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Gartenstadtbewegung
Im Zuge der industrielle Revolution in Europa stieg der Bedarf an Arbeitskräfte
in Produktionsregionen rasch an. Die eingeführte einheimische und
ausländische Arbeiter worden in Mietskasernen oder in spezial errichteten
Werkskolonien untergebracht. Die Wohnumstände dort waren entsetzlich:
katastrophale hygienische Missstände, Raummangel, Wohnungselend und
unerträgliche Atmosphäre (keine Erholungsmöglichkeit, kein
Privatsphäre, keine Freizeitanlagen, keine Natur, schlechter Luft,
Lärm usw.) waren nicht ungewöhnlich. Um all das ein Ende zu bereiten
und für die Arbeiter einen Menschenerträglichen Wohnraum zu erschaffen
entwarf Ebenezer Howard (1850-1928),der als Stenograf beim Londoner Parlament
arbeitete und dort viel über die Wohnmissstände in den ständig
wachsenden Städten erfuhr, einen Projekt der sich "Gartenstadt" nennt.
Diese Idee verbreitete sich besonders 1898 nach der Veröffentlichung
seines Buches "To-morrow". Dieses System beruhte sich im wesentlichen auf
der allgemeinen Vorstellung einer offeneren Raumstruktur und einer Aufhebung
der Trennung zwischen Land und Stadt. Auf diesem Hintergrund der Suche
nach einem anderen Wohnen und anderen Kultur, die ein anderes Leben ermöglichten,
entstand um die Jahrhundertwende aus der Bewegung der Sozialreformer in
England und Deutschland das "Gartenstadtkonzept". Howard stellte sich eine
durchgrünte Siedlung um einen Großstadt vor, die für etwa
30000 Einwohner geplant war. Ein wesentlicher Teil der Gemeindefläche
war dem Acker- und Gartenbau vorbehalten, denn die Gartenstadt sollte sowohl
Wohnungssiedlung als auch selbstversorgende, landwirtschaftliche und kleinindustrielle
Stadt sein, mit Arbeits- Einkaufmöglichkeiten und kulturellen Einrichtungen,
damit die Vorteile des städtischen und ländlichen Lebens miteinander
vereint werden könnten. Sie sollte vor allem mit genügend Arbeitsplätzen
für ihre Bewohner ausgestattet werden.
Bereits 1899 gründete man in England die "Garden City Association".
1903 wurde das erste "Grüne Ideal" von den Architekten Berry Parker
und Raymond Unwin realisiert: die Gartenstadt Letchworth bei Hertfordshire
und 2 Jahre später wurde die Gartenstadt Hampstead bei London geplant,
die einen Höhepunkt der englischen Gartenstadtbewegung darstellt.
Die Aufbau der Gartenstadt Letchworth wurde nicht den Zufall überlassen,
sondern sehr strukturell geplant: die eigentliche Stadt, die ungefähr
im Mittelpunkt der vorgesehenen 2400 ha liegen soll, bedeckt ein Areal
von 400 ha und hat eine kreisrunde Form. Sechs prächtige Boulevards
durchschneiden die Stadt als Radien und teilen sie so in sechs gleiche
Teile oder Bezirke. In der Mitte befindet sich ein Kreisrunder Platz mit
eine schöne Gartenanlage. Um diese gruppieren sich die größeren
öffentlichen Gebäude woran sich ein gut ausgebauter, öffentlicher
Park anschließt. Rund um diesen Zentralpark liegt der "Kristallpalast":
eine breite Glashalle, der sich nach der Parkseite öffnet. Die Stadt
soll acht Avenuen bekommen, zwischen denen Häuserblocks und Gärten
besetzte Plätze liegen. Dahin sollen auf sechs Plätzen die Schulhäuser
zu liegen kommen, vom allen Stadtteilen gleich leicht zu erreichen. An
der letzten Avenue liegen Lagerhäuser, Märkte, Fabriken usw.,
die zwecks Vermeidung von Raucherzeugung elektrisch betrieben werden. Als
äußere Umfassung ist eine die ganze Stadt umschließende
Ringbahn gedacht. In das offene Gelände kommen Heimstätten für
Kranke Kinder, eine Landwirtschaftliche Schule usw.
In Deutschland, wo Theodor Fritsch mit seinen Buch "Stadt der Zukunft"
ähnliche Vorstellung wie Howard vertrat, kam es im September 1902
analog zur englischen Vorgängerin zur Gründung der "Deutschen
Gartenstadtgesellschaft". In ihrem Ziel und ihrer Satzung stützte
sich die DGG in erster Linie auf den Erfolg des Howardschen Konzeptes.
Geplant war demnach auch ein sich immer mehr ausbreitendes System von Gartenstädten,
das nicht nur dazu dienen sollte um das verlorene Gleichgewicht zwischen
Stadt und Land wieder herzustellen, sondern auch das Wachstum der Städte
zu kontrollieren sowie das platte Land wirtschaftlich und kulturell zu
fördern und gesünderes Stadtleben als in der Großstadt
zu ermöglichen.
Nach einer ersten Phase der Propaganda begann 1908 mit der Gründung
der ersten Gartenstadt in Deutschland, der Gartenstadt Hellerau bei Dresden
die zweite Phase der Gartenstadtbewegung und mit ihr der Kampf um Realisationsmöglichkeiten
auch auf parlamentarischer und kommunaler Ebene. Die Idee zur Gründung
der Gartenstadt in Hellerau ging von Karl Schmidt, dem Eigentümer
der Dresdener Werkstätten für Handwerkkunst. Die Architekten
dieses Projektes waren Heinrich Tessenow, Richard Riemerschmid und Hermann
Muthesius. Alle Mitglieder des1907 gegründeten Deutschen Werkbundes.
Er kaufte ca. 140 ha Grund zu einem Quadratmeterpreis zwischen 1,- und
1,50 Mark. Um die Anbindung an Dresden zu ermöglichen wurde eine Straßenbahnlinie
gebaut. Nach den Regierungsbeschluss waren nur solche Betriebe zugelassen,
die keinerlei Belastung für die Bewohner befürchten ließen.
Die Baugenossenschaft Hellerau wurde gegründet, diese baute die Häuser
und vermietete sie dann an die Mitglieder, wobei das Mietverhältnis
nicht gekündigt werden konnte, solange der Mieter seine Verpflichtungen
nachkam( jährlicher Mietspreis von 250-260 Mark). Im Landhausviertel
waren auch Häuser für die wohlhabende Schichten geplant, die
meist freistehend waren und zwischen 600 und 2000 Mark Jahresmiete kosteten.
Ende 1913 waren insgesamt 407 Wohnungen für 1900 Einwohner fertig
und fast 30 ha bebaut oder zumindest infrastrukturell erschlossen. Es wurde
jede Möglichkeit von Propaganda und Werbung genutzt um Menschen dort
anzulocken. Heute sind alle Bausubstanzen unverändert erhalten und
modische Veränderungen fehlen.
In der zweiten Phase, der eigentlichen Gartenstadtperiode, kam es an
vielen Orten zu Gartenstadtgründungen -> wie in Welper/Blankenstein
-, so u.a. bei Magdeburg, Nürnberg, Mannheim, Hagen, Hamburg, Berlin
usw. Es entstanden nicht nur hygienisch einwandfreie und von Gärten
gelegene Wohnungen, sondern darüber hinaus wurde den Bewohner ein
Mietbestimmungsrecht eingeräumt. Die von der Gartenstadtbewegung angestrebte
Städtebaureform und die erhofften strukturellen Reformen der Lebensbedingungen
zielten aber auf mehr, nämlich auf die Veränderungen der gesamtgesellschaftlichen
Situation. Doch spätestens bei der Kriegsausbruch wurde die Fehleinschätzung
klar.
Die Zeit während des ersten Weltkrieges muss als dritte Phase
der Gartenstadtbewegung betrachtet werden, in der die Bautätigkeiten
stagniert und viele Konzepte nicht verwirklicht werden konnten. Sie blieb
aber trotzdem weiterhin aktiv und wurde schließlich unter dem Druck
der nationalsozialistischen Herrschaft aufgelöst.
Der Gartenstadtbewegung kann der Verdienst zugesprochen werden, als
Reformbewegung die Gestaltungsnormen und die Demokratisierungsbestrebungen
im Stadtbau positiv beeinflusst zu haben, auch wenn die angestrebte Ideale
nur in Teilbereichen verwirklicht wurden.
Quellen:
- Internet
- mehr als Wohnen -> 1909-1984 75 Jahre Gartenstadt Hüttenau
- Die Stadt -> Lebensraum im Wandel (Westermann)
Verfasst von
Gaga Kosashvili
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