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Autor: Nestroy
Titel: Der Talismann
Posse mit Gesang in 3 Akten
Uraufführung am 16.Dezember 1840 in Wien
Personen :
Titus Feuerfuchs, Barbiergeselle
Frau von Cypressenberg, Witwe
Emma, ihre Tochter
Constantia, ihre Kammerfrau
Flora Baumscheer, Gärtnerin
Plutzerkern, Gartengehilfe
Monsieur Marquis, Friseur
Spund, Bierversilberer
Salome Pockerl, Gänsehüterin
Gäste
Bediente
Bauernburschen
Mädchen
Ort und Zeit : Die Handlung spielt auf dem Gute der Frau von Cypressenburg,
nahe bei einer großen Stadt.
Inhalt :
Der Barbiergeselle Titus Feuerfuchs tut sich schwer im Leben und Gewerbe,
denn er hat brandrote Haare. Daß dir Menschen gegen diese ein Vorurteil
hegen, hat auch die Gänsemagd Salome Pockerl erfahren müssen,
denn selbst der häßlichste Bursche im Dorfe weigert sich, mit
einer Rothaarigen zu tanzen. Kein Wunder, wenn sich Salome zu den Leidensgenossen
Titus hingezogen fühlt. Mit diesem scheint allerdings das Schicksal
Größeres vorzuhaben. Der Friseur Marquis, dessen scheugewordenen
Gaul Titus zum stehen bringt, schenkt seinem Lebensretter eine Schwarze
Perücke, die ihm die Gunst der Gärtnerswitwe Flora Baumscheer
gewinnt. Sie steckt den Dunkellockigen in die Kleider ihres verstorbenen
Mannes und macht ihn zum Gartenaufseher. Als solcher erblickt ihn die KammerfrauConstantia,
die ebenfalls unter der Bürde ihres Witwentums leidet. Der Schwarzkopf
gefällt ihr, und sie beordnet ihn als Obstlieferant ins Schloß.
Titus hat den Dienst bei der Gärtnerin mit der Uniform und Stellung
eines Jägermeisters vertauscht. Jedoch der Friseur Marquis, der Constantia
seit langem verehrt, wittert in Titus einen Rivalen und nimmt ihm, während
der Nebenbuhler schläft, kurzerhand die schwarze Perücke vom
Kopf. Inzwischen ist der Ruf des neuen Jägermeisters bis zu Frau von
Cypressenburg und ihrer Tochter Emma gedrungen. In verzweifelter Eile stülpt
sich Titus, der einen raschen Griff in Marquis´ Bestände getan
hat, statt der schwarzen eine blonde Perücke auf. Der Blondschopf
gefällt der schriftstellernden Freifrau so wohl, daß sie ihn
zu ihrem Sekretär ernennt. Als dieser aber bei einer Abendgesellschaft
aus den Memoiren seiner Gebieterin vorlesen soll, wird er von den racheschnaubenden
Witwen und Marquis als Perückendieb entlarvt und mit Schimpf und Schande
aus dem Hause gejagt.
Der schwerreiche Bierversilberer Spund, Titus´ Oheim, der sich
bisher um den rothaarigen Neffen kaum gekümmert hatte, ist diesem
nachgereist und will ihm in der Stadt einen Barbierladen einrichten, damit
der Außenseiter der Familie keine Unehre mache. Salome, der Spund
sein Herz ausschüttet, schickt diesen aufs Schloß, wo der Gesuchte
sich aufhalte. Als man im Schlosse erfährt, daß der Hinausgeworfene
einen so gewichtigen Onkel habe, beeilt man sich, ihn zurückzurufen.
Bevor Titus dorthin aufbricht, verbirgt er die fatalen roten Haare unter
der grauen Perücke des seligen Gärtnermeisters Baumscheer. Die
bestürzte Frage Spunds, wohin die roten Haare gekommen seien, benützt
Titus zu der Beteuerung, der Kummer über das bisherige lieblose Verhalten
seines Oheims habe ihn frühzeitig ergrauen lassen. Gerührt will
Spund ihn zum Universalerben einsetzen. Die Witwen schöpfen neue Hoffnung.
Als der Notar das Testament ratifiziren will, wird Titus abermals entlarvt.
Frau von Cypressenberg besänftigt den Zorn des Bierversilberers, aber
Titus erklärt, er verzichte auf die Erbschaft und sei zufrieden, wenn
Spund ihm zu einem Barbierladen verhelfe. Und weil er damit diejenigen
nicht heiraten könne, die rote Haare nur an einem Universalerben verzeihlich
fänden, wähle er die Salome, die ihm seine Haarfarbe nie zum
Vorwurf machen werde.
Interpretation :
Die Handlung geht auf ein französisches Vaudeville "Bonaventure"
von Duperty und de Courey zurück. Nestroy hat aus der Vorlage eine
seiner im Aufbau geschlossensten, zügigsten, an heiteren Situationen
reichsten Komödien gemacht, an der heute noch jedes Wort lebendig,
jede Szene überwältigend wirkt. Den raschen Aufstieg des rothaarigen
Helden dadurch anschaulich zu machen, daß jede seiner Gönnerinnen
ihn in die Kleider ihres verstorbenen Mannes steckt, ist ebenso einfacher
wie genialer Einfall.
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