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Das Bündnis für Arbeit
Brauchen wir neue Wege in der Tarifpolitik?
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Was ist Tarifpolitik?
3. Ziele des Bündnisses für Arbeit
3.1.
Ausbildungsplatzgarantie
für Jugendliche
3.2.
Neue Arbeitsplätze
durch Überstundenabbau schaffen
3.3.
Rente ab 60
3.4.
Faire Teilzeitarbeit
ohne Altersarmut
4. Kommentar von Klaus Zwickel, 1. Vorsitzender
der IG Metall
5. Ergebnisse des 5. Gesprächs vom 09.01.2000
6. Zeitungsausschnitte
7. Fazit
8. Quellenangaben
1. Einleitung
Die neue Bundesregierung hat unmittelbar nach der Wahl mit
der Umsetzung ihrer Wahlversprechen begonnen. Erste positive Beispiele sind
das Programm „100.000 Jobs für Jugendliche“ und natürlich das Bündnis für Arbeit.
Ziel des Bündnisses ist es, neue Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen
und die soziale Gerechtigkeit voranzutreiben. Noch immer gibt es rund vier Millionen
Arbeitslose. Deshalb müssen jetzt schnell konkrete erste Schritte verabredet
werden. Das sind die wichtigsten: eine Ausbildungsplatzgarantie für Jugendliche
und eine vernünftige Arbeitszeitpolitik, die die Arbeit gerechter verteilt.
So können wir die Beschäftigungskrise in Deutschland aktiv bekämpfen.
2. Was ist Tarifpolitik?
Sie gilt in der Regel als Bestandteil der Lohnpolitik, da der
Lohn zumeist im Mittelpunkt der tarifpolitischen Auseinandersetzung steht. Ziel
der Tarifpolitik kann jedoch auch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und
der Qualifikation der Arbeitnehmer sein. Außerdem gehören u. a. die so genannte Bestandssicherung (d. h.
die Sicherung der bestehenden Beschäftigungsverhältnisse) sowie die Reduzierung
oder Abdeckung von sozialen Risiken zu den Aufgaben der Tarifpolitik. Einer
ihrer Gegenstände ist zudem die Festlegung des Geltungsbereichs und der Laufzeit
eines Tarifvertrags. Die jeweiligen Ziele der Tarifpolitik versuchen die Tarifparteien
in den Tarifverhandlungen zu erreichen, die zumeist mit einem Kompromiss beider
Seiten enden. Zum tarifpolitischen Instrumentarium können in Zeiten von Arbeitskämpfen
auch der Streik auf der Arbeitnehmer und die Aussperrung als Mittel auf der
Arbeitgeberseite gehören.
Nur einmal ist in den vergangenen acht Jahren der so
genannte neutrale
Verteilungsspielraum – die Addition von Produktivitätszuwachs
und Preissteigerung – ausgeschöpft worden: 1992. In den folgenden sieben Jahren
lagen Produktivität stets über der Einkommenserhöhung.
3. Ziele des Bündnisses für Arbeit
3.1. Ausbildungsplatzgarantie für Jugendliche
Die wichtigste Vorraussetzung für den Einstieg in das Berufsleben
ist eine qualifizierte Ausbildung. Gewerkschaften, Arbeitgeber und Bundesregierung
haben im Bündnis für Arbeit die Ausbildungsplatzgarantie für Jugendliche vereinbart.
Jetzt müssen den Worten Taten folgen. Die IG Metall will die allgemeine Zusage
der Arbeitgeber in konkrete und nachprüfbare Maßnahmen umsetzen. Jeder Jugendliche
in Deutschland soll die Aussicht auf einen qualifizierten Ausbildungsplatz haben.
3.2. Neue Arbeitsplätze durch Überstundenabbau schaffen
Die vorhandene Arbeit muss besser und gerechter verteilt
werden. Deshalb setzt sich der DGB dafür ein, dass Überstunden in neue Arbeitsplätze
umgewandelt werden. Im vergangenen Jahr wurden 1.83 Milliarden Überstunden gemacht.
Das entspricht einer Steigerung um 20 Millionen Überstunden im Vergleich zum
Vorjahr. In zehn Prozent aller Betriebe werden ständig Überstunden geleistet.
Man darf das nicht länger hinnehmen. Wenn man ein Drittel der Überstunden sofort
abbaut und ein weiteres Drittel zukünftig durch Freizeit ausgleicht, würde man
einige hunderttausend zusätzliche Arbeitsverhältnisse gewinnen.
3.3. Rente mit 60
Das von Klaus Zwickel und
Walter Riester präsentierte Modell hat sofort für erheblichen Wirbel in der
politischen Diskussion gesorgt. So sprach CDU/CSU Fraktionschef Wolfgang Schäuble
von einem „Riesenbetrug“ an jüngeren Arbeitnehmern, andere Politiker nannten
den Vorschlag „ungeheuerlich“.
Vor dem Hintergrund hoher
Arbeitslosigkeit vor allem junger Menschen und gestiegenen Lohnnebenkosten insbesondere
kleiner und mittelständischer Betriebe muss das Modell „Rente mit 60“ also diskutiert
werden. Es ist vorrangig kein Beitrag zur Lösung der aktuellen Probleme bei
der Finanzierung unseres traditionellen Rentensystems, sondern soll zu allererst
einmal helfen die Probleme der Arbeitslosigkeit zu lösen.
Die Rente mit 60 bedeutet
zunächst keine allgemeine Senkung des Rentenalters, sondern gilt nur für einen
begrenzten Zeitraum von maximal fünf Jahren. Älteren Beschäftigten soll damit
die Möglichkeit gegeben werden, freiwillig vorzeitig in den Ruhestand zu gehen
und so Arbeitsplätze für Jüngere frei zu machen.
Niemand soll zu einem vorzeitigen
Renteneintritt gezwungen werden. Die Beschäftigten müssen aber mindestens 35
Jahre lang Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt haben. Hier setzt der erste
Vorwurf ein, der die „Rente mit 60“ als „Modell von alten Männern für alte Männer“
bezeichnet: Weder ältere Frauen noch heute jüngere Arbeitnehmer werden das Modell
in Anspruch nehmen können, weil einerseits die Mindestversicherungszeit nicht
erreicht wird, andererseits das politische Verfallsdatum bereits in fünf Jahren
eintritt.
Die „Rente mit 60“ ist ein
im Kern guter Vorschlag zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Sie kostet
im Durchschnitt die jüngeren Arbeitnehmer zwischen 16 und 18 Mark pro Monat
und würde bei nur 100.000 Neueinstellungen die Arbeitslosenversicherung (und
damit übrigens auch die Beitragszahler) um 4,5 Milliarden DM entlasten.
Die Bedingungen für Akzeptanz
unter jüngeren Arbeitnehmern einerseits und Unternehmern andererseits sind allerdings
Einstellungsgarantien und ein Verzicht auf direkte oder indirekte Erhöhungen
der Lohnnebenkosten.
3.4. Faire Teilzeitarbeit
ohne Altersarmut
Die Nachfrage nach Teilzeitarbeit
ist in Deutschland noch immer größer als das vorhandene Angebot. Für Frauen
und Männer ist es weiterhin der einzige Weg, Familie und Beruf miteinander zu
vereinbaren. Der DGB setzt sich für ein faire Teilzeitarbeit ein, die Berufschancen
nicht beeinträchtigt. Teilzeitarbeit muss eine attraktive Alternative zur Vollzeitarbeit
werden, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mehr Zeit für die individuelle
Lebensplanung und die familiäre Lebensgestaltung einräumt. Deshalb fordert der
DGB bessere gesetzliche Rahmenbedingungen für Teilzeitarbeit.
4. Kommentar von Klaus
Zwickel, 1. Vorsitzender der IG Metall
„Längerfristige Tarifverträge
auch über Lohn und Gehalt sind vor diesem Hintergrund durchaus denkbar. Aber
klar ist, ob es dazu kommt, darüber befinden ausschließlich wir selbst. Die
Einschätzung darüber hängt einzig und allein davon ab, ob die erzielten Verhandlungsergebnisse
solche längerfristigen Festlegungen rechtfertigen. Nur eine tragfähige und wirksame
Beschäftigungsbrücke wird längerfristige Tarifverträge möglich machen. Für höhere
Löhne und Gehälter allein bleiben wir bei zwölf Monaten.
Das Bündnispapier enthält
auch eine Aussage über Orientierungsdaten. Aber weder die von den Arbeitgebern
angestrebten Lohnleitlinien noch Lohnkorridore können in das Bündnispapier hineininterpretiert
werden. Und die Arbeitgeber konnten sich auch nicht mit ihrer Auffassung durchsetzen,
dass Preiserhöhungen künftig in der Tarifpolitik keine Rolle mehr spielen und
von den Arbeitnehmern allein gezahlt werden sollen.
Wichtig ist aus meiner Sicht:
Die Aussagen in der Bündnis-Erklärung haben nicht die Forderungen, sondern die
Ergebnisse der Tarifverhandlungen im Blick. Bilanz werden wir deshalb erst nach
Abschluss der Tarifverhandlungen ziehen können. Entscheidend ist, der Auftrag
an die Tarifvertragsparteien ist da. Jetzt kommt es darauf an, diese Verabredungen
in praktische Politik umzusetzen. Die IG Metall ist dazu bereit, und der Vorstand
hat dies in seiner Empfehlung zur Tarifforderung 2000 unterschrieben.“
7. Fazit Darüber reden
allein genügt nicht!
Dass wir dringend neue Wege
in der Tarifpolitik brauchen, zeigen die aktuellen Tarifverhandlungen im Öffentlichen
Dienst, in denen weder von Neuerrungen in der Arbeitsplatzbeschaffung noch von
der Nutzung der Arbeitsteilzeit usw. die Rede ist. Es wird bei allen Verhandlungen
nicht versucht, die bisher erzielten Ergebnisse beim Bündnis für Arbeit wirklich
umzusetzen.
Wenn die Bündnis-Gespräche
auch nur ansatzweise einen Erfolg bringen sollen, dann dürfte man nicht weiterhin
in den alten Tarifverhandlungs-Mustern denken. Gerade der Öffentliche Dienst
mit seinen obersten Dienstherrn Bundeskanzler Schröder und Außenminister Schily
könnten hier Zeichen für die Zukunft setzen, für die Schaffung neuer Arbeits-
und Ausbildungsplätze. Doch davon liest man derzeit nichts in den Zeitungen.
Gekämpft wird wie in alten Zeiten um Prozente der Lohnerhöhung, und zwar mit
allen Mitteln: Warnstreiks – Schlichtungsverhandlungen – evtl. erneute Streiks.
Lohnforderungen auf der einen Seite (Arbeitnehmer – vertreten durch die Gewerkschaft
Öffentlicher Dienst, Transport und Verkehr) -, Verweisung auf leere Kassen auf
der anderen Seite (Bundesregierung – Arbeitgeber des Öffentlichen Dienstes).
Am Freitag, den 26.05.2000
gab es in den Tageszeitungen (Ems-Zeitung, Die Welt) große Artikel über einen
Schlichterspruch der zu einer Einigung in der Tarifrunde führen könnte, jedoch
Meldungen über die mögliche Umsetzung des Bündnisses für Arbeit findet man hier
nicht.
Aber vielleicht gibt es doch
noch Hoffnung auf eine neue Tarifpolitik. Das Bündnis für Arbeit soll in allen
Themen neu beraten werden, die neue Runde beginnt Anfang bis Mitte Juli 2000
(Die Welt v. 26.05.2000). Und – danach Sommerpause – und wieder Vertagung?
8. Quellenangaben
- Metall Tarif – Herausgeber: IG Metall Küste 20097
Hamburg Nr. 1 Januar 2000
- DGB Bundesvorstand, Abt. Öffentlichkeitsarbeit
- Pressespiegel DGB 07/99
- DGB - Einblick 01/00
- DGB Leer
- TAZ – Berliner Tageszeitung vom 14.02.2000
7. Die Welt vom 26.05.2000, Seite 1 und 13
8. Die Ems-Zeitung vom 26.05.2000
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