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Das Volksstück
Das Volksstück ist eine Form des Schauspiels für das Volk und
über das Volk (d.h. für die breite Masse der Bevölkerung,
nicht nur für die "Oberen") Es ist im Gegensatz zum Theater der Oberschicht
(Hoftheater), ein Theater des Volkes, womit sich zeigt, dass Volksdramatik
eine Alternativdramatik zum Bildungstheater ist.
Eine Gattung von Bühnenstücken für städtische Volkstheater
und Vorstadtbühnen mit einer aus dem Volksleben entnommenen Handlung
in volkstümlicher schlichter, leichtverständlicher Form, oft
auch mit Stegreif-Einlagen oder mit Einlagen von Musik, Gesang und Tanz,
ohne den ernsten und zum Teil selbst tragischen Grundton zu verlieren.
Gesellschafts-, Charakter- und Sprachkritik gehörten immer zum
Volksstück.
Reichste Entfaltungen findet man in Hamburg, Berlin und besonders in
Wien, meist mit einem Übergang in das Lokalstück.
Lokalstück: ein volkstümliches Theaterstück, dessen
Inhalt an eine bestimmte Landschaft oder Stadt gebunden ist - meist in
der entsprechenden Mundart gespielt.
Entstehung
Bis ca. 1840 konnte das Volkstheater auch von den untersten, einkommensschwachen
Bevölkerungsschichten besucht werden, doch ab 1840 wurde das Volk,
durch steigende Preise, etc. immer mehr ausgegrenzt.
1889 wird in Wien das "Deutsche Volkstheater", 1890 in Berlin die "Freie
Volksbühne" gegründet. Ihr Ziel ist es neue Publikumsschichten
für das Theater zu gewinnen, andererseits aber die sozialen Probleme
und Nöte des Arbeiterstandes aufzuzeigen.
Neben diesen Theatern, die ihre Arbeit vorwiegend als Bildungsauftrag
verstehen, existieren Volkstheater, welche anspruchslose, rein unterhaltende
Programme spielen - somit verkommt das Volksstück zum kitschigen Heimat-
bzw. Bauerntheater.
Die Stücke des engagierten Volkstheaters werden oft als Zaubermärchen
(bei Raimund), Lustspiel, Posse (bei Nestroy), Schwank oder auch Operette
- die in Wien ab 1850 als musikalische Weiterentwicklung des damaligen
Volksstückes gilt - bezeichnet.
Mitte des 19. Jahrhunderts emanzipiert sich das Volksstück vom
Volkstheater als Institution und wird eine eigenständige literarische
Gattung.
Die Werke von Ludwig Anzengruber, Carl Zuckmayer, Ödön von
Horváth, sowie Bertolt Brecht, Ludwig Thoma und Marieluise Fleißer
sind Stationen auf dem Weg zur Volksdramatik der Gegenwart. Volksstückhafte
Elemente sind bei Gerhart Hauptmann und Karl Valentin feststellbar.
Zum Teil an alte Traditionen anknüpfend (als Vorbilder dienen
Nestroy, Brecht, Horváth, Fleißer), zum Teil aber auch neue
dramatische Formen (wie Straßentheater, Dokumentartheater) suchend
und ausprobierend, werden nach 1954 von österreichischen Autoren Volksstücke
verfasst (Fritz Kortner, Ulrich Becher, Felix Mitterer, ...). Sie dienen
entweder der Bewältigung der nationalsozialistischen Vergangenheit
oder zur Beschreibung von den gegenwärtigen sozialen und politischen
Realität der unteren Schichten und Randgruppen.
In Deutschland schreiben Rainer Werner Fassbinder, Martin Sperr und
Franz Xaver Kroetz Volksstücke, in denen die Außenseiterproblematik
und die Auswirkungen ökonomischen und gesellschaftlichen Drucks auf
die Kleinfamilien-Beziehung thematisiert werden.
Wiener Volksstück
Ferdinand Raimund (1790 - 1836) und Johann Nepomuk Nestroy (1801 - 1862)
sind die klassischen Vertreter des Wiener Volksstücks, dass sich in
der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts und im beginnenden 19. Jahrhundert
zu voller Blüte entwickelt.
Nebenbei schrieben zu dieser Zeit noch Alois Gleich und Karl Meisl,
welche als Meister des Alt-Wiener "Besserungsstückes" gelten. Besserungsstück:
dient den bestehenden gesellschaftspolitischen Verhältnissen und endet
meist mit einem Happyend.
Trotz der drückenden Metternichschen Reaktion blühte das
Wiener Volkstheater in der Epoche des Biedermeier weiter, wenn auch durch
die 1752 von Maria Theresia mit Strafe verhängten Theaterzensur weitgehend
entpolitisiert. Die Zensur verbot jede anstößige Gebärde,
sowie das Extemporieren (Extemporieren: das ist die Improvisation im Theaterstück,
bzw. die aus dem Stegreif ohne textl. Grundlage erfolgte) - womit 1769,
nach Prehausers Tod, die Stegreifbühne aufgeben musste.
Theater und Publikum flohen in Zauberpossen-Illusionen und Besserungsstücken.
Das Zauberspiel bot den Dichtern die Möglichkeit, über Gesellschaftliches
zu schreiben, ohne dass die Stücke verboten oder zensuriert wurden
(dazu wurde das Reich der Feen und Zauberer verwendet - welches außerhalb
des Zensurverbots steht, da es zwischen Gott und der Welt liegt)
Vom Barocktheater und der Stegreifbühne (commedia dell'arte) beeinflußt,
werden Felix von Kurz, Philipp Hafner und Anton Stranitzky als die Väter
des Wiener Volksstückes gesehen.
Anton Stanitzky - erschuf die Figur des "Hanswurst", der als Salzburger
Bauer den selbstgerechten Wiener auch unangenehme Wahrheiten sagen konnte,
mit welcher Stranitzky den Weg zum eigenständigen deutschen Volkstheater
beschritten hatte.
1712 übernahm Stranitzky mit seiner Truppe die neuerbaute Hofbühne
am "Kärntnertor", nachdem das Wiener Publikum die vom Kaiser vorgesehenen
italienischen Schauspieler boykottiert hatte. Somit hatte sich das deutschsprachige
Theater zum ersten Mal eine feste und offizielle Heimatstatt erkämpft.
Mit Nestroy ging die 150-jährige Blütezeit des Altwiener
Volkstheaters zu Ende. Dass sich in Wien die barocke Theatertradition des
Narren und der Zauberstücke länger als anderswo gehalten hatte,
hing mit der rückständigen gesellschaftlichen und ökonomischen
Verhältnissen zusammen. Als in Österreich im Gefolge der Märzrevolution
die Industrialisierung einsetzte, verschwand auch rasch das spätbarocke
Volkstheater.
Ferdinand Raimund
Er trachtet danach "Originalstücke zu schreiben. Raimund ist der
Barocktradition und dem Ausstattungstheater verpflichtet (ds. grandiose
Bühnentechnik, Ballett- und Gesangseinlagen).
Er hat selten Probleme mit der Zensur (Metternich), da seine Texte
wie die anderer österreichischer Dichter des Biedermeier davon sprechen,
dass das wahre Glück und die wirkliche Größe des Menschen
in der Bescheidenheit und im Verzicht liegen.
Somit ist Raimund kein gesellschaftskritischer Dichter wie Nestroy.
Nestroy wirft ihm vor, das Volksstück zu verraten und aufzulösen
- da dieser ein neues Genre erschaffe: die Allegorienspiele erschaffe.
Allegorienspiele: ds. bildliche Darstellungen eines Begriffs, zB. die
Jugend oder das Alter wird als Person dargestellt.
Raimunds erste Stücke, wie "Der Barometermacher auf der Zauberinsel",
"Der Bauer als Millionär" und "Der Diamant des Geisterkönigs"
sind Reaktionen auf die verhängte Zensur.
Spätere Stücke Raimunds zB "Der Verschwender", "Der Alpenkönig
und der Menschenfeind" oder "Der Bauer als Millionär" sprengen die
Grenzen des vorwiegend komischen Volkstheaters und rücken in die Nähe
des Besserungsstückes - sie versuchen, Lösungen des Konflikts
zwischen Wunschbild und Wirklichkeit zu zeigen.
Auszug aus "Der Verschwender" (® ein Teil des berühmten Hobellied's):
Da streiten sich die Leut herum
Oft um den Wert des Glücks,
Der eine heißt den andern dumm,
Am End weiß keiner nix.
Da ist der allerärmste Mann
Dem andern viel zu reich,
Das Schicksal setzt den Hobel an
Und hobelt's alle gleich.
Johann Nepomuk Nestroy
Ein realistischer, kritischer und illusionsloser Künstler des
Vor- und Nachmärz, der den Stoff zu seinen Stücken meist aus
dem Französischen nahm - er schrieb also keine "Originalstücke".
Seine Texte gliedern sich in Zauberpossen, z.B. "Der böse Geist
Lumpazivagadundus" oder "Das liederliche Kleeblatt", wobei er das Zauberstück
der Metternich-Ära mit den Mittel der Satire und Parodie verspottet.
Er ist ein kritischer Beobachter der gesellschaftlichen Zustände
seiner Zeit, welche er auf der Bühne öffentlich diskutiert. Er
weiß jedoch genau, was die Zensur erlaubt und was nicht - doch von
der sich im Vormärz formierenden Opposition rückten Parodie und
Satire wieder stärker in den Vordergrund.
Seine spöttischen Entlarvungen gipfelten in der Posse "Freiheit
in Krähwinkel", in welcher er sich offen zur 48er Revolution bekannte.
Ödön von Horváth
Seine Stücke spielen noch vor der nationalsozialistischen Diktatur,
in den Kreisen des Kleinbürgertums. Er hat weder ein politisches Programm,
noch bietet er Lösungen an. Horváth begründete eher eine
Art negatives Volksstück, in dem Bestreben, die Gefühlsklischees
vor allem der kleinbürgerlichen Schichten zu entlarven. (Nachfolger:
W. Bauer, F. X. Kroetz, W. Deichsel)
Die Sprache wird als Phänomen eingesetzt, es ist nicht so wichtig,
was die Personen sagen, sondern wie sie es sagen.
Der Zuschauer soll die Kluft zwischen dem Menschen als verantwortungsbewusstem
Individuum und seinem asozialen und aggressiven Verhalten sehen.
zB. "Geschichten aus dem Wienerwald" - ein Anti-Volksstück, "Die
Bergbahn","Italienische Nacht" oder "Glaube, Liebe, Hoffnung"
Franz Xaver Kroetz
Neben Marieluise Fleißer und Bert Brecht bezeichnet er Ödön
von Horváth als Vorbild seiner Volksstücke.
Er schrieb Volksstücke, in denen die Außenseiterproblematik
und die Auswirkungen ökonomischen und gesellschaftlichen Drucks auf
die Kleinfamilien-Beziehung thematisiert werden.
Die Probleme der kleinen Leute werden in ihrer eigenen Sprache, welche
nicht beredet oder analysiert werden sollen, sondern durch die Sprache
selbst dargestellt. In seinen ersten Stücken spielt Sprachlosigkeit
als Bild für Entfremdung, Beziehungslosigkeit und Stummheit im Arbeitsprozeß
- wie Fließbandarbeit eine wichtige Rolle. zB "Stallerhof"
Zu Beginn seiner Tätigkeit behandelte er das Schicksal von Menschen
aus sozialen Randgruppen, später die Probleme der großen Masse
der Bevölkerung zB. "Oberösterreich"
"Oberösterreich" (1972 erschienen)
Ein Ehepaar aus kleinbürgerlichem Milieu träumt von der scheinbar
weiten Welt des Fernsehens. Ihr Konsumdasein wird jedoch unterbrochen,
als die Frau ihrem Mann gesteht, dass sie ein Kind erwartet. Er jedoch
glaubt, dass ihre finanzielle Situation ein Kind nicht zulässt und
will es abtreiben lassen. Die Frau setzt sich aber durch und bekommt das
Kind. Am Ende des Stücks ist die finanzielle Situation noch schlechter,
da der Ehemann seinen Führerschein verliert (durch Alkohol) und somit
seinen Beruf verliert - er war Verkaufsfahrer.
Felix Mitterer
Stammte selbst aus ärmlichen Verhältnissen und schrieb neben
Kinderbüchern und Erzählungen vor allem Volksstücke, welche
wegen ihrer unbequemen Themen, wie Unterdrückung der Sexualität
durch die Religion, die Unterdrückung von Alten und Andersdenken und
die Verfolgung von Hexen und Juden, ... oft auf Widerstand stoßen
und örtliche Skandale entfachen.
Peter Turrini
Seiner Meinung nach, sei es nicht die Aufgabe des Theaters, Wirklichkeiten
naturalistisch darzustellen und Probleme zu lösen, sondern diese übertrieben
aufzuzeigen.
"Die Minderleister" - ein Stück über die negativen Seiten
der (Arbeits-)Welt, der menschlichen Demütigung und Selbstaufgabe.
Es wird eine kunstvoll hohe Sprache verwendet (nicht wie seine ersten Stücke
im Dialekt), zum Teil in Reimen.
ü Ludwig Anzengruber
In seinen Dramen behält er die überlieferte Mischform des
alten Volksstückes bei, bringt Musik- und Gesangseinlagen und neben
ernsten Szenen auch komische und rührende. Er wendete sich an die
breite Masse, die er aufklären und zu einem freien Menschentum erziehen
will. Die Bauern seiner Stücke lässt er bloß eine der Schriftsprache
angenäherte Mundart sprechen.
Stücke: "Der Pfarrer von Kirchfeld", "Das vierte Gebot" und "Der
Meineidbauer"
"Der Meineidbauer"
Ferner, ein hartherziger Gewaltmensch, hat durch einen falschen Eid
die Kinder seines Bruders um ihren Besitz gebracht und ins Elend getrieben.
Gegen sein Gewissen und die drohende Aufdeckung seines Verbrechens verteidigt
er den errungenen Hof. Schließlich schießt er sogar auf seinen
eigenen Sohn, um das Geheimnis seiner Missetat zu wahren. Doch dieser wird
gerettet. Ferner fällt seinem bösen Gewissen zum Opfer und stirbt,
von entsetzlichem Wahnsinn gefoltert.
Bertholt Brecht
Ein Aufklärer auf der Bühne, der weniger die Tradition des
Volksstücks, aber doch die Probleme und Redeweisen der geringen Leute
verarbeitet. Brecht versucht die Kluft zwischen Bildungssprache und Alltagssprache,
auch die Barrieren zwischen Herrschenden und Lohnabhängigen, zwischen
Literatur und breitem Publikum zu überspringen. Der Versuch, volkstümlich
zu schreiben, ist Teil jener List, die Wahrheit unter vielen zu verbreiten.
Verfremdungseffekte sollen den Zuschauer zur Aktivität anregen
und sein kritisches Bewußtsein Wecken - ein Verfremdungseffekt zB.
bei "Herr Puntila und sein Knecht Matti" ist die Spaltung der Figur des
Herrn Puntila.
In der Komödie "Herr Puntila und sein Knecht Matti" wird das Verhältnis
von Herrn und Knecht mit Humor behandelt:
Der finnische Großbauer Puntila ist im nüchternen Zustand
ein Ausbeuter, im Rausch ein Menschenfreund. Puntilas Tochter Eva zeigt
Neigungen für Matti, entspricht aber nicht dessen klassenkämpferischen
Ansichten. Matti verläßt seinen reichen Herrn und wird bald
"eine guten Herrn finden, wenn erst die Knechte ihre eigenen Herrn sind".
Illmer Stefanie
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