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Die Musterschüler

von Michael Köhlmeier

Roman

Zum Autor: Michael Köhlmeier, wurde 1949 in Hohenems in Vorarlberg geboren. Er wuchs in dem Dorf auf und lebt bis heute dort. 1988 erhielt er für seinen Roman "Spielplatz der Helden" den Johann- Peter- Hebel- Preis. 1994 für sein Gesamtwerk den Manés- Sperber- Preis und 1997 wurde er mit dem Anton- Wildgans- Preis ausgezeichnet. Er schrieb zahlreiche Drehbücher, Romane, Hörspiele und Theaterstücke. Die Erste Auflage des Romans "Die Musterschüler" erschien im Februar 1993 in der Serie Piper.
Die Handlung: Vor 25 Jahren hat eine Schulklasse eines Internats einen Mitschüler auf grausame und brutale Weise zusammengeschlagen. Nun trifft sich ein Anwalt (aus dem Ende zu schließen) mit einem der
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Schuldigen um die Ursachen, Hintergründe und auch die Tat selbst wieder aufzurollen. Es entwickelt sich ein beinhartes Frage- und Antwortspiel indem versucht wird die Schuldigen zu finden, die Anstifer oder die, die am Meisten zugeschlagen haben.

Das Hauptthema dieses Romans ist eindeutig nicht Schuld oder Unschuld sondern vielmehr geht es um Gemeinschaft. Denn an der Mitschuld der Schüler ist eindeutig nicht zu zweifeln und nach einigen Lesestunden auch nicht mehr an der Schuld des Präfekten, dem Lateinlehrer der SChüler. Es wird alles - mehr oder weniger - offen zugegeben. Die Frage ist nur- Wieso kommt es zu diesem Zwischenfall am 30. November 1963? Und vor allem: Wer und/ oder was sind die beteiligten Faktoren an diesem Dilemma?
Die, auf die natürlich zuerst alles abgewälzt wird, sind natürlich die Schüler. Das scheint im ersten Moment auch ganz logisch, denn schließlich sind sie es auch die Gebhard Malin krankenhausreif prügeln. Doch ist seine verpatzte Lateinschularbeit und das daraus resultierende Strengstudium für zwei Wochen (streichen der Freizeit, statt dessen lernen bis der Kopf raucht) der alleinige Grund für solch eine schreckliche Tat? Kinder und Jugendliche handeln oft im Affekt, einfach ohne nachzudenken. Also können diese Prügel als "Kurzschluß" bezeichnet werden. Doch es erscheint eher unwahrscheinlich, daß sechs, durchaus gebildete und sonst sehr vernünftige junge Burschen, alle zur selben Zeit, einen "Kurzschluß" erleiden. Anzunehmen ist, daß die Jungen nicht mehr nachdenken, als sie bereits mitten im prügelverteilen sind. Großen Einfluß auf das Geschehen im Internat hat sicherlich der Präfekt. Er wird als schwer einzuschätzender, sehr strenger und vielleicht auch etwas verrückter Lehrer beschrieben. Da das ganze in einem Internat passiert, das dazu noch in den sechziger Jahren, wird sehr schnell klar warum der Präfekt einen so großen Einfluß auf die Schüler hatte. Internate galten immer schon als sogenannte "ordentliche" Schulen und damals waren die Schüler sicherlich noch nicht so "emanzipiert" wie heute. Das heißt, daß sie sicherlich großen Respekt vor allem, was die Lehrer sagten, hatten. Denn schließlich ist der Präfekt in der ganzen Klasse gefürchtet, da seine jähzornige und hinterlistige Art, wie oben schon gesagt, nicht einzuschätzen ist. Also ist es verständlich, daß sich die Jungen überlegen, was der Präfekt ihnen aufgetragen hat. Zitat: "Züchtigt ihn!" Denn sie wissen, wenn sie es machen bleiben ihnen zwei Wochen Strengstudium erspart.
Aber wieso befiehlt der Präfekt Gebhard Malin zu bestrafen. Ist es nur die einzige verpatzte Lateinschularbeit der Klasse, weiß der Präfekt etwa von Malins heimlicher Liebe oder ist es ihm einfach nicht recht, daß Malin ein eindeutiger Einzelgänger ist?  Deutlich klar geht aus dem Buch ausschließlich hervor, daß es dem Präfekten um Disziplin und gute Noten ging. Zitat: "Ihr duldet in euren Reihen einen, der auf Gemeinschaft keinen Wert legt. Damit habt ihr versagt. Beweist mir, daß ihr in der Lage seid, diesem einen klar zu machen, was Gemeinschaft heißt. Dann wird die Gesamtstrafe erlassen. - "Wie geht das", fragte ich (der Erzähler) - "Züchtigt ihn!" Mit Gemeinschaft meint er nicht, eine Gemeinschaft von Menschen, Freunden oder festes Zusammenhalten, sondern nur die Gemeinschaft seines Unterrichts. Denn alle anderen der Klasse hatten auf diese Lateinschularbeit, die nach zwei Wochen Strengstudium geschrieben wurde ein sehr gut, nur Gebhard Malin schrieb ein sehr klares nicht genügend. Der Präfekt ordnete schon des öfteren Klassenprügel an, jedoch nie so eindeutig, sondern mit Sätzen wie: (Zitat) "Ich glaube dem gehören einmal die Ohren langgezogen...", oder "Dem sollte die ganze Klasse einmal mores beibringen...". Anscheinend ist der Präfekt sehr erbost über dieses eine nicht genügend, denn er hatte sich nach so intensivem lernen einen absoluten sehr guten Durchschnitt erhofft. Er legt sehr viel Wert darauf, daß er als der beste Lehrer im Internat gilt. Vielleicht war er als Schüler nicht sehr erfolgreich und versucht das jetzt mit einer vermeintlich sehr guten Lehrleistung auszugleichen.
Nach diesem Befehl bilden sich in der Erzählung zwei Gruppen. Die einen sind für "leichte" Klassenprügel, die anderen für "echte". Diese zwei Arten unterscheiden sich darin, daß erstere nur herumschupfen bedeuten, "echte" hingegen richtige Watschen beinhalten. Eine geheime Abstimmung beschließt dann "echte" Klassenprügel. Man bemerkt wieder beim Lesen den Gruppenzwang. Denn der ich- Erzähler denkt sich nichts Positives über echte Klassenprügel, doch stimmen alle seine Freunde für sie. Also stimmt auch er für sie.
Also könnte man sagen, daß alle die, die etwas zu sagen haben die Schuld tragen. Doch was kann denn einer der Klassensprecher ist dafür, daß man ihn gewählt hat. In dem Fall kann es ein unglücklicher Zufall sein, daß sich der Klassensprecher Edwin Tiefenthaler und das Oper noch nie verstanden haben. Edwin stimmt für Klassenprügel, jedoch ohne zu wissen, welche Auswirkungen das haben wird und. Denn er ist das Vorbild beinahe aller die mitstimmmen.

Michael Köhlmeier hat diese Geschichte sehr real wirken lassen. Während des Lesens stellen sich immer wieder neue Gefühlslagen ein. Man versucht ständig die Hintergründe herauszufinden, den einen und einzigen Hauptschuldigen zu entlarven. Doch das ist nicht möglich. Denn in diesem Buch geht es um die immer erwünschte Gemeinschaft und die daraus resultierenden und allgegenwärtigen Außenseiter. Es gibt immer Personen, die mehr macht haben als andere, sei’s aus körperlichen oder auch aus psychischen Gründen. Ich denke, das Buch soll dem Leser einfach nur klar machen, daß man über alles was einem aufgetragen oder befohlen wird, und komme es aus einer noch so hohen Instanz, nachdenken soll. Man darf nichts einfach so hinnehmen und ausführen. Denn jeder hat seinen eigenen Kopf bzw. Verstand, den man auch in jeder Lebenslage benutzen soll. Und manchmal muß man eben die Zähne zusammenbeißen und die mögliche, bittere Konsequenz einer "Verweigerung" zugunsten anderer, !
hinnehmen. Denn es kann nur Gemeinschaft geben, wenn es keine Außenseiter gibt. Das heißt, das ein Einzelgänger kein Außenseiter werden darf. Denn ein bekannter Spruch sagt schon: "Jedem das Eigene."

Claudia Augustin