Gratis Newsletter !
Der Schultreff-Newsletter informiert Dich stets über neue Arbeiten und mehr rund um Schultreff.
Du kannst Dich jederzeit wieder abmelden.
|
|
Der Realismus 1848-1885 
- Schriftsteller des Realismus
[zurück]
Der Begriff Realismus bezeichnet in der Literaturgeschichte die vorherrschende
literarische Strömung zwischen 1848 und 1885. Als realistisch bezeichnet man eine
bestimmte Form der künstlerischen Annäherung an die Wirklichkeit.
Realistische Literatur versucht also eine Nachahmung des Lebens in all seinen
Erscheinungen. Die griechischen Philosophen Platon und Aristoteles haben diese Art der
Kunstdarstellung erfaßt. Bis heute gilt der Realismus als eines der wichtigsten
Darstellungsprinzipien.
Anfang des 19. Jahrhunderts bekam der Realismus wieder einen bedeutenden
"Aufschwung": Durch die politisch- gesellschaftlichen Umwälzungen und durch die
technischen Entwicklungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts gewann die realistische
Sichtweise zunächst in England und Frankreich eine neue, überragende Bedeutung.
Der Realismus, also die reale Wiedergabe des Lebens, wurde nicht länger als bloßes
Stilmittel verstanden. Der Realismus forderte eine Konfrontation mit den Kräften heraus,
die das Leben der Gesellschaft und des Einzelnen bestimmen.
Vorformen der realistischen Auffassung fanden sich in Deutschland vor allem bei den
"Sturm-und-Drang"-Dichtern. Besonders zu nennen sei hierbei der
"Sturm-und-Drang"-Dichter Jakob Michael Reinhold Lenz.
[zurück]
Die Revolutionen in Europa um 1848
Zu Beginn der Epoche des Realismus gab es nahezu in jedem europäischen Staat
Aufstände der Bevölkerung. Besonders schlimm waren Frankreich, Deutschland und
Österreich betroffen.
Im Februar 1848 kam es in Paris zur ersten größeren Revolution. Anlaß für diesen
Aufstand des Kleinbürgertums und der Arbeiter waren die Wirtschaftskrise und die
Forderung nach einem Wahlrecht für alle; bis zu diesem galt in Frankreich das
Zensuswahlrecht, welches nur den Adeligen und Wohlhabenden gestattete, an Wahlen
teilzunehmen.
Im März 1848 kam es in Österreich zu einem Aufstand. Anlaß war hier, wie in Frankreich,
daß ein Großteil der Bevölkerung kein Wahl- und Mitspracherecht hatte. Fürst von
Metternich, der die Restaurationen durchführen sollte, war für diese untragbare
politische Situation verantwortlich. Durch den Aufstand der Bürger gelang es, Fürst von
Metternich im März 1848 zu stürzen. Kaiser Ferdinand richtete eine neue liberale
Regierung ein, die eine neue Verfassung ausarbeiten sollte. Doch auch diese Verfassung
schloß die "normalen" Bürger wieder von der Wahl aus (Zensuswahlrecht). Die
neue Verfassung wurde nicht anerkannt.
Wegen der labilen innenpolitischen Lage stimmte Kaiser Ferdinand der Forderung der
Bevölkerung nach Wahlrecht für alle Männer zu. Im Juli 1848 trat zum ersten mal der
öffentlich gewählte Reichstag zusammen und beschloß umgehend einige Veränderungen:
Alle Bürger haben ab sofort Anteil an der öffentlichen Verwaltung und Gesetzgebung. Es
herrscht Pressefreiheit und eine verhältnismäßig gleiche Besteuerung der Stände.
Kriege in Europa
Neben den Revolutionen in den Ländern Europas gab es auch viele Kriege in den Jahren
des Realismus. 1862 übernahm der deutsche Ministerpräsident Otto von Bismarck die
preußische Regierung um Preußen zur Großmacht zu machen. Es kam zum Krieg mit
Dänemark, nach dessen Beendigung Dänemark die Herzogtümer Schleswig, Holstein und
Lauenburg an Österreich und Preußen abtrat.
Diese Ländereien wurden zwischen Österreich und Preußen aufgeteilt. Doch bald kam es
zum ersten Konflikt zwischen den beiden Ländern: Bismarck wollte die alleinige Herrschaft
über Schleswig und Holstein erlangen und ließ darum 1866 preußische Truppen in Böhmen
(gehörte damals zu Österreich) einmarschieren. Es kam zur Schlacht bei Königgrätz, die
die preußischen Truppen gewannen. Österreich akzeptierte diese Annektierung und so kam
es kurz darauf zur Gründung des Norddeutschen Bundes, dessen erster Bundeskanzler Otto
von Bismarck war.
Aber auch gegen Frankreich führte Deutschland Krieg (zwischen 1870-1871). Frankreich
verlor den Krieg und mußte Elsaß und Lothringen an Deutschland abtreten. Bald war
Deutschland zu einer Großmacht mit 41 Millionen Einwohnern geworden.
Kolonialisierung des Ostens
Eine weiterer wichtiger Geschichtsabschnitt in der Zeit des Realismus war die
Kolonialisierung des Ostens. Geschwächt durch den verlorenen Krieg, versuchte Frankreich
durch Erwerbung neuer Kolonien sein Ansehen in der Welt zu verbessern. Wichtigste
Errungenschaft dieser Zeit ist die Errichtung des Suez-Kanals. Aber auch die Engländer
waren nicht untätig. Sie kolonialisierten Ägypten und später den Sudan.
Ab 1880 begannen fast alle europäischen Länder, Teile Afrikas zu besetzen. Auch Rußland
begann immer weiter in den fernen Osten vorzudringen. 1854 schließt Japan einen
Handelsvertrag mit den USA ab. Die Japaner versuchen sich an der westlichen Welt zu
orientieren um die Wirtschaft zu verbessern. Durch die ungeheure Arbeitskraft dieses
Volkes setzte bald eine "moderne Industrialisierung" ein.
[zurück]
Die Literatur der Jahre 1848 - 1885 läßt sich grob in zwei Gattungen einteilen. Zum
einen gab es den poetischen Realismus, zum anderen den kritischen Relaismus.
Der poetische Realismus
"Realismus" ist keine Erfindung des 19. Jahrhunderts. Schon im 15. und 16.
Jahrhundert lassen sich realistische Züge in der Dichtung erkennen. Bei Shakespeare und
sogar in der Barockzeit werden Erzählungen äußerst realistisch geschildert. Aber erst
im 19. Jahrhundert wird der Realismus zum Stilprogramm einer Generation.
Die "Realisten" wandten sich vor allem gegen die Klassik und Romantik. Man
wollte das Erfahrbare und Überprüfbare darstellen und ächtete die Phantasie. In der
realistischen Dichtung sollen selbst die Gefühle und Meinungen des Dichters außerhalb
der Darstellung bleiben. Man war daran interessiert, den Menschen in seinem alltäglichen
Leben darzustellen.
Der Realist wollte illusionsloser Beobachter sein. Die Handlung der Werke fand meistens in
kleinen Orten oder Dörfern am Lande statt. Die Figuren waren häufig Handwerker,
Kaufleute und Bauern. Nicht die große Politik, sondern die kleine Welt des Privaten
bildete den Hintergrund.
Kennzeichnend für die Erzählung des Realismus ist die Rahmentechnik: Ein Erzähler
erinnert sich an eine Begebenheit aus seinem Leben oder an eine alte Chronik, in der die
dann folgende Geschichte erzählt ist.
Die Erzählung bekommt durch die Rahmentechnik den Anstrich eines Berichtes über reales
vergangenes Geschehen. Die bevorzugte literarische Form ist die Novelle, die im Realismus
ihren Höhepunkt erreicht.
Der Roman tritt im Realismus in verschiedensten Formen auf: als Entwicklungsroman , als
historischer Roman, als Zeitroman sowie als Gesellschafts- und Familienroman.
Auf das Drama wird weitgehend verzichtet.
Die realistischen Erzähler beziehen sich meist ganz konkret auf die Gegenwart, auf die
Realität ihrer Zeit. Um in ihren Werken die ganze Wirklichkeit zu erfassen, beschäftigen
sie sich vor allem mit dem ihnen gut bekannten einfachen Bürgertum.
Der kritische Realismus
Ausgelöst wurde der kritische Realismus in Frankreich Mitte des 19. Jahrhunderts. Er
soll ohne persönliche Stellungnahme und ohne eine Spur von Teilnahme am Geschick der
Handlungsperson erzählen.
Das Bemühen um unbedingte, unberührte Objektivität führte notwendig zur Entdeckung des
Häßlichen, Beklemmenden, des Elends und der Kümmerlichkeit menschlichen Daseins.
Der realistische Erzähler möchte den Eindruck vermitteln, als stelle er ein Geschehen
möglichst objektiv dar. Er berichtet wie ein neutraler außenstehender Zuschauer
(neutrales Erzählverhalten). Dem Leser soll der Eindruck vermittelt werden, daß sich das
Geschehen unmittelbar vor ihm abspielt, als sei er selbst Zeuge und nicht abhängig von
einem auktorialen Erzähler.
Auktoriales Erzählverhalten
Der Erzähler tritt als Vermittler zwischen Geschichte und Leser auf; er erläutert und
beurteilt das Geschehen, stellt einen direkten Kontakt zum Leser her.
Neutrales Erzählverhalten
Der Erzähler tritt hinter das Geschehen zurück und überläßt die Beurteilung dem
Leser. Er ist nicht unmittelbar wahrzunehmen.
Im kritischen Realismus galt es als vorrangig, daß naturwissenschaftliche Weltbild
(Medizin, Biologie, Psychologie, Soziologie, ...) als Grundlage zur Darstellung des
Menschen zu nehmen.
[zurück]
Die Hauptvertreter des poetischen Realismus sind
Adalbert Stifter (1805 - 1868)
- "Die Mappe meines Urgroßvaters" (1841/42)
- "Bunte Steine" (1853)
- "Der Nachsommer" (1857)
- "Witiko" (1865-1867)
Friedrich Hebbel (1813 - 1863)
- "Maria Magdalena" (1844)
- "Herodes und Mariamne" (1850)
- "Agnes Bernauer" (1855)
- "Gyges und sein Ring" (1856)
- "Die Nibelungen" (1862)
Theodor Storm (1817 - 1888)
- "Immensee" (1850)
- "Pole Poppenpäler" (1874)
- "Aquis submersus" (1876)
- "Der Schimmelreiter" (1888)
Gottfried Keller (1819 - 1890)
- "Die Leute von Seldwyla" (1856-1874)
- "Sieben Legenden" (1872)
- "Züricher Novellen" (1876/77)
- "Das Sinngedicht" (1882)
- "Martin Salander" (1886).
Theodor Fontane (1819 - 1898)
- "Balladen" (1861)
- "Wanderung durch die Mark Brandenburg" (1862-1882)
- "Vor dem Sturm" (1878)
- "Die Brücke am Tay" (1879)
- "Schach von Wuthenow" (1883)
- "Cécile" (1887)
- "Irrungen Wirrungen" (1888)
- "Stine" (1890)
- "Frau Jenny Treibel" (1892)
- "Meine Kinderjahre" (1894)
- "Effi Briest" (1895)
- "Der Stechlin" (1898)
- "Von Zwanzig bis Dreißig" (1898).
Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898)
- "Das Amulett" (1873)
- "Jürg Jenatsch" (1876)
- "Der Schuß von der Kanzel" (1877)
- "Gustav Adolfs Page" (1882)
- "Die Hochzeit des Mönchs" (1884)
- "Die Versuchung des Pescara" (1887).
Wilhelm Raabe (1831 - 1910)
- "Der Hungerpastor" (1864)
- "Abu Teflan" (1868)
- "Der Schüdderump" (1870)
- "Das Odfeld" (1889)
- "Stopfkuchen" (1891).
[zurück]
Der Autor
Hans Theodor Woldsen Storm wurde am 14. September 1817 in Husum als ältestes von
dreizehn Kindern geboren.
Nach der Volksschule ging er auf eine Gelehrtenschule auf der er jedoch nur mäßig
erfolgreich war, besonders in literarischer Hinsicht war er nur mangelhaft gebildet. In
Lübeck erst vollendete er seine Gymnasialstudien und erlangte dort auch literarische
Bildung. Auf Wunsch des Vaters studierte der Zwanzigjährige Storm in Kiel, später in
Berlin (zuletzt wieder in Kiel die Rechtswissenschaft).
Im Jahre 1843 kehrte Storm in seine Vaterstadt Husum zurück, um sich dort als
Rechtsanwalt niederzulassen.
Zwei Dinge sind es, die den Dichter in den folgenden Jahren maßgebend beeinflussen: die
Liebe zu seiner Frau Constanze und die Schönheiten seiner Heimat.
Im Jahre 1880 bezog der Dichter seinen Ruhesitz in Hademarschen, um dort seine
bedeutendsten Novellen, als letzte und schönste den "Schimmelreiter", zu
schreiben. Oftmals verließ er Hademarschen um seine Verwandten und Freunde in Berlin, in
Weimar, vor allem aber in Husum zu besuchen.
Sein siebzigster Geburtstag brachte ihm zahlreiche Ehrungen aus allen Teilen Deutschlands.
Bald darauf starb Theodor Storm an einem Krebsleiden, das ihm schon lange Zeit zu schaffen
gemacht hatte. Wenige Tage später wurde der tote Dichter nach Husum gebracht, um dort in
der Familiengruft beigesetzt zu werden.
Das Werk
Einleitung
Was Storm hier berichtet, hat er als Kind in einer Zeitschrift im Hause seiner
Urgroßmutter gelesen. Die Geschichte vom gespenstischen Reiter aus "Pappes Hamburger
Lesefrüchten", ursprünglich 1838 im "Danziger Dampfboot" erschienen, ist
eine mysteriöse Geschichte aus dem Weichselraum, die Storm nach Nordfriesland
"versetzte".
Inhaltsangabe des "Schimmelreiters"
Storm's Novelle erzählt von einem Mann, der um 1830 bei Unwetter einen nordfriesischen
Deich entlangritt und dabei mehrmals die Erscheinung einer auf einem hageren Schimmel mit
fliegendem Mantel lautlos vorbeireitenden dunklen Gestalt hatte. Zurück im Wirtshaus
sagten ihm die Leute, das sei der "Schimmelreiter" gewesen. Daraufhin wird dem
Reisenden nun vom Schulmeister die Sage über den geheimnisvollen
"Schimmelreiter" erzählt.
Mitte des 18. Jahrhunderts lebte hier der gebildete Tede Haien, dessen Sohn Hauke schon
als junger Mensch behauptete, der Deich sei falsch angelegt worden. Er tritt dann als
Kleinknecht beim Deichgrafen Volkerts ein und kann hier allerlei Verstöße gegen die
Deichordnung zur Sprache bringen. Sein stiller Feind ist der Großknecht Ole Peters.
Zwischen Hauke und der Tochter des Deichgrafen, Elke Volkerts, hat sich eine immer
stärkere Zuneigung entwickelt. Als Ole Peters heiratet, rückt Hauke zum Großknecht auf,
muß aber seine Stellung bald aufgeben, um seinen kranken Vater zu versorgen. Nach dem
Tode seines Vaters hilft er Elke Volkerts bei allen Rechnungs- und Schreibarbeiten.
Kaum haben sich Hauke und Elke im stillen verlobt, stirbt der alte Volkerts, und als der
Oberdeichgraf sich nach einem neuen Deichgrafen umsieht, da gelingt es der geschickten
Fürsprache Elkes, ihn zu überzeugen, daß Hauke der richtige Mann sei, und er erhält
dieses Amt. Er verwaltet es aufs sorgfältigste und plant die Anlage eines weiteren
Deiches, um aus dem Vorland einen festen "Koog" und damit für die Gemeinde
neues Weide- und Kornland zu gewinnen. Sein Plan wird nach längeren Verhandlungen vom
Oberdeichgrafen genehmigt.
Am selben Tag ersteht Hauke Haien auf dem Heimweg durch einen Gelegenheitskauf einen
mageren, heruntergekommenen jungen Schimmel für billiges Geld. Durch liebevolle Pflege
entpuppt sich dieser bald als gesundes Tier, das aber nur seinen Herrn als Reiter duldet.
Haiens Knechte haben eine abergläubische Furcht vor dem Schimmel und verbreiten das
Gerücht, in ihm sei ein auf einer nahen Hallig liegendes Pferdegerippe lebendig geworden.
Der Deichgraf organisiert nun die Durchführung des Deichbaus. Er verteilt die Arbeiten,
kämpft gegen Verleumdungen, überwacht, auf seinem Schimmel reitend, den Sommer hindurch
die Arbeiten. Trotzdem wird man bis zum Winterbeginn nicht fertig.
Im neunten Ehejahr wird Haien Vater eines Mädchens; im darauffolgenden Jahre wird der
Deichbau beendet.
Gewissenhaft verwaltet Hauke Haien in den folgenden Jahren sein Amt, hat auch weiterhin
bei allen Reparaturarbeiten mit Widerständen zu kämpfen und läßt sich, nachdem er eine
schwere Krankheit überstanden hat, von seinem alten Widersacher Ole Peters zu einer
Wiederherstellungsarbeit am alten Deich überreden, die aber nicht gründlich ist. Dies
soll sich bitter rächen. Bei einer gewaltigen Sturmflut entsteht im alten Deich ein
Bruch. Hauke sieht noch in den Wassermassen Frau und Kind umkommen, die zu ihm eilen
wollten. Daraufhin jagt er mit seinem Schimmel in die Fluten und kommt ums Leben.
Der alte Deich war gebrochen, der neue Deich aber, der "Hauke-Haien-Deich",
steht noch nach hundert Jahren.
Interpretation
In diesem Werk wird besonders gut auf den Aberglauben der Menschheit eingegangen. Der
Aberglaube dichtet der Gestalt des Deichgrafen die Aura des Unheimlichen an und bringt
sein Lebenswerk in Verbindung mit Teufelsspuk und Gespenterseherei.
Der Haß schlägt Haien offen entgegen, als er mit Gewalt den Aberglauben unterdrückt,
daß "etwas Lebendiges" in den neuen Deich eingegraben werden müsse, damit er
Bestand habe.
Das Volk verknüpft sofort den geheimnisvollen Schimmelspuk auf Jeverssand mit dem
mysteriösen Schimmelkauf des neuen Deichgrafen. Nach Haien's Tod läßt die Sage den
gespenstischen Schimmelreiter immer dann erscheinen, wenn Unwetter die Deiche bedroht.
Chiffre dieses Schicksals ist eine Natur, die handelnd und bewegend in den Kampf
eingreift; das Meer als elementarer Widersacher des Menschen, aufgetürmt in den tobenden
Wellenbergen der Sturzflut, prägt die Grundstimmung der Erzählung, jene Schwermut der
friesischen Küstenlandschaft, deren magischen Bannkreis Haien nicht durchbrechen kann.
Kurzfassung des "Schimmelreiters"
von Theodor Storm (1888)
Einst reitet ein Mann von seinen Verwandten weg in die Stadt, um dort Geschäfte zu
tätigen. Er reitet an einem nebeligen Nachmittag. Die Landschaft sieht grau und
verschwommen aus. Sein Pferd trabt mit ihm einen Deich entlang. Plötzlich ist ihm als
komme ihm ein Reiter entgegen, und wenig später vermeint er eine Gestalt mit glühenden
Augen auf einem Pferd zu erkennen; aber weder Hufschlag noch Keuchen des Pferdes sind zu
vernehmen. Noch ein zweites Mal sieht der Reiter die Spukfigur, dann bleibt sie
verschwunden. Wenig später kommt er in einen Gashof, in dessen Stube der Deichgraf und
die Gevollmächtigten eine Versammlung abhalten. Der Neuankömmling erzählt sein Erlebnis
vom Deich. Plötzlich meint einer, daß dies nur der Schimmelreiter gewesen sein könne.
Neugierig geworden fragt er was für eine Bewandtnis es mit dem Schimmelreiter habe. Auf
Aufforderung des Deichgrafen hin beginnt der Schulmeister zu erzählen:
"Einst lebten ein Mann, der im ganzen Dorf der weitaus Gescheiteste war, und sein
Sohn in einer kleinen Kate. Der Vater, Tede Haien, maß und rechnet oft an den langen
Winterabenden, wobei ihm sein Sohn Hauke zusieht, wohl manchmal auch etwas fragt. Die
Antworten darauf muß sich der Junge, da es sein Vater selbst oft nicht recht weiß, aus
einem alten holländischen Mathematikbuch suchen. Hauke lebt nun nur mehr für die
Geometrie. Um seinen Sohn auf andere Gedanken zu bringen schickt ihn Tede Haien zu den
Deicharbeitern. Hauke aber läßt sich die Freude an seiner Lieblingswissenschaft nicht
nehmen.
Als es Winter wird und die Arbeiten am Deich eingestellt sind, geht Hauke oft auf den
Deich hinaus und beobachtet stundenlang die an dem Deich nagenden Wellen. Stets kommt
Hauke erst nach langer Zeit zurück und wird deshalb von seinem Vater hart ausgescholten.
Eines Abends ist er wieder auf den Deich hinausgegangen, da sieht er den Nebel
gespenstisch über den Eisspalten wogen. Hauke fürchtet sich nicht, denn er weiß, daß
es bloß der aus den Spalten aufsteigende Rauch ist.
Hauke lebt sehr zurückgezogen. Er hält Freundschaft mit dem Angorakater der alten Trin
Jans. Eines Tages hat er einen Eisvogel gefangen und will das Tier nicht wie gewöhnlich
dem maunzenden Kater überlassen. Doch die Katze entreißt ihm die Beute. Voll Wut
erwürgt Hauke das Tier und wirft es gegen die Kate der Alten. Nachdem Tede Haien von der
Tat seines Sohnes in Kenntnis gesetzt wird, meint er Hauke müsse sich um einen
Arbeitsplatz umsehen, denn für zwei Herren sei die Kate zu klein.
So geht Hauke zum Deichgrafen Volkerts und verdingt sich als Kleinknecht. Die Tochter
seines Brotgebers, Elke nimmt ihn oft vor dem Großknecht Ole Peters in Schutz. Hauke muß
des öfteren in der Stube seines Herrn seine Rechenkünste unter Beweis stellen. Hauke
steht in allen Amtsgeschäften dem Deichgrafen zur Seite. Die Differenzen zwischen Hauke
und Ole werden immer größer. Im Frühjahr beim "Eisboseln" ist es sogar schon
so weit, daß Ole Peters den Eintritt Haukes in die Mannschaft der Marschleute verhindern
will. Doch Ole Hensen setzt schließlich durch, daß Hauke mitspielen darf. Hauke erringt
den Sieg für seine Partei.
Ein Jahr später kündigt Ole Peters seinen Dienst und heiratet Vollina Harders. Hauke
rückt zum Großknecht auf. Doch er hat die Stellung nicht lange inne, denn sein alter
Vater ist nicht mehr im Stande die Wirtschaft selbst zu führen. Tede Haien stirbt bald;
doch hat er noch ein kleines Stückchen Grund zu seinem Besitz dazugekauft, welches er nun
Hauke überläßt. Hauke fühlt oft, daß er wohl der richtige Mann wäre wenn ein neuer
Deichgraf gewählt werden müsse. Doch ist sein Grundbesitz für den eines Deichgrafen
viel zu klein.
An dem Hochzeitstag einer Verwandten von Haiens sind Hauke und Elke zur Tafel geladen. Bei
einer günstigen Gelegenheit schiebt Hauke Elke einen Ring, den er schon lange bei sich
trägt auf ihren Ringfinger. Damit ist eine Freundschaft fürs Leben besiegelt. Kurz
darauf stirbt der alte Deichgraf. Bei dem Leichenmahle wird nun besprochen wer der
Nachfolger sein sollte.
Jeve Manners, der Pate von Elke, schlägt Hauke vor. Doch man gerät in Bedenken wegen des
Besitzes. Kurz entschlossen erklärt Elke, daß sie Hauke heiraten wolle damit der nötige
Grundbesitz vorhanden sei. So wird Hauke Haien der neue Deichgraf. Doch er hat mehr Feinde
als Freunde.
Der Aberglaube der Leute wird dadurch gefördert, daß Hauke eines Tages einen
halbverhungerten Schimmel mit nach Hause bringt, den er alsbald wieder völlig
einsatzfähig gemacht hat. Es ist ein feuriges Tier, das sich nur von Hauke reiten läßt.
Doch das Knochengerüst von Jevershalling ist verschwunden und so glauben die Leute der
Schimmel des Deichgrafen hänge irgendwie mit diesem zusammen.
Durch den neuen Deichbau, den Hauke entworfen hat, entzieht er sich die Freundschaft
vieler im Dorf, denn zu seinem Plan muß viel mehr Erde angefahren werden als gewöhnlich,
und außerdem ist es um vieles teurer.
Im neunten Jahr ihrer Ehe gebärt Elke ein Mädchen, das Wienke genannt wird. Leider ist
die Kleine geistig nicht normal, doch sie wird trotzdem von ihren Eltern sehr geliebt.
Im darauffolgenden Sommer läßt Hauke trotz verschiedener Gegenstimmen den alten Deich
reparieren. Er rettet dabei einen kleinen gelben Hund der seiner Tochter mit der Möve
"Klaus" der liebste Spielgefährte wird.
Oft reitet Hauke mit der kleinen Wienke auf den Deich hinaus, doch stets wird das Kind
sehr ängstlich und verschreckt. Nach Neujahr hat das Marschfieber Hauke ergriffen. Als er
wieder genesen ist, besteigt er seinen Schimmel um die Deiche zu inspizieren. Er berichtet
das bei der nächsten Versammlung, doch da die Mehrzahl gegen einen Neubau des Dammes ist,
fügt sich auch Hauke dem allgemeinen Beschluß.
Im Frühjahr stirbt Trin Jans und wird auf dem Dorffriedhof begraben. Es werden in letzter
Zeit viele fürchterliche Ereignisse berichtet, die auf ein grausiges Erlebnis vorbereiten
sollen. Ende Oktober nämlich bricht während eines Sturmes der alte Damm und das
Marschland wird verwüstet. Elke und Wienke wären in ihrem Hause sicher gewesen, doch die
Sorge um Hauke treibt sie hinaus wo sie beide ertrinken. Hauke hat das mit ansehen müssen
ohne helfen zu können und stürzt sich verzweifelt in die Fluten. Nun vermeint man ihn in
stürmischen Nächten als unheilbringendes Gespenst zu sehen. Doch das ist
Aberglaube."
So endet die Erzählung des Schulmeisters.
Letzte Änderung am undefined
|