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Das Kastensystem

Das Kastensytem unterteilt die religiöse Gemeinschaft der Hindus in verschiedene
autonome Gruppen, denen man von Geburt an angehört. Das von den Ariern
eingeführte Kastensystem besteht im wesentlichen aus vier Kasten ("Varnas"), wenn
man von den zahlreichen Unterkasten ("Jatis") absieht:
1. Brahmanen
Priester, Kenner und Lehrer der heiligen Schriften
2. Kshatryas
Krieger, Könige, Fürsten, Adelige
3. Vaishyas
Ackerbauern, Viehzüchter, Handwerker, Handelsleute
4. Shudras
Diener, Arbeiter, Sklaven

Eine weitere starke Gruppierung sind die Harijans ("Unberührbare"),
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welche aus
dem etablierten Gesellschaftssystem dadurch herausfallen, daß sie keiner Kaste
angehören.
Durch eine bestimmte Kastenzugehörigkeit erlangt man soziale und religiöse
Privilegien, aber man muß auch bestimmte Ge- und Verbote beachten.
Im strenggläubigen Sinn kennzeichnen drei Regeln das Kastensystem:
1. Trennung
· Heirat ist nur innerhalb der eigenen Kaste möglich (Endogamie)
· gemeinsame Mahlzeiteneinnahme nur mit Kastenangehörigen
2. Spezialisierung
· Berufswahl ist auf die eigene Kaste beschränkt
3. Sozialer Rang
· das Sonderprestige ist von der Kaste abhängig

Die Hindus betrachten das Kastensystem als soziales System, das durch religiöse
Strukturierung dem ewigen Gesetz der Welt ("Dharma") entspricht und deshalb
gerecht ist, da von der Kastenzugehörigkeit weder der ethische Standart noch die
Erlösung des Menschen abhängt.
Die soziale Funktion der Kasten besteht darin, daß eine Kaste die indische
Solidargemeinschaft repräsentiert, d.h. das Existenzminimum von Arbeitslosen,
Alten, usw. sichert.
 

Die Entstehung des Kastenwesens
Um 2000 v. Chr. wanderten Arier in Indien ein und wurden dort seßhaft. Die
hellhäutigen Arier waren in drei freie Stände gegliedert:
1. Priester
2. Fürsten, Krieger, Kaufleute
3. Bauern
Damit sie ihre Herrschaft nicht verloren, grenzten sie sich von den
dunkelhäutigen Einheimischen, die hauptsächlich als Tagelöhner, Landarbeiter,
Handwerker und Diener arbeiteten, ab. Somit war ein vierter "Stand" geschaffen.
Die Einheimischen wurden Shudras genannt.

Die Kastenordnung ist aber auch religiös begründet. Nach der Lehre der heiligen
Schriften, der Veden (Wissen), der altindischen Reiligion sind die Kasten vom
Schöpfergott Purusha/Brahman geschaffen und gewollt. Ihr oberster Grundsatz
lautet: Die Menschen sind ungleich geboren, also können sie nicht gleichgestellt
werden.
Die Götter opferten einen Urriesen, aus dessen Körperteilen neben Tieren,
Pflanzen, Himmel und Erde die einzelnen Gesellschaftsschichten entstanden. Aus
dem Mund entstanden die priesterlichen Brahmanen, aus den Armen die Krieger, die
Kshatriyas; aus den Schenkeln gingen die Kaufleute, Händler, Bauern und
Viehzüchter hervor, die Vaishyas, aus den Füßen die Shudras, die den anderen
neidlos zu dienen hatten.
Unterhalb dieser vier Hauptkasten befinden sich die "Kastenlosen", von denen die
"Parias" (Unberührbare) nur eine Untergruppe darstellen. Unter diesen Kastenlosen
stehen die Nicht-Hindus.
 

Das Leben in verschiedenen Kasten
Von Geburt an, und nur durch diese, gehört ein Hindu einer bestimmten Kaste an.
Der Glaube und das Kastensystem sind in Indien stark verwurzelt. Da die Hindus an
eine Wiedergeburt glauben, leben sie streng nach den vorgegebenen Regeln ihrer
Religion. Durch die Einhaltung dieser Regeln erhoffen sie sich eine bessere
Stellung im nächsten Leben, d.h., Wiedergeburt in eine höhere Kaste. Verstösst
jedoch ein Hindu gegen die Regeln, hat er schlechte Aussichten, im nächsten Leben
überhaupt als Mensch wiedergeboren zu werden: er könnte auch als Tier
wiedergeboren werden.
Eine dieser Regeln besagt, dass man Kühe nicht schlachten darf, da die Seele
eines verstorbenen Verwandten in der Kuh leben könnte. Das Töten einer Kuh wird
als Mord betrachtet.
Ein Hindu ist mit jeder Lebenslage zufrieden, sogar wenn es ihnen sehr schlecht
geht: dies ist für sie ein Zeichen, dass sie in ihrem vorherigen Leben etwas
schlecht gemacht haben.
 

Die Harijans
Fast 14% der indischen Bevölkerung (ungefähr 100 Millionen Menschen) sind
Harijans.
Es entstehen immer mehr Unterkasten, über den ganzen Subkontinent verteilt sind
es heute fast 3000. Die Parias, wie man sie früher nannte, haben keine Rechte. Es
ist ihnen z.B. verboten, Tempel zu betreten. Sie sind meist Leibeigene und
arbeiten sehr hart. Bei ihren Leibherren oder Arbeitgebern können sie sich oft
Geld leihen. Dies können sie aber nicht zurückbezahlen, da sie ihren Lohn in
Naturalien (Weizen, Hülsenfrüchte und Reis) ausbezahlt bekommen. Diese Schulden
fesseln sie meist ihr ganzes Leben an den Leibherren. Die Schulden gehen oft
durch viele Generationen. Durch ihre Armut sind die Harijans meist unterernährt
und ihr Immunsystem kann sich gegen Krankheiten und Seuchen nicht wehren. Da sie
kein Geld haben, können sie es sich auch nicht leisten, einen Arzt aufzusuchen.
Das erklärt die geringe Lebenserwartung der Harijans.
 
 

Das Kastensystem in der heutigen Zeit
Obwohl das Kastensystem offiziell durch die Verfassung von 1949 abgeschafft
wurde, bestimmt es immer noch das soziale Leben Indiens. Die heutige Gesetzgebung
ermöglicht es zwar jedem Inder, kastenübergreifend jeden Beruf anzustreben, doch
in der Praxis -z.B. bei Heirat oder Karriere- hat die Zugehörigkeit zu einer
Kaste immer noch erhebliche Bedeutung. Der Alltag der "Kastenlosen" ist auch
heute noch traurig und trostlos: sie gelten als "unrein" im religiös-rituellen
Sinne. Selbst durch Blicke oder Berührung mit dem Schatten eines Kastenlosen wird
ein Kastenhindu "unrein", was ausgiebige Reinigungszeremonien erfordert.
Kastenlose üben auch heute noch vor allem "unreine" Berufe wie Latrienenträger,
Straßenkehrer, Leichenträger und Gerber aus.
 

Auswirkungen der Kastenordnung
"Wie oft habe ich Parias warten sehen, bis der Zug kam. Sie saßen Stunden auf dem
Bahnhof mit Frau und Kindern, Sack und Pack. Der Zug läuft ein, die Parias suchen
ein Abteil, in dem kein Brahmane sitzt. Der Zug ist fast leer, aber sie finden
kein Abteil, sie können nicht mitfahren. Wie oft habe ich auch gesehen, daß sie
ein leeres Abteil fanden, ein Brahmane steigt ein, und schweigend, ohne zu
zögern, verlassen sie das Abteil und den Zug, wenn sie kein leeres Abteil finden,
auch mitten in der Nacht. Sie dürfen mit einem Brahmanen nicht im selben Raum
sein, nicht dieselbe Luft atmen. Niemand flucht, denn das muss so sein, die
Gottheit will es so." (Nach H. Kühn, Hinduismus, 1994)