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Silvia Jankovic     Interpretation   11. Dez. 99

Günther Weisenborn: Ein gleichgültiger Mittwoch

Der Erzähler sitzt in einem Kaffeehaus im Ruhrgebiet, als ein alter Mann Flugblätter gegen die atomare Aufrüstung verteilt. Nachdem er es durchgelesen hat, versinkt er in Gedanken. Er denkt darüber nach, was bei einem Atomunfall passieren würde. Alles, egal ob Mensch, Gebäude oder Tier, würde verglühen und sich in Asche verwandeln. Geschmorte Augen, zersprengte Gliedmaßen, alles wäre zerstört. Auch die befürwortenden und verantwortlichen Generäle und Politiker haben sich damit ihr eigenes Grab gegraben und würden ebenfalls verglühen. An diesem Tag steht die Erde vor dem Jüngsten Gericht. Es gibt nur Besiegte, egal ob sie jetzt schuldig sind oder auch unschuldig. Eine wunderbare Ernte kann geerntet werden, aber es haben sie auch die besten Gärtner gesät.
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Man kann die Kurzgeschichte sehr deutlich in drei Teile gliedern. Zuerst sitzt der Erzähler in dem Kaffeehaus und beobachtet die Leute und die Umgebung um ihn herum. Doch nachdem er dieses Flugblatt gelesen hat, denkt er über einen atomaren Unfall und seine Folgen nach. Das heißt, er schweift mit seinen Gedanken ab und die nachfolgenden Erzählungen laufen nur in seinem Bewusstsein ab. In dieser Passage verwendet der Autor fast nur Metaphern oder Personifizierungen wie: das Rathaus hüpfte in die Erde, die Dächer erhoben sich seufzend und segelten in der Luft...,. Metaphern kann man auch in Adjektivmetaphern weiter unterteilen, zum Beispiel: ärgerliche Vögel, hochblonde Dame, fliegende Tische. Ein weiteres beliebtes Stilmittel des Autors ist der Vergleich: Eine Kolonne von Panzern schmolz fahrend wie heiß gewordene Schokolade.... Im dritten Teil kehrt der Erzähler wieder in die Wirklichkeit zurück. Er beschreibt, dass jeder sterben muss, sogar die, die Bombe gebaut haben. Auch die Vielzahl, Schönheit und Formen der Rauchpilze, die von den besten Erbauern verursacht worden sind schildert er eindrucksvoll.
Ich denke, dass der Inhalt deshalb so imponierend ist, weil der Text wahrheitsgetreu geschrieben ist, ohne irgendwelche Verschönerungen oder etwas weggelassen zu haben um ja niemanden auf die tatsächliche Wichtigkeit gegen atomaren Gebrauch anzukämpfen, aufmerksam zu machen. Es ist ein brutal ehrlicher Text, der einem sofort unter die Haut geht.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten die Überschrift Ein gleichgültiger Mittwoch zu interpretieren. Eine davon wäre, dass wenn tatsächlich ein atomarer Angriff oder Unfall eintreten würde, es ganz egal wäre, ob das an einem Dienstag, Mittwoch, Donnerstag oder Freitag wäre. Das wäre wahrscheinlich das Unwichtigste von allem. Die nächste Interpretation könnte so lauten, dass dieser Mittwoch, an dem er das Flugblatt durchgelesen hatte, für ihn zuerst als ein ganz normaler gleichgültiger Mittwoch schien und nicht, dass er an diesem Tag an so etwas Furchtbares denken würde. Aber ich glaube, dass der Autor eigentlich damit meinte, dass es für den Erzähler ein wichtiger Tag war, an dem er sich Gedanken über die derzeit gefährlichste Waffe machte. Für andere Leute war das ein normaler weiterer gleichgültiger Tag an dem sie sicher nicht, auch nicht nachdem sie das Flugblatt gegen atomare Aufrüstung überflogen haben, an die Folgen und das Sterben nach einem atomaren Ausbruch auch nur einen einzigen Gedanken verschwenden würden.
Dieses Stück wurde in den 60er Jahren, der Nachkriegszeit, geschrieben. Der Autor wollte vermutlich auf einen möglichen Atombombenabwurf über Deutschland und seine tödlichen Folgen aufmerksam machen.