte. Der unter österreichischer Präsidentschaft stehende Bundestag in Frankfurt (Main) setzte sich aus den Gesandten der einzelnen Staaten zusammen, eine gemeinsame Volksvertretung existierte jedoch nicht. Fürst Metternich übernahm die Führung der Bundespolitik. Er stand hinter den Karlsbader Beschlüssen (1819) und den Demagogenverfolgungen, welche die nationale und liberale Bewegung unterdrücken sollten. 1834 wurde unter Führung Preußens der Deutsche Zollverein gegründet (dem der größte Teil Deutschlands – außer Österreich – angehörte), um wirtschaftliche Hemmnisse und Zölle abzubauen.

Die Industrialisierung, von Großbritannien ausgehend, fasste Anfang des 19. Jahrhunderts auch in Deutschland Fuß. Sie brachte neben dem wirtschaftlichen Aufschwung (mit dem der Aufbau eines Verkehrs- und Eisenbahnnetzes einherging) auch große soziale Probleme mit sich. Nationale und liberale Kräfte des Vormärz riefen die Märzrevolution von 1848 hervor, in deren Folge der österreichische Fürst Metternich zurücktreten musste. Der Bundestag wurde von der deutschen Nationalversammlung abgelöst, die in der Frankfurter Paulskirche zusammenkam und Erzherzog Johann zum Reichsverweser wählte. Den Anhängern des großdeutschen Gedankens standen die Kleindeutschen ("Erbkaiserlichen") unter der Führung Heinrich von Gagerns gegenüber, die einen Bundesstaat ohne Österreich mit dem preußischen König als Kaiser anstrebten. Im März 1849 wurde die Frankfurter Reichsverfassung beschlossen. Dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV. wurde die Kaiserkrone angetragen, doch er schlug sie aus. Die Reichsverfassung wurde abgelehnt. Unter dem österreichischen Ministerpräsidenten Fürst zu Schwarzenberg, unterstützt von Russland und den deutschen Mittelstaaten, wurde der alte Bundestag wieder einberufen.

Mit der Olmützer Punktation (1850) verzichtete Preußen auf eine deutsche Einheit unter seiner Führung und erkannte den Bundestag an. Die dänische Herrschaft in Schleswig-Holstein fand durch die Londoner Protokolle (1850, 1852; Unterzeichnerstaaten: Österreich, Großbritannien, Frankreich, Russland, Schweden, Norwegen) Anerkennung in Europa. Die Bundespolitik war vorwiegend geprägt von dem preußisch-österreichischen Dualismus. In Preußen kam es während der Herrschaft mit ersten liberalen Ansätzen ("Neue Ära") des Prinzregenten Wilhelm (später Kaiser Wilhelm I.) zu schweren Auseinandersetzungen um die Heeresreform (1861) unter Albrecht Graf von Roon (1803-1879), welche Otto von Bismarck (seit 1862 preußischer Ministerpräsident) ohne Mitwirkung des Landtages durchsetzte. Seine Politik zielte auf einen Bruch des Deutschen Bundes. Auf dem von Österreich einberufenen Frankfurter Fürstentag brachte er den Bundesreformplan zum Scheitern. Durch ein Abkommen von 1863 ("Alvenslebensche Konvention") erhielt er russische Unterstützung für die preußische Politik.

1863/64 schlossen sich Preußen und Österreich zusammen (ohne Unterstützung des Bundes), um militärisch gegen Dänemark vorzugehen (Deutsch-Dänischer Krieg), das Schleswig-Holstein abtreten musste, welches unter preußisch-österreichische Verwaltung ("Kondominium" bis 1866) gestellt wurde. Bismarck veranlasste jedoch die Besetzung Holsteins und erklärte im Juni 1866 den Deutschen Bund für erloschen. Dies führte zum Deutschen Krieg (1866) zwischen Preußen und Österreich. Österreich unterlag in der Schlacht bei Königgrätz (3. Juli), was seine Ausschließung aus dem deutschen Staatenverband, die Bildung des Norddeutschen Bundes sowie die preußische Annexion von Schleswig-Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt zur Folge hatte.

1867 erließ der Reichstag die Verfassung des Norddeutschen Bundes, welche den späteren Eintritt der süddeutschen Staaten vorsah. Preußen hatte das Bundespräsidium inne, Außenpolitik und Bundesheer waren ihm unterstellt.

Innenpolitisch trug der Deutsche Zollverein (Zollparlament) zu einer Festigung bei; außerdem wurde eine Bundesgesetzgebung eingeleitet, bei der Bundeskanzler Bismarck von nationalliberalen und freikonservativen Kräften unterstützt wurde.

Die Außenpolitik bestimmte das Verhältnis zu Frankreich unter Napoleon III. Die von Bismarck unterstützte Kandidatur des Prinzen Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen für den spanischen Thron, über die in der Emser Depesche berichtet wird, führte zum Deutsch-Französischen Krieg (1870/71), an dem auch die süddeutschen Staaten beteiligt waren.

Der um Bayern, Württemberg, Hessen und Baden erweiterte Norddeutsche Bund erhielt auf Beschluss des Reichstages 1870 den Namen Deutsches Reich. Der König von Preußen wurde in Versailles als Wilhelm I. zum deutschen Kaiser proklamiert (18. Januar 1871). Der neu gebildete Reichstag kam erstmals am 21. März 1871 zusammen, die Reichsverfassung trat im April 1871 in Kraft. Im Frankfurter Frieden (Mai 1871), der den Deutsch-Französischen Krieg beendete, konnte die Abtretung von Elsass und Lothringen an das Deutsche Reich durchgesetzt werden.

 

Deutsches Kaiserreich und 1. Weltkrieg (1871-1918)

Nach der Reichsgründung konnte das Kaiserreich seine neu gewonnene Stellung durch das komplizierte Bündnissystem Bismarcks bewahren und gleichzeitig Frankreich isolieren. Seit dem Berliner Kongress (1878), der eine neue Ordnung auf dem Balkan mit sich brachte, verschärften sich die Spannungen zwischen Russland und dem Reich. Dies führte zur Bildung des Zweibundes (1879; 1882 mit Italien zum Dreibund erweitert) zwischen Österreich und Deutschland, in dem sich beide Mächte zu wechselseitigem Beistand im Falle eines französischen bzw. russischen Angriffs verpflichteten. 1881 konnte das Verhältnis zu Russland durch ein Neutralitätsabkommen gesichert werden, 1887 folgte ein russisch-deutscher Rückversicherungsvertrag. Durch die Mittelmeerentente (1887) näherte sich auch Großbritannien dem Dreibund an. Aufgrund von Bismarcks Kolonialpolitik (Imperialismus) konnten – ohne größere Konflikte – ab 1884 (erste Kolonie Deutsch-Südwestafrika) in Afrika und im Pazifik "Schutzgebiete" gewonnen werden.

Innenpolitisch war der Kulturkampf (seit 1871), der sich gegen die katholische Kirche richtete, ein bestimmendes Element. Die Einführung von Schutzzöllen (1879) – eine Antwort auf den wirtschaftlichen Einbruch, der den Gründerjahren folgte – beendete die Zusammenarbeit von Bismarck und den Nationalliberalen. Die zunehmend konservative Politik Bismarcks schlug sich in dem gegen die aufstrebende Sozialdemokratie (Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands) gerichteten Sozialistengesetz (1878-1890 gültig) nieder. Auch durch die Sozialgesetzgebung (seit 1883) gelang es Bismarck nicht, die Arbeiterschaft von den Sozialdemokraten zu trennen und den Gegensatz zwischen den Arbeitern und dem Staat zu entschärfen. Im "Dreikaiserjahr" folgte Wilhelm II., nach dem Tode Wilhelms I. und der nur 99 Tage dauernden Herrschaft Friedrichs III., auf den deutschen Thron. Im Anschluss an die Absetzung Bismarcks war der Weg frei für den innen- und außenpolitisch "Neuen Kurs" unter Wilhelm II. und seinem Reichskanzler (seit 1890) Caprivi.

Der Rückversicherungsvertrag mit Russland wurde nicht verlängert. Das Verhältnis zwischen Großbritannien und dem Reich verschlechterte sich zunehmend (u. a. durch die deutsche Unterstützung der südafrikanischen Buren und den Ausbau der deutschen Flotte unter Alfred von Tirpitz). Durch die britisch-französische Entente cordiale (1904), aus der 1907 – um Russland erweitert – die Tripelentente hervorging, welche nun dem Dreibund gegenüberstand, und infolge der Marokkokrisen geriet das Deutsche Reich zunehmend in Isolation ("Einkreisung"). Die Daily-Telegraph-Affäre (1908), die Wilhelm II. den Vorwurf des "persönlichen Regiments" eintrug, machte die innenpolitischen Schwächen der Monarchie offensichtlich (so auch die "Zabernaffäre" 1913) und trug zu einer Verschlechterung des britisch-deutschen Verhältnisses bei.

Der Ausbruch des 1. Weltkrieges 1914 brachte anfangs durch den Burgfrieden eine nationale Einheit und eine Beendigung der innenpolitischen Auseinandersetzungen mit sich, doch traten die Gegensätze z. B. in Hinblick auf die Kriegsziele schon bald wieder deutlich hervor. Im Verlauf des Krieges konnten sich die Alliierten gegen die Mittelmächte durchsetzen.

 

Novemberrevolution und Weimarer Republik (1918-1933)

Die deutsche Niederlage im 1. Weltkrieg und die Novemberrevolution führten zum Zusammenbruch der Monarchie. Prinz Max von Baden verkündete die Abdankung Wilhelms II.

Die im Februar 1919 zusammentretende Nationalversammlung begründete die Weimarer Republik, deren erster Reichspräsident Friedrich Ebert wurde. Am 14. August 1919 trat die Weimarer Verfassung in Kraft. Gemäß dem Versailler Vertrag hatte Deutschland u. a. große Gebietsverluste hinzunehmen und hohe Reparationszahlungen (Youngplan, Dawesplan) zu leisten. Der Rapallovertrag (1922), der seine Fortsetzung im Berliner Vertrag (1926) fand, verbesserte das russisch-deutsche Verhältnis und half die außenpolitische Isolation Deutschlands zu durchbrechen. Ruhrkampf (1923) und verschärfte Inflation ergaben eine wirtschaftlich prekäre Situation. Unter Paul von Hindenburg, dem Nachfolger Eberts im Reichspräsidentenamt, schloss Außenminister Gustav Stresemann die Locarno-Verträge (1925) ab, die einen Beitritt Deutschlands zum Völkerbund (auf Grundlage der Vierzehn Punkte des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson entstanden) nach sich zogen. Nach einer Phase der relativen Stabilisierung trugen wirtschaftliche Probleme (Weltwirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit) und Opposition von der extremen Linken und Rechten (äußerte sich bereits 1920 im Kapp-Putsch und 1923 im Hitler-Putsch) zu dem Untergang der Weimarer Republik bei. Nach dem Sturz von Reichskanzler Heinrich Brüning gewannen die Nationalsozialisten unter Adolf Hitler die Oberhand.

 

Drittes Reich und 2. Weltkrieg (1933-1945)

Mit der Machtergreifung Hitlers (30. Januar 1933) und dem Ermächtigungsgesetz setzte die nationalsozialistische Herrschaft in Deutschland ein (Beginn des Dritten Reiches). Die parlamentarische Demokratie verwandelte sich in eine Diktatur, die für die grausamen Judenverfolgungen (Nürnberger Gesetze, Reichskristallnacht) verantwortlich zeichnete, denen Millionen von Juden in Konzentrations- und Vernichtungslagern (Warschauer Ghetto) zum Opfer fielen. Der "Führer und Reichskanzler" Hitler ließ nach dem Austritt aus dem Völkerbund das Rheinland besetzen, verantwortete den "Anschluss" Österreichs und konnte im Münchner Abkommen (1938) die Abtretung des Sudetenlandes von der Tschechoslowakei (1939 unter deutscher Herrschaft Bildung des Protektorats Böhmen und Mähren und des Schutzstaates Slowakei) durchsetzen. Der Abschluss des Hitler-Stalin-Paktes, in dem sich Deutschland und die Sowjetunion wechselseitige Neutralität zusicherten, und der Stahlpakt (zwischen den Achsenmächten Italien und Deutschland) bereiteten den deutschen Angriff auf Polen (1. September 1939) vor, durch welchen der 2. Weltkrieg ausgelöst wurde. Die britisch-französische Kriegserklärung an Deutschland folgte am 3. September, der deutsche Überfall auf die Sowjetunion und die Kriegserklärung an die USA dann 1941. Die Schlacht um Stalingrad (1942/43) im Osten und die alliierte Landung in der Normandie (1944) im Westen brachten die Wende im Kriegsgeschehen. Hitler, der am 20. Juli 1944 knapp einem Attentat entkommen konnte, entzog sich der Verantwortung und beging noch vor Kriegsende Selbstmord (30. April 1944). Am 7. Mai 1945 erfolgte die Kapitulation Deutschlands.

 

Besatzungszeit und Teilung Deutschlands (1945-1949)

Die oberste Regierungsgewalt übernahmen nach der deutschen Niederlage im 2. Weltkrieg die vier Siegermächte USA, UdSSR, Großbritannien und Frankreich ("Berliner Viermächteabkommen" vom 5. ;Juni 1945), die Deutschland in vier Besatzungszonen aufteilten.

Dem Potsdamer Abkommen entsprechend wurden die Gebiete jenseits der Oder-Neiße-Linie unter polnische und sowjetische Verwaltung gestellt. In dem Abkommen wurden zudem die Reparationen, die Entmilitarisierung und die Entnazifizierung (Nürnberger Prozesse) in Deutschland geregelt. Zwischen den Besatzungsmächten bestanden große Interessengegensätze, die sich zum Kalten Krieg entwickelten, der sich u. a. durch die Blockade Berlins (1948/49) bemerkbar machte. So kam die Sowjetische Besatzungszone (SBZ) allmählich unter den Einfluss der UdSSR, die drei westlichen Zonen hingegen entwickelten sich – nach dem 1947 in der Bizone (USA, Großbritannien) erfolgten wirtschaftlichen Zusammenschluss, dem 1948 auch Frankreich beitrat (Trizone) – hin zu einem parlamentarisch-demokratischen Staat.

 

Christoph Barth