Referat zu Heinrich von
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Kleists „Michael Kohlhaas (aus einer alten Chronik)“


In einer kurzen Einleitung meldet sich der Erzähler zu Wort, der den Untertitel der Novelle durch die Nennung von Ort und Zeit verdeutlicht. Er gibt den Stoff „Aus einer alten Chronik“ wie ein Volksbuch (Nacherzählung, Geschichte) wieder. Hier wird ein schwach ausgeprägter Rahmen festgelegt, der Michael Kohlhaas als Hauptperson nennt. Dessen paradoxe Charakterisierung gibt das Thema der Erzählung an: ein „rechtsschaffender und entsetzlicher Mensch zugleich“. Sein Rechtsgefühl wird durch die Angabe von positiven Eigenschaften wie Arbeitsamkeit, Gerechtigkeit, Gottesfurcht und Treue bestärkt. Die Einschränkung dieser positiven Charakterzüge
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erfolgt auf zugleich paradoxe Weise: „die Welt würde sein Andenken haben segnen müssen, wenn er in einer Tugend nicht ausgeschweift hätte. Das Rechtsgefühl aber machte ihn zum Räuber und Mörder“. Schon diese wenigen Zeilen erwecken die Aufmerksamkeit und Spannung des Lesers.

Zu Beginn der Handlung wird uns Kohlhaas als ein Rosshändler vorgestellt, der auf verschiedenen Märkten versucht, seine als „wohlgenährt alle und glänzend“ bezeichneten Pferde zu verkaufen. So kommt er an einen neuen Schlagbaum an dem von ihm Wegzoll gefordert wird. Hier werden in Kohlhaas Gedanken an den alten Burgherrn wach, in welchem er „Handel und Wandel“ verkörpert sah. Das Privileg des Wegzolls zeigt schon jetzt die gute Stellung zum Sächsischen Hof, die der Junker Wenzel von Tronka zu haben scheint.
Nach der widersprüchlichen Forderung des Schloßvogts nach einem Passierschein beschließt Kohlhaas den Junker selbst aufzusuchen. Nach einer kurzen Unterhaltung über die Pferde und deren Preis ist es wieder der Schlossvogt der die Frage nach dem Passierschein wieder aufbringt. Hier scheinen sich Kohlhaasens „dunkle Vorahndung“, dass der Vogt die Pferde ohne Bezahlung an sich reißen will, zu bestätigen. Das „verlegene Gesicht“ des Junkers scheint zu zeigen, dass selbst ihm die Forderung nach einem Passierschein unbekannt ist. Dennoch gibt er, durch die widrigen Wetterverhältnisse verärgert, den Forderungen des Vogts, die Pferde als Pfand auf der Burg zu behalten, schließlich nach. Und so lässt Kohlhaas, da er keine andere Möglichkeit sieht die Pferde unter Beaufsichtigung seines Knechts Herse in der Burg zurück und reist weiter nach Dresden, wo er sich zugleich über den vermeidlichen Passierschein erkundigt. Doch seine Vermutung, “dass die Geschichte vom Passierschein ein Märchen sei“, wird ihm von den Behörden bestätigt. Als er so wieder zurück auf die Tronkerburg kommt, muss er gleich zwei schlechte Erfahrungen machen: zuerst einmal wurden seine Pferde durch Feldarbeit schändlich zugrund gerichtet und sein Knecht unter Prügel davongejagt und zweitens beleidigen ihn Vogt und Junker noch auf das tiefste. Hier lässt sich ein langsamer Wandel von Kohlhaasens Rechtsgefühl erahnen.
Am Anfang der Szene war dieses noch aufrichtig „sein Rechtsgefühl, dass einer Goldwaage glich, wankte noch; er war vor der Schranke seiner eigenen Brust noch nicht gewiss, ob eine Schuld seinen Gegner drückte“. Am Ende hingegen erkennt man doch eine harsche Reaktion, als er ohne seine Pferde die Burg verlässt. Hier verdeutlicht sich auch, das es Kohlhaas nicht um den materiellen Wert geht, sondern mehr um die Ungerechtigkeiten, Beleidigungen, Überheblichkeiten und Willkür ihm gegenüber. So bricht er nach Dresden auf, um sich “Recht zu verschaffen“. Aber auf dem Weg dorthin kommen ihm Zweifel und so kehrt er nach Kohlhaasenbrück zurück, um zuerst seinen Knecht Herse nach dem Lauf der Dinge zu befragen. Als er auf dem Weg dorthin „von den Ungerechtigkeiten hörte, die täglich auf der Tronkerburg gegen Reisende verübt wurden“ entsteht bei ihm die Vorstellung von einer höheren Mission, dass „er mit all seinen Kräften der Welt in der Pflicht verfallen sei, sich Genugtuung für die erlittene Kränkung und Sicherheit für zukünftige seinen Mitbürgern zu verschaffen“. Doch trotz aller Fallen, die er in sein Gespräch mit Herse einbaut, lässt ihm dieser nicht den geringsten Grund zum Zweifel. Er muss erkennen, dass Herse es vermocht hat sich lange gegen die Provokationen auf der Burg zu behaupten und durch Eingeständnisse den Frieden so lange wie möglich gewahrt hat. Er muss zu seiner Erbitterung erneut feststellen, dass es wieder der Schlossvogt und seine Verwalter waren, die durch ihre bewussten Provokationen und Beleidigungen die Situation zum eskalieren brachten. Kohlhaasens folgender Entschluss, „die öffentliche Gerechtigkeit für sich aufzufordern“ und sein Bewusstsein von einer höheren Mission „daß es ein Werk Gottes wäre Unordnung, gleich diesen, Einhalt zu tun“ werden von seiner Frau bestärkt. In solchen Szenen tritt der Erzähler in den Hintergrund zurück und versucht durch den Dialog einen authentischen Eindruck zu erzielen. Gefühle und Gedanken anderer Personen äußern sich nur in Gesten und Verhaltensweisen. Nun stellt sich für Kohlhaas die Frage, welchen Rechtsweg er einschlagen soll; dafür bieten sich ihm zwei Möglichkeiten: er kann entweder beim Landesherrn des Junkers, dem Kurfürsten zu Sachsen, gegen diesen Klage erheben oder er kann seinen eigenen Landesherrn, den Kurfürst von Brandenburg, um seinen landesherrlichen Schutz bitten, d.h. dass dieser sein Recht gegenüber dem Kurfürsten zu Sachsen vertritt. Zuerst begibt er sich nach Dresden um dort seine Klage mit dreifachem Ziel vorzubringen: „auf gesetzesmäßige Bestrafung des Junkers, Wiederherstellung der Pferde in ihren vorherigen Stand und auf Ersatz des Schadens, den er sowohl sein Knecht erlitten hatten.“ Selbst der Erzähler äußert sich optimistisch: „Die Rechtslage war in der Tat klar.“
Umso überraschender ist das Scheitern der Klage und deren Ursache: auf genaueres Nachfragen erfährt Kohlhaas, dass nicht rechtliche Gründe, sondern die guten Beziehungen des Junkers zum Sächsischen Hof am Scheitern der Klage verantwortlich waren. Ebenso erfährt er, dass zwei Verwandte des Junkers, Hinz und Kunz von Tronka, hohe Ämter am Sächsischem Hof besetzten. Als ihm durch einen hohen Brandenburgischen Beamten geraten wird, seinen landesherrlichen Schutz anzufordern, schöpft Kohlhaas neue Hoffnung. Und so verfasst er erneut seine Bittschrift. Doch als er erfährt, dass der beauftragte Kanzler Kallheim, aufgrund verwandtschaftlicher Beziehungen, erst näher beim Junker Wenzel von Tronka erkundigen will, wird er misstrauisch. Seine Gefühl bestätigt sich, als er die erneute Niederschlagung der Bittschrift erhält. Dem nicht genug, „sei er nach dem Tribunal in Dresden ein unnützer Querulant“. Seine hieraus folgende „schäumende Wut“ gegenüber dem korrupten Staatssystem sowie die Beleidigungen, verdeutlichen erneut, dass es ihm nicht um den materiellen Wert der Sache geht „er hätte die gleiche Wut empfunden, wenn es ein paar Hunden gegolten hätte“. All dies zusammen lässt Kohlhaasens Weltbild und Rechtsgefühl endgültig zusammenbrechen.
„Mitten durch den Schmerz, den die Welt in einer so ungeheuerlichen Unordnung zu erblicken, zuckte die innere Zufriedenheit empor, seine eigene Brust nunmehr in Ordnung zu sehen.“ Der geplante Rachefeldzug kann durch den Verkauf seiner Grundstücke, weit unter deren Preis und der Ausschließung von Pferden und Waffen vom Kaufvertrag, bereits geahnt werden. Ebenso will er seine Frau und Kinder außer Landes wissen, damit er „durch keine Rücksicht gestört werde“. Von diesem Vorhaben verzweifelt, bittet seine Frau Lisbeth ihn, anstatt seiner die Bittschrift vorbringen zu dürfen. Doch dieser Versuch wird schon im vorhinein als „der allerunglücklichste“ bezeichnet. Und so kommt es, das Lisbeth bei ihrem Versuch die Bittschrift zu überbringen unglücklicherweise tödlich verwundet wird und einige Tage später stirbt. Zuvor bittet sie ihren Mann jedoch mit einem Verweis auf eine Bibelstelle, seine Feinden zu vergeben. Doch diesen letzten Wunsch kann er nicht erfüllen. „So möge mir Gott nie vergeben, wie ich dem Junker vergebe!“ Das fürstliche Begräbnis seiner Frau lässt die kommende Selbstüberschätzung und Hochmut vorausahnen. Und so erreicht ihn zu allem Überfluss inmitten des Begräbnisses die dritte Ablehnung seiner Klage was seine folgenden Entscheidungen erklärt. Sein Motiv wird klar und offen dargelegt: „und übernahm sodann das Geschäft der Rache“. Er stellt dem Junker ein letztes Ultimatum, in dem er die eigenhändige wieder dick Fütterung der Rappen sowie Ersatz allen Schadens binnen drei Tagen fordert. Nach dessen nicht Erfüllung bricht er mit einigen Knechten zur Tronkerburg auf . Dort plündern, morden und brandschatzen sie in übelster Manier. Doch als Kohlhaas erkennt, dass der Junker entkommen ist, muss er sich eingestehen, „dass die Unternehmung auf der Burg fehlgeschlagen war“. Den Rappen schenkt er keine Beachtung mehr. Und so erlässt er ein Mandat an die Bevölkerung in dem er, „bei Strafe des Leibes und Lebens und unvermeidlichen Einäscherung dessen, was ein Besitztum heißen mag“ die Auslieferung des Junkers forderte. Der am Anfang der Szene gezogene Vergleich mit dem jüngsten Gericht, der im Kern immer noch Gerechtigkeit enthält, wird am Ende verworfen und die Tat nur noch als „jämmerliches Geschäft“ bezeichnet. Das zu Spätkommen des Boten auf dem Klosterstift und das Ausgehen der Fackeln durch das Wetter kann als göttliches Eingreifen interpretiert werden. So verfolgt Kohlhaas den Junker weiter nach Wittenberg, wo er sein zweites Mandat veröffentlicht, worin er sich „zum reichs- und weltfreien, Gott allein unterworfenen Herrn“ erklärt. Er lässt immer wieder Häuser in Brand stecken und richtet die Wut der Bürger so schließlich gegen den Junker, den sie als „einen Blutigel, einen elenden Landplager und Menschenquäler, den Fluch der Stadt Wittenberg und das Verderben von Sachsen“ bezeichnen. Nur durch eine List schafft es der Wittenbergische Landvogt Kohlhaas nach Leipzig zu locken. Zu Kohlhaasens Ruhm tragen auch die militärischen Erfolge gegen zwei größerer Heere bei.
Seine Selbstüberhebung erreicht ihren Höhepunkt bei der Belagerung von Leipzig: er nennt sich „einen Statthalter Michaels des Erzengels, der gekommen sei, an allen, die in dieser Streitsache des Junkers Partei ergreifen würden, mit Feuer und Schwert die Arglist, in welcher die ganze Welt versunken sei, zu bestrafen; (...) und das Mandat war mit einer Art von Verrückung unterzeichnet: Gegeben auf dem Sitz unserer provisorischen Weltregierung, dem Erzschlosse zu Lützen.“ An diesem Punkt der Handlung kommt es zum Eingreifen von Martin Luther, der „um Kohlhaas (...) in den Damm der menschlichen Ordnung zurückzudrücken“ in einem öffentlichen Plakat an Kohlhaas bezeichnet er ihn der „Ungerechtigkeit und der Mord- und Raublust“. Kohlhaas, erschüttert von einem solchen Plakat, das zudem „von dem teuersten und verehrungswürdigsten Namen, den er kannte, von dem Namen Martin Luthers“, unterzeichnet war. So schleicht er sich verkleidet nach Wittenberg um ein Gespräch mit Luther zu führen. In diesem legen beide noch mal ihre Standpunkte dar. Kohlhaas fühlt sich berechtigt, gegen die Gesellschaft, aus der er sich verstoßen glaubt, Krieg führen zu dürfen.
„Verstoßen (...) nenn ich den, dem der Schutz der Gesetze versagt ist! Denn diesen Schutz zum Gedeihen meines friedlichen Gewerbes bedarf ich; ja, er ist es, dessenhalb ich mich mit dem Kreis, was ich erworben, in dieser Gemeinschaft flüchte; und wer ihn mir versagt, der stößt mich zu den Wilden in die Einöde hinaus; er gibt mir, wie wollt ihr das leugnen, die Keule die mich selbst schützt in die Hand“. Erschwerend kommt für ihn noch der Tod seiner Frau hinzu: „es hat mich meine Frau gekostet; Kohlhaas will der Welt zeigen, daß sie in keinem ungerechten Handel umgekommen ist.“
Er erklärt sich bereit, in die Gesellschaft zurückzukehren, wenn er seine Klage unter freiem Geleit erneut vorbringen kann, da der Kurfürst nach Luthers mehrmaliger Aussage, von der Klage nichts weiß. Die erbetene Heilige Kommunion verweigert Luther mit der Begründung „der Herr auch vergab all seinen Feinden nicht“ verspricht ihm aber eine Bittschrift an den Kurfürsten zu senden. In diesen fordert er nicht nur freies Geleit, sondern auch eine Amnestie. Diese Bittschrift führt in einem Gespräch des Kurfürsten mit seien höchsten Staatsbeamten, zu denen auch die Verwandten des Junkers, Hinz und Kunz von Tronka, zählen, zu einer Parteienbildung: Graf Wrede und der Prinz von Meißen distanzieren sich von Kunz, der sich gegen Luthers Vorschlag ausspricht. Wrede schließt sich Luther an, während der Prinz von Meißen auf eine Bestrafung von beiden –Kunz und Kohlhaas- drängt. Graf Kallheim und Hinz von Tronka urteilen nach der Frage, wem es schadet bzw. Nutzen bringen könnte. So schlägt Hinz vor, Kohlhaas seinerseits sein Recht zu verschaffen, ihn aber „auf Grund seiner Mordbrennereien und Räubereien einzustecken“. Nach einer Erkundung des Kurfürsten über Stärke und Beliebtheit des Haufens entschied sich, Kohlhaas freies Geleit und zudem, bei Gewinn „völlige Amnestie seiner in Sachsen verübten Gewalttätigkeiten wegen“.
Sofort nach der Kenntnisnahme der kurfürstlichen Garantien löst Kohlhaas seine Schar auf und „legte alles, was er an Geld, Waffen und Gerätschaften erbeutet haben mochte, bei den Gerichten zu Lützen als kurfürstliches Eigentum nieder“. Dies kennzeichnet nochmals sein nicht-materielles Ansehen. Durch dieses wiedergewonnene Vertrauen, leitet er den Rückkauf seiner Güter ein und holt seine Kinder zu sich und begibt sich nach Dresden. Dort wird er von Graf Wrede und dem Prinzen von Meißen fast freundschaftlich empfangen. Auf Empfehlung wendet er sich an einen berühmten Rechtsanwalt, der die drei ursprünglichen Klagepunkte erneut vor Gericht vorbringen soll. Er erhält zu seinem eigenen Schutz einen Wachmann, der auf seinen Wunsch aber auch abgezogen werden kann. In dieser Zeit trifft auch zur „Erbitterung und Verachtung“ seiner Verwandten, der Junker Wenzel von Tronka in Dresden ein.
Die Vorgänge auf der Tronkerburg spiegeln die Verhältnisse am Sächsischen Hof wieder: auch hier haben untergeordnete Beamte ihre bevorzugte Stellung am Hof ausgenutzt und den Namen des Kurfürsten zu ihren Gunsten verwendet. Die Tronkas stellen, da ein Erfolg Kohlhaasens vor Gericht immer wahrscheinlicher erscheint, Nachforschungen nach den mittlerweile verschollenen Rappen an. Und so kommt es, dass sie nach einiger Zeit von ihrem jetzigen Besitzer, einem Abdecker, nach Dresden gebracht werden. Die nun folgende Szene nimmt eine für Kohlhaas, ohne dessen direktes Zutun, unglückliche Wendung an. Da die Tronkas die Rappen nicht eindeutig identifizieren können, wird Kohlhaas herbeigerufen, der die Rappen nach einem flüchtigen Blick als die seinen wiedererkennt. Aus dem nun folgenden Tumult kann Kunz von Tronka nur knapp gerettet werden. Kohlhaas „erweckte, gleichwohl, auch bei den Gemäßigten und Besseren eine dem Ausgang seiner Streitsache höchst gefährliche Stimmung im Lande. Man fand das Verhältnis desselben zum Staat ganz unerträglich und in Privathäusern und öffentlichen Plätzen erhob sich die Meinung, dass es besser sei, ein offenbares Unrecht an ihm zu verüben und die Sache von neuem niederzuschlagen, als ihm Gerechtigkeit, durch Gewalttaten ertrotzt, in einer so nichtigen Sache, zur bloßen Befriedigung seines rasenden Starrsinns, zukommen zu lassen.“ Eine Versöhnung wird nun von Seiten der Tronkas zunichte gemacht, die den Kurfürsten bitten, dass er ihnen die „erdenkliche Schmach und Schande“ einer Bittschrift an Kohlhaas ersparen möge. Dem nicht genug nutzen die Tronkas einen für Kohlhaas unglücklichen Zufall zu ihren Gunsten aus: Johann Nagelschmidt, ein Beteiligter aus Kohlhaas´ früheren Haufen, setzt seinen Raubzug unter dem Namen Kohlhaas´ weiter fort. Obwohl sich Kohlhaas in einem Brief öffentlich von Nagelschmidt distanziert, verstehen es die Tronkas, die Situation Kohlhaasens weiter zu verschlechtern. Kohlhaas, der diese Veränderung zu spüren scheint, beantragt Pässe zur Reise nach Kohlhaasenbrück, um einige Geschäfte zu erledigen. Als er diese nach längerer Zeit und mehrmaligen Anfragen nicht erhält und die Bewachung vor seinem Haus zu seiner Beunruhigung verstärkt wird, begibt er sich zum Vertreter des Prinzen von Meißen, der ihm nach öfteren Nachfragen sein Gefühl der Gefangenschaft bestätigt. So erwacht ihn Kohlhaas der fatale Gedanke, ihm bleibe nur noch die Möglichkeit der Flucht. In dieser Situation bietet Johann Nagelschmidt plötzlich seine Hilfe an. Er bitte Kohlhaas in einem Brief, wieder die Führung des Haufens zu übernehmen und bietet ihm dafür, als Gegenleistung, seine Hilfe zur Flucht an. Unglücklicherweise jedoch wird der Bote von Krämpfen geplagt und fällt den Tronkas in die Hände. Diese beschließen nun, Kohlhaas auf die Probe zu stellen. So wird der Bote weiter zu Kohlhaas geschickt, der nichtsahnend auf das Angebot eingeht, die erneute Führung des Haufens aber ablehnt. Er plant, sich und seine Kinder weit außer Landes zu bringen. Dadurch kommt es zur raschen Verhaftung Kohlhaas´ und er wird ohne Berücksichtigung seines Amnestieverfahrens dazu verurteilt, „mit glühenden Zangen von Schinderknechten gekniffen, gevierteilt und sein Körper zwischen Rad und Galgen verbrannt zu werden“ . Dies soll symbolisch seine radikale moralische, seelische und körperliche Auslöschung darstellen.
Das Eingreifen des Kurfürsten von Brandenburg bildet in dieser schier aussichtslosen Situation einen erneuten Wendepunkt. Er fordert als sein Landesherr dessen Auslieferung, da er sein Untertan ist. So kommt es zu einer Auslieferung Kohlhaas´ und einer Klage des Kurfürsten von Sachsen vor dem Kaiser wegen Landfriedensbruch. In der darauffolgenden Jagdszene werden die verwandtschaftlichen Beziehungen am Sächsischen Hof offen dargelegt. So lässt der Kurfürst sich überreden, inkognito in das Gasthaus zu gehen, in dem Kohlhaas nächtigt. In dem folgenden Gespräch fällt die Aufmerksamkeit des Kurfürsten auf ein Amulett von Kohlhaas. Als dieser ihm erklärt, dass er es unwissentlich von einer Zigeunerin erhalten habe, fällt dieser ihn Ohnmacht. Dies spiegelt die enorme Bedeutung des Amuletts für den Kurfürsten wieder, dass einen erneuten Wendepunkt einleitet und nun anstatt der beiden Rappen im Hintergrund steht. War es bisher Kohlhaas der versucht hat, etwas vom Kurfürsten zu erhalten, so ist es jetzt der Kurfürst, der nun versucht, etwas von Kohlhaas zu erhalten. Mehrere Versuche, von Seiten des Kurfürsten, das Amulett zu erhalten, schlagen fehl. Selbst für die Freiheit will Kohlhaas, der sein Machtmittel erkennt, seine Rachepläne nicht aufgeben. In einer Rückblende in Form eines Gespräches zwischen dem Kurfürsten und Kunz von Tronka erfährt man die Bedeutung des Amuletts: bei einem Jahrmarktsbesuch stellten die beiden Kurfürsten das Können einer Wahrsagerin auf die Probe. Während sie dem brandenburgischen Hause eine optimistische Zukunft versprach, schwieg sie sich bei dem sächsischen aus und notierte stattdessen auf einem Zettel „den Namen des letzten Regenten deines Hauses, die Jahreszahl, da er sein Reich verlieren wird, und den Namen dessen, der es durch die Gewalt der Waffen an sich reißen wird“. Diesen versiegelte sie in einer Kapsel und übergab ihn an Kohlhaas mit der Forderung an den Kurfürsten: „von jenem Mann dort, der, mit dem Federhut, auf der Bank steht, hinter allem Volk, am Kircheneingang, lösest du, wenn es dir beliebt, den Zettel ein“. Als eine weitere Vorhersage der Zigeunerin sofort eintritt, bekräftigt sich der Gedanke der Wichtigkeit des Zettels im Kurfürsten. Hierauf verspricht Kunz dem Kurfürst, das Amulett zu beschaffen und „engagiert“ in der Hoffnung, Kohlhaas, der sich inzwischen im Berliner Gefängnis befand, könne sich nicht mehr an deren Aussehen erinnern, eine Zigeunerin, von der er glaubte, dass sie jener ähnlich sehe, um Kohlhaas das Amulett mit der Begründung, es für später zu verwahren, abzunehmen. Doch das Kunz ausgerechnet jene Zigeunerin trifft wird selbst vom Erzähler offen gelassen „und wie denn die Wahrscheinlichkeit nicht immer auf seiten der Wahrheit ist, so traf es sich, dass hier etwas geschehen war, das wir zwar berichten, die Freiheit aber, daran zu zweifeln, demjenigen, dem es wohlgefällt, zugestehen müssen“. Dennoch erfährt Kohlhaas durch diese, von dem Versuch Kunzens, ihm durch sie den Zettel abzunehmen und dass er durch diesen Freiheit und Leben erhalten könnte. Aber „Kohlhaas, der über die Macht jauchzte, die ihm gegeben war, seines Feindes Ferse in dem Augenblick, da sie ihn in den Staub trat, tödlich zu verwunden, antwortete: ,Nicht um die Welt Mütterchen, nicht um die Welt´“ So wird ihm zwar sein Recht gegenüber dem Junker Wenzel von Tronka zugesprochen, aber er muss sich seinerseits wegen Landfriedensbruch gegenüber dem Kaiser verantworten. Kurz vor der Hinrichtung erfährt er durch einen Brief der Zigeunerin von der Anwesenheit des Kurfürsten von Sachsen und woran er ihn erkennen würde. Auch legt sie ihm dessen Absicht, den Zettel nach seinem Tod an sich zu reißen, nahe. Dies erklärt den folgenden Schritt von Kohlhaas. In seiner Klage gegen den Junker erhält er in allen drei Punkten Recht und seine Forderungen werden erfüllt. So zufriedengestellt ist er nun auch seinerseits bereit Genugtuung zu leisten.
„Kohlhaas löste sich (...) die Kapsel von der Brust; er nahm den Zettel heraus, entsiegelte ihn und überlaß ihn, und das Auge unverwandt auf den Mann mit den blauen und weißen Federbüschen (Kurfürst von Sachsen) gerichtet, der bereits süßen Hoffnungen Raum zu geben anfing, steckte er ihn sich in den Mund und verschlang ihn. Der Mann mit blauen und weißen Federbüschen sank bei diesem Anblick ohnmächtig in Krämpfen nieder.“ Hierdurch vollzieht Kohlhaas die endgültige seelische und moralische Vernichtung des Kurfürsten. Die Hinrichtung wird nun zur Nebensache, Kohlhaas hat nach seiner Rache moralische Überlegenheit gewonnen. Dies äußert sich auch in der zuvor erteilten heiligen Kommunion sowie die Bestattung auf einem kirchlichen Friedhof, was Hingerichteten eigentlich versagt wurde. Der Erzähler verweist den folgenden Verlauf betreffend auf die Geschichtsbücher. Der Untergang der sächsischen Dynastie zeigt sich erst durch das Wort „aber“ im, letzten Satz, das im Gegensatz zu den noch länger lebenden Nachfahren Kohlhaas´ steht.

Sprache und Stil:

  • Kleist verwendet häufig lange, stark verschachtelte Satzbauten, hierfür ein für Kleist typisches Satzungetüm:

„Ich, der mit meinem Haufen eben in einem Wirtshause abgestiegen und auf dem Platz, wo diese Vorstellung sich zutrug, gegenwärtig war, konnte hinter allem Volk am Eingang einer Kirche, wo ich stand, nicht vernehmen, was diese wunderliche Frau den Herren sagte; dergestalt, dass, da die Leute einander lachend zuflüsterten, sie teile nicht jedermann ihre Wissenschaft mit, und sich des Schauspiels wegen, das sich bereitete, sich sehr bedrängten, ich, weniger neugierig, in der Tat, als um den Neugierigen Platz zu machen, auf eine Bank stieg, die hinter mir im Kircheneingang eingehauen war.“

  • Einschnitte und Wendepunkte im Geschehen werden durch Gedankenstriche gekennzeichnet
  • Gefühle und Gedanken anderer Personen werden in Gedanken und Äußerungen dargestellt
  • Dialog zur Vermittelung eines authentischen Eindrucks
  • Kleist führt teilweise wie in einem Film durch das Geschehen:

„der Freiherr, der, über das ganze Gesicht rot, ans Fenster getreten war, empfahl sich ihm gleicherfalls; und beide gingen, begleitet von drei durch den Prinz von Meißen eingesetzten Landesknechten, unter dem Troß einer Menge von Menschen, nach dem Schloßplatz hin.“

  • durch die Dominanz der Verben wird der Sprachstil dynamisiert und die Handlung dramatisiert:

„Er fiel mit diesem kleinen Haufen, schon beim Einbruch der dritten Nacht, den Zollwärter und Torwärter, die im Gespräch unter dem Tor standen, niederreitend, in die Burg, und während, unter plötzlichem Aufprasseln aller Baracken im Schloßraum, die sie mit Feuer bewarfen, Herse, über die Wendeltreppe, in den Turm der Vogtei eilte, und den Schloßvogt und Verwalter, die, halb entkleidet, beim Spiel saßen, mit Hieben und Stichen überfiel, stürzte Kohlhaas zum Junker Wenzel ins Schloss.“

  • Das Amulett symbolisiert ein Mittel der Macht
  • Kleist benutzt die Körpersprache als Ausdruck des inneren Befindens:
„eine dunkle Röte stieg seinem Antlitz empor“
als Ausdruck für Verlegenheit, als Kohlhaas Luthers Vorwürfe auf dem Plakat liest
  • „indem er ans Fenster trat“ kann als Ausdruck der Verlegenheit sowie als verweisende Funktion werten : Der Kurfürst von Sachsen versucht hiermit seine Verlegenheit zu verbergen, während der Prinz von Meißen auf seine Schutz- und Bewachungsfunktion hinweist, da die vor dem Fenster stehende Menschenmenge eine solche Schutzmaßnahme geraten schein lässt



© Boris Jotic – IGH 2000
aus Heinrich von Kleist, Erzählungen Band III, Insel Verlag, 1986