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Die Westgoten
1. Die Entwicklung des westgotischen Reiches
1.1 Die Teilung in Ostgoten und Westgoten
Das Volk der Goten stammt ursprünglich aus dem südlichen Skandinavien.
Kurz nach Christi Geburt verließen sie ihre Heimat und begannen eine
Wanderung, die im Wesentlichen nie zu Ende ging. Die Gründe für
die Auswanderung waren vor allem Überbevölkerung und die daraus
resultierende Hungersnot.
Nachdem sich die Goten für etwa 150 Jahre im Gebiet der Oder angesiedelt
hatten, brachen sie wieder in Richtung Osten auf. Das dritte Jahrhundert
steht im Zeichen der 'Gotenstürme'. Die Goten bedrängten sowohl
die Römer als auch andere Völker, vor allem solche, die in der
Nähe des Schwarzen Meeres siedelten (wie z. B. die Skythen).
Die Römer konnten sich jedoch bald auf den neuen Feind einstellen
und waren in der Lage, die gotischen Plünderer in mehreren Schlachten
zu besiegen. Kaiser Aurelian war es schließlich, der die Goten 271
n. Chr. vernichtend schlug (und dafür den Titel 'Gothicus Maximus'
erhielt). Dennoch zog er sich nach seinem Sieg zurück und überließ
die Provinz 'Dacia' den Plünderern. Diese gerieten bald in Konflikt
mit anderen Völkern und es kam zu einigen kriegerischen Auseinandersetzungen.
Nachdem sie sich gegenseitig dezimiert hatten, griffen die Römer wieder
ein und siedelten einige Völker auf römischem Gebiet an (z. B.
die Carpen). Hier fand nun die Trennung der Goten statt (etwa 291 n. Chr.).
Genaue Gründe für die Spaltung sind nicht bekannt. Fest steht
nur, daß sich die östlich des Dnestr beheimateten Goten zu den
'ostrogothischen Greutungen' (Greutungen bedeutet 'Steppenvolk') entwickelten.
Aus ihnen wurden später die Ostgoten. Die westlich des Dnestr lebenden
Sippen wurden als 'vesische Terwingen' (Terwingen bedeutet 'Waldbewohner')
bekannt. Sie entwickelten sich weiter zu den Westgoten. Es waren
auch diese vesischen Terwingen, die den Römern im Laufe der nächsten
Jahrhunderte erhebliche Probleme bereiten würden.
Wie dem auch sei, zu Anfang siedelten die Terwingen relativ friedlich
in Teilen des heutigen Rumäniens. Erst der Gote Athanarich, der 365
n. Chr. an die Macht kam, führte die Terwingen erneut in Kämpfe
mit den Römern, die ein Jahrzehnt anhalten sollten, bevor Frieden
geschlossen wurde.
1.2 Die Anfangsjahre der Westgoten
Die vesischen Terwingen wurden 376 n. Chr. in das römische Reich
aufgenommen. Sie sollten in Thrakien angesiedelt werden. Der römische
Kaiser Valens versprach sich von den kämpferischen Terwingen starke
Bundesgenossen. Doch es sollte anders kommen. Durch die Unfähigkeit
römischer Offiziere kam es zu Spannungen zwischen den beiden Völkern.
Daraufhin zogen die Goten unter ihrem Führer Fritigern plündernd
durch Thrakien. Die Römer gewannen aber bald wieder die Oberhand in
diesem Landstrich. Nach kleineren römischen Erfolgen gelang es dem
Gotenführer jedoch, die Hauptstreitmacht der Römer, die von Kaiser
Valens selbst angeführt wurde, in der Schlacht von Adrianopel (378
n. Chr.) vernichtend zu schlagen. Diese Niederlage war ein furchtbares
Debakel für die Römer, nur noch zu vergleichen mit der Schlacht
von Cannae (216 v. Chr.) und der Schlacht im Teutoburgerwald (9 n. Chr.).
Der Kaiser fiel im Kampf. Durch Valens Tod ihrer Führung beraubt,
waren die Balkanländer den Plünderungstr!
upps der Goten beinahe schutzlos ausgeliefert. Trotzdem konnte Fritigern
diese Lage nicht ausnutzen. Die Stadt Adrianopel, in der sich sowohl der
Reichsschatz als auch die Reichsinsignien befanden, konnte von einer römischen
Bürgermiliz gehalten werden. Inzwischen hatte der neue römische
Kaiser Theodosius Zeit, frische Truppen nach Thrakien zu schicken. Diese
stellten das Gleichgewicht wieder her, so daß es zu einer Einigung
kam. Die Goten wurden als Föderaten im heutigen Bulgarien angesiedelt.
Als Föderat blieb man politisch weitgehend autonom, man war jedoch
verpflichtet, dem Kaiser Truppen zur Verfügung zu stellen.
Kaiser Theodosius wurde später wegen seiner guten Beziehungen
zu den Goten der Beiname 'Gotenfreund' verliehen.
Doch auch der 'Gotenfreund' konnte nicht verhindern, daß 391
ein Aufstand angezettelt wurde. Ein Grund dafür waren sicher die hohen
Verluste an Soldaten, die die Goten während der Kämpfe für
den Kaiser bezahlen mußten. Der Anführer der Rebellion sollte
zu einer der schillerndsten Persönlichkeiten der Goten werden. Sein
Name war Alarich.
1.3 Die Zeit Alarichs I.
Alarich besiegte das eilig von Theodosius ausgesandte Heer und zog plündernd
durch Thrakien und Griechenland. Die Thermopylen, Piraeus und Boötien
fielen, nur Theben leistete erfolgreich Widerstand. Athen konnte sich freikaufen.
In dieser Lage trat Stilicho auf. Er war ein römischer Feldherr
und damit beauftragt, die Goten zur Räson zu bringen. Er wurde über
die nächsten Jahre der einzige Mann, der es mit Alarich aufnehmen
konnte. Gleich zu Anfang bedrängte Stilicho den Gotenführer derart,
daß ein Vertrag ausgehandelt werden konnte. Der Inhalt dieses Vertrages
ist nicht bekannt. Lange Zeit währte er auch nicht. Nur kurze Zeit
nach Abzug Stilichos mobilisierte Alarich erneut seine Soldaten und fiel
in Makedonien ein. Er konnte erst aufgehalten werden, als Kaiser Arcadius
ihm dieses Land als Siedlungsland zugestand (397 n. Chr.).
Doch auch damit gab sich Alarich nicht zufrieden. Nur vier Jahre später,
401 n. Chr. zog er nordwärts, mit dem eindeutigen Ziel Italien.
Nach einigen militärischen Erfolgen zwang ihn Stilicho zu einem
Waffenstillstand, den Alarich aber bald wieder brach. Letztendlich gipfelte
der Konflikt in der Schlacht von Verona (402 n. Chr.), die für die
Goten eine herbe Niederlage darstellte.
Nach der Schlacht von Verona ließen sich die Goten in Illyrien
nieder, wenn auch nur für kurze Zeit. Denn schon im Jahre 408 n. Chr.
überfiel Alarich die Gebiete der heutigen Steiermark, Sloweniens und
Ungarns. Damit Alarich nicht auch noch in Italien einfiele (und damit er
wieder unter römische Oberhoheit gestellt würde), war Stilicho,
gegen den Willen des Senats, zu Zahlungen an den Gotenführer bereit.
Stilicho fiel jedoch kurze Zeit später einer Intrige zum Opfer
und wurde als Verräter hingerichtet.
Wissend, daß kein römischer Feldherr ihm jetzt noch gefährlich
werden konnte, zog Alarich von Oberitalien plündernd bis vor die Tore
Roms und begann die Stadt zu belagern. Erst nach großen Ausgleichszahlungen
(alles Gold und alle bewegliche Habe, die sich in Rom befanden) zogen die
Goten ab. Nach gescheiterten Verhandlungen mit Kaiser Honorius verwüstete
das Gotenheer ganz Italien. Doch die geplünderten Gebiete konnten
die Armee nicht ernähren. Jetzt endlich kam ein Gespräch mit
dem römischen Kaiser zustande und ein Friede wäre durchaus im
Bereich des Möglichen gewesen. Doch eine Gruppe von 300 römischen
Soldaten machte sich selbständig, und fügte den Goten durch einen
Überraschungsangriff eine herbe Niederlage zu. Als Honorius davon
erfuhr, brach er die Verhandlungen sofort ab. Der Kaiser zog sich wieder
nach Ravenna zurück.
Alarich, in seinem Stolz verletzt, zog zum wiederholten Mal südwärts
und eroberte 410 n. Chr. die 'ewige Stadt' Rom ohne nennenswerte Schwierigkeiten.
Er war einer der wenigen, dem dies je gelungen war. Drei Tage lang
wurde die Metropole geplündert, die Schwester des Kaisers, Galla Placidia,
sogar als Geisel genommen.
Doch lange konnte sich der Gotenführer an seinem Erfolg nicht
erfreuen. Noch im selben Jahr starb Alarich bei Cosenza, als er auf dem
Weg nach Sizilien war. Einer Sage nach soll er im Flußbett des Busento
begraben worden sein.
1.4 Die Ansiedlung der Goten in Gallien
Alarich starb ohne leiblichen Nachfolger. Sein Schwager Athaulf wurde
zum Gotenkönig gewählt. Unter ihm zogen die Goten nach Gallien.
Dort schloß er eine Koalition mit dem gallischen Rebellen Iovinus.
Nachdem es aber zu Streitigkeiten zwischen den beiden gekommen war, schlug
sich Athaulf auf die Seite des Honorius. Dieser, froh einen Feind weniger
zu haben, erlaubte es den Goten, sich in Südgallien anzusiedeln. Dies
betraf vor allem die Städte Bordeaux, Toulouse und Poitiers. Als Gegenleistung
mußten sie Militärdienst ableisten.
Und obwohl den Goten sogar die Niederwerfung des Iovinus gelang, kam
es doch immer wieder zu Spannungen mit dem römischen Reich, die schließlich
wieder zu einem Krieg führten (413 n. Chr.). Nachdem aber die Städte
Narbonne und Toulouse gefallen waren, hatte Athaulf keine Möglichkeit
sein Heer zu ernähren, und so wurden bereits 414 n. Chr. die Kämpfe
eingestellt (zu einem echten Frieden kam es jedoch nicht). In dasselbe
Jahr fiel auch die Heirat zwischen Athaulf und Galla Placidia. Er selbst
starb jedoch schon 415 n. Chr., ebenso ihr gemeinsamer Sohn. Gallia Placidia
wurde 416 n. Chr. 'befreit'. Später wurde sie die Mutter von Kaiser
Valentinian III.
Der neue Gotenkönig Valia mußte sich 416 n. Chr. den Römern
ergeben, als sein Plan, die Straße von Gibraltar zu überqueren,
fehlgeschlagen war. Die Goten hatten nämlich das gesamte Land geplündert,
sodaß sie nun Versorgungsschwierigkeiten hatten. Bedingung für
den Frieden war, daß die Goten jede römische Geisel ausliefern
und Spanien von allen Feinden Roms säubern mußten. Im Gegenzug
erhielten sie genug Getreide für ein ganzes Jahr.
Nachdem der Spanienfeldzug beendet war, wurden die Goten im Gebiet
der heutigen Garonne angesiedelt. Ihre Hauptstadt wurde Toulouse, daher
stammt auch der Name 'Das tolosanische Reich'. Valia sollte jedoch dies
nicht erleben, denn er starb auf dem Rückweg von Spanien (418 n. Chr.).
Seinem Nachfolger Theoderich I. (auch Theoderid) gelang es ziemlich
gut, sein Reich aus den inneren Problemen der Römer herauszuhalten.
In jener Zeit nutzten die Goten jede Möglichkeit, um ihre Stellung
zu verbessern. Nach 33-jähriger Regierungszeit starb Theoderich I.
in der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern (451 n. Chr.), wo er auf
römischer Seite gegen die Hunnen gekämpft hatte. Sein Nachfolger
wurde sein Sohn Thorismund. Er starb jedoch schon zwei Jahre nach seinem
Amtsantritt. Sein Bruder Theoderich II. übernahm die Herrschaft. Wie
sein Vater hielt auch er sich aus der inneren römischen Politik heraus,
was sich angesichts der Umstände, die in Rom herrschten (Anarchie),
durchwegs als erfolgreich erwies. 466 n. Chr. wurde Theoderich II. von
seinem Bruder Eurich, der das tolosanische Reich zur Blüte bringen
sollte, ermordet.
1.5 Die Blütezeit unter Eurich
Eurich ging sofort daran, sein Reich vollständig aus dem römischen
Reich herauszulösen. Bereits zwei Jahre nach seinem Amtsantritt, im
Jahre 468 n. Chr., war das westgotische Reich ganz und gar unabhängig
von den Römern. 471 n. Chr. versuchte der römische Kaiser noch
einmal die Goten zu unterwerfen, doch sein Heer wurde vernichtet. Eurichs
nächste Schritte dienten dazu, sein Reich weiter auszudehnen. Nach
zahlreichen Kämpfen regierte er über ein Land, das im Norden
von der Loire, im Osten von der Rhone und im Westen vom Atlantik begrenzt
wurde. Der Gotenkönig beherrschte auch die iberische Halbinsel. 477
n. Chr. schloß Eurich mit dem italischen Herrscher Odoaker , der
Eurichs Landansprüche akzeptierte, Frieden.
Die nächsten Jahre benutzte Eurich weniger dazu sein Reich zu
vergrößern, als vielmehr, es zu sichern. Er schloß Frieden
mit den Burgundern und den kleinen Völkerschaften der Westeruler,
Warnen und Thüringern. Die Franken, die die einzig echte Gefahr für
sein Reich darstellten, hielt er durch geschickte militärische Operationen
in Schach.
König Eurich erließ auch zahlreiche neue Gesetze ('Codex
Euricanius'), die das Zusammenleben der verschiedenen Völker erleichterten.
2. Die westgotische Gesellschaft
2.1 Höfisches Leben
Da die Westgoten lange Wanderungen unternommen hatten, fehlte ihnen
die Praxis für ein geregeltes, seßhaftes Leben. Deswegen nahmen
sie die Römer als Vorbild.
Ursprünglich wurde der König der Goten gewählt. Spätestens
seit Theoderich I. entstanden aber Dynastien. Der Gotenkönig
war oberster Gesetzgeber und Richter. Er war das Oberhaupt der Kirche,
er verwaltete sowohl Innen- als auch Außenpolitik. Ihm zur Seite
standen sowohl gotische, als auch römische Adelige, die sogenannten
'comes' (lat: Begleiter). Hierbei handelte es sich anscheinend um eine
vereinfachte Variante des römischen Senats. Der König bestellte
die Comes als seine Vertreter für seine Stadtbezirke, von denen es
im tolosanischen Reich etwa 18 gab. Diese Fürsten wurden 'comes civitatis'
(lat: Begleiter der Bürger) genannt. Sie besaßen die regionale
Macht über die Rechtsprechung, das Militär und die Steuern. Comes
wurden auch zu anderen Aufgaben herangezogen, z. B. als Vertreter des Königs
im Krieg.
Die Comes bekleideten aber nicht nur hohe Staatsämter. So gibt
es noch den 'comes armiger' (lat: bewaffneter Begleiter), der dem König
als Waffenträger zur Seite stand, den 'comes thesaurus' (lat: Begleiter
des Schatzes), der den Staatsschatz verwaltete, und den Marschall, 'comes
stabuli' (lat: Begleiter des Stalles).
Eine ausführliche Beschreibung des Lebens des Gotenkönigs
Theoderich II. ist durch einen Brief des Bischofs Sidonius Apollinaris
überliefert. An eine recht genaue (und womöglich idealisierte)
Personenbeschreibung schließt folgendes an:
'(...)Vor Tagesbeginn sucht er mit einem ganz kleinen Gefolge die Gemeinschaft
seiner Priester auf und betet mit großem Ernst. Wenn man ihn aber
persönlich spricht, kann man (...) erkennen, daß er diese Andacht
mehr aus Gewohnheit als aus Überzeugung übt. Der Rest des Morgens
wird durch die Sorge um die Verwaltung des Reiches bestimmt. (...) Unterdessen
werden die Gesandten fremder Völker vorgelassen. Der König hört
meistens zu, antwortet aber nur wenig. Bedarf eine Sache gründlicher
Überlegung, schiebt er sie auf. (...) Die zweite Stunde ist da. Er
erhebt sich vom Thron und hat nun Zeit, seine Schätze oder die Stallungen
zu besichtigen. (...) Wenn man ihm zum Gastmahl folgt, das außer
an Festtagen gerade so wie das eines privaten Hauses ist, dann gibt es
hier keinen glanzlosen Haufen von verfärbtem alten Silber, (...) Das
meiste Gewicht hat das Gespräch, da man bei dieser Gelegenheit entweder
nichts oder aber Ernsthaftes redet. (...) Die Speisen begeistern wegen
der kunstvoll!
en Art ihrer Zubereitung (...) und die Servierplatten beeindrucken
ihrer blitzenden Sauberkeit (...) wegen. (...) Nach dem Mahle fällt
der Mittagsschlaf entweder ganz aus oder ist nur kurz. Zu den Stunden,
in denen der König spielen möchte, greift er rasch zu den Würfeln.
(...) Um die neunte Stunde hebt die Last des Regierens wieder an. (...)
Manchmal freilich (...) treten beim Abendmahl Schauspieler auf (...) Wenn
der König sich von der Tafel erhoben hat, zieht die Wache zuerst beim
Schatzgewölbe auf, und Bewaffnete, denen die erste Nachtwache übertragen
ist, besetzen die Zugänge zum Königspalast. (...)'
Die Steuern im Gotenreich waren sehr niedrig. Genaue Angaben liegen
zwar nicht vor, es ist jedoch bekannt, daß die Bevölkerung unter
dem Ostgotenkönig Theoderich dem Großen verlangt hatte,
daß die Steuern auf das Maß gesenkt werden, das Eurich vorgegeben
hatte.
2.2 Gesetz und Recht
Das Gesetzbuch 'Codex Euricianus' wurde v. a. dazu geschaffen, das
Leben zwischen Goten und Römern zu regeln. Es enthielt aber auch verschiedenste
Gesetze, die Adelige, Freie und Unfreie betrafen. Westgotische und römische
Adelige waren einander rechtlich gleichgestellt und spätestens seit
dem Jahr 477 n. Chr., nachdem Odoaker die Besitzungen Eurichs anerkannt
hatte, akzeptierten die dort lebende römische Bevölkerung die
Gotenkönige als ihre Herren. Viele von ihnen traten sogar in den Dienst
der Könige. König Theoderich II. wurde von dem Römer Avitus
unterrichtet.
Freie Bürger hatten mitunter eine schwache Stellung in der westgotischen
Gesellschaft: 'Es kam vor, daß Freie gegen ihren Willen als Sklaven
verkauft wurden.' Als eine notwendige Schutzmaßnahme wurde
im Codex Euricianus festgelegt, daß Kinder von Freien niemals verkauft
werden dürfen. Die Adeligen hatte auch Freie als Gefolgsmänner.
Diese traten in zweierlei Form auf. Die 'buccellarii' erhielten von ihrem
Herrn Waffen und Land, solange sie in seinem Gefolge blieben. Sie hatten
das Recht, sich einem anderen Adeligen anzuschließen, dann mußten
sie dem ersteren alles zurückerstatten. Alles, was sie in der Gefolgschaftszeit
selbst erwarben, gehörte zur Hälfte ihnen, zur Hälfte ihrem
Herrn. Töchter von toten Gefolgsleuten mußten auf Wunsch
des Herrn einen Gleichgestellten heiraten, durften aber in diesem Fall
das Gut ihres Vaters behalten. Die höchsten der buccellarii wurden
auch 'Doryphoren' genannt.
Die zweite Form der Gefolgschaft waren die 'saiones'. Diese erhielten
von ihrem Herrn Waffen zur freien Verfügung, allerdings kein Land.
Alles, was sie zur Zeit ihrer Gefolgschaft erwarben, gehörte ihrem
Herrn.
Im Codex Euricianus waren die Bestimmungen über die buccellarii
genauer gehalten als die der saiones. Dies läßt auf eine geringere
Bedeutung der saiones schließen. Während in späteren Zeiten
die saiones nur mehr als Gehilfen von Richtern bezeichnet werden, geht
die Gefolgschaft der buccellarii viel tiefer. Die gefolgschaftlichen Bindungen
der buccellarii waren erblich. Außerdem begaben sie sich in so starke
wirtschaftliche Abhängigkeit zu ihrem Herrn, daß ein Loslösen
der Bindung, ohne sofort eine neue einzugehen, schlichtweg unmöglich
erschien.
Unfreie hatten eine für Sklaven relativ selbständige Stellung,
v. a. auch deswegen, weil die Besitzungen ihrer Herrn so groß waren,
daß sie sich nicht um alles kümmern konnten. Die Verwaltung
einzelner Besitzungen wurde deswegen Sklaven übertragen.
Dieses System, das den König, die Adeligen, die Freien und die
Unfreien miteinander verbunden hatte, schien recht gut zu funktionieren.
Von Aufständen oder Rebellionen haben wir keine Aufzeichnungen.
Der Codex Euricianus ist heute nur noch in Fragmenten erhalten. Fraglich
ist außerdem, ob er tatsächlich von König Eurich stammt
und nicht erst von dessen Sohn und Nachfolger Alarich II.
Sicher aus der Regierungszeit Alarichs II. stammt das 'Breviarium Alaricianum'
('Lex Romana Visigothorum'). Nach seiner Fertigstellung und Beglaubigung
durch den König und Bischöfe wurde den Comes bei Todesstrafe
verboten, jemals anderes Recht zu anzuwenden. Quellen des Breviarium Alaricianum
waren u. a. der 'Codex Theodosianus' und der 'Codex Gregorianus'. Die Gesetzgebung
nach dem Breviarium Alaricianum war Vorlage für die 'Lex Romana Curiensis'
und galt in Westösterreich sogar noch bis ins Hochmittelalter.
Ein weiteres Gesetzbuch ist die 'Antiqua' von König Leovigild.
In diesem Text werden vor allem den Vornehmen Privilegien zugesprochen,
die der einfache Mann nicht erhielt. Dies bezog sich in erster Linie auf
Straftaten: 'Ein Vornehmer, der fremde Einzäunungen beseitigte, hatte
die Einfriedung wiederherzustellen und den angerichteten Feldschaden zu
ersetzen, ein Nichtadliger empfing darüber hinaus 50 Schläge.'
2.3 Das gotische Heerwesen
Bis zu ihrer endgültigen Seßhaftwerdung in Frankreich und
Spanien war das Volk der Goten ein umherziehender Heerhaufen, der plünderte
und weite Gebiete in Schrecken versetzte. Die gotische Armee war schlagkräftig,
aber klein. Nachschub in der Form wie ihn seßhafte Völker aufbieten
konnten, gab es natürlich keinen. Nur gelegentlich wird davon berichtet,
daß sich Goten mit anderen Völkerschaften vereinten. Ein Beispiel
dafür waren die Taifalen (ansässig an der Donau), mit denen sich
die Goten 291 n. Chr. verbündet hatten, um die Gepiden zu vertreiben.
Trotzdem triumphierten die Goten über das bis dahin als unbezwingbar
geltende römische Reich. Das lag nicht nur an ihren Führerpersönlichkeiten
, die denen der Römer meistens überlegen waren, sondern auch
an ihrer Kampftaktik. Ganz im Gegensatz zu den Römern lag das Hauptgewicht
der Schlacht auf der Kavallerie. Die Goten waren aber kein Reitervolk,
wie man es sich im allgemeinen, nach hunnischem Vorbild, vorstellt. Die
Überlegenheit der Reiter lag nämlich nicht in ihrer Schnelligkeit
und Wendigkeit, sondern in ihrer Kraft und Wucht. Die stark gepanzerten
Pferde trampelten über ihre Gegner förmlich hinweg. Demnach waren
die Waffen ihrer Reiter auch nicht Bogen und Speer. Die Goten benutzten
schwere, zweihändig geführte Lanzen und schützten sich mit
Schuppenpanzern und Helmen.
400 n. Chr. waren die Reiter der Goten die vielleicht am besten ausgerüstete
Kavallerie in Europa. König Athaulf förderte die Reiterei stark
und ihm ist es zuzuschreiben, daß diese 'Verreiterung' noch weiter
fortschritt. Zwar spielte das Fußvolk auch eine wichtige Rolle, aber
diese stand der der Reiter immer hinten nach.
Über die innere Heeresordnung der Goten während ihrer Wanderschaft
ist nur wenig bekannt. Nach ihrer Seßhaftwerdung wurden mehr Einzelheiten
bekannt. Die kleinste Einheit umfaßte 10 Mann und hieß
Decania (röm: zehn), dann folgten Centena mit 100 und Quincentena
mit 500 Mann (die Quincentena kann nicht eindeutig belegt werden.). Auch
dies sind römische Namen. Die größte Einheit war die Tausendschaft,
genannt 'Thiufa-Thifuada'. Ihr stand der Tausendschaftsführer 'Thiufadus'
vor. Dieser hatte auch Polizeigewalt und das Amt eines Richters. Oberster
Heerführer war der amtierende Gotenkönig.
Bisher unberücksichtigt blieben die westgotischen Aktivitäten
zur See. Im großen und ganzen gab es auch nie eine eigenständige
westgotische Flotte. Außer bei den seeräuberischen Aktivitäten
im Schwarzen Meer (noch vor der Teilung in Westgoten & Ostgoten!) wurden
die Goten auf See immer geschlagen. König Alarich I. gelang es nicht
einmal, von Süditalien aus Sizilien zu erreichen. Seine Schiffe gingen
unter, bevor noch ein einziger Feind gesichtet worden war. Ähnlich
erging es König Valia nur 5 Jahre später. 415 n. Chr. sank seine
Flotte, als sie versuchte, die Straße von Gibraltar in Richtung Afrika
zu überqueren. König Eurich sollte es als einzigem gelingen,
Erfolge zur See zu erringen. Durch immer wiederkehrende Attacken seiner
Flotte auf die Franken hatten diese keine Möglichkeit, das tolosanische
Reich direkt anzugreifen. Den Oberbefehl über die Flotte aber hatten
römische Offiziere.
2.4 Religion
Die Goten, ursprünglich aus Skandinavien stammend, verehrten die
nordischen Götter. Sie sahen Wotan (Odin) als obersten Kriegsherrn.
Unter ihm gab es noch viele andere Götter, von denen Thor (Donar)
nur der bekannteste ist. Einige Jahre nach ihrer Teilung in Ostgoten und
Westgoten erschien ein Mann, mit dem die Bekehrung der Westgoten zum Christentum
begann. Dieser Mann war Bischof Wulfila .
Wulfilas Großeltern wurden aus dem Dorf Sadagolthina in Kappadokien
(südöstlich von Ankara) von gotischen Plünderern verschleppt.
Wulfila selbst hatte einen gotischen Vater. Er fühlte sich den Goten
verbunden: 'Was auch immer die Vorfahren des Gotenbischofs für diesen
bedeuteten, die ethnische Zugehörigkeit Wulfilas zu den Goten steht
außer Frage.' Sein Geburtsjahr ist nicht eindeutig festzulegen.
Es lag aber mit großer Wahrscheinlichkeit um 311 n. Chr. Wulfila
trat das erste Mal in Erscheinung, als er 332 n. Chr. eine gotische Gesandtschaft
nach Rom begleitete. Der junge Mann konnte bereits Latein und Griechisch
schreiben. Ebenso hatte er eine rhetorische Ausbildung genossen.
341 n. Chr., im Alter von 30 Jahren, wurde Wulfila in Konstantinopel
zum Bischof geweiht. Er fühlte sich der arianischen Glaubensrichtung
verpflichtet. Der Arianismus besagt, daß Gott und Christus nicht
wesensgleich sind, sondern daß Christus ein Geschöpf Gottes
aus dem Nichts sei. 325 n. Chr. wurde diese Lehre auf dem Konzil zu Nicäa
verboten. Kaiser Constantius II. erlaubte sie wieder .
Am Beginn seiner Bekehrungsarbeit stieß Wulfila jedoch auf starken
Widerstand der Goten. 347/348 n. Chr. fand die erste gotische Christenverfolgung
statt. Auch Wulfila war von ihr betroffen. Er wurde nach Mösien (heutiges
Bulgarien) vertrieben, wo er für das ländliche Gebiet zuständig
war. Zu dieser Zeit vollbrachte er mit der Übersetzung der Bibel in
die gotische Sprache ein Meisterwerk. Denn zu diesem Zweck mußte
der Bischof zunächst die gotische Schrift entwickeln. Dabei lehnte
er sich stark an das griechische Alphabet an. Wulfila übersetzte sowohl
das Alte als auch das Neue Testament. Jedoch ist nur von letzterem ein
größerer Teil erhalten. Es wird als 'Codex Argenteus' bezeichnet.
In der Übersetzung Wulfilas fehlen viele kriegerische Ausdrücke.
Völlig weggelassen sind die 'Bücher der Könige', wohl 'um
dem Volk, das den Krieg liebte, eher einen Zaun für seine Schlachtenlust
zu ziehen, als es eigens dafür zu begeistern.'
369 bis 372 n. Chr. kam es unter Athanarich zur zweiten gotischen Christenverfolgung.
Erst unter Fritigern, der sich zum Arianismus bekannte, konnte Bischof
Wulfila darangehen, die Goten zu bekehren. Er setzte damit den Grundstein
zum gotischen Arianismus. 383 n. Chr., während der 3. Kirchenversammlung,
starb Wulfila. Im Zuge dieser Kirchenversammlung, die in Konstantinopel
stattfand, wurde der Arianismus wiederholt verurteilt. Damit war
die Sache Wulfilas verloren. Die Goten blieben ihrer Glaubensrichtung aber
treu, denn 381 n. Chr. wurde im zweiten Kanon der allgemeinen Kirchenversammlung
festgelegt: 'die Kirchen Gottes unter den barbarischen Völkern aber
sollen nach der Weise regiert werden, die schon unter den Vätern herrschte.'
Erst unter Reccared I. , der von 586 n. Chr. bis 601 n. Chr. regierte,
traten die Goten zum Katholizismus über. Reccared sah sich selbst
als 'Apostelkönig' , der die Westgoten eigenhändig bekehrt hatte.
2.5 Kunst und Schätze
Eine wirklich eigenständige Kunst der Goten gab es nicht. Sie
hatten sich schon zu sehr an die Römer angeglichen. Es wurden zwar
Schmuckstücke im ehemaligen Gebiet der Westgoten gefunden, diese erinnern
aber stark an römische Plastik. Die einzigen Funde, die definitiv
den Westgoten zugeordnet werden können, waren einige Gürtelbeschläge
und Fibeln.
Nichtsdestoweniger besaßen die Westgoten einen Staatsschatz,
über den andere Völker nur staunen konnten: 'Die Wisigoten standen
in dem Ruf, den reichsten Goldschatz zu besitzen, und ihre Gotteshäuser
hatten kostbarere Kultgefäße als andere Kirchen.' Zu diesem
Schatz gehörten zwei ganz besondere Kunstgegenstände: das Missorium
und der Smaragdtisch. Das Missorium war ein Gefäß aus massivem
Gold, das zusätzlich mit Edelsteinen geschmückt war. Der Smaragdtisch,
obwohl er wahrscheinlich nicht aus jenem Edelstein gefertigt worden war,
beeindruckte die Menschen derart, daß er in vielen Erzählungen
wieder auftaucht. Von beiden Stücken ist heute nichts erhalten.
Einen anderen Schatz der Goten fand man im 19. Jahrhundert nahe Pietrosa
(Rumänien). Zwei Bauern stießen auf einen Hort von Gold und
Edelsteinen. Er enthielt goldene Schüsseln, Fibeln, Halsbänder
und Statuen. Heute liegt er im Nationalmuseum zu Bukarest.
Ein Schatz, der Anlaß zum Streit zwischen Frankreich und Spanien
war, wurde 1858 in dem kleinen spanischem Ort Fuente de Guarrazar gefunden.
Man entdeckte dort die Kronen von acht westgotischen Königen. Die
französische Regierung bemächtigte sich der Kronen und sorgte
damit für Spannungen zwischen Frankreich und Spanien. Erst während
des zweiten Weltkrieges wurden die Kronen Spanien zurückgegeben. Frankreich
behielt nur die 'Krone von Sonnica', von der die Archäologen bis heute
nicht wissen, welchem König sie ursprünglich gehört hatte.
Ob die Gotik, außer mit ihrem Namen, noch etwas mit den Goten
zu tun hat, ist auch heute noch ein Streitthema unter den Historikern.
Denn die Goten haben zweifelsfrei den gotischen Baustil weder erfunden
noch betrieben - keine Funde lassen darauf schließen. Dennoch scheint
es heute erwiesen, daß die Gotik ihren Namen von diesem Volk hat.
In der Renaissance (die ja an die Gotik anschließt) empfindet man
die vorangegangene Epoche als barbarisch . Und da man die Goten für
Barbaren hielt, verwendete man den Begriff 'Gotik'.
2.6 Sprache und Schrift
Bevor Bischof Wulfila eine eigene gotische Schrift entwickelte, bedienten
sich die Goten der Runen. Die Runen waren vor langer Zeit entstanden und
hatten ursprünglich religiöse Bedeutung. Die Runenschrift ist,
wie die ägyptische, eine Hieroglyphenschrift und daher schwer zu entziffern.
Denn ein und dasselbe Symbol kann viele verschiedene Bedeutungen haben,
die sich nur aus dem Textzusammenhang erklären.
Die Goten sprachen die Sprache, die sie seit ihrem Auszug aus Skandinavien
benutzten. Latein war die Hochsprache des Reiches. Mit der Zeit, als sich
Latein immer mehr durchsetzte, wechselte die Bedeutung. Latein wurde zur
Allgemeinsprache, während gotisch nur mehr für offizielle Anlässe
und Rituale gebraucht wurde.
3. Das Ende der Westgoten
3.1 Der Zerfall des tolosanischen Reiches
Nach dem Tod Eurichs im Jahre 484 n. Chr. kam sein Sohn Alarich II.
zur Königswürde. Er besaß jedoch weder den starken Willen
seines Vaters noch die militärische Raffinesse von Alarich I. Um mehr
Schutz vor den immer weiter vordringenden Franken zu erhalten, heiratete
er die Tochter des Ostgotenkönigs Theoderich des Großen. 490
n. Chr. kämpfte er an der Seite seines Schwiegervaters in Italien
gegen Odoaker.
In seinem eigenen Reich aber wurde die Gefahr immer größer.
Der Frankenkönig Chlodwig eroberte weite Teile des tolosanischen Reiches.
507 n. Chr. schließlich kam es zur endgültigen Konfrontation
zwischen den beiden Mächten. Bei Vouillé, nahe Poitiers, wurde
die Entscheidungsschlacht ausgetragen. Alarich II. verlor Schlacht, Reich
und Leben. Die verbliebenen Westgoten zogen sich weit nach Spanien zurück.
Die einzig große Leistung im Leben Alarichs II. war sein Gesetzbuch,
das 'Breviarium Alaricianum' .
Nach Alarich II. Tod übernahm (nach einem vierjährigem Zwischenspiel
mit Segalech, einem illegitimen Sohn Alarichs II.) der berühmte Ostgotenkönig
Theoderich der Große das Westgotenreich. Für kurze Zeit schien
sich das Reich zu erholen. Aber nach dem Tod Theoderichs des Großen
wurden die Westgoten von den Franken immer weiter nach Süden getrieben.
Von einem endgültigen Ende der Westgoten kann man jedoch zu diesem
Zeitpunkt noch nicht sprechen.
3.2 Die Bildung eines neuen Reiches und der Untergang der Westgoten
Die geschlagenen Westgoten errichteten in Spanien ein neues Reich.
Die Hauptstadt war Toledo (deswegen auch: toledanisches Reich). Das toledanische
Reich hatte jedoch keine weltgeschichtliche Bedeutung mehr.
Nach Jahrzehnten der Reichskrise saß erst wieder 568 n. Chr.
ein starker König auf dem Thron der Westgoten: Leovigild. Er entmachtete
den Adel, er führte neue Hofämter ein und er besiegte die in
Spanien ansässigen Sueven. Er machte Toledo endgültig zur Hauptstadt.
Er führte das Wahlkönigtum wieder ein. Alle diese Maßnahmen
hatten zur Folge, daß das Reich nach innen gestärkt wurde. In
der Außenpolitik machten sie wenig Eindruck: 'Die Imperialisierung
war in erster Linie von innenpolitischer Bedeutung, im Gegensatz zum Kaiser
erstrebte der Westgotenherrscher keine Universalherrschaft. Außenpolitisch
sind die Maßnahmen Leovigilds nicht zu erklären.'
Leovigilds Sohn Reccared I. trat zum Katholizismus über und ebnete
damit den Weg für eine Bekehrung der arianischen Goten .
Die nächsten Jahrzehnte vergingen, ohne daß irgend etwas
Herausragendes geschah. Erst am Anfang des achten Jahrhunderts kam wieder
Bewegung auf, als die Araber durch einen Bürgerkrieg der Goten (sie
konnten sich auf keinen König einigen) nach Spanien gelockt wurden.
Roderich (span. Rodriguez), der als letzter König der Westgoten gilt,
hatte keine Möglichkeit die Armee des zerstrittenen Reiches effektvoll
einzusetzen.
Spanien wurde schließlich von den Arabern überrannt und
das toledanische Reich zerstört , die letzten Goten in alle Winde
zerstreut. Die meisten zogen nach Norden, um sich den Franken anzuschließen.
4. Anhänge
4.1 Die Könige der Westgoten
Alarich I. 395 - 410 Liuva II. 601 - 603
Athaulf 410 - 415 Witterich 603 - 610
Sigerich 415 Gundemar 610 - 612
Valia 415 - 418 Sisebut 612 - 621
Theoderich I. 418 - 451 Reccared II. 621
Thorismund 451 - 453 Suinthila 621 - 631
Theoderich II. 453 - 466 Sisenand 631 - 636
Eurich 466 - 484 Chintila 636 - 639
Alarich II. 484 - 507 Tulga 639 - 642
Segalech 507 - 511 Chindasvinth 642 - 653
Theoderich d. Große 511 - 526 Reccesvinth 653 - 672
Amalarich 526 - 531 Wamba 672 - 680
Theudis 531 - 548 Ervig 680 - 687
Theudegisel 548 - 549 Egica 687 - 702
Agila I. 549 - 555 Witiza 702 - 710
Athanagild 555 - 567 Roderich 710 - 711
Liuva I. 567 - 572 Agila II. 711 - 714 (')
Leovigild 568 - 586 Ardo 714 (') - 720 (')
Reccared I. 586 - 601
entnommen: Adel, Kirche und Königtum im Westgotenreich (Claude
Dietrich), S. 211
4.2 Zeittafel Westgoten - Weströmer
Westgoten Jahr Weströmer
Beginn der Wanderungen der Goten, Ansiedlung im Raum der Oder 0
Brand Roms unter Nero
Zug zum Schwarzen Meer 100 Größte Ausdehnung des Imperiums
unter Kaiser Trajan
150
Ansiedelung auf der Balkanhalbinsel 200
'Gotenstürme': Kriegerische Einfälle im heutigen Bulgarien
und am Schwarzen Meer; Kämpfe mit den Römern, Gepiden, Skythen;
250
Teilung in West- und Ostgoten
300
Christentum wird Staatsreligion
Beginn der Bekehrung der Goten zum Christenglauben (Wulfila)
350
Kämpfe der Goten unter Athanarich mit den Römern
Eingliederung ins römische Reich unter Fritigern; erste Erfolge
bei der Bekehrung;Schlacht bei Adrianopel Aufsplitterung in weströmisches
(Honorius) und oströmisches (Arcadius) Reich
400
Erhebung unter Alarich I.; Fortdauernde Kämpfe mit dem römischen
Imperium; Höhepunkt: Einnahme Roms
Zug der Goten nach Westen unter Athaulf
Die Goten unter römischer Herrschaft (Valia);
Errichtung des tolosanischen Reiches unter Theoderich I.
450
Schlacht auf den Katalaunischen Feldern gegen den Hunnenkönig
Attila endet mit dem Sieg für die Römer
Eurich wird Gotenkönig; vollständige Herauslösung des
Reiches aus dem römischen Imperium
Odoaker setzt Romulus Augustulus ab; Ende des weströmischen
Reiches
500
Schlacht bei Vouillé; Ende des tolosanischen Reiches (Alarich
II.)
Der Ostgotenkönig Theoderich der Große übernimmt den
Rest des Reiches bis zu seinem Tod.
Westgoten werden von den Franken weit nach Süden getrieben. Errichtung
des toledanischen Reiches 550
Innenpolitische Reform unter Leovigild
Übergang zum Katholizismus unter Reccared I.
600
650
Bürgerkrieg; Einfälle der Araber in Spanien 700
Ende der Westgoten
4.3 Das Grab im Busento
Das Grab im Busento
Nächtlich am Busento lispeln, bei Cosenza, dumpfe Lieder;
aus den Wassern schallt es Antwort, und in den Wirbeln klingt es wieder!
Und den Fluß hinauf, hinunter ziehen die Schatten tapfrer Goten,
die den Alarich beweinen, ihres Volkes besten Toten.
Allzufrüh und fern der Heimat mußten sie ihn hier begraben,
während noch die Jugendlocken seine Schultern blond umgaben.
Und am Ufer des Busento reihten sie sich um die Wette,
um die Strömung abzulenken gruben sie ein frisches Bette.
In der wogenleeren Höhlung wühlten sie empor die Erde,
senkten tief hinein den Leichnam, mit der Rüstung, auf dem Pferde.
Deckten dann mit Erde wieder ihn und seine stolze Habe,
daß die hohen Stromgewächse wüchsen aus dem Heldengrabe.
Abgelenkt zum zweiten Male ward der Fluß herbeigezogen:
mächtig in ihr altes Bette schäumten die Busentowogen.
Und es sang ein Chor von Männern: 'Schlaf in deinen Heldenehren!
Keines Römers schnöde Habsucht soll dir je dein Grab versehren!'
Sangen's, und die Lobgesänge tönten fort im Gotenheere:
wälze sie, Busentowelle, wälze sie von Meer zu Meere!
August von Platen
4.4 Quellen- & Bildnachweis
Quellennachweis:
Braune, Wilhelm: Gotische Grammatik;Verlag von Max Niemeyer; 1912
Claude, Dietrich: Adel, Kirche und Königtum im Westgotenreich;
Jan Thorbecke Verlag KG Sigmaringen;1971
Palol de, Pedro & Ripoll, Gisela: Die Goten - Geschichte
und Kunst in Westeuropa; Belser Verlag Stuttgart und Zürich; 1990
Reiners, Ludwig [Hrsg.]: Der ewige Brunnen; Verlag C. H. Beck München;
1970
Sède de, Gérard: Das Geheimnis der Goten - Von den Runen
zu den Kathedralen; Walter-Verlag Olten und Freiburg im Breisgau; 1976
Stroheker, Karl Friedrich: Germanentum und Spätantike; Artemis
Verlag Zürich und Stuttgart; 1965
Wolfram, Herwig: Die Goten. Von den Anfängen bis zur Mitte des
6. Jahrhunderts. Entwurf einer historischen Ethnographie; München;
1980
Wolfram, Herwig: Die Germanen; C. H. Beck'sche Buchdruckerei; 1995
Florian Hartmann
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