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Die Nato
1. Die NATO im Kalten Krieg: Historische Voraussetzungen2. Verteidigung von
Werten und Interessen3. Flexible Strukturen – differenzierte Verfahrens-
und Verhaltensregeln4. Ein multifunktionales Gebilde5. Die NATO heute!
1. Die Nato im Kalten Krieg: Historische Voraussetzungen
Den Rahmen für die Gründung der Nato bildete der ausbrechende kalte
Krieg.Im Frühjahr 1947 begann sich eine dauerhafte Wende zur Zweiteilung
Europas und der Welt abzuzeichnen. Die ersten Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg
waren von einer zunehmenden Verhärtung der Beziehungen zwischen den zwei
neuen Grossmächten, den USA im Westen und der Sowjetunion im Osten, gekennzeichnet
gewesen. Differenzen kamen in der Frage der europäischen Nachkriegsordnung
zu Tage, namentlich in der Polen- und der Deutschlandfrage. Zu weiteren Konflikten
war es im Iran, in Griechenland und der Türkei gekommen. Vor diesem Hintergrund
kündigte der damalige amerikanische Präsident Harry S. Truman am 12.
März 1947 an, dass die USA vom Kommunismus bedrohte Kräfte unterstützen
würden. Die Rede war bewusst in der Form einer Prinzipienerklärung
gehalten. Nur kurze Zeit später, am 5. Juni 1947, begann die Umsetzung
des Marshall-Plans zur wirtschaftlichen und politischen Stabilisierung der von
Krisen geschüttelten europäischen Volkswirtschaften an.
Das amerikanische Hilfsprogramm beschleunigte den Prozess der deutschen Weststaatsgründung
und führte zur raschen wirtschaftlichen Erholung Westeuropas in den fünfziger
Jahren. Gleichzeitig löste die Dynamik des amerikanischen Kapitalismus
in Moskau aber grosse Ängste aus, der Sowjetunion würde die Kontrolle
über den osteuropäischen Sicherheitsraum entgleiten. Stalin reagierte
mit der Abschottung Osteuropas, die im Umsturz in der Tschechoslowakei im Februar
1948 am deutlichsten zum Ausdruck kam. Die forcierte politische Gleichschaltung
in Osteuropa wiederum wurde im Westen – insbesondere in den europäischen
Hauptstädten – als Auftakt zu einer Phase der Expansion interpretiert,
wobei die Sowjetunion auch nicht vor dem Einsatz militärischer Mittel zurückschrecken
würde. Der Ausbruch einer eigentlichen Kriegshysterie beschleunigte den
Aufbau eines ersten westlichen Verteidigungssystems: Im März 1948 unterzeichneten
Belgien, Frankreich, Luxemburg, die Niederlande und Grossbritannien den Brüsseler
Vertrag, aus dem später die Westeuropäische Union (WEU) hervorging.
Die Berliner Blockade 1948/49 sollte sich dann als entscheidender psychologischer
Baustein im Prozess erweisen, der zur Gründung der Nato führte. Der
europäischen Wunsch nach amerikanischen Sicherheitsgarantien sollte erfüllt
werden. Am 4. April 1949 war es dann schliesslich soweit: Belgien, Dänemark,
Frankreich, Grossbritannien, Island, Italien, Kanada, Luxemburg, die Niederlande,
Norwegen, Portugal und die USA unterzeichneten in Washington den Nordatlantikvertrag
zur Gründung der Nato (North Atlantic Treaty Organization). Griechenland
und die Türkei wurden 1952 zu Mitgliedstaaten. Die Bundesrepublik Deutschland
trat 1955 bei. Spanien wurde 1982 das 16. Mitglied der Nato.
2. Verteidigung von Werten und Interessen
Bei der Gründung der Nato ging es darum, den Aufbau eines wirtschaftlich
gesunden und demokratischen (West)Europas zu ermöglichen und der drohenden
Ausweitung des sowjetischen Einfluss- und Machtbereichs zu begegnen. Den Gründervätern
des Bündnisses war aber im hohen Masse bewusst, dass es im Kern nicht um
die Behauptung von Territorien ging, sondern um die Verteidigung von Grundwerten.
Die Präambel des Nordatlantischen Vetrages lässt daran keinen Zweifel:
"They (the Parties to this Treaty) are determined to safeguard the freedom,
common heritage and civilization of their peoples, founded on the principles
of democracy, individual liberty and the rule of law." In diesen wenigen
Worten drückt sich ein starkes Bekenntnis zur politisch-kulturellen Idee
des Westens aus.
Von Dean Acheson, dem amerikanischen Aussenminister, der den Vertrag auf der
amerikanischen Seite aushandelte, ist die Aussage bekannt: "(...) the North
Atlantic Treaty is far more than a defensive arrangement. It is an affirmation
of the moral and spiritual values which we hold in common." Es ist nicht
zufällig Acheson, der die politisch-psychologische Funktion der Nato betont.
Weder hielt jedermann in Washington die Kriegshysterie in Europa für gerechtfertigt
noch waren die USA zu diesem Zeitpunkt bereit, einer automatischen Beistandsverpflichtung
– wie von den Europäern gewünscht – zuzustimmen.
Im Vordergrund der amerikanischen Überlegungen stand nach wie vor die politische
Absicherung des wirtschaftlichen Wiederaufbaus in Europa.Im Artikel 5 des Nordatlantikvertrages,
dem Kernstück des Vertragswerkes, verpflichten sich die Vertragsparteien,
einen Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als
Angriff gegen sie alle anzusehen und vom Recht der individuellen oder kollektiven
Selbstverteidigung Gebrauch zu machen. Der Artikel lässt jedoch offen,
in welcher Art und Weise die Mitgliedstaaten einander Beistand leisten wollen
(TruppeneinsatzÞnationale Entscheidund).Die Nato wurde als freiwilliger
Zusammenschluss von Staaten gegründet, die über ähnliche Werte
verfügen
3. Flexible Strukturen – differenzierte Verfahrens- und Verhaltensregeln
Die Strukturen und die Verfahren der Nato sind vertraglich äusserst rudimentär.
Der Nordatlantikvertrag schuf lediglich den Nordatlantikrat und sah die Möglichkeit
von Unterausschüssen vor (namentlich im Bereich der Verteidigung). Die
integrierte Kommandostruktur und die gemeinsame Streitkräfteplanung –
zwei zentrale strukturelle Elemente – waren bei der Unterzeichnung
des Vertrages noch nicht absehbar. Von ihrer Gründung an verfügte
die Allianz damit über eine hohe institutionelle Anpassungsfähigkeit.
Die zunächst wirtschaftliche und politische ausgerichtete Nato ändertete
sich unter dem Eindruck einer erneuten Zuspitzung des Kalten Krieges in den
Jahren 1949 und 1950. Dies zog neue militärische Strukturen der Nato nach
sich.Gründe: Im August 1949 zündete die Sowjetunion erste Atombombe,
Juni 1950 Koreakrieg aus. Präsident Truman ging nun davon aus, dass der
Kommunismus vom Einsatz subversiver Mittel zur Unterwanderung unabhängiger
Nationen zum Einsatz von Krieg und militärischen Mitteln übergegangen
sei. In der Folge verschob sich der Schwerpunkt der westlichen Strategie von
der wirtschaftlichen zur militärischen Eindämmung, denn was im geteilten
Korea bereits eingetreten war, drohte sich im geteilten Deutschland und Europa
zu wiederholen. Nachdem der amerikanische Kongress der permanenten Stationierung
von vier U.S. Divisionen in Europa zugestimmt hatte, schritt die militärische
Organisation des Bündnisses rasch voran. Auf der militärischen Seite
wurde der Posten des Supreme Allied Commander to Europe (SACEUR) geschaffen
und mit General Dwight D. Eisenhower besetzt. Die Streitkräfte der Nato
wurden in drei militärische Kommandos aufgeteilt, die dem ständigen
Nato-Verteidigungsausschuss unterstellt wurden. Auf der politischen Seite wurde
der Posten des Generalsekretärs mit einem eigenen internationalen Stab
geschaffen. Im Februar 1952 trafen die Bündnispartner in Lissabon zusammen
und formulierten gemeinsame Leitlinien für den künftigen Ausbau der
Nato-Streitkräfte. Angestrebt wurde der Aufbau von Streitkräften,
die im Jahre 1954 einen Umfang von 96 Divisionen erreichen sollten. Damit steckte
sich die Nato die Ziele sehr hoch, denn noch im Jahre 1953 standen dem Oberkommandierenden
nur gerade 18 kampfbereite Divisionen zur Verfügung.Mitte der fünfziger
Jahre waren damit die integrierten militärischen Strukturen der Nato in
den Grundzügen geschaffen. Sie sollten das Bild der Allianz in der Öffentlichkeit
bis zum Ende des Kalten Krieges prägen. Über die Jahre hinweg entwickelte
die Nato differenzierte Verfahrens- und Verhaltensregeln, nach denen Informationen
verteilt und Entscheidungen getroffen wurden. Dieses Regelwerk (geschrieben
und ungeschrieben) veränderte sich im Kern nur wenig, erlaubte aber rasche
Anpassungen an das sich verändernde Aufgabenspektrum.
4. Ein multifunktionales Gebilde
Bezüglich der Wandlungsfähigkeit der Nato ist die Feststellung von
grosser Bedeutung, dass es sich seit den fünfziger Jahren um ein multifunktionales
Gebilde handelte. Das Aufgabenspektrum der Allianz im Kalten Krieg umfasste
dabei drei herausragende Elemente: die kollektive Verteidigung des Bündnisgebietes,
die transatlantische Kooperation und die interne Friedenssicherung. Bereits
Lord Ismay, dem ersten Nato-Generalsekretär, wird in diesem Zusammenhang
die Aussage zugeschrieben, dass die Nato die Aufgabe habe "to keep the
Russians out, the Americans in, and the Germans down."
Abschreckung und Verteidigung
Die militärische Hauptaufgabe der Nato war die Abschreckung und notfalls
die Abwehr einer sowjetischen Bedrohung. Anfang der fünfziger Jahre begegnete
das Bündnis der Bedrohung durch die numerisch klar überlegenen Streitkräfte
der Sowjetunion mit der Beschleunigung der westdeutschen Wiederbewaffnung. Als
sich in den sechziger Jahren schrittweise ein nukleares Patt zwischen den Blöcken
herauszubilden begann, hielt das Bündnis den Wechsel zu einer Strategie
der flexiblen Erwiderung (Flexible Response) für angezeigt. Besonders wichtig
wurde die Anwesenheit amerikanischer Streitkräfte auf dem europäischen
Kontinent, um die Glaubwürdigkeit der amerikanischen Nukleargarantie für
Europa aufrecht zu erhalten und um Abkopplungsängsten vorzubeugen.
Internes Friedenssystem
Daneben diente die Nato auch als internes Friedenssystem, dies zunächst
in Bezug auf die Einbindung der Bundesrepublik Deutschland in eine institutionelle
Struktur, mit der das Aufbrechen erneuter Spannungen zwischen den europäischen
Grossmächten verhindert werden sollte. Je stärker sich aber die USA
in Asien militärisch engagierten, desto deutlicher kristallisierte sich
die Wiederbewaffnung der BRD als einzig gangbarer Weg heraus, um den 1952 in
Lissabon formulierten Rüstungszielen wenigstens einen kleinen Schritt näher
zu kommen.
Der Versuch, die Frage der westdeutschen Wiederbewaffnung im Rahmen einer europäischen
Verteidigungsgemeinschaft (EVG) zu lösen, scheiterte an der Furcht Frankreichs,
die BRD könnte sich aufgrund ihres Machtpotentials bald einmal zu einem
übermächtigen Partner entwickeln. Der europäische Rahmen erwies
sich als zu schwach, um eine prosperierende BRD auf die Dauer einzubinden und
gleichzeitig als zu leicht, um ein wirksames Gegengewicht zur Sowjetunion zu
bilden. Für diese doppelte Aufgabe – die Eindämmung des
Sowjetkommunismus und die Einbindung Deutschlands – bedurfte es eines
permanenten atlantischen Rahmens. Denn nur in einem solchen Rahmen wurde das
deutsche Potential von den USA aufgewogen und damit den historischen Feindseligkeiten
zwischen den europäischen Mächten die Basis genommen.Nachdem sich
eine Europaarmee als politisch undurchführbar erwiesen hatte, wurde die
Nato-Lösung rasch verwirklicht. In den Pariser Verträgen vom Oktober
1954 wurde der beinahe schon in Vergessenheit geratene Brüsseler Vertrag
von 1948 reaktiviert und um die Bundesrepublik und Italien erweitert. Als Westeuropäische
Union (WEU) sollte er nun Garantien gegen ein Wiederaufleben des deutschen Militarismus
bieten. Dieser Mechanismus hatte zum Zweck, den Aufbau der deutschen Flotte
und Flugwaffe zu kontrollieren und eine deutsche Herstellung von nuklearen,
biologischen und chemischen Waffen zu verhindern. Im Gegenzug wurde die Bundesrepublik
als gleichberechtigtes Mitglied in die Nato aufgenommen.Ein anderes Beispiel
für die internen Funktionen der Nato sind die Beziehungen zwischen Griechenland
und der Türkei. Der Konflikt zwischen den beiden Staaten wurde durch die
Tatsache gedämpft, dass sie im Rahmen der Allianz kooperativ aneinander
gebunden waren. Die USA und die Nato als Organisation bemühten sich nicht
zuletzt aufgrund allianzpolitischer Stabilitätsinteressen um eine Schlichtung
des Konfliktes.
5. Die NATO heute
Die strategische Wende, die durch den Fall der Berliner Mauer im Jahre 1989
eingeleitet wurde, veränderte die sicherheitspolitischen Bedingungen in
Europa grundlegend. Die Umwälzungen in Mittel- und Osteuropa, der Zerfall
des Warschauer Paktes und der Sowjetunion sowie die deutsche Wiedervereinigung
blieben nicht ohne umfassende Rückwirkungen auf die Nato und ihre Rolle
im Rahmen der europäischen Friedenssicherung.
1. Im Vordergrund steht die Stärkung der politischen Funktionen / wirtschaftliche
Zusammenarbeit.
Die Stabilität in Europa ist auch heute eine der wichtigsten Aufgaben der
NATO. Auch mit Blick auf die Beziehungen zwischen Griechenland und der Türkei,
die sich in den letzten Jahren etwas verschlechtert haben, ist die stabilisierende
Funktion der Nato gegen innen eher noch wichtiger geworden
Friedenserhaltende Einsätze, Missionen zur Konfliktverhütung und Krisenmanagment
sind gegenwärtig der sicherheitspolitische Ernstfall.
Der Dialog mit Russland (Nuklearwaffenbesitz immernoch ein nicht einzuschätzende
Gefahr) und den mittel- und osteuropäischen Staaten gewinnt immernoch an
Wichtigkeit.
Für die Stabilität in Europa ist das Engagement der USA auch heute
noch ein entscheidender Faktor.
2. Innere Anpassung der NATO
Die massive Reduktion der Streitkräfte, die erhöhte Flexibilität
und Mobilität sowie die vermehrte Multinationalität, besonders aber
die neuen Aufgaben beim Krisenmanagement machten eine neue, schlankere Streitkräftestruktur
notwendig (Abbau der Streitkräfte / Nuklearwaffen)
Der Beschluss der Nato-Aussen- und Verteidigungsminister vom Juni 1995, eine
Europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität (European Security
and Defense Identity, ESDI) innerhalb der Nato zu bilden und damit den europäischen
Staaten die Möglichkeiten zu geben, mit Nato-Infrastruktur Missionen gegebenenfalls
auch ohne Teilnahme der USA durchzuführen, ist eine wichtige Entwicklung.Damit
wird die Eigenständigkeit von Europa gefördert.
3. Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten
Es kommt auf friedensstützende Massnahmen, Rettungswesen, Katastrophenhilfe
an.
4. Erweiterung von Mitgliedstaaten
Zur Aufnahme in die NATO muss Frieden herrschen sowie demokratische Rechte gelten.Hinter
diesem Hintergrund versuchen mehrere Länder Streitigkeiten mit anderen
beizulegen. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten und Marktwirtschaft.
Die Sicherheit, die die NATO bietet ist der Anreiz für Länder in die
NATO einzutreten
In Bezug auf die Aufnahme neuer Mitglieder hat sich die Nato zur Politik der
offenen Tür bekannt, wie sie bereits im Nordatlantikvertrag vorgesehen
ist (Artikel 10). Mit drei Staaten ist die Nato am Gipfel von Madrid 1997 in
eine Phase der aktiven Erweiterung getreten. Polen, die Tschechische Republik
und Ungarn werden noch vor dem Washingtoner Gipfeltreffen vom April 1999 Nato-Mitgliedstaaten.
Die Politik der offenen Tür führt (wie die EU-Erweiterung) zu einer
Stabilitätsprojektion in Mittel- und Osteuropa.
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