Expressionismus
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– allgemein
Die Literaturepoche des Expressionismus
dauerte von 1910 bis 1920. Eigentlich stammt der Begriff aus der Malerei. Um
1910 verstand man unter Expressionismus die Art, wie unter anderen Vincent van
Gogh oder Henri Matisse ihre Bilder malten. Während des 1.Weltkrieges wird
der Begriff oft für die „Moderne“ verwendet. Die
expressionistischen Maler treten alle gegen Tradition, Realismus und
Impressionismus auf. Sie malen oft Dinge die nicht den natürlichen
Eindrücken entsprechen wie z. B. rote Bäume oder blaue
Pferde. Bei ihnen ist das Wirklichkeitswidersprechende, das Deformierte
Inhalt und Ausdruck der Kunst. Die Künstler bezweckten damit ein entsetzen,
ein schocken des Publikums. Das Bild der „Schrei“ wird oft als Motto
für den Expressionismus verwendet.
In der Literatur steht der Expressionismus
im Gegensatz zum Naturalismus. Alle Autoren haben eine naive und
wirklichkeitsfremde Einstellung zur Politik. Sie stellen utopische und
irrationale Forderungen.
Wie auch beim Sturm und Drang geht dem
Expressionismus eine historische Umwälzung voran. Die französische
Revolution provoziert auch eine Revolutionierung von literarischen Formen und
Inhalten. Viele Maler und Literaten reagierten auf die Veränderung mit
Skepsis. Industrie und technische Errungenschaften werden nicht nur positiv,
sondern durchaus kritisch gesehen, teilweise sogar als Bedrohung für die
Menschheit.
Die Autoren kommen vorwiegend aus den
bürgerlichen, den intellektuellen Kreisen, wo ihnen Wertvorstellungen
eingetrichtert werden, die mit der Realität nicht übereinstimmen.
(z.B. Verharmlosung von politischen und sozialen Problemen). Ihre zunächst
bürgerlichen Wertvorstellungen werden mit der Zeit erschüttert.
Strukturmerkmale des
Expressionismus
- Das gemeinsame Ziel ist, durch eine geistige Revolution
eine gesellschaftliche Revolution
herbeizuführen.
- Sinnlosigkeit des „modernen
Lebens“:
Typisch für
den Expressionismus ist die totale Ablehnung gegenüber: Naturalismus,
Logik, Psychologie, Staat, Bürgertum, Technik und vor allem die ältere
Generation (besonders die Väter, wie bei Franz Kafka). Diese
repräsentieren ein positivistisches Weltbild, das nicht mit der eher
depressiven und negativen Weltanschauung des Expressionismus
übereinstimmt.
- Leiden der
Menschheit:
Individuelle und
einmalige Erlebnisse werden auf die gesamte Menschheit projiziert und in das
Leiden der Menschen umgesetzt. Es soll ein „neuer Mensch“ geschaffen
werden, dessen Absichten mit denen der alten Generation in Widerspruch stehen.
Viele Werke sind Appelle an Menschlichkeit, Friede und Versöhnung. Daraus
ergeben sich Themen wie Weltuntergang, Generationskonflikt und die Darstellung
des „Menschen“ schlechthin.
Auswirkungen auf die
Literaturformen im Expressionismus
- Im Drama wird jedes Geschehen zum Typischen
stilisiert. Der Einzelmensch wird zur
Modellfigur, ist meist
namenlos und wird zum Rollenträger (Vater, Sohn,
Tochter,...)Gesellschaftliche Konflikte werden oft im Vater-Sohn-Konflikt
gestaltet.
- In der Lyrik äussert sich diese Tendenz in
Formauflösungserscheinungen (Reimlosigkeit, Unstrophigkeit,
Rythmusberechnung, usw) und Überhöhung der Sprache.
- Bei der Epik ist die Ablehnung von Psychologie
und Kausalität zur Erklärung von Mensch und Welt auffallend. Die
Sprache ist gekennzeichnet durch Kürze, Wucht, Prägnanz im Ausdruck
usw.
Franz
Kafka (1883 – 1924):
Franz Kafka wurde als Sohn des
jüdischen Kaufmanns Hermann Kafka geboren. Die Stadt Prag blieb für
sein Leben und sein Werk prägend. Durch K’s Leben zieht sich wie ein
roter Faden das Gefühl der Angst und die lähmende Vorstellung, von den
anderen abgeschnitten zu werden. Das Gefühl der Ausweglosigkeit beherrscht
auch sein Werk.
K. hatte schon als Kind unter einem
tyrannischen Vater zu leiden, der dem Jungen alle Entfaltungsmöglichkeiten
verwehrte. Er war ein engstirniger Geschäftsmann, grob und ohne jedes
Verständnis für seinen ganz anders gearteten Sohn.
K. wurde an das Humanistische Gymnasium
geschickt, wo er wieder an Kälte und Drill litt. Anschließend
studierte er auf Wunsch des Vaters Jus und promovierte 1906. Anschließend
arbeitete er sehr erfolgreich, aber todunglücklich als Beamter in einer
Versicherungsanstalt.
„Mein Posten ist mit
unerträglich, weil er meinem einzigen Verlangen und meinem einzigen Beruf,
das ist der Literatur, widerspricht.“
K. nahm diese aufgezwungenen Pflichten auf
sich, das Gefühl, gegen seine wahre Natur zu leben, verstärkte sich
aber noch.
Die Einengung seines Lebens zeigte sich
darin, daß er zeitlebens nie von Prag loskam, obwohl er es
anstrebte.
Dazu kam noch eine innere Gespaltenheit:
Er war Jude und wurde auch jüdisch erzogen, konnte aber den Glauben
innerlich nicht teilen. Schließlich war er auch als Angehöriger der
deutschen Minderheit in Prag (84% tschechische, 16% deutsche Einwohner) inmitten
einer tschechischen Umgebung in seinen Entwicklungsmöglichkeiten
eingeschränkt. Als Jude wiederum war er von den in dieser Stadt lebenden
nichtjüdischen Österreichern, die dort die Oberschicht bildeten, und
ihrer Lebensart distanziert.
K. versuchte ständig, die trennenden
Mauern niederzureißen und sein Bedürfnis nach einem
„normalen“ Leben zu befriedigen.
In diese Zeit fällt auch der Beginn
seines „Gekritzels“. Neben Tagebüchern entstanden Skizzen und
Parabeln, am Tag arbeitete er, in der Nacht, in den Zuständen zwischen
Schlafen und Wachen, schrieb er.
Von 1912 an versuchte er mehrfach,
Bindungen mit Frauen einzugehen, doch den drei Verlobungen folgten nach kurzer
Zeit die Trennung. Auf der anderen Seite flüchtete er sich geradezu ins
„Alleinsein“ und läßt niemanden an sich
heran.
Eine tiefe Freundschaft verbindet ihn mit
Milena Jesenská, die seine Werke ins Tschechische
übersetzt.
Die Darstellung von Frauen in seinen
Werken entspricht den Problemen, die Kafka im Leben mit ihnen hat. Sie werden
als Mittel benutzt, um ans Ziel zu kommen, sie sind selbstsüchtige,
unfrauliche Geschöpfe, die Vermittlerinnen zur Welt des Bösen
darstellen. Von Liebe ist nie die Rede.
An seinem 34. Geburtstag erleidet Kafka
einen Blutsturz. Es stellt sich heraus, daß er an Lungentuberkulose
leidet, an der er nach einigen Kuren auf dem Land schließlich in einem
Sanatorium bei Wien stirbt.
Nur ein kleiner Teil seines Werks wird zu
Kafkas Lebzeiten veröffentlicht, weil er es als „Gekritzel“
bezeichnet und für minderwertig ansieht. Erst nach seinem Tod besorgt sein
Freund Max Brod, der eigentlich versprochen hatte, Kafkas gesamtes Werk zu
verbrennen, die Herausgabe der Werke.
Typische
Kafka–Themen:
- Auseinandersetzung
mit dem Vaterbild
Sie wird
zum Teil offen, zum Teil Verdeckt geführt (Im „Brief an den
Vater“ schreibt K.: „Unverständlich war mir immer Deine
vollständige Empfindungslosigkeit dafür, was für Leid und Schande
Du mit Deinen Worten und Urteilen mir zufügen konntest.“;
Die „Haßliebe“ zu seinem Vater spiegelt sich auch in vielen
anderen seiner Werke wider, in denen dieser in unterschiedlicher Gestalt (als
Türhüter, Wächter, Polizist oder grausamer Vater)
auftritt.)
Die
„Helden“ seiner oft sehr kurzen Texten verirren, verstricken sich in
Gängen, in Gestrüppen, Dachböden und finden nicht mehr heraus.
- Das Bedrohliche
im
Alltagsleben
Unvermittelt
erscheinen vertraute Dinge unheimlich, etwa eine Wohnung, ein Zimmer, ein
Garten,...
- Die
„Helden“ gelangen nie ans
Ziel
Es gibt eine
Hierarchie von Instanzen, die man zu Lebzeiten gar nicht durchlaufen kann. Sie
hindern die Protagonisten zu denjenigen Stellen vorzudringen, die für sie
zuständig zu sein scheinen.
- Das
Irrationale bricht unvermittelt, unbestaunt und unreflektiert ins
Normale Leben ein:
Verwandlungen in einen Käfer oder eine Brücke werden als
selbstverständlich hingenommen.
Entfremdung:
Kafka war der Erste, der im
Alltäglichen diese Entfremdung wahrnahm, die Verdinglichung des
Menschen.
- Entfremdung im
Verhältnis des Menschen zum Produkt seiner Arbeit als fremden und über
ihn mächtigen
Gegenstand.
- Entfremdung
im Verhältnis zur eigenen Tätigkeit als einer fremden, die
Tätigkeit als
Leiden.
- Entfremdung
durch das zerfallen in „Berufsmensch“ und
„Privatmensch“.
- Entfremdung
des Bürgers gegenüber dem Staat als undurchschaubarer,
unbeeinflußbarer Machtapparat.
- Entfremdung
in den gesellschaftlichen Beziehungen durch unüberblickbare, gesichtslose
Bürokratie: Zur Spitze kann K. nie vordringen. Er bleibt schon auf den
untersten Ebenen hängen. Die kleinen Beamten sind gesichtslos (Diener),
Freisprüche sind unmöglich.
Grundsätzliches:
Seit Jahrzehnten sind die
unterschiedlichsten Interpretationen und Deutungen über Kafkas Werke im
Umlauf. An eindeutigen Erzählfakten lassen sie sich nicht
überprüfen. Kafka zieht fast jede Angabe in Zweifel, stiftet
Widersprüche, verdunkelt Feststellungen. Die Grundrisse der Erzählung,
die er verwirrt hat, muß der Interpret im unabschließbaren
Prozeß neu rekonstruieren. So erlischt der gewohnte statische Dualismus
zwischen Autor und Leser, zwischen produktiven und rezeptiven Tun.
Erzählstrukturen:
Bei Kafka herrscht die einsinnige
Erzählperspektive als Sonderform der personalen Erzählhaltung vor:
der Leser erhält alle Informationen über Vorgänge und
Ereignisse einzig durch den Protagonisten, er ist in dessen
Perspektive integriert, ist ihm „ausgeliefert“.
Interpretationsansätze:
- Allegorisch-symbolische
Deutung:
Nach Max Brod ist
K. („Schloß“, „Prozeß“) eine faustische
Kämpfernatur. Schloß=Gnade,
Prozeß=Erbsünde
- „Marxistische
Literaturkritik“:
Im
Werk Kafkas spiegelt sich die Unmenschlichkeit und die Verachtung des
Individuums im Kapitalismus wider.
- „Kapitalistische
Literaturkritik“:
Kafkas
Protagonisten kämpfen gegen das unmenschliche, überall präsente
System des Kommunismus.
Mensch
ist sinnlos in die Welt gesetzt, kämpft wie die Ks mit der Absurdität
des Lebens. (Anmerkung: Descartes 17. Jh.: „Cogito ergo sum“, 19.
Jh.: „Ich arbeite, daher bin ich“, Sartre, Camus: „Je lutte
donc je suis.“)
Figuren
Kafkas als Ausdruck menschlicher Existenz, die je nach Individuum
unterschiedlich empfunden wird. Paradigma der menschlichen
Existenz.
Sicher ist, daß mit Kafka keine
Ideologie belegt werden kann. Stichworte: hermetische, enigmatische
(=rätselhafte) Literatur.
Bücherzusammenfassungen
Der Prozess
Das Buch beginnt mit der Verhaftung von
„Josef K.“. Er wacht am Morgen seines 30. Geburtstages auf und
trifft in seiner Wohnung zwei Beamte, die ihn verhaften. Weshalb erfährt er
jedoch nicht. Nachdem er von einen Aufseher über seine Verhaftung in
Kenntnis gesetzt wurde, wird ihm erklärt, dass die Verhaftung ihn nicht an
seiner normalen Lebensweise hindern soll. Von diesem Zeitpunkt an nimmt er die
ganze Sache nicht mehr ernst. Er wird aber immer wieder zu Verhandlungen
geladen, und was er auch unternimmt, er erfährt weder warum er verhaftet
und vor Gericht gestellt wurde, noch welchen Verlauf des Prozess wirklich nimmt.
In einem Dom erhält sich K mit einem
Priester, der ihm eine Legende erzählt (darauf komme ich aber später
noch genauer zu sprechen). Er sagt ihm auch, dass das Gericht von Schuld
angezogen werde und K daher schuldig sein müsse.
Am Vorabend seines 31. Geburtstages wird
er von zwei Beamten abgeholt und aus der Stadt geführt. Obwohl sich
verschiedene Gelegenheiten zur Flucht bieten, widersetzt sich K, der seine
Schuld inzwischen akzeptiert hat, nicht. Ausserhalb der Stadt wird K von den
zwei Beamten in einem Steinbruch hingerichtet.
Interpretation:
Kafkas Werke beschäftigen sich meist
mit der Isolation des Individuums und dessen Machtlosigkeit gegenüber etwas
undurchschaubar Größeren. „Josef K.“ selbst treibt den
Prozess voran. Das einzige Mittel über welches das Gericht verfügt ist
Angst, die „K.“ während des gesamten Prozesses beherrscht und
sich letztendlich auch auf andere Lebensbereiche ausweitet. Diese These wird
auch durch die Geschichte „Vor dem Gesetz“ (auch bekannt unter dem
Namen „Die Legende vom Torhüter“) verdeutlicht, die ihm ein
Priester erzählt. Auch in dieser Geschichte ist Angst das einzige, was den
Mann vom Lande den Zutritt zum Gesetz verwehrt. Die aus „K.s“ Angst
resultierende selbstverschuldete Isolation kann mit Kafkas Leben verglichen
werden, denn er war Jude unter den Christen und war dadurch auch im wirklichen
Laben isoliert.
„Der Prozess“ drückt im
Prinzip die Hilflosigkeit des einzelnen gegenüber dem großen
undurchschaubaren Gesetz aus. „K.“ ist am Ende von dem Prozess schon
so mitgenommen, dass er sich den Tod schon als Erlösung herbeisehnt.
Der Prozess ist sehr deutlich auf die
Erzählung vom Torhüter hingearbeitet. Es ist nicht nur eine der
berühmtesten Erzählungen Kafkas, sondern sie war dem Autor auch eine
der liebsten.
Mir persönlich hat diese Werk sehr
gut gefallen, da vom Anfang bis zum Ende eine gewisse Spannung aufgebaut war,
weil ich eben doch noch gehofft habe, dass man irgendwann erfährt, warum
„Josef K.“ eigentlich angeklagt ist. Das abrupte Ende dieses Buches
fand ich dann doch eher bedrückend, weil eben „Josef K.“
einfach hingerichtet wurde, ohne zu erfahren warum und für was er
eigentlich für schuldig gesprochen wurde.
Typisch für den Expressiopnismus ist hier die ausweglose Situation, in die
„K“ über Nacht gerät. Es gibt keinen Ausweg, und die
einzige Erlösung ist der Tod. Ebenfalls typisch ist das das Gesetz bzw der
Staat undurchschaubar und unantastbar für den Bürger ist.
Die Verwandlung
Der Protagonist dieses Buches ist Gregor
Samsa. Eines Morgens wacht Gregor als Ungeziefer auf, doch anstatt in Panik zu
geraten wegen seiner Verwandlung, überlegt er noch wie er pünktlich
zur Arbeit kommen kann. Als seine Familie die Verwandlung entdeckt, sperren sie
ihn in seinem Zimmer ein. Einzig und allein seine Schwester kümmert sich um
ihn.
Von diesem Tag an wird sein Zimmer nur
noch selten geputzt, die Schwester kümmert sich nicht mehr so um Gregor und
alle Familienmitglieder beginnen irgendeine Arbeit. Gregors Einkommen war das
einzige der Familie und durch seinen Ausfall machte sich Geldknappheit
bemerkbar. Sie vermieten ein Zimmer an drei Zimmerherren und eines Abends, als
die Schwester zum ersten Mal seit langer Zeit wieder Violine spielt, kommt
Gregor aus seinem Zimmer und die Zimmerherren erschrecken so sehr, dass sie
sofort ankündigen, sobald als möglich auszuziehen. Die
Familienmitglieder beschließen noch am selben Abend, dass der Käfer
weggeschafft werden müsse, da es sich nicht um Gregor handeln könne.
Gregor stirbt noch in der selben Nacht. Er
behält seine Familie in guter Erinnerung, die ab nun wieder ein
glückliches Leben führt.
Interpretation:
Kafka litt schon seit seiner Kindheit
unter der Autorität seines Vaters und das spiegelt sich auch in diesem Werk
wider. Die Verwandlung als Flucht vor der Familie und insbesondere vor dem
Vater. Nur die rückhaltlose Anteilnahme durch die Familie könnte
vielleicht eine Rückverwandlung bewirken, aber wie auch im wirklichen Leben
erhält er die so sehnlich erwünschte Liebe nicht.
Er stirbt, nachdem sich seine Erbitterung
über die Lieblosigkeit der Familie in Rührung und Liebe verwandelt
hat.
Ein anderer Interpretationsansatz
wäre, die Verwandlung als Protest gegen seine Lebensweise und gegen das
Misstrauen, das ihm sein Chef entgegenbringt, zu sehen. In diesem Fall kann der
Prokurist, der ebenfalls im Werk vorkommt, als Symbol für die
gesellschaftliche Hierarchie und anonyme Gewalt der Habsburg-Monarchie gedeutet
werden.
Diese Werk fand ich persönlich etwas
eigenartig, da ich sich an den Stil der Geschichte erst gewöhnen musste.
Für mich ist diese Geschichte sehr eigenartig geschrieben, denn die
Personen in diesem Werk nehmen die Verwandlung von Gregor in einen Käfer
als ganz normal an und führen ihr Leben ohne grosse Änderungen
weiter.
Typisch für den Expressionismus ist
hier, die Isolation des Individuums, in diesem Fall die Isolation Gregors der
sich über Nacht in einen Käfer verwandelt. Wiederrum ist der einzige
Ausweg der Tod.
Lyrik
im Expressionismus
Die expressionistische Lyrik ist sehr
widerspruchsvoll:
Auf der einen Seite steht der
„Weltverbesserungsfanatismus“ dem immer
wiederkehrenden Motiv des Weltunterganges
auf der anderen Seite gegenüber.
Der
„Weltverbesserungsfanatismus“ versinnbildlicht den Glauben an eine
bessere Welt und bedeutet Aufbruch, rauschhafte Grenzenlosigkeit.
Das Weltuntergangsmotiv ist Ausdruck der
bedrückenden Lebensverhältnisse, und ruft Gefühle wie Angst,
Grauen und ähnliches hervor.
Einige Merkmale expressionistischer Lyrik
- Die Form der Gedichte ist die Gleiche geblieben, aber
die Inhalte sind neu und durchwegs
hässlich
- Schockierende, abwertende oder
aggressive Metaphern
- Deformation
des Menschen:
- Verhässlichung des
Bildes vom Menschen
- Beziehungslosigkeit der
Menschen untereinander (und die damit verbundene
Vereinsamung
- Passivität und Hilflosigkeit
- Versteckte Zivilisationskritik durch den
Kultur- und Werteverlust, der in den Gedichten zutage
tritt
Immer wieder auftauchende
Motive:
- Die Auseinandersetzung mit aktuellen Problemen:
z.B. Großstadt und Technik, Proletariat
und Kapital, u.ä.
- Die Kunst der Deformation: Der Mensch wird auf
seine Physis reduziert. Als Motiv wird das Häßliche, das Grausame
(wie z.B. Ertrunkene oder schwache Existenzen)
verwendet.
- Der Krieg als Weltende, als
Katastrophe
Im Folgenden behandle ich zwei Gedichte
verschiedener Autoren, auf deren Biographie ich ebenfalls kurz eingehen
möchte.
Else Lasker-Schüler
Else Lasker-Schüler wird 1869 in
Wuppertal geboren, heiratet einen Arzt, von dem sie sich wenige Jahre
später scheiden lässt. 1901 heiratet sie ein zweites Mal. Auch von
diesem Mann trennt sie sich nach einigen Jahren und lebt danach in einer
äusserst schwierigen finanziellen Lage. 1933 flieht sie in die Schweiz,
reist nach Ägypten und Palästina und stirbt schliesslich in Jerusalem.
Sie findet Zeitlebens keinen Platz, an dem sie sich wohl und beheimatet
fühlt.
Während der Hitlerzeit wird sie
vergessen, sie ist ja Jüdin. Nach 1945 entdeckt man sie
wieder.
Mein blaues Klavier
(vorlesen)
Mein blaues Klavier
Ich habe zu Hause ein blaues
Klavier Zerbrochen ist die Klaviertür ...
Und kenne doch keine Note. Ich beweine
die blaue Tote.
Es steht im Dunkel der
Kellertür, Ach liebe Engel öffnet mir
Seitdem die Welt verrohte. - Ich
aß vom bitteren Brote -
Mir lebend schon die
Himmelstür -
Es spielen Sternenhände vier Auch
wider dem Verbote.
- Die Mondfrau sang im Boote
-
Nun tanzen die Ratten im
Geklirr.
(Else Lasker-Schüler)
Das Gedicht Mein blaues Klavier stammt aus
einem Gedichtzyklus, der 1943 in Jerusalem erschienen ist.
Das Gedicht besteht aus vier Strophen, von
denen die ersten beiden zwei, die dritte fünf und die letzte vier Zeilen
besitzt. Die Zeilen reimen sich teilweise, es ist aber kein besonderer Rhythmus
erkennbar.
Auffällig ist, dass die Dichterin
ausschliesslich Verben in der Gegenwart verwendet, bis auf die Zeilen - die
Mondfrau sang im Boote- und
- Ich ass von bitteren
Brote-
Beide Textstellen deuten
daraufhin, dass sich etwas zum Negativen verändert hat. Die Mondfrau singt
nun nicht mehr, das Boot ist versunken.
Typisch expressionistisch sind die
Ausdrücke „blaues Klavier“ und „blaue Tote“, denn
die Farbe blau hat im Expressionistischen eine besondere Bedeutung. Die Farbe
„Blau“ deutet auf den Zusammenhang mit Göttlichem,
Sakralen.
Ebenfalls bedeutend sind die
Gegensätze, die in diesem Gedicht erscheinen:
Ich habe zu Hause ein blaues Klavier /
und kenne doch keine Note.
(Es spielen Sternenhände vier / nun
tanzen die Ratten im Geklirr)
Trauer und Resignation überwiegen, da
die Dichterin auch in Jerusalem keine Heimat findet. Die Dichtung, hier
symbolisiert durch das Klavier, die ihr bis jetzt Trost und Zuflucht ist, bringt
keine Erfüllung mehr. Das Gefühl der Einsamkeit, der Sehnsucht nach
dem Tod und nach Gott ist in diesem Gedicht deutlich zu erkennen. Besonders die
letzte Strophe macht deutlich, dass sich die Dichterin den Tod wünscht. Das
Gedicht ist eine Klage und gleichzeitig eine Bitte, ihr schon jetzt die
Himmelstür zu öffnen.
Ein anderer Interpretationsansatz
wäre, das Gedicht allgemein auf das Schicksal der Juden umzulegen. Sie
konnten sich wie Else Lasker-Schüler nie richtig zu Hause fühlen und
vielen blieb am Ende nur noch der Tod.
Georg Trakl
Georg Trakl wird 1887 in Salzburg geboren.
Er ist einer der Wenigen, der ein gutes Verhältnis zu seinem Vater hat.
Seine Mutter hingegen distanziert sich von ihm und seinen Geschwistern, nimmt
Rauschgift und prägt so vermutlich Trakl und seine Schwester Grete, die
beide später Drogen nehmen.
Trakl verlässt das Gymnasium, wo er
sich immer deklassiert fühlt, vor Beendigung der 7. Klasse und beginnt eine
Apothekerlehre. Dies tut er unter anderem auch, um leichter an Drogen
heranzukommen. Trakl wird 1910 Magister der Pharmazie und lebt abwechselnd in
Wien und Inssbruck. 1913 spricht er von einer „Kette von Krankheit und
Verzweiflung“, er ist deprimiert und dem Alkohol ziemlich verfallen. In
diesem Jahr erscheint auch sein erstes Gedichtband. Seelisch total
zerrüttet, rückt er 1914 als Sanitäter ein und als er in der
Schlacht von Grodek 90 Schwerverwundete allein versorgen muss, erleidet er
einenen Nervenzusammenbruch, dem ein Selbstmordversuch folgt.
Im November 1914 vergiftet er sich selbst
und stirbt in einem Krakauer Krankenhaus an einer Überdosis Kokain.
Trakls Gedichte sind zum Grossteil
Leidensprotokolle, sie sind die Biographie seiner inneren Existenz:
Untergangsstimmung, Abbröckeln einer Epoche, Depressionen, Resignation.
Sein Werk ist auch gekennzeichnet von seiner Suche nach Gott, andererseits aber
auch von Gottferne. Er hat Schuldgefühle, seine persönliche
Schuldhaftigkeit wird mit der allgemeinen Schuldhaftigkeit der Menschheit
gleichgestellt. Der Zustand der Welt wird identisch mit dem Zustand des
Individuums, persönliche Erfahrungen werden zu Menschheitserfahrungen
stilisiert, wie es für den Expressionismus typisch ist.
Die Darstellung der Natur ist
schwermütig, wehmütig und ambivalent: Schönes und
Hässliches, Gutes und Böses werden miteinander kombiniert. In Grodek
prallt die poetische, persönliche Traumwelt mit dem Erlebnis des Krieges
zusammen und Bilder konkreter Wahrnehmungen des Tötens und Sterbens
vermischen sich mit traumhaften Versionen.
Grodek ist eines der bekanntesten Gedichte
Trakls, er schrieb es während der Schlacht von Grodek in Galizien. (Grodek
vorlesen)
Grodek
Am Abend tonen die herbstlichen Wälder
Von tödlichen Waffen, die
goldnen Ebenen
Und blauen Seen, darüber die
Sonne
Düstrer hinrollt; umfängt die Nacht
Sterbende Krieger, die wilde Klage
Ihrer zerbrochenen
Münder.
Doch Stille sammelt im Weidengrund
Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gott wohnt
Das vergoßne Blut sich,
mondne Kühle;
Alle Straßen münden in schwarze
Verwesung.
Unter goldnem Gezweig der Nacht und
Sternen
Es schwankt der Schwester Schatten durch
den schweigenden Hain,
Zu grüßen die Geister der
Helden, die blutenden Häupter;
Und leise tönen im Rohr die dunkeln
Flöten des Herbstes.
O stolzere Trauer! Ihr ehernen
Altäre
Die heiße Flamme des Geistes
nähert heute ein gewaltiger Schmerz,
Die ungebornen Enkel.
(Georg
Trakl)
Auffallend an diesem Gedicht ist auch die
ausdrucksvolle Farbensprache. Einzelne Farben sind Chiffren, Geheimzeichen,
denen auch in anderen Gedichten Trakls eine ganz bestimmte Bedeutung beigemessen
werden kann. Blau steht in Beziehung zum
Göttlichen, zum Jenseitigen, Weiss bedeutet
Grausamkeit.
Weitere bedeutende Lyriker sind u.a. Georg
Heym und Gottfried Benn.
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