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Amerika

 

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Als Amerika bezeichnet man die zweitgrößte Landmasse der Erde. Das Wort Amerika steht sowohl für Nordamerika als auch für Südamerika. Amerika bezeichnet aber auch die Vereinigten Staaten von Amerika. Das Wort Amerika erschien erstmals in der Cosmographia Introductio (Einführung in die Kosmographie), die im Jahre 1507 von dem deutschen Kartographen Martin Waldseemüller veröffentlicht wurde. Er leitete es von dem Wort Americus ab, der lateinischen Form für den Namen des Seefahrers Amerigo Vespucci, dessen Expeditionen in die Neue Welt dieses Buch beschrieb. Waldseemüller verwendete das Wort Amerika besonders für die Länder, die Christoph Kolumbus, Vespucci und andere frühe Entdecker der Westindischen Inseln und der nordöstlichen Küste des südamerikanischen Kontinents entdeckt hatten. Der flämische Geograph Gerhardus Mercator bezeichnete mit dem Wort erstmals die gesamte westliche Halbkugel auf einer Weltkarte, die im Jahr 1538 erschien.

 

Nordamerika

 

Nordamerika ist der nördliche Teil Amerikas und drittgrößter der sieben Kontinente; er umfasst die Staaten Kanada, Vereinigte Staaten von Amerika und Mexiko sowie die atlantischen Inseln Grönland (zu Dänemark gehörend), Saint-Pierre-et-Miquelon (ein kleines französisches Überseedepartement vor der Küste Kanadas) und die Bermuda-Inseln (britische Kronkolonie). Die Fläche des Kontinents beträgt annähernd 23,5 Millionen Quadratkilometer. Mit derzeit etwa 382 Millionen Einwohnern ist Nordamerika der Kontinent mit der viertgrößten Bevölkerungszahl.

Die Abgrenzung von Nordamerika kann unterschiedlich vorgenommen werden. Legt man naturräumliche Kriterien zugrunde, so endet Nordamerika südlich am Golf von Tehuantepec im Süden von Mexiko, umfasst also nicht mehr die mexikanische Halbinsel Yucatán. Nach anderer Ansicht reicht Nordamerika bis zum Isthmus von Panamá. Kulturgeographisch zählt Mexiko zu Lateinamerika; unter diesem Aspekt endet Nordamerika an der Südgrenze der Vereinigten Staaten. In dieser Enzyklopädie wird Mexiko hingegen ganz zu Nordamerika gerechnet. Nach Süden zu schließen Zentralamerika und die Westindischen Inseln an, beide zusammen bilden Mittelamerika, an das nach Süden Südamerika grenzt. Als westliche Hemisphäre oder Neue Welt bezeichnet man ganz Amerika, also Nord- und Südamerika zusammen genommen sowie die Westindischen Inseln. Der Name Amerika geht auf den italienischen Seefahrer Amerigo Vespucci zurück, der in den Jahren 1497 und 1498 vermutlich als erster Europäer dieser Epoche das nordamerikanische Festland entdeckte.

 

Land

Der größte Teil der Landmasse Nordamerikas befindet sich in den Gebieten mittlerer geographischer Breite. Die nördlichen Gebiete liegen in der Arktis, ein schmaler Teil reicht nach Süden über den nördlichen Wendekreis (Wendekreis des Krebses) hinaus und wird somit den Tropen zugerechnet. Der Kontinent erstreckt sich von West nach Ost über ungefähr 176 Längengrade. Er reicht von etwa zwölf Grad westlicher Länge bei Nordost-Rundingen (dänisch: nordöstliche Landspitze) im Nordosten von Grönland bis ungefähr 172 Grad östlicher Länge im äußersten Westen der Attu-Insel in Alaska. Seine Nord-Süd-Ausdehnung beträgt etwa 69 Breitengrade und verläuft von etwa 83 Grad nördlicher Breite bei Kap Morris Jesup im Norden von Grönland bis etwa 14 Grad nördlicher Breite im Süden von Mexiko. Nordamerika grenzt im Norden an das Nordpolarmeer, im Osten an den Atlantischen Ozean, im Süden an den Golf von Mexiko bzw. den Pazifischen Ozean und im Westen an den Pazifischen Ozean.

Die Küstenlinie Nordamerikas ist außerordentlich unregelmäßig und durch zahlreiche Buchten und Landvorsprünge stark gegliedert. Trotz einiger längerer Küstenbereiche mit wenigen Einschnitten ist die Küste vor allem im Norden Kanadas mit dem Kanadisch-Arktischen Archipel von unzähligen Buchten und vielen vorgelagerten Inseln geprägt. Der Kontinent grenzt außerdem an drei Meeresbuchten von bedeutender Größe: die Hudsonbai im Nordosten, den Golf von Mexiko im Südosten und den Golf von Alaska im Nordwesten.

 

Geologie

Nordamerika gehört fast vollständig zur so genannten Nordamerikanischen Platte, eine der etwa zwölf Haupteinheiten der Erdkruste. Nach der Theorie der Kontinentalverschiebung geht man davon aus, dass Nordamerika einst als Teil des Riesenkontinents Pangäa mit anderen Erdteilen wie dem heutigen Europa sowie mit Teilen des heutigen Afrika eine zusammenhängende Landmasse bildete. Vor etwa 170 Millionen Jahren, in der erdgeschichtlichen Periode des Jura, brach diese Landmasse auseinander, und die beiden Teile bewegten sich voneinander fort. Vor ungefähr 95 Millionen Jahren, in der Kreidezeit, beschleunigte sich der Prozess der Kontinentaldrift. Während Nordamerika mit einer Geschwindigkeit von etwa 1,25 Zentimetern pro Jahr nach Westen trieb, schob sich die Pazifische Platte, die der heutige Pazifische Ozean bedeckt, unter die Nordamerikanische Platte. In diesem Zusammenhang kam es zu ausgedehnten frühen Gebirgsfaltungen, bei denen eine Reihe der hohen Gebirgszüge entlang der Westküste entstanden. Entlang der Ostküste hatten tektonische Prozesse die weitflächige Bildung von Verwerfungen und die Entstehung von Gebirgen und vorgelagerten Inseln zur Folge.

 

Physische Geographie

Nordamerika kann in fünf große physiogeographische Regionen unterteilt werden. Sowohl die östliche Hälfte Kanadas als auch der größte Teil Grönlands und Teile der US-Bundesstaaten Minnesota, Wisconsin, Michigan und New York sind Teile des Laurentischen oder Kanadischen Schildes, einer Plateauregion, deren Untergrund aus alten, kristallinen Gesteinen besteht. Die überwiegend flachwellige Oberfläche erhielt ihre Gestalt durch die eiszeitliche Vergletscherung. Die Böden sind relativ nährstoffarm, und ihr südlicher Abschnitt ist größtenteils mit dichtem Wald bedeckt.

Die zweite Region bildet eine weite Küstenebene, die den überwiegenden Abschnitt der östlichen und südöstlichen Gebiete der USA und des östlichen Mexiko umfasst. Sie unterliegt in hohem Maße dem Einfluß der Gezeiten. Stellenweise wird das Gelände von Sumpfgebieten geprägt.

Im östlichen Teil der Vereinigten Staaten befindet sich eine vergleichsweise schmale Region aus Mittel- und Hochgebirgen, deren größtes die Appalachen darstellen. Sie durchziehen das Gebiet von der kanadischen Provinz Quebec bis zum US-Bundesstaat Alabama auf einer Länge von etwa 2 400 Kilometern. Die Appalachen sind im Vergleich zu den Hochgebirgen im westlichen Teil des Kontinents geologisch relativ alt. Die Gebirgsfaltung erfolgte bereits im Paläozoikum. Die gesamte Region ist bis in größere Höhen zum Teil dicht bewaldet.

Der zentrale Bereich des Kontinents – vom südlichen Kanada bis zum Südwesten des US-Bundesstaates Texas – umfasst die ausgedehnten Inneren Ebenen (Interior Plains) und bildet die vierte Region. Sie setzt sich aus Flachländern und Plateaus zusammen. Dieses Gebiet war zeitweise von Meer bedeckt; mächtige Lagen aus Sedimentgestein wurden in ihm abgelagert. Durch den Wechsel von härteren und weicheren Schichten sind an manchen Stellen Schichtstufen ausgebildet. Der nördliche Teil war während des Pleistozäns von Eismassen bedeckt. Weite Teile der Inneren Ebenen sind aufgrund nährstoffreicher Böden für die agrarische Nutzung geeignet. Die Region umfasst auch hügelige Gebiete, wie z. B. das Ozarkplateau. Den westlichen Teil dieses Tieflandes stellen die Great Plains dar, die nach Westen zu den Rocky Mountains hin ansteigen.

Die fünfte und westlichste Region Nordamerikas, die auch den größten Teil Mexikos umfasst, ist eine Zone aktiver Gebirgsbildung und umfasst mehrere von Nord nach Süd verlaufende Gebirgszüge und die von ihnen eingeschlossenen Beckenlandschaften. Ihre geologische Entwicklung wird durch die Plattentektonik und stellenweise deutlich erkennbare vulkanische Aktivität bestimmt; dies zeigte sich z. B. erneut bei der starken Eruption des Mount Saint Helens im US-Bundesstaat Washington im Jahr 1980. Den Hauptzug dieser Gebirge bilden die Rocky Mountains in den USA und Kanada, die sich nach Süden im Gebirgszug der Östlichen Sierra Madre fortsetzen. Entlang der Pazifikküste gibt es einige weitere, hoch aufragende Gebirgsketten, die von der Alaskakette im Norden bis zur Westlichen und Südlichen Sierra Madre in Mexiko reichen. Im Mittelbereich erheben sich das Küstengebirge in British Columbia (Kanada), die Kaskadenkette, die Küstenkette und die Sierra Nevada in den Vereinigten Staaten sowie der Gebirgszug im Zentrum von Baja California (Niederkalifornien), einer mexikanischen Halbinsel. Zwischen diesen westlichen und östlichen Gebirgsketten befindet sich ein Bereich mit verstreut liegenden Becken und hoch gelegenen Plateaus, wie dem Interior Plateau in British Columbia (Kanada), dem Colorado Plateau und dem Großen Becken (beide USA) sowie dem weiten zentralen Hochland von Mexiko. Eingeschlossen von der Küstenkette und der Sierra Nevada liegt das fruchtbare Central Valley in Kalifornien, ein tief gelegenes, von Flüssen durchzogenes Becken, das im Norden an der Bucht von Vancouver und im Süden an der Mündung des Colorado River seine Fortsetzung findet. Der höchste Gipfel Nordamerikas ist der Mount McKinley oder Denali mit 6 194 Metern in der Alaskakette, der niedrigste Punkt befindet sich im Bereich des kalifornischen Death Valley und liegt 86 Meter unter dem Meeresspiegel.

 

Flüsse und Seen

Die Kontinentale oder Große Wasserscheide (amerikanisch Continental Divide), die überwiegend entlang der Hauptkämme der Rocky Mountains verläuft, teilt Nordamerika in zwei große Einzugsgebiete: Auf der Ostseite der Wasserscheide fließt das Wasser zum Nordpolarmeer, zur Hudsonbai, zum Atlantischen Ozean und zum Golf von Mexiko; auf der Westseite der Continental Divide fließen die Flüsse dagegen zum Pazifischen Ozean.

Zwei wichtige Entwässerungssysteme – das Flusssystem der Großen Seen mit dem Sankt-Lorenz-Strom und das Mississippi-Missouri-Flusssystem – sind bestimmend für die Hydrologie im zentralen und östlichen Nordamerika. Die fünf Großen Seen (Oberer See, Michigan-, Huron-, Erie- und Ontariosee) entwässern über den vergleichsweise kurzen Sankt-Lorenz-Strom nach Nordosten in den Atlantischen Ozean. Der größte Teil des Zentralteils der Vereinigten Staaten und ein kleiner Teil von Südkanada werden über den Mississippi und seine Nebenflüsse nach Süden in den Golf von Mexiko entwässert. Außerdem münden sehr viele kurze, aber wasserreiche Flüsse entlang der gewässerreichen Ostküste Kanadas, der Vereinigten Staaten und Mexikos in den Atlantik und den Golf von Mexiko. Der Norden des Kontinents wird vom großen westkanadischen Flusssystem des Mackenzie sowie von zahllosen Flüssen, die in die Hudsonbai fließen, durchzogen. Auf der Westseite der Continental Divide gibt es neben vielen kleinen nur vergleichsweise wenige große Flüsse, wobei der Colorado River, der Columbia River, der Fraser River und der Yukon die bedeutendsten darstellen.

Während es in den USA und vor allem in Kanada zahllose Seen gibt, enthält der südliche Teil Nordamerikas nur wenige große natürliche Seen. Der Obere See, einer der größten Süßwasserseen der Welt, und zehn der 25 größten natürlichen Seen liegen im Norden des Kontinents. Der abflusslose Große Salzsee im US-Bundesstaat Utah ist bekannt für sein stark salzhaltiges Wasser. Daneben wurden in Nordamerika auch zahlreiche große Stauseen angelegt.

 

Klima

In weiten Teilen des Kontinents herrschen kontinentale Einflüsse vor. Die Jahresschwankungen der Temperatur sind relativ hoch. Obwohl Nordamerika klimatisch sehr vielfältig ist, lassen sich fünf Hauptklimaregionen ausgrenzen. Sowohl die nördlichen Regionen von Kanada als auch Alaska und Grönland verzeichnen subarktische und arktische Klimate, bei denen sich lange, sehr kalte Winter mit kurzen, milden Sommern abwechseln. Ein Großteil dieser Region, die vergleichsweise wenig Niederschläge erhält, ist die meiste Zeit des Jahres mit Schnee und Eis bedeckt. Aufgrund der geringen Niederschläge ist die Vergletscherung mit Ausnahme von Grönland gering. Im Jahresverlauf treten höchstens zwei frostfreie Monate auf. Weite Gebiete werden von ausgedehnten Kältewüsten eingenommen. Eine klimatische Besonderheit ist der Chinook, ein warmer Fallwind, dessen Auftreten am Ostrand der Rocky Mountains oft mit rascher Schneeschmelze verbunden ist. Nördlich des Polarkreises werden die Klima- und Lebensbedingungen durch das Auftreten der Polarnacht geprägt, die mit zunehmender geographischer Breite mehrere Wochen dauern kann.

Die zweite Klimaregion umfasst den östlichen Teil der USA und den Süden von Kanada. Sie ist durch ein humides, gemäßigt-kontinentales Klima mit warmen Sommern und kalten, oft schneereichen Wintern gekennzeichnet. Die Temperaturen sind in den nördlichen Regionen kühl-, in den südlichen warmgemäßigt. Die vier Jahreszeiten sind deutlich thermisch ausgeprägt, und es kommt zu häufigen Wetterwechseln.

Die dritte Klimaregion schließt das westliche Landesinnere der Vereinigten Staaten und einen Großteil von Nordmexiko mit ein. Es handelt sich dabei meist um Gebirgs- und Wüstenlandschaften, die im Windschatten der Hochgebirge im Allgemeinen nur geringe Niederschlagsmengen erhalten; das tatsächliche Klima und die Niederschlagsmenge und -verteilung variieren jedoch stark je nach Höhenlage und Exposition des Gebiets. Vor allem im Südwesten der Vereinigten Staaten herrschen zum Teil sehr trockene Bedingungen, unter denen Halbwüsten, bei sehr niedrigen Jahresniederschlägen (unter 200 Millimetern) auch Wüsten entstanden.

Ein schmaler Streifen entlang der Pazifikküste, der vom südlichen Alaska bis zum Süden von Kalifornien reicht, bildet die vierte Klimaregion, die sich durch ein ozeanisch geprägtes Klima mit relativ milden, aber feuchten Wintern und sehr trockenen Sommern auszeichnet. Aufgrund der vorherrschenden Westwinde erhalten die Gebiete entlang der Küste des Pazifischen Ozeans hohe Jahresniederschläge, die sich überwiegend auf die kalte Jahreszeit beschränken.

Der größte Teil von Südmexiko besitzt ein tropisches Klima mit ganzjährig gleichmäßig warmen Bedingungen und beträchtlichen Niederschlägen, die sich auf die Sommermonate konzentrieren.

Aufgrund des Fehlens ausgedehnter, sich von West nach Ost erstreckender Höhenzüge können polare und tropische Luftmassen ungehindert aufeinander treffen. In einigen zentralen Bundesstaaten der USA treten vereinzelt Tornados auf. Im Bereich der Küstenregionen am Atlantischen Ozean und am Golf von Mexiko entstehen Hurrikans, die wiederholt schwere Schäden nach sich zogen.

 

Flora

Die natürliche Vegetation Nordamerikas wurde durch den Einfluss des Menschen stark verändert; ihre natürliche Ausprägung ist jedoch auf einem Großteil des Kontinents immer noch sichtbar. Mit Ausnahme der nahezu vegetationsfreien Eiswüste in Grönland oder auf den arktischen Inseln, wird das gesamte Gebiet nördlich des Polarkreises von der Tundra eingenommen. Die Vegetationsperiode ist auf nur wenige Monate im Jahr begrenzt. Die dominierenden Pflanzen sind Zwergsträucher, niedrigwüchsige Seggen, Flechten und Moose. Nach Süden schließt die Waldtundra an, ein Gebiet mit lichteren Baumbeständen an Nadelhölzern. Die Waldtundra geht nach Süden in den borealen Nadelwald über; dabei handelt es sich um ausgedehnte Waldgebiete, die zum größten Teil mit Nadelhölzern (insbesondere Fichte, Tanne, Hemlocktanne und Lärche) bewachsen sind. Sie bedecken einen Großteil von Süd- und Zentralkanada und erstrecken sich bis nach Alaska hinein.

Der Mischwald der östlichen Vereinigten Staaten, der im Norden hauptsächlich aus Laubhölzern und im Südosten aus verschiedenen Kiefern-Arten – insbesondere Gelbkiefer (Pinus ponderosa) – besteht, wurde entweder gerodet oder durch forstliche Nutzung stark verändert; seit den vierziger Jahren hat er sich jedoch in einem Gebiet von beträchtlicher Größe regeneriert. In den westlichen Gebieten Nordamerikas treten Wälder hauptsächlich im Bereich der Gebirge auf, wobei dort Nadelhölzer vorherrschen. Kennzeichnend für Kalifornien sind die Mammutbäume, die dort in zwei eng umgrenzten Gebieten in zwei Arten vorkommen; sie zählen zu den höchsten Bäumen der Welt. Der Süden Mexikos ist durch subtropische, Laub werfende Wälder und durch tropische Regenwälder charakterisiert, die über eine bemerkenswerte Artenvielfalt verfügen.

In den trockeneren Teilen des Kontinents besteht die Pflanzendecke hauptsächlich aus Gras- und Buschland. An der Küste Kaliforniens sowie in einigen Gebieten im Landesinneren findet sich eine immergrüne Hartlaubvegetation, die der Macchie des Mittelmeergebiets ähnelt und als Chaparral bezeichnet wird. Sie umfasst niedrigwüchsige Sträucher, die den trockenen Bedingungen angepasst sind. Die zentralen Ebenen der Vereinigten Staaten und Kanadas (Great Plains) waren ursprünglich mit weite Flächen einnehmenden Prärien (Grasländern) bedeckt, die inzwischen jedoch größtenteils in landwirtschaftliche Anbauflächen umgewandelt wurden. Die Trockengebiete im Westen der Vereinigten Staaten und im Norden Mexikos sind nur spärlich bewachsen, weisen jedoch eine große Artenvielfalt auf, insbesondere an Kakteen und Dornsträuchern (die nordmexikanische Dornstrauchformation wird nach der beherrschenden Baumart "Mesquite" genannt).

 

Fauna

Die einheimischen Wildtiere Nordamerikas waren einst zahlreich und vielfältig; durch die Ausdehnung der menschlichen Siedlungen und Agrarflächen wurden jedoch ihre Lebensräume stark verkleinert und ihre Zahl zum Teil drastisch verringert. Im Allgemeinen ähnelt die Fauna Nordamerikas derjenigen der nördlichen Gebiete Europas und Asiens; über die Landbrücke von Panamá wanderten jedoch auch Arten aus Südamerika über Zentralamerika nach Norden ein. Zu den bedeutenden Großsäugern gehören Schwarz- und Braunbären, darunter Grizzlys und Kodiakbären als deren größte Vertreter; Dickhornschafe; Bisons, die früher zu Millionen die Prärien Kanadas und der USA bewohnten, heute jedoch nur noch in geschützten Herden existieren; Karibus; Elche; Weißwedelhirsche; Moschusochsen und Wapitis. Als große Raubtiere finden Pumas und – in den südlichsten Gebieten Mexikos – Jaguare in Nordamerika ebenso geeigneten Lebensraum wie Wölfe, Kojoten und die im äußersten Norden verbreiteten Eisbären. Eine einheimische Beuteltierart des Kontinents ist das Opossum. Unter den zahlreichen Reptilien sind einige sehr giftig, darunter die Korallenschlangen, Grubenottern wie z. B. die Klapperschlangen und die Dreieckskopfottern sowie die einzigen giftigen Echsen der Welt, die Gila- und die Skorpions-Krustenechsen, die im Südwesten der Vereinigten Staaten und Mexiko heimisch sind. Ferner ist die Tierwelt der Meeresgewässer und der Süßwasserflüsse und -seen Nordamerikas sehr artenreich.

 

Bevölkerung

Die ursprüngliche Bevölkerung des Kontinents (Indianer) lebte überwiegend räumlich weit verstreut in kleineren Gruppen. Bedeutende Ausnahmen stellten die Kultur von Teotihuacan und weitere Kulturen in den Hochebenen und Tälern um das heutige Mexiko-Stadt dar, wo sich die Bevölkerung in großen, stadtartigen Ansiedlungen konzentrierte. Mit der Besiedlung des Kontinents durch die Europäer veränderte sich die Bevölkerungszusammensetzung und -verteilung tief greifend. Die Europäer vernichteten viele Indianerstämme völlig oder drängten sie in wirtschaftlich ungünstige Gebiete ab. Heute konzentrieren sich die Indianer zumindest in Kanada und den USA weitgehend auf Reservatsgebiete, während sie in Mexiko noch einen integrierten Bevölkerungsanteil darstellen. Dennoch wurde auch in Mexiko die indianische Lebensweise stark verändert; vielfach wurde ihr durch die europäische Zivilisierung ihre Grundlage entzogen. Die heutige Bevölkerung Nordamerikas ist jedoch zum überwiegenden Teil europäischer Abstammung.

Weiße stellen in Kanada über 95 Prozent der Bevölkerung, wovon mindestens 45 Prozent britischen oder irischen Ursprungs sind. Etwa ein Viertel ist französischer Abstammung und konzentriert sich größtenteils auf die Provinz Quebec. Außerdem lebt in Kanada eine große Zahl von Menschen italienischer (etwa fünf Prozent), deutscher (etwa drei Prozent), ukrainischer (etwa drei Prozent), polnischer, chinesischer, niederländischer und skandinavischer Herkunft (jeweils unter drei Prozent).

Die Bevölkerung der USA ist vielfältiger zusammengesetzt als diejenige Kanadas. Hier sind die Weißen mit einem Anteil von etwa 74 Prozent an der Gesamtbevölkerung die stärkste Volksgruppe. 13 Prozent der Bevölkerung sind Afroamerikaner, Hispanics (Menschen mit lateinamerikanischer Herkunft) stellen einen Anteil von neun Prozent. In den USA leben darüber hinaus auch Menschen europäischer, vor allem italienischer, polnischer, französischer, deutscher, holländischer und skandinavischer Herkunft. Asiaten, darunter hauptsächlich Japaner, Chinesen, Filipinos, Inder, Koreaner und Vietnamesen, machen etwa drei Prozent der US-Bevölkerung aus, doch stieg ihre Zahl seit den siebziger Jahren durch Einwanderung stark an.

In den USA leben etwa 1,8 Millionen Indianer und Inuit (Eskimos) – rund 0,7 Prozent der Bevölkerung –, in Kanada ungefähr 400 000 (1,4 Prozent); in Grönland siedeln ungefähr 30 000 Inuit (etwa 55 Prozent). Die Vorfahren der Indianer wanderten über eine zeitweise existierende Landbrücke – über die heutige, Alaska von Sibirien trennende Beringstraße – von Asien nach Nordamerika ein. Diese Wanderung fand vermutlich in mehreren Schüben statt und begann wahrscheinlich vor etwa 30 000 Jahren. Von den Vorfahren der Inuit nimmt man dagegen an, dass sie vor etwa 6 000 Jahren mit Booten von Asien aus nach Amerika gekommen sind.

In Mexiko sind ungefähr 80 Prozent der Bevölkerung Mestizen, d. h. Menschen mit gemischter Abstammung von den Indianern und Europäern (hauptsächlich Spaniern). Jeweils etwa 10 Prozent der Bevölkerung sind Indianer oder rein europäischer Herkunft (ebenfalls überwiegend Spanier).

 

Bevölkerungsentwicklung

Die USA haben etwa 261 Millionen Einwohner und Kanada rund 29 Millionen, während in Mexiko ungefähr 92 Millionen und auf Grönland etwa 55 000 Menschen leben. Insgesamt weist Nordamerika damit eine Bevölkerung von etwa 382 Millionen Menschen auf.

Der größte Teil der Bevölkerung konzentriert sich auf die östliche Hälfte der USA und die angrenzenden Teile der kanadischen Provinzen Ontario und Quebec sowie die Pazifikküste der USA und das zentrale Hochland von Mexiko. In allen drei nordamerikanischen Staaten ist der Anteil der Stadtbevölkerung während der letzten Jahrzehnte stark angestiegen. Die Aussicht auf günstigere wirtschaftliche und soziale Bedingungen veranlasste viele Bewohner zur Wanderung in die großen Metropolen. In Mexiko leben 75 Prozent, in den Vereinigten Staaten 76 Prozent und in Kanada 77 Prozent der Bevölkerung in Städten. In Grönland leben 90 Prozent der Bevölkerung im Südwesten der Insel, wo auch die meisten Städte liegen.

Abgesehen von den Metropolen hat der größte Teil Nordamerikas nur eine geringe bis mittlere Bevölkerungsdichte. In Mexiko liegt der Wert bei 46 Einwohnern pro Quadratkilometer, in den USA entsprechend bei 27 und in Kanada bei drei Einwohnern je Quadratkilometer. Der überwiegende Teil der Kanadier lebt in einem vergleichsweise schmalen Gürtel entlang der Südgrenze des Landes.

Sowohl in Kanada als auch in den Vereinigten Staaten ist die Wachstumsrate der Bevölkerung seit den fünfziger Jahren zurückgegangen. Die kanadische und die US-amerikanische Bevölkerung wachsen seit 1980 um jährlich etwa ein Prozent an, die von Grönland um 1,2 Prozent. Mexiko hat mit 2,2 Prozent eine der höchsten Wachstumsraten der westlichen Hemisphäre, und die jährliche Geburtenrate ist dort mit ungefähr 30 Geburten pro 1 000 Personen etwa doppelt so hoch wie auf dem übrigen Kontinent. Die jährliche Sterberate liegt in Mexiko bei sechs, in Kanada bei sieben und in den USA bei neun Menschen pro 1 000 Personen.

Neben der natürlichen Bevölkerungsentwicklung spielen auch Wanderungsbewegungen eine wichtige Rolle. In den siebziger und achtziger Jahren dieses Jahrhunderts war der Zuzug von Asiaten und Europäern in die USA und nach Kanada sowie von Menschen aus Südamerika und den Ländern der Karibik in die USA von großer Bedeutung für die Bevölkerungsentwicklung Nordamerikas. Die größten Bevölkerungsbewegungen fanden jedoch innerhalb des nordamerikanischen Kontinents statt, und zwar von Mexiko in die USA – zum größten Teil illegal – und vom Nordosten der USA in die südlichen und westlichen Landesteile.

 

Wichtige Städte

Die größten städtischen Ballungsgebiete des Kontinents liegen zwischen Boston und Washington D.C. an der Atlantikküste der USA, an den Ufern des Erie- und des Ontariosees, am südlichen Ende des Michigansees, in Nord- und Südkalifornien und in der Region um Mexiko-Stadt. Für den Verdichtungsraum zwischen Boston und Washington wurde der Begriff Boswash geprägt. Als größte Städte sind u. a. zu nennen Mexiko-Stadt, Guadalajara und Monterrey in Mexiko; New York, Los Angeles, Chicago, Houston, Philadelphia und San Diego in den USA, sowie Toronto, Montreal, Vancouver, Ottawa und Edmonton in Kanada.

 

Sprache

Für etwa 90 Prozent der US-Bevölkerung und ungefähr zwei Drittel aller Kanadier ist Englisch die Muttersprache. Amts- und Verkehrssprache in Mexiko ist Spanisch, das außerdem von der Mehrheit der Bevölkerung lateinamerikanischer Abstammung in den USA gesprochen wird. Französisch ist die Muttersprache von etwa einem Viertel der kanadischen Bevölkerung. Neben diesen europäischen Sprachen existieren noch eine Vielzahl indianischer Sprachen, die noch heute von den Indianern und Eskimo Nordamerikas gesprochen werden.

 

Religion

Das Christentum stellt die Hauptreligion Nordamerikas dar. Der überwiegende Teil der Mexikaner (93 Prozent), etwa 45 Prozent der Kanadier und ein Viertel der Bevölkerung der USA sind römisch-katholisch. Ungefähr 50 Prozent der Kanadier sind Protestanten. In den USA bekennen sich circa 55 Prozent der Bevölkerung zu protestantischen Glaubensrichtungen. Daneben gibt es in Kanada und den USA auch einen beträchtlichen Anteil an Juden und Anhängern der orthodoxen Kirche.

 

Wirtschaft

Die Wirtschaft Kanadas und der USA ist hoch technisiert, beide Länder zählen seit langer Zeit zu den führenden Industrienationen der Welt. Demgegenüber ist Mexiko wirtschaftlich und technologisch auf einem niedrigeren Entwicklungsstand und stärker landwirtschaftlich orientiert, besitzt jedoch aufgrund der bedeutenden Erdöl- und Erdgasvorkommen eine große Bedeutung als Rohstofflieferant. Modernisierungsbestrebungen im Bereich der Fertigungsindustrie, der Infrastruktur und im Energiewesen werden durch die hohe Inflationsrate und eine überwältigende Schuldenlast erschwert.

 

Landwirtschaft

Die Landwirtschaft ist in Mexiko von vergleichsweise größerer Bedeutung als in den anderen nordamerikanischen Staaten; hier arbeiten etwa ein Viertel aller Erwerbstätigen (zum Vergleich: in den Vereinigten Staaten nur drei Prozent und in Kanada fünf Prozent). In ganz Mexiko, insbesondere jedoch im Süden, ist die Subsistenzwirtschaft noch immer sehr bedeutend; die agrarische Nutzung wird überwiegend zur Deckung des eigenen Bedarfs durchgeführt. Die kommerzielle Landwirtschaft ist dennoch in vielen Gebieten gut entwickelt, vor allem im Bereich der zentralen Hochebene und im Norden. Die wichtigsten landwirtschaftlichen Produkte sind Mais, Weizen und Bohnen, die hauptsächlich für den inländischen Verbrauch angebaut werden, sowie Kaffee, Zucker und Baumwolle. Darüber hinaus spielt die Viehhaltung eine bedeutende Rolle. Vor allem Rinder werden weitestgehend für den Export gezüchtet.

In den Vereinigten Staaten und Kanada ist die Landwirtschaft von hoch mechanisierten und im Vergleich zu Europa meist weite Flächen einnehmenden Landwirtschaftsbetrieben (Farmen) geprägt, die große Mengen an Feldfrüchten, Vieh und Tierprodukten erzeugen. Die Great Plains im zentralen Bereich der Vereinigten Staaten und die kanadischen Prärie-Provinzen (Alberta, Manitoba, Saskatchewan) sind weltweit eines der bedeutendsten Produktionsgebiete für Getreide (insbesondere Weizen, aber auch Gerste, Hafer, Roggen und Mohrenhirse), Ölsaaten und Vieh (Milch- und Fleischrinder sowie Schafe). Eine der weltweit wichtigsten Landwirtschaftsregionen ist der so genannte corn belt (Maisgürtel), der Teil des Mittleren Westens der Vereinigten Staaten, der sich vom Westen des Bundesstaates Ohio südlich der Großen Seen bis in den Osten des Bundesstaates Nebraskas erstreckt. Dies ist nicht nur das weltweit größte Anbaugebiet für Mais, sondern auch eine der wichtigsten Produktionsregionen für andere Getreidearten, Sojabohnen, Rinder und Schweine.

Die Landwirtschaft Kaliforniens erzeugt große Mengen hochwertiger Früchte aus dem Bewässerungsfeldbau – insbesondere Obst und Gemüse. Die Niederschläge reichen in den von sommerlicher Trockenheit gekennzeichneten Gebieten nicht für Regenfeldbau. Auch in Florida und Texas werden Obst und Gemüse in großem Maßstab erzeugt; in den Bundesstaaten Idaho, Washington, Oregon, Maine, North Dakota sowie im Südosten Kanadas werden riesige Mengen an Kartoffeln produziert. Weitere wichtige landwirtschaftliche Produkte sind Baumwolle, Masthähnchen, Molkereiprodukte und Zuckerrohr.

 

Forstwirtschaft und Fischfang

Die Forstwirtschaft ist in Kanada ein sehr wichtiger Wirtschaftssektor, insbesondere in den Provinzen British Columbia, Ontario und Quebec. Kanada zählt zu den weltweit größten Produzenten von Holz und Holzerzeugnissen. Im Westen der Vereinigten Staaten (insbesondere in den Bundesstaaten Washington, Oregon und Kalifornien) und im Südosten stellt vor allem die Verarbeitung von forstwirtschaftlichen Produkten einen wichtigen Industriezweig dar. In Mexiko besitzt die Forstwirtschaft nur eine untergeordnete Bedeutung.

Auf Grönland ist der Fischfang der bedeutendste Wirtschaftszweig; in Kanada, den Vereinigten Staaten und Mexiko hingegen ist er wirtschaftlich vergleichsweise unbedeutend, obwohl die Fänge groß sind und einige Küstengebiete abhängig sind von Einnahmen aus dem Verkauf von Fisch und Schalentieren. Neben den Gewässern nahe Grönland liegen bedeutende Fischgründe Nordamerikas vor der Pazifikküste, vor der Atlantikküste und vor der Küste am Golf von Mexiko. Große Thunfisch-Fangflotten haben ihren Stützpunkt im Süden von Kalifornien und im Westen von Mexiko. Vor allem der Küste der mexikanischen Halbinsel Baja California sind bedeutende Fanggründe vorgelagert.

 

Bergbau

Nordamerika besitzt große Vorkommen an vielen wichtigen Rohstoffen. Im Norden Alaskas, im Westen Kanadas, im Süden und Westen der USA und im Osten Mexikos gibt es umfangreiche Erdöl- und Erdgaslagerstätten; im Osten und Westen Kanadas und in den USA befinden sich mächtige Abbaugebiete für Kohle, und im Osten Kanadas, im Norden der USA und in Zentralmexiko liegen bedeutende Eisenerzvorkommen. Kanada besitzt außerdem wichtige Kupfer-, Nickel-, Uran-, Zink-, Asbest- und Kalkvorkommen; in den USA finden sich große Mengen an Kupfer, Molybdän, Nickel, Phosphatgestein und Uran; Mexiko weist große Lagerstätten an Schwerspat, Kupfer, Flussspat, Blei, Zink, Mangan und Schwefel auf. Alle drei Staaten besitzen daneben auch noch bedeutsame Gold- und Silbervorkommen.

Die Gewinnung von Mineralien ist ein Wirtschaftszweig, der in den Vereinigten Staaten, Kanada und Mexiko zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die Vereinigten Staaten waren jahrelang weltweit führend in der Erdölförderung; Kanada ist seit Ende der vierziger Jahre ein wichtiger Erdölproduzent, und Mexiko ist dies seit Ende der siebziger Jahre. Die Vereinigten Staaten sind der zweitgrößte Erdgasproduzent der Welt und außerdem führend in der Kohleförderung, die insbesondere in den weitläufigen Kohlerevieren der Appalachen stattfindet. Eisenerz war lange Zeit ein Hauptprodukt sowohl der Vereinigten Staaten als auch Kanadas; es stammt vorwiegend aus Lagerstätten am westlichen Ende des Oberen Sees. Seit kurzer Zeit werden im Grenzgebiet zwischen der Provinz Quebec und Labrador große Mengen an Eisenerz abgebaut. Weitere Rohstoffe, die in Nordamerika in größeren Mengen gewonnen werden, sind Kupfer, Silber, Blei, Zink, Nickel, Cobalt, Schwefel, Asbest, Uran, phosphathaltige Mineralien und Kalk.

 

Industrie

Die Fertigungsindustrie ist schon seit langer Zeit ein bedeutender Wirtschaftssektor der Vereinigten Staaten. Sie konzentriert sich überwiegend in den städtischen Gebieten innerhalb des so genannten Industriegürtels (manufactoring belt), der sich ungefähr von Boston bis nach Chicago und entlang der Küste des Atlantischen Ozeans bis nach Washington erstreckt. Seit den fünfziger Jahren hat sich die Fertigungsindustrie jedoch auch in anderen Landesteilen beträchtlich ausgeweitet – insbesondere in den Großstädten Kaliforniens und in den südöstlichen Bundesstaaten. Die Palette der Industrieproduktion ist äußerst vielfältig, wobei der Schwerpunkt auf unbehandelten und verarbeiteten Metallen, verarbeiteten Lebensmitteln, Maschinen, elektronischen Produkten, Raumfahrtausrüstung, Kraftfahrzeugen, chemischen Produkten, Bekleidung, Papier und Druckerzeugnissen liegt. Auch in Kanada stellt die Fertigungsindustrie einen Hauptwirtschaftszweig dar. Die Produktionsstätten liegen hier hauptsächlich in den Städten der Provinzen Ontario, Quebec, British Columbia und Alberta, wobei Toronto und Montreal die bedeutendsten Zentren darstellen. Die kanadischen Betriebe produzieren eine große Vielfalt an Gütern, insbesondere Lebensmittelkonserven und Getränke, Maschinen, Fahrzeuge und Transportanlagen, Papier und andere forstwirtschaftliche Erzeugnisse, primäre und verarbeitete Metalle, chemische Erzeugnisse sowie elektrische und elektronische Geräte.

Trotz weiterer Orientierung auf den Agrarsektor und den Bergbau wurde das produzierende Gewerbe Mexikos während der vergangenen Jahrzehnte gezielt gefördert. Seit den vierziger Jahren hat sich die Fertigungsindustrie auch in diesem Land zu einem zunehmend wichtigen Sektor entwickelt. Wenn die Fabriken in Mexiko technisch auch nicht so gut ausgestattet sind wie in den Vereinigten Staaten und Kanada, so produzieren sie doch ein breites Spektrum an Gütern, insbesondere chemische Produkte, verarbeitete Nahrungsmittel, Bekleidung, Kraftfahrzeuge und Fahrzeugteile, Baumaterialien sowie metallische Rohstoffe (Eisen und Stahl), elektrische und elektronische Geräte. Mexiko-Stadt ist das mit Abstand bedeutendste Zentrum der Fertigungsindustrie, aber auch mehrere andere Städte wie Monterrey und Guadalajara besitzen wichtige Fabrikzentren.

 

Energie

Der Energieverbrauch ist in Nordamerika sehr hoch. Kanada nutzt die Wasserkraft viel stärker zur Stromgewinnung als die Vereinigten Staaten und Mexiko, es setzt dazu jedoch auch große Mengen an Erdöl und Erdgas ein. Der enorme Energieverbrauch in den Vereinigten Staaten erfordert den Import großer Mengen an Erdöl und Erdgas, zusätzlich zu der ohnehin beträchtlichen inländischen Produktion an Kohle, Erdöl, Erdgas und der Stromproduktion aus Wasser- und Kernkraftwerken. In Mexiko weitete sich die Energieerzeugung in den letzten Jahrzehnten beträchtlich aus, vorwiegend aufgrund der verstärkten Förderung von heimischem Erdöl und Erdgas.

 

Verkehrswesen

Die Infrastruktur Nordamerikas ist im südlichen Kanada und dem größten Teil der angrenzenden Vereinigten Staaten hervorragend ausgebaut, insbesondere was das Netz von Bundesautobahnen zwischen den verschiedenen US-Bundesstaaten bzw. kanadischen Provinzen (interstate highways) betrifft. Daneben existieren noch verschiedene weitere Autobahnsysteme untergeordneten Ranges sowie ein dichtes Landstraßennetz. Eine der bekanntesten Straßen, welche die drei nordamerikanischen Staaten miteinander verbinden, ist der Pan-American Highway. Auch das Eisenbahnnetz ist gut ausgebaut; es wird überwiegend für den Gütertransport benützt, ist für die Personenbeförderung dagegen relativ unbedeutend. Der Luftverkehr ist seit 1945 beträchtlich angewachsen und verfügt über ein ausgedehntes Streckennetz. Die Binnenwasserstraßen, insbesondere das Flusssystem des Sankt-Lorenz-Seeweges und der Großen Seen sowie das Flusssystem des Mississippi und Missouri, sind bedeutende Gütertransportwege. Der mittlere und nördliche Teil Kanadas und Alaskas besitzen auf dem Land- und Seeweg nur begrenzte Verkehrsmöglichkeiten und sind stark vom Luftverkehr abhängig. Auch Mexiko verfügt über ein relativ gut ausgebautes Straßennetz, das jedoch nur etwas mehr als zur Hälfte aus asphaltierten Straßen besteht und im Zentrum um die Hauptstadt Mexiko-Stadt herum wesentlich dichter als in den dünn besiedelten Teilen im Norden und anderen Teilen des Landes ist. Das veraltete Schienennetz wird seit den achtziger Jahren modernisiert. Alle drei Länder besitzen ausgedehnte moderne Anlagen für den Güterumschlag von Hochseeschiffen.

 

Außenhandel

Die Vereinigten Staaten sind mit Abstand der wichtigste Handelspartner sowohl für Kanada als auch für Mexiko; diese sind im Gegenzug wichtige, aber nicht die führenden Handelspartner der Vereinigten Staaten, das einen wesentlichen Anteil der Produkte nach Japan und in die Staaten der Europäischen Union exportiert. Das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA; North American Free Trade Agreement), das am 1. Januar 1994 in Kraft trat, legt die allmähliche Beseitigung von Handelsschranken zwischen den drei Staaten in den nächsten 15 Jahren fest. Die NAFTA ist eine der größten Freihandelszonen der Welt, und es ist anzunehmen, dass in Zukunft noch weitere amerikanische Staaten in die NAFTA aufgenommen werden.

Die Hauptexportgüter der Vereinigten Staaten sind Maschinen, Kraftfahrzeuge, Nahrungsmittel, chemische Produkte und Flugzeuge sowie Rohstoffe für die industrielle Verarbeitung. Den größten Anteil an Kanadas Ausfuhr stellen Kraftfahrzeuge, Maschinen, Metalle und Erze, land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, chemische Produkte und Nahrungsmittel. Die Hauptexportgüter Mexikos sind Rohöl und Erdgas, landwirtschaftliche Produkte – insbesondere Kaffee –, Kraftfahrzeuge und Maschinen sowie Erze. Mitte der neunziger Jahre übertraf der Wert der jährlichen Exporte Kanadas den der Importe; bei den Vereinigten Staaten und Mexiko übersteigen hingegen bereits seit Jahren die Importe die Einnahmen durch die Exporte. Was den Gesamtwert der Exporte und Importe betrifft, zählen die Vereinigten Staaten zu den führenden Handelsstaaten der Welt.

 

Geschichte

Archäologischen Funden zufolge wurde Nordamerika vermutlich während der letzten Eiszeit (Pleistozän, älteste Epoche des Quartär) besiedelt; dies fand wahrscheinlich um etwa 30 000 v. Chr. statt, wobei die genaue zeitliche Einordnung aufgrund der wenigen, schwer zu datierenden Funde problematisch ist. Menschen der mongolischen Rasse wanderten damals von Asien aus über eine Landbrücke im Bereich der heutigen Beringstraße in Nordamerika ein und breiteten sich allmählich nach Osten und Süden aus.

Diese frühen, steinzeitlichen Menschen lebten vom Jagen und Sammeln von Wildfrüchten; sie benutzten ähnliche Werkzeuge, wie sie von Völkern aus Südostasien bekannt waren. Später wurden sie von anderen, eindringenden Völkern verdrängt, die bereits fortschrittlichere Werkzeuge besaßen. Diese werden als die Urahnen der nordamerikanischen Indianer angesehen, die komplexe Kulturen entwickelten und den Kontinent bis zur Zeit der europäischen Eroberer besiedelten.

Grönland war der erste Teil der westlichen Hemisphäre, den die Europäer erreichten. Isländischen Sagen zufolge wurde es zum ersten Mal von Erich dem Roten gesichtet und in der Folge auch besiedelt. Der erste Europäer, der einen Teil des nordamerikanischen Festlandes entdeckte, war wahrscheinlich der isländische Händler Bjarni Herjólfsson im Jahr 986. Ein Sohn Erichs des Roten, Leif Eriksson, unternahm um 1000 eine Seereise, bei der er nach seinen Angaben in ein Vinland genanntes Gebiet kam, das vermutlich zwischen dem heutigen Labrador und Neuengland liegt. Belege dafür fanden sich 1963 durch die Entdeckung einer für die Wikinger typischen Siedlung in L’Anse-aux-Meadows an der Südspitze Neufundlands; die Siedlungsreste wurden ungefähr auf das Jahr 1000 datiert.

 

Zeitalter der Entdeckungen

Anschließende Erkundungen Nordamerikas durch die Europäer begannen 1492 mit der von Christoph Kolumbus unternommenen ersten Reise, bei der er am 12. Oktober San Salvador auf den Bahamas erreichte. Auf Hispaniola gründete er etwas später auch die erste spanische Siedlung in Amerika.

1497 landete der italienische Seefahrer Giovanni Caboto auf der Kap-Breton-Insel östlich von Nova Scotia; 1498 segelte er ferner entlang der Küsten von Labrador, Neufundland und Neuengland und kam möglicherweise sogar bis zur Delawarebai. Der portugiesische Seefahrer Gaspar Corte-Real unternahm 1500 eine Reise zur nordamerikanischen Küste zwischen Labrador und dem Südosten von Neufundland. 1513 landete der spanische Gouverneur von Puerto Rico, Juan Ponce de León, in Florida. Vier Jahre später erkundete der spanische Soldat Francisco Fernández de Córdoba die Halbinsel Yucatán, und 1518 untersuchte ein Neffe des spanischen Soldaten Diego Velázquez de Cuellar, Juan de Grijalva, die Ostküste Mexikos. Im folgenden Jahr marschierte der spanische Konquistador Hernán Cortés in Mexiko ein und unterwarf es in den folgenden beiden Jahren.

 

Spanische Eroberungen

Die spanischen Eroberungen im südlichen Teil des nordamerikanischen Kontinents wurden durch Streitigkeiten erleichtert, die zu jener Zeit zwischen und innerhalb der Indianervölker dieser Region herrschten. Innere Unruhen und Unzufriedenheit des Volkes waren insbesondere bei den Azteken gegeben. Deren reiches Herrschaftsgebiet wurde 1521 von Cortés erobert. Die Kultur dieses Volkes, damals zahlenmäßig und politisch das mächtigste in ganz Nordamerika, war in vielerlei Hinsicht der der Eindringlinge überlegen. Die Azteken waren jedoch mit vielen Stämmen verfeindet, die unter ihrer Herrschaft standen, so dass einige dieser Stämme zu bereitwilligen Verbündeten von Cortés wurden. Dieser Umstand und ihre überlegenen Waffen sicherten den Spaniern den Sieg. Das zweite Indianervolk mit vergleichbarer politischer Bedeutung waren die Maya, die vorwiegend in Südmexiko auf der Halbinsel Yucatán lebten. Unter ihnen herrschte jedoch zu wenig Einigkeit und gemeinsame Organisation, weshalb auch ihr Widerstand gegen die Spanier wenig wirkungsvoll blieb. Dennoch konnten in Mexiko und im angrenzenden Mittelamerika zumindest zahlreiche Nachfahren verschiedener Indianergruppen überleben und stellen heute als Mischlinge die Mehrheit der dortigen Bevölkerung – im Gegensatz zu den USA und Kanada, wo Indianer größtenteils auf Reservate beschränkt sind und auch als Mischbevölkerung zahlenmäßig praktisch keine Rolle spielen.

Die Halbinsel Baja California wurde 1536 von Cortés für Europa entdeckt. Weitere spanische Führer von Erkundungsexpeditionen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts waren Pánfilo de Narváez und Álvar Núñez Cabeza de Vaca, die zwischen 1528 und 1536 Teile Floridas, die Nord- und Ostküste des Golf von Mexiko und Teile Nordmexikos erforschten; außerdem Hernando de Soto, der 1541 den Mississippi erreichte und überquerte, sowie Francisco Vásquez de Coronado, der von 1540 bis 1542 große Gebiete im Südwesten der heutigen USA erkundete. Die Stadt Saint Augustine in Florida, die 1565 von dem spanischen Entdecker Pedro Menéndez de Avilés gegründet wurde, ist die älteste, noch heute bestehende europäische Siedlung auf dem Gebiet der heutigen Vereinigten Staaten.

Bis zum Jahr 1600 hatten die Spanier die Indianerstämme der Großen Antillen, der Halbinsel Florida und des südlichen Mexiko unterworfen. Aus verwaltungstechnischen Gründen wurden die von den Spaniern gegründeten Kolonien dieser Gebiete als Vizekönigreich Neuspanien zusammengefasst. Nachdem sie ihre Herrschaft über Neuspanien ausgebaut hatten, drangen die Spanier allmählich nach Norden vor, vervollständigten die Eroberung Mexikos und nahmen große Gebiete des Südens der heutigen USA ein. Die Kolonialpolitik der Spanier in Nordamerika entsprach in jeder Hinsicht ihrer Kolonialpolitik in Südamerika – sie bestand im Wesentlichen in rücksichtsloser, wirtschaftlicher Ausbeutung der Rohstoffe des Landes, vor allem von Gold und Silber, sowie der Unterdrückung der Indianervölker. Von dieser generellen Tendenz gab es nur wenige Ausnahmen, wie etwa den Dominikanermönch Bartolomé de Las Casas, der sich für die Belange und Interessen der Indianer einsetzte. Die spanische Regierung legte den Kolonien Konfiszierungssteuern auf und hatte ein striktes Handelsmonopol inne; sie verbat sogar Handelsbeziehungen innerhalb der amerikanischen Kolonien. Diese unterdrückende Wirtschaftspolitik und die gleichzeitige politische Tyrannei schufen eine Unzufriedenheit, die schließlich in offene Rebellion überging.

 

Französische und englische Kolonisation

Während Spanien seine Position im Süden Nordamerikas sicherte, erforschten und besiedelten Frankreich und England den Kontinent von Kanada aus nach Süden zu. England und Spanien waren zu Anfang des 16. Jahrhunderts in der internationalen Politik meist Verbündete. Als Folge davon unternahmen die Engländer keinerlei Versuche, den Spaniern in Nordamerika Konkurrenz zu bereiten. Frankreich, zur damaligen Zeit der größte Konkurrent Spaniens um die Vorherrschaft auf dem europäischen Kontinent, nahm den Wettlauf um koloniale Herrschaftsgebiete etwas verspätet auf; dennoch waren seine Gebietserrungenschaften in der Neuen Welt bedeutend. 1524 erkundete der florentinische Seefahrer Giovanni da Verrazano im Dienst Frankreichs die nordamerikanische Küste von Kap Fear (bei Wilmington, North Carolina) nach Norden bis zum Kap Breton (Nordostspitze der Kap-Breton-Insel in Nova Scotia, Kanada). Der französische Entdecker Jacques Cartier unternahm zwischen 1534 und 1542 drei Reisen in das Gebiet des Sankt-Lorenz-Golfes, sowie zum Sankt-Lorenz-Strom selbst und kam bis zu einer Indianersiedlung an der Stelle der heutigen Stadt Montreal. Fußend auf diese Entdeckungen beanspruchte Frankreich den größten Teil des nördlichen Nordamerika für sich. Überwiegend aufgrund der Hugenottenkriege waren die Franzosen gezwungen, ihre Kolonialisierungstätigkeit für mehr als ein halbes Jahrhundert zurückzustellen. 1599 gründeten sie einige Pelzhandelsstationen entlang des Sankt-Lorenz-Stromes. In der Folgezeit kamen zahlreiche französische Jesuitenpfarrer in dieses Gebiet und versuchten, die Indianer zum katholischen Glauben zu bekehren. Verschiedene andere französische Entdecker erkundeten neue, weit abgelegene Teile des Kontinents und beanspruchten diese ebenfalls für Frankreich. Zu ihnen gehörten u. a. Samuel de Champlain, der 1608 die Stadt Quebec gründete und das Gebiet nördlich von New York erforschte; außerdem der jesuitische Missionar Jacques Marquette und der Entdecker Louis Jolliet, die 1673 zusammen den Oberlauf des Mississippi nach Süden zu bis zum heutigen Arkansas befuhren. Einer der bemerkenswertesten Erkunder des nordamerikanischen Kontinents, Robert Cavelier, Sieur de La Salle, und sein Gefährte, der italienische Entdecker Henri de Tonty, befuhren 1682 den Mississippi von seinem Zusammenfluss mit dem Ohio bis hinab zum Golf von Mexiko; sie beanspruchten daraufhin das gesamte Einzugsgebiet des Flusses für Ludwig XIV., König von Frankreich, und nannten es Louisiana.

Nach den Entdeckungen während der Seereise von Giovanni Caboto, die von 1497 bis 1498 dauerte, erhob die englische Krone Anspruch auf den nordamerikanischen Kontinent; England unternahm jedoch nahezu ein Jahrhundert lang keine Anstrengungen zu dessen Kolonisierung. Die erste Kolonie wurde 1583 durch den englischen Seefahrer und Soldaten Sir Humphrey Gilbert in der Nähe der heutigen Stadt Saint John’s auf der Insel Neufundland gegründet; die Siedler kehrten jedoch noch im gleichen Jahr nach England zurück. In den Jahren 1585 und 1587 versuchte Sir Walter Raleigh zweimal, eine Kolonie auf der Insel Roanoke im heutigen North Carolina zu gründen; als jedoch englische Entdecker 1590 Roanoke besuchten, fanden sie keine Spur der Siedler mehr, deren Schicksal auch heute noch nicht aufgeklärt ist.

Die erste dauerhafte britische Kolonie auf dem Kontinent war Jamestown, das 1607 in Virginia gegründet wurde. 1620 wurden an der Küste der Kap-Cod-Bai die Kolonie Plymouth und zwischen 1628 und 1630 an der Küste der Massachusettsbai die Kolonie Massachusettsbai gegründet. Nach 1630 besiedelten die Engländer systematisch die gesamte Atlantikküste zwischen dem französischen Akadien und dem spanischen Florida. 1664 annektierten sie die holländische Kolonie Neuniederlande, die 1624 gegründet worden war, und benannten sie in New York um; ferner eigneten sie sich die Siedlungen am Delaware an, die die Holländer 1655 von schwedischen Siedlern übernommen hatten. Die Bevölkerung und der Wohlstand der englischen Kolonien nahmen sehr schnell zu.

Zu Beginn des letzten Jahrzehnts des 17. Jahrhunderts war der größte Teil des nordamerikanischen Kontinents – von Kanada bis zum Golf von Mexiko – Teil der Kolonialreiche Frankreichs und Englands. Die französischen Siedlungen lagen weit verstreut. Die Hauptsiedlungen befanden sich in Kanada und in der Nähe der Mississippi-Mündung und wurden durch eine Reihe von Handels- und Militärstationen entlang des Ohio und des Mississippi miteinander verbunden. Der englische Kolonialbesitz bestand aus zwölf Kolonien, die sich entlang der Atlantikküste erstreckten. Eine dreizehnte, Georgia, wurde 1733 gegründet.

 

Kolonialkriege und Revolution

Als Folge der Bemühungen, ihre Siedlungsgebiete nach Westen über das Alleghenygebirge hinaus auszudehnen, gerieten die Engländer mit den Franzosen im Tal des Ohio in Konflikt. 1689 begannen die beiden Mächte einen Kampf um die weltweite Militär- und Kolonialvorherrschaft. In Nordamerika wurde der Konflikt in vier aufeinander folgenden Auseinandersetzungen ausgetragen: der King William’s War, der von 1689 bis 1697 dauerte; der Queen Anne’s War von 1702 bis 1713; der King George’s War von 1744 bis 1748, und der Britisch-Französische Kolonialkrieg von 1754 bis 1763. Die Rückschläge, die die Franzosen in diesem letzten Krieg erlitten, der sich von 1756 bis 1763 als Siebenjähriger Krieg auch nach Europa ausdehnte, zwangen sie schließlich zur Kapitulation. Im Frieden von Paris (1763) wurde Frankreich gezwungen, seinen gesamten Kolonialbesitz in Kanada und außerdem den östlich des Mississippi gelegenen Teil von Louisiana an Großbritannien abzutreten. Frankreich hatte bereits zuvor New Orleans und alle französischen Besitzungen westlich des Mississippi an seinen Verbündeten Spanien übergeben.

Das herausragende Ereignis auf dem Kontinent in den zwei Jahrzehnten zwischen 1763 und 1783 war der wirtschaftliche, politische und militärische Konflikt zwischen Großbritannien und seinen 13 Kolonien an der Atlantikküste südlich von Kanada. Dieser Konflikt gipfelte im Nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1776-1783) und endete mit der Befreiung der Kolonien von der englischen Herrschaft und der Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika. Dies hatte wiederum Auswirkungen auch auf die spanischen Kolonien in Amerika. Angeregt durch den Sieg und durch die Französische Revolution nutzten die spanischen Kolonien die Verstrickung Spaniens in die napoleonischen Kriege (1799-1815) aus und begannen 1810 mit dem Kampf um ihre Unabhängigkeit. Napoleon I. erwarb 1800 den spanischen Teil Louisianas zurück und verkaufte ihn 1803 für 15 Millionen US-Dollar an die Vereinigten Staaten von Amerika (Louisiana Purchase), die damit ihr Gebiet mehr als verdoppelten. Mexiko erhob sich in diesem Jahr gegen Spanien, wurde jedoch erst 1821 unabhängig. Anfang des 20. Jahrhunderts waren die Unabhängigkeitsbestrebungen Kanadas erfolgreich, und 1931 erlangte schließlich auch Kanada die vollständige Autonomie von Großbritannien.

 

Verdrängung der Indianervölker

Im 19. und 20. Jahrhundert wurde die Geschichte Nordamerikas vor allem durch die zunehmende Bedeutung der Vereinigten Staaten bestimmt, die gekennzeichnet war durch ein einzigartiges Bevölkerungs- und Wohlstandswachstum, das mit der Ausdehnung des Staatsgebiets einherging. Parallel dazu wurden viele interne wirtschaftliche und politische Probleme der Vereinigten Staaten gelöst, insbesondere das der Sklaverei und der nationalen Einheit. Prägend war außerdem die Etablierung der Vereinigten Staaten als Weltmacht gegen Ende des 19. Jahrhunderts.

Die Gebietsausdehnungen der Vereinigten Staaten nach Westen zu waren mit einem gnadenlosen Krieg gegen die Indianer verbunden, der mit ungleichen Mitteln geführt wurde und in dem diese von Anfang an militärisch unterlegen waren. Außer in den entlegenen Gebieten wie insbesondere den südlichen Appalachen wurden die Indianervölker östlich des Mississippi bis zum Ende des 18. Jahrhunderts vollständig besiegt oder verdrängt und in Reservate zwangsumgesiedelt. Einige der Völker hatten sich nach Westen zurückgezogen, aber die große Mehrheit wurde zahlenmäßig beträchtlich dezimiert oder völlig ausgerottet. Obwohl sich die Indianer teilweise erfolgreich gegen die weiße Besetzung und Verdrängung wehren konnten, waren solche Erfolge stets nur von kurzer Dauer. Ein Beispiel waren die Wampanoag, die deren Häuptling Philipp mit anderen Indianerstämmen Neuenglands in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zusammenschloss, um gemeinsam gegen die englischen Kolonialherren zu kämpfen. Während der folgenden Auseinandersetzung, dem King Philip’s War, der von 1675 bis 1676 dauerte, brachten die Stämme ihren Gegnern zwar zahlreiche schwere Niederlagen bei, wurden jedoch schließlich besiegt und nahezu ausgerottet.

Zwischen 1832, als Black Hawk, der Häuptling der zu den Fox zählenden Sauk, einen Krieg zur Verteidigung von Stammesgebieten östlich des Mississippi begann, und 1877, als das Volk der Nez Percé aus Oregon besiegt wurde, widersetzten sich die Indianer der Great Plains, des Südwestens der USA und der Rocky Mountains beinahe jedem größeren Schritt der Europäer nach Westen und es kam zu zahlreichen Kämpfen mit wechselndem Ausgang. Den Höhepunkt erreichte der bewaffnete Widerstand der Indianer in der Schlacht der Sioux am Fluss Little Bighorn, die am 25. Juni 1876 auf dem Gebiet des heutigen Bundesstaates Montana ausgetragen wurde. In dieser Schlacht vernichtete eine große Streitmacht der Sioux und der Cheyenne, angeführt von den Häuptlingen Crazy Horse, Sitting Bull und Gall, eine Abteilung der Siebten US-Kavallerie, die von Oberst George Armstrong Custer angeführt wurde.

In den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts setzten einige Indianergruppen wie Häuptling Geronimo und die Appachen ihren bewaffneten Kampf fort. Die Indianerkriege endeten am 29. Dezember 1890 mit dem Massaker am Wounded Knee-Creek in South Dakota, bei dem etwa 350 unbewaffnete Männer, Frauen und Kinder von der US-Kavallerie getötet wurden. Diese Schlacht brachte die Geistertanzbewegung der Dakota-Sioux zum Erliegen, die ein letztes Aufbäumen der Indianer gegen die Übermacht der Weißen darstellte. Am Ende waren es jedoch nicht hauptsächlich bewaffnete Kämpfe, die die Indianer unterwarfen, sondern verschiedene andere Faktoren wie die von den Weißen eingeschleppten (und teilweise gezielt verbreiteten) Krankheiten, der Zwang zur Anpassung, das Aushöhlen der traditionellen Werte – verstärkt z. B. durch das Abschlachten der Bisonherden – sowie die Abdrängung in fremde Gebiete und die Landenteignung durch Verträge und Gesetze, die nur aufgrund der Interessen der Weißen den Status der Legalität erhielten.

Sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Kanada lebt die Mehrzahl der Indianer heute in Reservaten. In vielen dieser Gebiete, die eine schlecht gelungene Zusammenführung der Indianerzivilisation mit der der Weißen darstellen, befinden sie sich in einer überaus schwierigen Situation, in der vor allem wirtschaftliche und soziale Schwierigkeiten den Alltag bestimmen.

Zusätzlich zu diesen Gebietsausdehnungen erwarben die Vereinigten Staaten noch andere Gebiete in Nordamerika von, wie sich später herausstellte, teilweise großer Bedeutung: Alaska, das sie 1867 Russland für sieben Millionen US-Dollar abkauften; Puerto Rico, das ihnen 1898 nach dem Spanisch-Amerikanischen Krieg von den Spaniern abgetreten wurde; die Panamákanalzone, die sie 1903 erwarben, 1979 jedoch an Panamá abtraten, sowie die Jungfern-Inseln östlich von Puerto Rico, die sie 1917 von Dänemark für 25 Millionen US-Dollar abkauften.

 

Entwicklungen im 19. und 20. Jahrhundert

Die zweite Hälfte des 19. und insbesondere das 20. Jahrhundert war letztendlich von Bestrebungen zur Verbesserung der politischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit, zur Förderung des Friedens und des gegenseitigen Verständnisses geprägt. In diesem Zusammenhang begannen die Vereinigten Staaten mit der 1823 erklärten Monroedoktrin – der Erklärung des Präsidenten James Monroe, dass die Vereinigten Staaten keine europäische Herrschaft in Amerika erlauben würden, die über die derzeit beherrschten Gebiete hinausging – eine Hauptrolle zu spielen. Der einzige schwerwiegende Konflikt innerhalb des Kontinents war der Mexikanisch-Amerikanische Krieg zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko in den Jahren 1846 bis 1848. Das 20. Jahrhundert war im Wesentlichen von einer Annäherung der Interessen der nordamerikanischen Staaten bestimmt, was sich 1910 in der Gründung der Panamerikanischen Union ausdrückte. Im 1. Weltkrieg erklärten fast alle Staaten der westlichen Hemisphäre den Mittelmächten entweder den Krieg oder brachen zumindest die diplomatischen Beziehungen zu ihnen ab; gleiches geschah im Hinblick auf die Achsenmächte im 2. Weltkrieg.

Eine der wichtigsten Demonstrationen des Zusammenhalts zwischen den Staaten der westlichen Hemisphäre stellte die Interamerikanische Verteidigungskonferenz 1947 dar, die den gegenseitigen interamerikanischen Beistandspakt (Rio-Pakt) hervorbrachte, der von den Vereinigten Staaten, Mexiko und 17 mittel- und südamerikanischen Staaten unterzeichnet wurde. Der Vertrag sieht sowohl die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Staaten der westlichen Hemisphäre vor als auch die gemeinsame Verteidigung des Gebiets zwischen der Beringsee und dem Südpol gegen Angriffe von außen. 1948 wurde die Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS) gegründet, um den Rio-Pakt zu erfüllen und als ein gemeinschaftliches Sicherheitssystem zu dienen.

Die Zusammenarbeit zwischen den Staaten der westlichen Hemisphäre wurde zeitweise durch die Allianz für den Fortschritt verstärkt, die 1961 gegründet wurde. Diese Allianz, die von den Vereinigten Staaten und 19 lateinamerikanischen Staaten in Punta del Este (Uruguay) gebilligt wurde, bestand aus einem Zehnjahresentwicklungsplan zur Anhebung des wirtschaftlichen und sozialen Niveaus im Gebiet der Unterzeichnerstaaten und zur Stärkung seiner demokratischen Einrichtungen. Nach der vereinbarten Zehnjahresperiode hatte die Allianz unterschiedliche Ergebnisse erbracht und kam allmählich zum Erliegen.

Seit dem Britisch-Amerikanischen Krieg von 1812 sind die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Kanada besonders freundschaftlich und kooperativ. Seit dieser Zeit gab es entlang der gesamten Grenze beider Staaten keinerlei militärische Einrichtungen mehr, die zur gegenseitigen Verteidigung dienten. Auch im 2. Weltkrieg arbeiteten die Vereinigten Staaten und Kanada eng zusammen. Die Nachkriegszeit, allgemein als Zeitalter des Kalten Krieges bezeichnet, war insbesondere von gemeinsamen Bestrebungen der USA und Kanadas gegen mögliche Angriffe der Sowjetunion gekennzeichnet.

Mexiko war zwischen etwa 1910 und 1920 durch den Bürgerkrieg schwer belastet. In der anschließenden Zeit wurde ein starker wirtschaftlicher Aufschwung durch die Verstaatlichung der im Besitz der Vereinigten Staaten befindlichen Ölgesellschaften (im Jahr 1938) erzielt, die jedoch die Beziehungen zwischen den beiden Staaten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stark belastete. In den letzten beiden Jahrzehnten haben sich die Verhältnisse normalisiert und sind zunehmend freundschaftlicher geworden, was die gemeinsame Unterzeichnung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA) beweist.

 

Mittelamerika

 

Mittelamerika ist die zusammenfassende Bezeichnung für die Gebiete der Karibischen Inseln und Zentralamerika, der Landbrücke zwischen Nord- und Südamerika. Unter kulturgeschichtlichen und sprachlichen Gesichtspunkten wird auch Mexiko zu Mittelamerika gezählt.

 

Antillen

Als Antillen wird Gesamtheit der Westindischen Inseln mit Ausnahme der Bahamas bezeichnet. Die Großen Antillen umfassen Kuba, Jamaika, Hispaniola und Puerto Rico. Die Kleinen Antillen, die sich in einem Bogen von Puerto Rico bis zur Nordostküste Südamerikas erstrecken, umfassen die Jungferninseln, die Inseln unter dem Winde, die Inseln über dem Winde, die südliche Gruppe der Niederländischen Antillen und im allgemeinen Sprachgebrauch auch Barbados sowie Trinidad und Tobago.

 

Zentralamerika

Gebiet des amerikanischen Kontinents, das eine lang gestreckte festländische Brücke zwischen Nord- und Südamerika bildet. Die Gesamtfläche Zentralamerikas beträgt etwa 523 000 Quadratkilometer. Das Gebiet umfasst die Länder Guatemala, Belize, El Salvador, Honduras, Nicaragua, Costa Rica und Panamá. In Zentralamerika leben annähernd 28,4 Millionen Menschen. Häufig wird Zentralamerika mit Mittelamerika gleichgesetzt. Die Region Mittelamerika umfasst jedoch nach der festgelegten Abgrenzung neben der zentralamerikanischen Landbrücke auch das Karibische Meer sowie die gesamte karibische Inselwelt mit Großen und Kleinen Antillen.

 

Land

Nach streng geologischer Auffassung beginnt Zentralamerika im Norden an der schmalen Landenge (Isthmus) von Tehuantepec im südlichen Teil von Mexiko, das noch zu Nordamerika gezählt wird. Im Süden wird Zentralamerika durch das Flusstal des Río Atrato in Kolumbien, etwas östlich der Grenze zu Panamá gelegen, begrenzt. Während eine naturräumliche Abgrenzung nach Erscheinungen im Landschaftsbild vorgeht, orientiert sich eine politische Abgrenzung des Raumes an Ländergrenzen. Dies liegt z. B. an der besseren statistischen Erfassbarkeit des Raumes hinsichtlich Daten zu Bevölkerung oder Wirtschaft. Auch in diesem Beitrag wird Zentralamerika nach politischen Aspekten abgegrenzt, die zum Naturraum Zentralamerika gehörenden Teile Mexikos und Kolumbiens werden von der näheren Betrachtung ausgeschlossen.

 

Geologische Entstehung

Zentralamerika ist eine besonders instabile Region der Erdkruste; es liegt am westlichen Rand der Karibischen Platte. Vor etwa 25 Millionen Jahren, im Miozän, begann sich die Karibische Platte unter den Rand der Cocosplatte zu schieben (Subduktion), wodurch das Land aus dem Meer gehoben wurde. Im frühesten Stadium bildeten sich eine Halbinsel und ein Archipel. Vor etwa drei Millionen Jahren verbanden sich die verstreuten Inseln durch weitere Landhebung miteinander und bildeten eine Landbrücke, die seither Nord- und Südamerika miteinander verbindet.

Mit der Subduktion der Karibischen Platte und den folgenden Verwerfungen gingen vulkanische Ausbrüche und Erdbeben einher. So hat Zentralamerika 14 aktive Vulkane. Allein in diesem Jahrhundert wurde Managua, die Hauptstadt Nicaraguas, zweimal durch ein Erdbeben zerstört, wobei durch das letzte im Jahr 1972 etwa 10 000 Menschen ums Leben kamen. Vulkanische Aktivitäten haben eine Landschaft geformt, die mit hohen Vulkankegeln durchsetzt ist. In den Kraterkesseln (Calderas) haben sich zum Teil großflächige Seen gebildet.

 

Geomorphologische Einheiten

Zentralamerika erreicht in Nicaragua mit etwa 500 Kilometern seine größte Breite; an der Landenge von Panamá ist das Gebiet nur 55 Kilometer breit. Es wird überwiegend aus zerklüfteten, gebirgigen Landschaften aufgebaut und umfasst mehr als 100 Vulkane, von denen einige über 4 000 Meter hoch sind. Der Vulkan Tajumulco in Guatemala ist mit 4 210 Metern der höchste. Die Landoberfläche steigt recht abrupt von einer schmalen Küstenebene entlang des Pazifischen Ozeans zu den Bergrücken an und flacht dann allmählich zu einer breiteren Ebene entlang des Karibischen Meeres ab. Nach Osten hin schließt sich dem Hochgebirge Hügelland an, das in sumpfiges Schwemmland übergeht. Die Küstenregionen am Karibischen Meer sind überwiegend flach.

Zwei große Verbindungen zwischen den beiden Ozeanen zerschneiden die Hochebenen Zentralamerikas. Dies ist zum einen die Nicaragua-Senke, die den tiefsten Einschnitt in den amerikanischen Kordilleren markiert. Sie verläuft vom Golf von Fonseca, einer Bucht des Pazifischen Ozeans, im Nordwesten bis zur karibischen Küste von Costa Rica im Südosten. In der Senke befinden sich der Nicaraguasee und der Managuasee. Die zweite Verbindung stellt die Landenge von Panamá dar. Sie bildet die schmalste und niedrigste Stelle zwischen dem Pazifischen Ozean und dem Karibischen Meer. Durch diese Senke verläuft auch der Panamákanal. Die pazifische Küste ist etwa 2 830 Kilometer, die karibische ungefähr 2 740 Kilometer lang. Der karibischen Küste sind verschiedene Inselgruppen mit meist kleinen Inseln vorgelagert.

 

Flüsse und Seen

Die längsten Flüsse in Zentralamerika fließen in das Karibische Meer, während viele kleine Flüsse in den Pazifik münden. Zu den längeren Flüssen gehören Motagua in Guatemala; Ulúa, Aguán und Patuca in Honduras; Coco, der einen Teil der Grenze zwischen Honduras und Nicaragua bildet; Río Grande und Escondido in Nicaragua; und San Juan, der einen Abschnitt der Grenze zwischen Nicaragua und Costa Rica darstellt. Einige der in das Karibische Meer entwässernden Flüsse sind mit kleinen Schiffen befahrbar, während die in den Pazifik mündenden aufgrund ihres stärkeren Gefälles bzw. der geringen Wassertiefe für die Schifffahrt nicht nutzbar sind.

In Zentralamerika gibt es drei große Seen: den Nicaraguasee und den Managuasee in Nicaragua und den Gatunsee in Panamá. Ein Teil des Panamákanals, Schifffahrtsweg zwischen dem Atlantik und dem Pazifik, führt durch den Gatunsee.

 

Klima

Die Temperaturen in Zentralamerika, das zwischen dem nördlichen Wendekreis und dem Äquator liegt, verändern sich vor allem mit der Höhe, weniger nach der geographischen Breite. Aufgrund der Lage in den Tropen sind die Temperaturen ganzjährig hoch. Drei Temperaturzonen lassen sich unterscheiden: Die tierra caliente ("heißes Land") erstreckt sich vom Meeresspiegel bis zu einer Höhe von etwa 900 Metern; die mittlere Jahrestemperatur liegt bei über 24 °C. Die tierra templada ("gemäßigtes Land") reicht von etwa 900 bis 1 800 Meter; die durchschnittliche Jahrestemperatur bewegt sich zwischen 18,3 und 24 °C. Tierra fría ("kaltes Land") ist in Höhen oberhalb von 1 800 Metern verbreitet; hier herrschen mittlere Jahrestemperaturen zwischen 12,8 und 18,3 °C.

Die karibische Küste und die östlichen Berghänge erhalten im Allgemeinen eine doppelt so hohe jährliche Niederschlagsmenge wie die pazifische Küste und die westlichen Berghänge. Die relative Trockenheit der pazifischen Hänge ist auf das Vorhandensein kühler, stabiler Luft zurückzuführen, die durch den kalten Kalifornischen Strom erzeugt wird. Ähnlich dem Humboldt-(Peru-)Strom an der peruanischen Küste kühlt auch dieser Strom die Luft ab. Dadurch kann die Luft nur wenig Wasserdampf aufnehmen, so dass die Werte der relativen Luftfeuchte und damit die Möglichkeiten für Niederschläge verringert werden. Im Gegensatz dazu erlaubt das warme Wasser des Karibischen Meeres der Luft die Aufnahme von übermäßig viel Feuchtigkeit, die dann von den vorherrschenden östlichen Winden auf das Festland gebracht wird. Am stärksten sind die Regenfälle entlang der Moskitoküste im östlichsten Teil Nicaraguas. So beträgt der jährliche Niederschlag in San Juan del Norte etwa 6 350 Millimeter. In den Hochbecken im Windschatten der hohen Gebirge ist es demgegenüber relativ trocken. Hier werden mitunter Jahresniederschläge von 600 Millimetern unterschritten.

 

Flora

Zentralamerika hat eine reichhaltige Pflanzenwelt. Auf der Landbrücke vermischen sich botanische Elemente von Nord- und Südamerika. Die tropischen Tiefland- Regenwälder in der Ebene der karibischen und pazifischen Küste entsprechen den Selvas, den tropischen Regenwäldern Südamerikas. Das trifft besonders auf den Bereich unterhalb von etwa 1 000 Meter Höhe zu. Ausgiebige Regenfälle und die hohe Luftfeuchtigkeit lassen eine Vielzahl unterschiedlicher Arten von Baumfarnen, Lianen und Epiphyten wachsen. Die Pflanzenwelt in Höhen zwischen 1 000 und 1 600 Metern mit den Kieferngewächsen und den Eichenwäldern ähnelt der Flora der mexikanischen Hochländer. Die Baumgrenze der Eiche liegt bei etwa 3 200 Metern, Kiefern können bis in Höhen von etwa 4 000 Metern verbreitet sein. In höheren Lagen Guatemalas wachsen Gräserarten, die man auch in Mexiko und den Vereinigten Staaten von Amerika findet. In Höhen über 3 100 Meter gibt es hohe Gräser, die vergleichbar sind mit denen, die oberhalb der Baumgrenze in den Anden in Südamerika wachsen.

 

Fauna

Auch der größte Teil der Tierwelt in Zentralamerika ähnelt der in Süd- und Nordamerika. Das Opossum findet man auch in Südamerika, ebenso wie Jaguar, Ozelot, Wieselkatze und Langschwanzkatze, die zur Familie der Katzen gehören. Im Gegensatz dazu sind Puma, Graufuchs und Kojote nordamerikanischen Ursprungs. Gürteltiere, Ameisenbären und Faultiere leben auch in Südamerika, Hirsche in Nordamerika. Die große Rundschwanzseekuh, ein im Wasser lebender Pflanzenfresser, überlebt in den isolierten Lagunen des östlichen Zentralamerika. Die Seekuh ist wie die großen Suppenschildkröten und die Leguane Nahrungsmittel. Zentralamerika ist Lebensraum für eine Reihe von Schlangen, darunter die Boa constrictor und der Buschmeister. Papageien, der Quetzal (Wappenvogel Guatemalas) und der Tukan sind in großer Zahl verbreitet. Unter den zahlreichen Fischarten sind besonders die Haie im Nicaraguasee erwähnenswert. Der See hat keine Verbindung zum Meer.

 

Bevölkerung

Die meisten Zentralamerikaner leben auf der pazifischen Seite der Landenge, und zwar sowohl im Flachland als auch im Hochland. Die regnerischen, bewaldeten Hänge und die Küste am Karibischen Meer sind dagegen relativ gering besiedelt.

Die Mehrzahl der Bevölkerung Zentralamerikas sind Indianer und Mestizen (Menschen gemischter Herkunft, hauptsächlich spanisch-indianischer Abstammung). In der Küstenregion am Karibischen Meer leben vorrangig Schwarze und Mulatten (Menschen gemischter weißer und schwarzafrikanischer Herkunft). Etwa die Hälfte der Bevölkerung Belizes ist ganz oder teilweise schwarzafrikanischer Abstammung. Die große Mehrheit der Einwohner Costa Ricas ist spanischer Herkunft. Ungefähr 90 Prozent der Einwohner von El Salvador und Honduras sind gemischt spanisch-indianischer Herkunft. In Guatemala sind etwa 45 Prozent der Bevölkerung Indianer, die meisten der restlichen Einwohner sind Mestizen. Nur in Guatemala stellen die Indianer, die ursprünglichen Bewohner der zentralamerikanischen Region, immer noch die stärkste Bevölkerungsgruppe. Rund 70 Prozent der Einwohner in Nicaragua und Panamá sind Mestizen. Außerdem lebt in Panamá eine große Minderheit Schwarzer. Im Allgemeinen ist das indianische Erbe in den südlichen Ländern Nicaragua, Costa Rica und Panamá weniger deutlich.

 

Bevölkerungsverteilung

Die Bevölkerung Zentralamerikas ist regional unterschiedlich verteilt: Gebieten mit einer hohen Bevölkerungsdichte stehen solche mit einer geringen gegenüber. So beträgt in Teilen der Meseta Central in Costa Rica die Bevölkerungsdichte bis zu 385 Einwohner pro Quadratkilometer, wohingegen große Gebiete im Osten von Honduras und in Nicaragua weniger als vier Einwohner pro Quadratkilometer verzeichnen. Der Bevölkerungszuwachs in großen Teilen Zentralamerikas ist hoch. So liegen die jährlichen Wachstumsraten seit einiger Zeit für Nicaragua um 3,4 Prozent, in Guatemala bei etwa 2,9 Prozent, in Costa Rica bei durchschnittlich 2,3 Prozent und in Panamá bei rund 2,2 Prozent. Das Bevölkerungswachstum ist hauptsächlich auf gleich bleibend hohe Geburtenziffern bei einer sinkenden Sterberate zurückzuführen. Man schätzt, dass Zentralamerika im Jahr 2000 etwa 40 Millionen Einwohner haben wird. Um dem Bevölkerungsdruck zu entgehen, sind einige Einwohner an die relativ gering besiedelte karibische Küste oder in die Vereinigten Staaten von Amerika gezogen.

Die Bevölkerung Zentralamerikas zeigt immer stärkere Tendenzen zur Urbanisierung. Etwa 40 Prozent der Einwohner von El Salvador, Guatemala und Honduras leben in Städten, in Nicaragua und Panamá sind es sogar über die Hälfte. Außer in Belize konzentriert sich die Bevölkerung überwiegend auf die Hauptstadt. Die demographische Entwicklung in den meisten zentralamerikanischen Ländern wird durch Zuwanderung in die großen Städte geprägt. Dort erhoffen sich viele Menschen aus ländlich strukturierten Gebieten Arbeit und bessere Lebensbedingungen. Da die Tragfähigkeit der Großstädte begrenzt ist, siedeln sich viele Zuwanderer in den Randgebieten der Städte an.

 

Sprache und Religion

In allen zentralamerikanischen Ländern außer in Belize ist Spanisch Amtssprache. In Belize ist Englisch die offizielle Landessprache. Vor allem Hochlandindianer sprechen noch ihre traditionelle Sprachen, allerdings ist hier auch Spanisch verbreitet. Mit der spanischen Kolonisation wurde der römisch-katholische Glaube die beherrschende Religion in Zentralamerika.

 

Kultur

Die Kultur Zentralamerikas ist durch das Erbe der indianischen Sprach- und Völkerfamilie der Maya und anderer Indianer sowie durch die spanische Kolonialzeit geprägt. Die zunehmende Verstädterung führt dazu, dass die traditionelle Kultur zurückgedrängt wird. Obwohl eine Bildungsinfrastruktur aufgebaut wurde, geht ein vergleichsweise großer Teil der Kinder nicht zur Schule. Entsprechend hoch ist der Anteil der Analphabeten, der bei den über 15-Jährigen in El Salvador, Guatemala, Honduras und Nicaragua bei über 30 Prozent liegt.

 

Wirtschaft

In den meisten Ländern Zentralamerikas sind nur relativ wenige Wirtschaftsbereiche gut entwickelt. Traditionell hohe Bedeutung hat der Agrarsektor. Das produzierende Gewerbe besteht zumeist in der Verarbeitung von Rohstoffen. Das Pro-Kopf-Einkommen ist in den meisten Branchen gering.

 

Landwirtschaft

Im Bereich der Landwirtschaft hat die Plantagenwirtschaft in Zentralamerika herausragende wirtschaftliche Bedeutung. Wichtigste Anbauprodukte sind Kaffee, Bananen, Zuckerrohr, Kakao, Kautschuk und Kokosnüsse, von denen ein großer Teil hauptsächlich in die Vereinigten Staaten von Amerika und nach Europa exportiert wird. Nahrungsmittel für den täglichen Bedarf werden von kleinen Bauernbetrieben angepflanzt; die meisten davon verbraucht die Bauersfamilie selbst, nur wenig wird am Markt verkauft. Hauptnahrungsmittel für den Eigenbedarf sind Mais, Bohnen, Bananen, Maniok, Reis und Geflügel. Vieh wird auf großen Viehfarmen gezüchtet, die hauptsächlich in den trockeneren Regionen des westlichen Zentralamerika liegen. Die großen Plantagenbetriebe setzen moderne Bewirtschaftungsmethoden ein, während die Kleinbauern im Allgemeinen mit sehr einfachen Techniken arbeiten. Dadurch wird eine höhere Produktivität verhindert.

 

Forstwirtschaft und Fischerei

Fast die Hälfte Zentralamerikas ist bewaldet. So wurden z. B. in den ersten Jahren der europäischen Besiedlung in Belize Farbhölzer, später Mahagoniholz, Chicle (Milchsaft des Sapotillbaumes, der für die Kaugummiherstellung benötigt wird) und Kiefernhölzer gewonnen. Britische Holzgesellschaften schlugen Mahagoni- und Zedernholz entlang der großen karibischen Küste. Heute hat die Forstwirtschaft relativ geringe Bedeutung für die zentralamerikanische Wirtschaft. Hauptsächlich werden Kiefernholz, daneben auch einige Harthölzer wie Zedern, Mahagoni und Rosenholz, geschlagen.

Auch die Fischerei ist ein vergleichsweise unbedeutender Wirtschaftszweig. Krabben (Garnelen) und Langusten, die vor den Küsten von Belize, El Salvador und Panamá gefischt werden, werden größtenteils in die USA exportiert. Seit Mitte der sechziger Jahre hat Panamá eine Fischmehl- und Fischölindustrie entwickelt.

 

Bergbau

Die Bodenschätze Zentralamerikas haben bereits früh europäische Siedler angezogen. In Honduras und im Hochland von Nicaragua gibt es Gold- und Silbervorkommen. Darüber hinaus verfügt Honduras über bedeutende Vorkommen an Blei, Zink, Kupfer und Eisenerz, allerdings von geringer Qualität. Vor der pazifischen Küste besitzt Nicaragua bedeutende Vorräte an Erdgas. Große Nickelvorkommen befinden sich in der Nähe von Izabal in Guatemala, das auch beträchtliche Erdölreserven hat, darunter jene in der Nähe von Chinajá. Costa Rica verfügt vor allem in der Gegend um Boruca über bedeutende Bauxitvorkommen. In Panamá gibt es beachtliche Kupfervorkommen.

 

Industrie

Die meisten Produktionsbetriebe in Zentralamerika verarbeiten Rohstoffe aus der Region wie z. B. Zuckerrohr, Kaffee, Baumwolle, Nutzholz und Fisch. Darüber hinaus haben die Länder seit den fünfziger Jahren gemeinsame Versuche unternommen, den Importbedarf bei Konsumgütern zu reduzieren. Daher wurden in den großen städtischen Gebieten Fabriken errichtet, die Farben, Reinigungsmittel, Reifen, Papier und Pappe sowie Kunstdünger und Schädlingsbekämpfungsmittel herstellen.

Viele Fertigungsbetriebe beschäftigen weniger als 100 Angestellte, in vielen arbeiten nur wenige Erwerbstätige. Eine Produktion im großen Stil wird durch den Mangel an Energiequellen, die fehlenden Transportsysteme und die kleinen Märkte behindert.

 

Energie

Etwa die Hälfte der Elektrizität in Zentralamerika wird durch Wasserkraftwerke bereitgestellt. Der Rest wird überwiegend in Kraftwerken erzeugt, die auf der Basis von Erdöl Energie erzeugen. Ein geringer Teil wird durch die Verbrennung von Holz produziert.

 

Verkehrswesen

Die Berge Zentralamerikas stellen ein wesentliches Hindernis für den Transport auf dem Landweg dar. Ein Abschnitt des Pan-American Highway durchquert alle Länder Zentralamerikas. Eisenbahnen verbinden die karibische mit der pazifischen Küste in Guatemala, Costa Rica und Panamá. Der inländische Wassertransport ist von geringer wirtschaftlicher Bedeutung. Größere Bedeutung haben Seehäfen wie z. B. Santo Tomás de Castilla und San José in Guatemala, Puerto Cortés in Honduras, Acajutla in El Salvador, Corinto in Nicaragua, Limón in Costa Rica sowie Bahía las Minas in Panamá. Der Panamákanal ist eine wichtige Schiffsverbindung zwischen dem Atlantischen und dem Pazifischen Ozean. Eine Rohöl-Pipeline quer durch den westlichen Teil von Panamá wurde 1982 fertig gestellt. Fluglinien verbinden die großen Städte Zentralamerikas.

 

Außenhandel

Etwa die Hälfte des Außenhandels der zentralamerikanischen Staaten wird mit den USA abgewickelt, der Rest mit Westeuropa, Kanada, Mexiko und Staaten in Südamerika. Die wichtigsten Importprodukte Zentralamerikas sind Fertigprodukte wie Motorfahrzeuge, Landwirtschaftsmaschinen, Textilien, elektrische Ausrüstung, verarbeitete Lebensmittel, chemische Erzeugnisse und Pharmazeutika. Bananen, Kaffee, Kakao, Fleisch, Chicle, Baumwolle, Mahagoni, Balsaholz, Häute und Felle sowie Kautschuk werden exportiert.

Der Handel der Staaten Zentralamerikas untereinander hat seit den sechziger Jahren erheblich zugenommen. Der Zentralamerikanische Gemeinsame Markt (Mercado Común Centroamericano), der durch einen Vertrag im Jahr 1960 gegründet wurde, verringerte die Handelsschranken zwischen den zentralamerikanischen Ländern und setzte einen gemeinsamen Außenzoll für viele Güter fest. Eines der Institute dieser Gemeinschaft, die Zentralamerikanische Bank für Wirtschaftliche Integration, vergibt Kredite zur Finanzierung von Entwicklungsprojekten.

 

Geschichte

Das Gebiet zwischen Mexiko und Kolumbien war bereits in präkolumbischer Zeit besiedelt: Wichtigstes Volk waren die Maya, deren Kultur in den Hochländern Guatemalas bereits vor dem ersten Jahrtausend v. Chr. entstand. Diese Kultur erreichte ihre größte Blütezeit zwischen 300 und 900 n. Chr., als die Maya in selbständigen Stadtstaaten im heutigen nördlichen Guatemala, in Honduras, Belize und der Halbinsel Yucatán in Mexiko lebten. Kulturelle und wissenschaftliche Errungenschaften der Maya übertrafen die der zeitgenössischen Europäer. Nach 900 fielen toltekische Völker aus Mexiko in das Gebiet der Maya ein.

Zahlreiche, wenn auch weniger zivilisierte Völker bewohnten den verbleibenden Teil der Landenge. Sie handelten sowohl mit südamerikanischen als auch mit nordamerikanischen Stämmen und machten so das alte Zentralamerika zur wirtschaftlichen und kulturellen Brücke zwischen Nord- und Südamerika. Am Vorabend der spanischen Eroberung lag die Bevölkerungszahl nach Schätzungen bei sechs Millionen Menschen, eine Zahl, die erst wieder im 20. Jahrhundert erreicht wurde.

 

Die Kolonialzeit

Christoph Kolumbus begründete den Anspruch Spaniens auf Zentralamerika 1502, als er die Küste entlang vom Golf von Honduras nach Panamá segelte. Seine Berichte von großem Reichtum hinter den Bergen führten dann zur Eroberung durch die Spanier, die zunächst von Hispaniola aus unter Kolumbus’ Sohn Diego erfolgte. Der charismatische Vasco Núñez de Balboa gründete 1510 Spaniens erste Kolonie in Amerika in Darién und erreichte als erster Europäer auf seinem weiteren Weg 1513 den Ostrand des Pazifischen Ozeans. Sein Nachfolger Pedrarias Dávila, der 1517 Balboas Hinrichtung befahl, weitete die Kolonie beträchtlich aus und gründete 1519 die Stadt Panamá. Von dort aus begann er, Nicaragua und Honduras zu unterwerfen. Anschließend weiteten die Spanier in einem blutigen Kampf ihre Interessen auf Panamá, Hispaniola und Mexiko aus. Pedro de Alvarado wurde der erste Gouverneur, Generalkapitän und Adelantado von Mexiko. Durch die Eroberung wurde eine große Zahl von Indianern getötet; noch mehr starben jedoch durch verheerende Epidemien an Pocken, Pest, Ruhr und Syphilis, die von den Europäern eingeschleppt wurden. Die verbleibenden Indianer wurden von den Spaniern versklavt oder zu Leibeigenen gemacht. Allerdings konnten sich die Indianer ihr Brauchtum und ihre Traditionen erhalten, da die meisten Spanier in den Städten blieben.

Das koloniale Zentralamerika war in zwei Hoheitsgebiete unterteilt. Das Königreich Guatemala erstreckte sich von Chiapas (dem südlichsten Bundesstaat im heutigen Mexiko) bis nach Costa Rica. Obwohl es nominell Teil des Vizekönigreiches Neuspanien war, war es relativ selbständig. Seine Hauptstadt Antigua wurde ein Zentrum für Verwaltung, Geistliche sowie die Großgrundbesitzer und Handelseliten der Kolonie. Der Rest Zentralamerikas (das heutige Panamá) mit seiner wichtigen Transitstrecke wurde Neugranada (dem heutigen Kolumbien) im Vizekönigreich von Peru angegliedert.

Der Niedergang der Spanier während des 17. Jahrhunderts erlaubte der Oberschicht steigende Unabhängigkeit. Diese Elite unterdrückte mit Hilfe von Kirche und Staat die Indianer und Mestizen (spanisch-indianischer Abstammung), die die Arbeiterklasse bildeten. Im 18. Jahrhundert versuchten die spanischen Bourbonenkönige, das Reich wieder aufzubauen, indem sie Reformen durchführten, die die wirtschaftliche Entwicklung förderten. Durch diese Neuerungen wurden allerdings auch die traditionellen Verbindungen zwischen der Elite der Großgrundbesitzer und der Verwaltung gefährdet.

 

Die Föderation

Die kreolische Elite im Königreich Guatemala folgte dem Vorbild der mexikanischen Führung und erklärte 1821 die Loslösung von Spanien. Das Gebiet wurde dann Teil von Agustín de Itúrbides mexikanischem Reich, aber als Itúrbides konservative Regierung 1823 fiel, übernahmen Liberale die Kontrolle, erklärten die Unabhängigkeit von Mexiko und bildeten die Vereinigten Provinzen von Zentralamerika (Zentralamerikanische Föderation). Chiapas blieb jedoch bei Mexiko, Panamá trat Simón Bolívars Großkolumbien bei.

Die Vereinigten Provinzen machten sich an ein ehrgeiziges, allerdings unrealistisches Programm republikanischer und wirtschaftlicher Reformen, wobei sie jedes spanische Erbe ablehnten. Starke Regionalbestrebungen, politische Intrigen innerhalb der Elite und ein Bürgerkrieg waren die Folge. Im Jahr 1834 verlegten die Liberalen die Hauptstadt von Guatemala nach San Salvador, aber ihre Politik traf immer noch auf erbitterten Widerstand und Rebellion durch konservative Mitglieder der Elite und der Landbevölkerung. Nachdem der guatemaltekische Bauernführer Rafael Carrera die Stadt Guatemala 1838 erobert hatte, begann sich die Föderation aufzulösen. Schließlich trat der Präsident der Föderation, Francisco Morazán, 1840 zurück. Guatemala, Honduras, El Salvador, Nicaragua und Costa Rica entstanden als unabhängige, konservative Republiken.

 

Die zentralamerikanischen Republiken

Großbritannien hatte zu dem Zeitpunkt bereits Spanien als herrschende Macht in der Region abgelöst. Die britische Siedlung in Belize hatte sich vom Seeräuber- und Holzfällerlager des 17. Jahrhunderts zum wichtigsten Hafen für den zentralamerikanischen Außenhandel entwickelt. Der britische Einfluss erstreckte sich entlang der karibischen Küste bis nach Panamá. 1862 wurde Belize offiziell eine britische Kolonie (Britisch-Honduras). Nach 1849 traten jedoch Interessenkonflikte zwischen Briten und Amerikanern zutage, denn die Landenge stellte die schnellste Verbindung zu den Goldminen in Kalifornien dar. Mit dem Clayton-Bulwer-Vertrag von 1850 sollte die Neutralität der Briten und US-Amerikaner für einen künftigen Kanal durch die Landenge von Panamá garantiert werden. 1855 marschierte William Walker, ein reicher US-Soldat, zusammen mit seinen Anhängern in Nicaragua ein. Eine zentralamerikanische Armee vertrieb ihn mit britischer Hilfe 1857. Zwischenzeitlich wandte sich der zentralamerikanische Handel durch die Fertigstellung der Panamá-Eisenbahn 1855 von Belize ab und orientierte sich auf die Häfen der zugänglicheren Küste des Pazifischen Ozeans. Der britische Einfluss ging immer weiter zurück und versiegte schließlich.

Nach 1870 entstand eine Diktatur, die den Kaffeeanbau als Hauptexportgut der Region förderte. Der Bananenanbau, der größtenteils von ausländischen Gesellschaften gesteuert wurde, erlangte steigende Bedeutung. So wurde nach 1900 die United Fruit Company, eine Handelsgesellschaft aus den USA, ein Hauptfaktor für die zentralamerikanische Wirtschaft. Sie baute Eisenbahnnetze und Schiffswege aus und entwickelte vielfältige geschäftliche Interessen, so dass sie von den verärgerten Einwohnern auch "Oktopus" genannt wurde. Mit der Erklärung der panamáischen Unabhängigkeit im Jahr 1903 wurden amerikanische Investitionen und die Regierung der USA zu beherrschenden Elementen der Landenge von Panamá. Die Vereinigten Staaten halfen bei der Einrichtung des zentralamerikanischen Gerichtshofes, aber die militärische Besetzung Nicaraguas durch die USA von 1912 bis 1933 minderte dessen Wirksamkeit.

Das Wirtschaftswachstum im 20. Jahrhundert schuf eine neue Mittelklasse, die die andauernde Herrschaft der traditionellen Oberschicht in Frage stellte. Zunächst entstanden in Costa Rica reformistische und revolutionäre Parteien, die es bis zur Mitte des Jahrhunderts in jedem anderen zentralamerikanischen Land gab.

Der Zentralamerikanische Gemeinsame Markt bot in den sechziger Jahren eine Grundlage für Zusammenarbeit und zwischenstaatlichen Handel; aber die wirtschaftliche Einheit entwickelte sich nur langsam. Bis zu den achtziger Jahren hatten die zentralamerikanischen Staaten eine Vielzahl von Regierungs- und Wirtschaftssystemen. Die Region war durch Armut, Gewalt durch paramilitärische Gruppen und Guerillaaufstände gezeichnet. Ende der achtziger Jahre bemühte sich der Präsident Costa Ricas, Oscar Arias Sánchez, darum, durch regionale Zusammenarbeit Frieden und Stabilität zu gewinnen. Aufgrund seiner Bemühungen nahmen die Feindseligkeiten ab, und neue, demokratisch geführte Regierungen in Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panamá konnten mit Erfolg wirtschaftliches Wachstum in Zentralamerika in Gang setzen. Die Region ist von weitgehender politischer Stabilität gekennzeichnet. Die soziale und wirtschaftliche Lage verbessert sich schrittweise.

 

 

Südamerika

 

Südamerika ist der viertgrößte der sieben Kontinente (nach Asien, Afrika und Nordamerika). Er umfasst insgesamt 17 819 100 Quadratkilometer, das sind rund zwölf Prozent der Landfläche der Erde. Südamerika wird vom Äquator und dem südlichen Wendekreis durchzogen. Der über die Festlandsbrücke von Panamá mit Mittel- und Nordamerika verbundene Kontinent dehnt sich von der Karibik im Norden bis zum Kap Hoorn im Süden über eine Länge von 7 400 Kilometern aus und erreicht zwischen dem östlichsten Punkt in Cabo de São Roque am Atlantik und Punta Pariñas am Pazifik im Westen eine Breite von 4 830 Kilometern. Südamerika liegt etwas östlicher als Nordamerika. Der westlichste Punkt liegt etwa auf dem Längengrad des US-Bundesstaates Florida.

In Südamerika leben mit rund 304 Millionen Einwohnern nur knapp sechs Prozent der Weltbevölkerung. Auf dem Kontinent gibt es zehn lateinamerikanische Staaten (Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Kolumbien, Ecuador, Paraguay, Peru, Uruguay und Venezuela), Guyana (früher britisches Territorium), Surinam (früher holländisches Territorium) und Französisch-Guayana (ein französisches Überseedepartement). Einige zu südamerikanischen Staaten gehörende Gebiete liegen in großer Entfernung zum Kontinent im Pazifischen Ozean: die Juan-Fernández-Inseln und die Osterinsel (beide chilenische Territorien) sowie die Galápagos-Inseln (ecuadorianisches Territorium). Näher an der Küste, im Atlantischen Ozean, befindet sich die Inselgruppe Fernando Noronha (brasilianisches Territorium). Ganz im Süden liegen die zu Großbritannien gehörenden Falkland-Inseln, auf die Argentinien Anspruch erhebt.

 

Land

Das Relief von Südamerika wird von vier Hochlandgebieten geprägt, die sich von der Küste ins Landesinnere ausdehnen, sowie von drei von diesen Hochländern umgebenen Tieflandregionen. Den Nord- und Westrand des Kontinents bilden die Anden, das nach dem Himalaya zweithöchste Gebirgssystem der Welt. Die Ostküste wird von weitläufigen, im Allgemeinen niedrigeren Bergländern, dem Bergland von Guayana, dem Brasilianischen Bergland und dem Patagonischen Tafelland gesäumt. Das größte Tieflandgebiet ist das weite Amazonasbecken, das sich in der Äquatorialzone des Kontinents ausdehnt; es wird vom etwa 6 280 Kilometer langen Amazonas durchzogen. Er ist nach dem Nil in Afrika der zweitlängste Strom der Erde. Nördlich davon liegt eine kleinere Senkungszone, die vom Orinoco durchflossen wird. Im Süden befindet sich das Paraguay-Paraná-Becken. Der tiefste Punkt Südamerikas (40 Meter unter dem Meeresspiegel) befindet sich auf der Halbinsel Valdés im Osten von Argentinien. Der Aconcagua im westlichen Argentinien ist mit 6 959 Metern der höchste Berg der westlichen Hemisphäre.

 

Geologie

Die ältesten geologischen Einheiten des Kontinents sind die Schilde des Brasilianischen Berglandes und des Berglandes von Guayana im Osten und Norden des Kontinents. Sie bestehen aus präkambrischen (mehr als 570 Millionen Jahre alten) Eruptivgesteinen sowie metamorphen Gesteinen. An den meisten Stellen ist der Schild von paläozoischen (570 bis 225 Millionen Jahre alten) Sedimentgesteinen überlagert. Jüngere Basalte finden sich im südlichen Brasilien. Die im Brasilianischen Bergland und in Afrika gefundenen Fossilien bestätigen die Theorie von der Plattentektonik und zeigen, dass der Kontinent während des Perm mit Gondwana, einer großen, aus Afrika und Asien bestehenden Landmasse, verbunden war.

Die Gesteinsformationen, die das Patagonische Tafelland bilden, sind von mesozoischen (225 bis 65 Millionen Jahre alt) und tertiären (65 bis 2,5 Millionen Jahre alt) Sedimenten und jüngerem Basaltgestein überlagert.

Durch die Erosion des alten Schildes entstanden mächtige Sedimentablagerungen in den angrenzenden Meeren. Diese Sedimentgesteine wurden während des Mesozoikums wiederholt gehoben und zu Gebirgen gefaltet. Der Prozess der Gebirgsbildung, der sich während des Tertiärs fortsetzte, war von Vulkanismus begleitet. An der Westküste entlang der Subduktionszone, wo sich die Pazifische Platte unter die Südamerikanische Platte schiebt, dauern vulkanische und seismische Aktivitäten bis heute an. Die Gletscher der Anden gehen auf die quartäre Eiszeit zurück (Beginn vor 2,5 Millionen Jahren).

 

Physische Geographie

Den gesamten westlichen und nordwestlichen Rand Südamerikas nehmen die Anden ein. Die Ketten dieses geologisch jungen Hochgebirges wurden im Tertiär gefaltet und erheben sich steil von den schmalen Ebenen entlang der Küste am Pazifischen Ozean. In Venezuela sowie im größten Teil von Chile und Argentinien werden sie von einem einzigen Gebirgszug gebildet, während sich der mittlere Teil des Gebirgssystems in zwei oder drei parallele Bergketten (Kordilleren) auffächert. Im Westen Boliviens liegen zwischen den Bergketten weite Hochplateaus. Etwa 25 Gipfel erreichen Höhen über 5 000 Meter, darunter eine Reihe von Vulkanen; die meisten von ihnen liegen im mittleren Chile, im Süden Perus und Boliviens sowie in Ecuador.

Das Bergland von Guayana im Nordosten und das weite Brasilianische Bergland im Osten werden von ausgedehnten Tafelländern gebildet, aus denen hohe Tafelberge aufragen. Der Roraima im Bergland von Guayana erreicht eine Höhe von 2 810 Metern. Im Brasilianischen Bergland liegen die höchsten Erhebungen nahe der atlantischen Küste. Das Gestein dieser Hochländer verwitterte zu unfruchtbaren Böden rötlicher Färbung. In vielen Tälern entstand jedoch fruchtbares Erdreich aus Basaltgestein. Im weniger hohen und relativ flachen Patagonischen Tafelland sind die Böden meist fruchtbar, wegen der extremen klimatischen Verhältnisse aber nur von geringer Bedeutung für die Landwirtschaft.

Zwischen diesen alten Rumpfgebirgen erstrecken sich ausgedehnte Tieflandregionen. Das nördlichste unter den Tiefländern ist das Orinocobecken, bestehend aus den Llanos (Schwemmlandebenen und flache Tafelberge) und einem System weit verzweigter Wasserläufe, die alle zwischen den beiden Flüssen Caquetá und Madeira in den Amazonas münden. Das Amazonasbecken ist leicht hügelig. Weiter im Süden liegen die flachen Täler und die Ebenen des Gran Chaco und der Pampas, die beide in die sumpfigen Überschwemmungsebenen der Flüsse Paraguay und Paraná übergehen. Die Küstenlinie Südamerikas weist nur wenige Buchten auf; nur im äußersten Süden und Südwesten ist sie von zahlreichen Fjorden gegliedert. Diese durch nacheiszeitlichen Anstieg des Meeres überfluteten Täler greifen zum Teil weit in das Landesinnere hinein.

 

Flüsse und Seen

Die Anden bilden die wichtigste Wasserscheide des Kontinents. Nur etwa sieben Prozent Südamerikas werden zum Pazifischen Ozean entwässert. Die längsten Flüsse münden in den Atlantischen Ozean. Die meisten kleineren Flüsse Südamerikas münden in einen von den drei Hauptströmen Amazonas, Orinoco und das Stromsystem von Paraguay und Paraná. Diese durchqueren überwiegend flaches Gelände, bilden keine Stromschnellen und sind somit Verkehrsleitlinien in das Innere des Kontinents. Der São Francisco durchfließt den Nordosten Brasiliens; der Magdalena und sein Nebenfluss, der Cauca, fließen durch die Andentäler im Westen Kolumbiens Richtung Norden zum Karibischen Meer. Eine Vielzahl kurzer Andenflüsse wie Guayas, Santa und Bío-Bío dient seit Jahrhunderten dem Bewässerungsfeldbau in Peru, Chile und im Nordwesten Argentiniens. Die Flüsse der Anden, des Brasilianischen Berglandes und des Berglandes von Guayana stellen ein beachtliches Wasserkraftpotential dar.

Viele der wenigen großen Seen befinden sich in den Hochlagen der Anden, unter ihnen Titicacasee, Poopósee, Lago Buenos Aires, Lago Argentino und Lago Nahuel Huapí.

 

Klima

Der Kontinent Südamerika hat Anteil an allen Klimazonen von der Subarktis im Süden bis zu den nördlichen Randtropen. Außer der geographischen Breite sind für die Ausprägung des Klimas vor allem auch die Entfernung zum Meer und dessen Einflüsse durch Meeresströmungen sowie die Höhe eines Ortes und dessen Lage zu den niederschlagsbringenden Winden von hoher Bedeutung.

In den Gebieten nahe dem Äquator herrscht immerfeuchtes Tropenklima. Die Temperaturen sind ganzjährig hoch und variieren im Jahresverlauf nur gering. Die mittleren Jahrestemperaturen liegen um 25 °C. Niederschläge fallen zu allen Jahreszeiten, es gibt keinen Wechsel von Regen- und Trockenzeiten. Die Jahressummen betragen zwischen 1 500 und 2 500 Millimetern; am östlichen Rand der Anden werden aufgrund von Staueffekten bis zu 5 000 Millimeter verzeichnet. Mit einer Jahressumme von etwa 11 000 Millimetern gehört die pazifische Küste Kolumbiens zu den niederschlagsreichsten Regionen der Erde.

In den nach Norden und Süden anschließenden Zonen ist das Klima wechselfeucht. Dieses Klima ist charakteristisch für das Bergland von Guayana, das Becken des Orinoco und das Brasilianische Bergland. Mit zunehmender Entfernung vom Äquator steigt die Anzahl trockener Monate, in denen mehr Wasser verdunstet als durch Niederschläge zugeführt wird. Es kommt zur Ausprägung markanter Trockenzeiten. Auch die jährliche Niederschlagsmenge sinkt. In diesen Breiten gibt es feuchte Sommer, trockene Winter und lang andauernde Dürreperioden. Dürren stellen vor allem im Nordosten Brasiliens und an der Küste Venezuelas und Kolumbiens ein ernst zu nehmendes Problem dar. In den randtropischen Gebieten treten häufig nur zwei bis drei humide Monate auf, in denen der Niederschlag die bei den herrschenden Temperaturen hohe Verdunstung übersteigt. Die Gebiete an den Ostküsten der wechselfeuchten Tropen sind aufgrund von Steigungsregen mit bis zu 2 000 Millimetern niederschlagsreich. In Brasilien nehmen auch nach Süden hin die Niederschläge zu; auch dort herrschen feuchtwarme Bedingungen.

An der Pazifikküste Kolumbiens und Ecuadors herrscht feuchtes und feuchtheißes Tropenklima, das aber in den Küstengebieten Perus und im nördlichen Chile durch den Einfluss des kalten Humboldtstromes schnell in trockenes Wüstenklima übergeht. In dieser Region befindet sich die Wüste Atacama. In der nördlichen Hälfte Südamerikas weisen lediglich die Anden kühlgemäßigtes Klima auf. Die Temperaturen nehmen mit steigender Höhe ab: Das Tropenklima der Tiefländer und der tieferen Lagen der Berge geht in mittleren Höhen in subtropisches bis gemäßigtes Klima über. Auf den Bergkämmen herrscht bereits kaltes, alpines Klima.

Die gemäßigten Klimazonen Südamerikas mit kühlen bis kalten Wintern und milden bis warmen Sommern liegen vorwiegend jenseits des südlichen Wendekreises, der die Tropen nach Süden begrenzt. Der Süden von Chile ist durch vom Pazifik (aus westlicher Richtung) kommende Wirbelstürme (Zyklone) intensiven Niederschlägen ausgesetzt. Im mittleren Chile herrscht mediterranes Klima mit milden, feuchten Wintern und warmen, trockenen Sommern. Im Osten der südlichen Anden herrscht semiarides und arides Klima vor. In den Pampas sowie im Süden des Brasilianischen Berglandes sind die Sommer eher feucht; in den Wintermonaten kommt es zu Wirbelstürmen, die Regen und kühle Witterung mit sich bringen. Im Bergland fällt gelegentlich Schnee; manchmal breitet sich Frost Richtung Norden bis zum südlichen Wendekreis hin aus und verursacht große Schäden in der Landwirtschaft.

 

Flora

Der dichte, in den Gebieten mit feuchtem Tropenklima wachsende Regenwald (Selva) ist das größte zusammenhängende Waldgebiet der Erde. Er bedeckt einen Großteil der Äquatorialzone Südamerikas einschließlich der Küste Brasiliens und der tieferen Lagen der Anden und besteht aus tropischen Harthölzern, Baumfarnen, Bambus und Lianen. Regionale Sonderformen innerhalb des Regenwaldes von Amazonien ergeben sich durch den wechselnden Wasserstand des Amanzonas und seiner Nebenflüsse. In den Wälder außerhalb des Hochwasserbereichs ist die Artenvielfalt am größten; außerdem sind diese Gebiete durch hohen Baumwuchs geprägt. In den Sumpfwäldern der Überschwemmungsgebiete ist das Artenspektrum kleiner, die vorkommenden Bäume auch niedriger. In diesen Gebieten sind Igapó-Wälder verbreitet, die periodisch bis zu einer Dauer von mehreren Monaten überflutet werden. Noch etwa tiefer gelegen sind die Überschwemmungsauen (Várzea). Ihre Entwicklung ist noch stärker als die der Igapó-Wälder von den Schwankungen des Wasserstandes der Flüsse abhängig. Die höheren Standorte der Várzea weisen niedrigen Graswuchs auf, in den ständig überfluteten Bereichen gedeihen Schwimmblattgewächse.

Die Küste Venezuelas, der Nordosten Brasiliens und der Gran Chaco sind von Trockenwäldern und Buschland bedeckt. Eine in diesen Bereichen verbreitete Gehölzformation ist die Caatinga, die regengrüne Bäume und Dornsträucher, in trockenen Regionen auch trockenheitsresistente Sukkulenten umfasst. Zwischen diesen eher trockenen Regionen und dem Regenwald liegen von hohem Gras (Savannen) sowie von Strauchwerk und Gras bewachsene Gebiete. In den feuchteren Campos cerrados gediehen bis zu acht Meter hohe, hartblättrige Bäume, die in den Campos sujos nur noch vereinzelt auftreten und in den trockenen, baumfreien Campos limpos vollständig zurücktreten zugunsten ausgedehnter Grasfluren.

In den südlichen Landesteilen Brasiliens wachsen subtropische Feuchtwälder und tropische Trockenwälder. Der Süden Brasiliens wird von Grasland bedeckt, das von bewaldeten Hügeln durchsetzt ist. Im Gran Chaco herrschen Grasland und Dornsträucher vor. Die flachen Pampas im Kernraum Argentiniens bilden die größte Graslandzone in den gemäßigten Klimazonen Südamerikas. Im Süden schließt sich eine Dornbuschzone an. Das kühle, trockene Patagonien ist von niedrigen Sträuchern und Büschelgräsern bewachsen. An den trockensten Standorten herrschen halbwüstenhafte Bedingungen vor.

Die tropischen Gebiete der Anden sind in Höhen bis zu 3 000 Meter mit Nebelwald bedeckt. Dominierende Pflanzen sind tropische Epiphyten und Baumfarne. Oberhalb der Waldgrenze sind Graslandschaften (Páramo) die wichtigsten Vegetationsformationen. Typische Vertreter der Flora sind Schopfrosettenpflanzen. Mit zunehmender Höhe wird diese Formation von der Puna abgelöst. In diesem Grasland fehlen Schopfrosettenpflanzen; verbreitet treten in der Puna Dornsträucher und Polsterpflanzen auf. Puna ist auch in den nach Süden anschließenden Gebieten der Anden verbreitet. Sie gedeiht in den Hochebenen Perus, Boliviens, des nördlichen Chile und des nördlichen Argentinien in etwas tieferen Lagen als in tropischen Breiten. Die Küstenregionen am Pazifischen Ozean sind infolge des kalten Humboldtstromes trocken; die Westhänge der Anden tragen deshalb Halbwüsten- oder Wüstenvegetation. Die Osthänge erhalten wesentlich mehr Niederschläge und sind häufig bewaldet.

 

Fauna

Südamerika, Mittelamerika, das mexikanische Tiefland und die Karibik werden zu einer eigenständigen tiergeographischen Region, der Neotropis, zusammengefasst. Charakteristisch für die Tierwelt sind ihre Artenvielfalt bedingt durch das bunte Mosaik an unterschiedlichen Lebensräumen und die große Zahl endemischer Tiergruppen, die keinerlei Verwandtschaft mit Tieren anderer Kontinente einschließlich Nordamerikas nördlich des mexikanischen Hochlands aufweisen. Ein Hauptgrund ist die relative Isolierung Südamerikas von anderen Kontinenten.

Nur in dieser Region vorkommende Säugetiere sind zwei Affenarten, die sich stark von jenen der Alten Welt unterscheiden, Blut saugende Fledermäuse und viele seltene Nagetiere. Für diesen Kontinent sind auch Vikunjas, Guanakos, Alpakas, Jaguare, Nabelschweine (Pekaris), große Ameisenbären und Nasenbären typisch. Überaus artenreich präsentiert sich die Vogelwelt. Aufgrund des großen Spektrums unterschiedlicher Arten wurde Südamerika schon als "Vogelkontinent" bezeichnet. Es gibt mehr als 20 Familien und etwa 600 Arten rein neotropischer Vögel. Andere Familien sind hauptsächlich in Südamerika anzutreffen, darunter Kolibris (500 Arten), Tangaras (Prachtmeisen) und Langschwanzpapageien (Aras) sowie eine Reihe von Seevögeln. Zu den größten Vögeln gehören Nandu, Kondor und Flamingo. Unter den Kriechtieren (Reptilien) findet man Boas, Anakondas, Leguane, Kaimane und Krokodile. Süßwasserfische sind in einer großen Artenvielfalt vertreten. Auch viele Insekten und andere wirbellose Tiere haben nur hier ihren Lebensraum. Mit Exemplaren von mehr als 10 000 verschiedenen Arten ist die Schmetterlingsfauna die bunteste auf der Erde.

Aufgrund der noch geringen Erschließung weiter Teile des tropischen Regenwaldes und der Hochlagen der Anden können über die genaue Anzahl der in Südamerika lebenden Tierarten nur Mutmaßungen angestellt werden. Wahrscheinlich leben mehr als vier Fünftel aller Arten innerhalb der tiergeographischen Grenzen des Kontinents. Die Galápagos-Inseln sind als Lebensraum großer Landschildkröten und anderer einzigartiger Kriechtiere sowie einer spezifischen Vogelwelt bekannt geworden.

 

Bevölkerung

Die Zuwachsraten der Bevölkerung sind insbesondere in den Ländern der tropischen Klimazone hoch. Das natürliche Bevölkerungswachstum beruht in Südamerika vorwiegend auf sehr hohen Geburtenraten. Die Verstädterung nimmt überall auf dem Kontinent stark zu. Die Immigration in südamerikanische Länder ist seit 1930 eher gering. Dagegen gibt es innerhalb des Kontinents bedeutende Migrationsbewegungen von den zentralen Regionen an die Küstengebiete. Die Bevölkerungsdichte liegt bei etwa 17 Einwohnern pro Quadratkilometer; wobei die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in küstennahen städtischen Siedlungen lebt. Auf mehr als der Hälfte des Kontinents beträgt die Bevölkerungsdichte weniger als zwei Einwohner pro Quadratkilometer.

Die bedeutendsten Bevölkerungsgruppen sind die Nachkommen der präkolumbischen Bewohner, der Spanier, Portugiesen und Schwarzafrikaner sowie Mestizen und Mulatten. Die zahlenmäßig größten Gruppen altamerikanischer Abstammung leben in den Hochlandregionen der Zentralanden. Einwohner spanischer Abstammung sind in Argentinien und Uruguay vorherrschende ethnische Gruppen. In Brasilien sind die Portugiesen die zahlenmäßig stärkste iberische Gruppe, und hier leben mehr Schwarzafrikaner und Mulatten als in jedem anderen südamerikanischen Land. In Guyana und Französisch-Guayana ist der Anteil der Schwarzafrikaner ebenfalls sehr hoch.

Nach dem stetigen, aber relativ bescheidenen Zustrom von Spaniern und Portugiesen während der Kolonialzeit und in der Zeit nach Erlangung der Unabhängigkeit erfolgte zwischen dem Ende des 19. Jahrhunderts und 1930 eine Einwanderungswelle; mehrere Millionen Italiener ließen sich vorwiegend in Argentinien, Brasilien und Uruguay nieder. In geringerer Zahl kamen auch Deutsche, Polen und andere Europäer nach Südamerika. Deutsche Kolonisten siedelten sich insbesondere im Süden Mittelchiles an. Die meisten Einwanderer zogen in die Städte, womit sich die Zahl der Arbeitskräfte wesentlich erhöhte, auch wurden viele neue Unternehmen gegründet. Aus dem Nahen Osten wanderten Syrer und Libanesen in großer Zahl ein. Die meisten der Ende des 19. Jahrhunderts eingewanderten Asiaten stammten aus den südlichen und östlichen Teilen des Kontinents, vor allem aus Indien, Indonesien und China. Seit 1900 ließen sich Tausende von Japanern im Südosten Brasiliens nieder.

 

Bevölkerungsentwicklung

Südamerikas Bevölkerung hat sich seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts mehr als verdoppelt. Etwas über die Hälfte der Einwohner des Kontinents lebt in Brasilien. Das Bevölkerungswachstum liegt seit 1965 bei zwei bis drei Prozent pro Jahr; Argentinien und Uruguay verzeichneten allerdings eine geringere Bevölkerungszunahme. In vielen Gebieten gingen die Sterberaten über Jahrzehnte hin stark zurück, während die hohen Geburtenraten erst seit kurzem eine fallende Tendenz aufweisen. Nur in Argentinien, Uruguay und Chile sind über 60 Prozent der Einwohner über 15 Jahre alt.

Natürlicher Zuwachs und Zuwanderung aus ländlichen Gegenden führten in den Städten zu einer Wachstumsrate von bis zu vier Prozent pro Jahr. In Argentinien, Chile und Uruguay verlangsamte sich das Anwachsen der Städte, aber in den tropischen Ländern wachsen die Städte immer schneller. In Argentinien, Chile, Uruguay und Venezuela leben mehr als 80 Prozent der Bevölkerung in städtischen Siedlungen; in Bolivien, Ecuador und Paraguay sind es weniger als 60 Prozent.

 

Sprache

Spanisch ist in neun der 13 Staaten des Kontinents Amtssprache, Portugiesisch in Brasilien, Englisch in Guyana, Niederländisch in Surinam und Französisch in Französisch-Guayana. Unter den einheimischen amerikanischen Sprachen weisen Quechua, Aimara und Guaraní die größte Verbreitung auf. Quechua wird vorwiegend in den Hochländern im zentralen Teil der Anden, Aimara im Hochland von Bolivien and Peru gesprochen. Guaraní ist zusammen mit Spanisch Amtssprache in Paraguay.

 

Religion

Südamerika stellt aufgrund seiner religiösen Homogenität eine Ausnahme unter den Kontinenten dar. Rund 90 Prozent der Bevölkerung bekennen sich zum römisch-katholischen Glauben. Der Großteil der auf elf Millionen geschätzten Protestanten lebt in Brasilien und Chile. Von den 750 000 Juden Südamerikas leben etwa drei Viertel in Argentinien und Brasilien sowie jeweils über zehn Prozent in Uruguay und Chile. Die 550 000 Hindus, 400 000 Muslime und 375  000 Buddhisten leben überwiegend in Guyana und Surinam.

 

Wirtschaft

Als ehemalige Kolonien befinden sich die Länder Südamerikas in einer fortwährenden Abhängigkeit von Agrar- und Rohstoffexporten. Erst seit den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts wächst und diversifiziert sich die Wirtschaft. Um die hohe Abhängigkeit von Importen zu verringern, wurde nach dem 2. Weltkrieg in einzelnen Ländern die Herstellung vormals eingeführter Waren vorangetrieben; diese Politik der Importsubstitution führte zu einem industriellen Aufschwung, der jedoch lediglich den städtischen Ballungsräumen zugute kam.

 

Landwirtschaft

Der Großteil der Produktion aus Ackerbau und Viehhaltung dient der Selbstversorgung oder ist für die inländischen Märkte bestimmt, wenngleich mit Agrarexporten immer noch Devisen gewonnen werden. Obwohl im primären Sektor (Landwirtschaft, Jagd, Fischerei, Forstwirtschaft) insgesamt nur rund zwölf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) des Kontinents erwirtschaftet werden, sind in Bolivien, Paraguay, Peru und Ecuador 30 Prozent, in Kolumbien, Brasilien und Guyana zwischen 20 und 30 Prozent und in Surinam, Chile, Uruguay, Venezuela, Argentinien und Französisch-Guayana etwa knapp 20 Prozent der Erwerbstätigen in diesem Sektor beschäftigt.

Häufig stehen den Kleinbauern für die Produktion der Grundnahrungsmittel Hackfrüchte, Bohnen und Mais nur Felder in ungünstigen klimatischen Lagen mit wenig fruchtbaren Böden zur Verfügung. Weizen und Reis werden meist auf besseren Böden, unter günstigeren klimatischen Voraussetzungen gepflanzt. Die Rinderzucht hat besonders in Argentinien, Uruguay, Paraguay und Kolumbien große Bedeutung. Eine exportorientierte Landwirtschaft wird in tropischen Gebieten und in gemäßigten Klimazonen betrieben, sofern ein günstiger Zugang zu Häfen besteht. Das wichtigste landwirtschaftliche Exportprodukt Kaffee wird in den Hochländern im Südosten Brasiliens und im Westen Mittelkolumbiens gepflanzt. Kakao hat im Osten Brasiliens und im Westen von Ecuador große Bedeutung. Bananen und Zuckerrohr werden in allen tropischen Gebieten für inländische Märkte gepflanzt. In Kolumbien und im Westen von Ecuador werden Bananen für den Export produziert. In den Küstengebieten Perus, in Guyana und Surinam besteht eine lange Tradition des Zuckerrohranbaus für den Export. An der Küste Perus wird seit vielen Jahrzehnten Baumwolle für den Export angebaut. Im Nordosten und Südosten Brasiliens werden ebenfalls Baumwolle und Zuckerrohr für in- und ausländische Märkte erzeugt; im Südosten Brasiliens haben sich Sojabohnen seit den siebziger Jahren zu einem bedeutenden Exportgut entwickelt. Argentinien gilt aufgrund der fruchtbaren Prärieböden als eine der Kornkammern der Welt; hier befindet sich auch eines der größten Rinderweidegebiete. Weizen, Mais, Leinsamen, Rindfleisch, Hammelfleisch, Häute und Wolle aus Argentinien sind seit einem halben Jahrhundert wichtige Weltmarktprodukte, ebenso wie Wolle und Häute aus Uruguay.

 

Forstwirtschaft und Fischerei

Obwohl der Kontinent zu 50 Prozent von Wald bedeckt und von reichen Fanggründen umgeben ist, sind die Holz- und die Fischindustrie der meisten südamerikanischen Länder auf die Binnenmärkte begrenzt. Tropische Hart- und Weichhölzer werden im Amazonasbecken gewonnen, wo riesige Waldflächen für Weide- und Ackerland gerodet werden. Aus den südlichen Landesteilen Brasiliens und dem Süden Mittelchiles werden Bauholz (Kiefer) und Industrieholz ausgeführt.

Südamerikas bedeutendste Fanggründe liegen im Pazifik. In den peruanischen und chilenischen Küstengewässern werden große Mengen von Anchovis für die Verarbeitung zu Fischmehl gefischt. Thunfisch wird vor den Küsten Ecuadors und Perus gefangen, wo auch Walfang betrieben wird. In Chile, Brasilien und Guyana werden große Mengen an Krustentieren gefangen.

 

Bergbau

Die traditionelle Kontrolle ausländischer Konzerne über die Rohstoffgewinnung in Südamerika ist in den letzten Jahren langsam zurückgegangen. Erdöl, Kupfer, Bauxit und Eisenerz sind die von Volumen und Marktwert her gesehen die bedeutendsten mineralischen Rohstoffe. In den Anden wurde vor der Kolonialzeit an mehreren Stellen Gold gewonnen. In den Bergen im Gebiet zwischen dem mittleren Peru und dem südlichen Bolivien wurden während der Kolonialzeit Silber und Quecksilber abgebaut; zudem gibt es reiche Vorkommen an für die Industrie bedeutenden Bodenschätzen wie Kupfer, Zinn, Blei und Zink. Kupfer wird in einem halben Dutzend Bergwerken in Nord- und Mittelchile abgebaut. Zwischen Ciudad Bolívar (Venezuela) und dem Norden von Surinam am Nordrand des Berglandes von Guayana liegt ein an mineralischen Rohstoffen wie Bauxit, Eisenerz und Gold besonders reiches Gebiet. Im Osten Mittelbrasiliens gibt es bedeutende Gold- und Diamantenvorkommen.

Südamerika verfügt über keine größeren Kohlevorkommen. Nur in den Anden und im südlichen Brasilien gibt es kleine Lagerstätten. Kohle ist ein wichtiger Brennstoff für die Industrie und den Transport, insbesondere in Chile, Kolumbien und Brasilien. Reiche Vorkommen an Erdöl und Erdgas befinden sich von Venezuela bis Feuerland an den Rändern der Anden und in den Anden selbst. Die größten bekannten Ölfelder finden sich in der Gegend des Maracaibosees. Weitere Lagerstätten liegen in Norden von Kolumbien, in Ecuador und in Peru, östlich der Anden in den östlichen und zentralen Teilen von Venezuela und am Ostrand der Berge in Kolumbien, Ecuador, Peru, Bolivien, Argentinien und Chile. Venezuela exportiert in erster Linie Rohöl, raffiniertes Öl und Erdölderivate. Über die Hälfte der auf dem Kontinent geförderten Menge an Erdöl und Erdgas entfällt auf dieses Land. Peru und in jüngster Zeit auch Ecuador sind in hohem Maße von Rohstoffexporten abhängig. Die Rohstoffgewinnung hat zwar positive Auswirkungen auf die Zahlungsbilanz, trägt aber meist nur wenig zum Bruttoinlandsprodukt und zur Beschäftigung in den einzelnen Ländern bei.

 

Industrie

1956 erwirtschaftete die Industrie 20 Prozent, Mitte der neunziger Jahre über 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von Argentinien, Venezuela, Brasilien, Chile, Kolumbien, Peru, Uruguay und Ecuador. Die Verarbeitung von Agrarprodukten bleibt weiterhin der bedeutendste Industriezweig, selbst in den beiden hoch industrialisierten Ländern Argentinien und Brasilien. Ein zentrales Problem des Kontinents bleibt weiterhin die Konzentration des produzierenden Gewerbes auf nur wenige Ballungszentren; dabei handelt es sich vorwiegend um die Metropolen.

Die industrielle Entwicklung wurde im erheblichen Maß vom Staat gelenkt. Obgleich noch viele Betriebe Konzessionäre oder Tochtergesellschaften ausländischer Konzerne sind, halten seit den dreißiger Jahren einzelne Staaten immer größere Beteiligungen an der Schwerindustrie und dem Fahrzeugbau. In einigen Ländern werden Maschinen, Flugzeuge und militärische Fahrzeuge für den Export produziert. Hohe Zuwachsraten verzeichnet seit einigen Jahrzehnten die Petrochemie.

 

Außenhandel

Haupthandelspartner sind die Vereinigten Staaten, Westeuropa und Japan. Die bedeutendsten Außenhandelsgüter sind Erdöl und Erdölderivate. Brasilien und Venezuela stellen den größten Anteil an den Exporten des Kontinents, Brasilien ist der größte Importeur. Der intrakontinentale Handel wird seit den sechziger Jahren durch verschiedene Kooperationsvereinbarungen gefördert. Die bedeutendste unter ihnen ist die Lateinamerikanische Freihandelszone (Latin American Free Trade Association, LAFTA). Zu den wichtigsten, zwischen den einzelnen Staaten gehandelten Waren gehören Weizen, Rinder, Wein und Bananen; Fertigwaren gewinnen zunehmend an Bedeutung. Der Export von Agrarprodukten und Rohstoffen ist jedoch nach wie vor von größerer Bedeutung als der Handel innerhalb des Kontinents. Südamerika kommt ein großer Anteil am Welthandel mit Erdöl, Kaffee, Kupfer, Bauxit, Fischmehl und Ölsaaten zu.

 

Verkehrswesen

Ein Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung in vielen Gebieten Südamerikas ist das Fehlen ausreichender Verkehrsnetze. Eisenbahnlinien sowie Küsten- und Flussschifffahrt sind in Argentinien, Brasilien und Chile von relativ großer Bedeutung. Die um 1930 entstandenen Eisenbahnen wurden in erster Linie für den Gütertransport vom nahen Hinterland zu den Hafenstädten gebaut. Nur im Südosten Brasiliens, in den Pampas Argentiniens und – im geringeren Umfang – in den dichter besiedelten Gebieten Uruguays, Chiles, Kolumbiens und Ecuadors finden sich relativ dichte Schienen- und Straßennetze.

Der Straßenbau gewann ab den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts an Bedeutung. Mittlerweile umfasst das kontinentale Straßennetz etwa drei Millionen Kilometer, ist aber noch sehr lückenhaft. Venezuela und die Küstengebiete Perus verfügen über ein gut ausgebautes Netz befestigter Straßen. Die Andenländer bauen seit Jahrzehnten ihre Straßen ins Landesinnere aus. Brasilien hat Teile des Amazonasbeckens durch Straßen verbunden. Flugzeuge in- und ausländischer Fluglinien gelten aufgrund der großen Entfernungen zwischen den einzelnen Zentren nach wie vor als zuverlässigstes Transportmittel des Kontinents.

 

Energie

Erdöl und Erdgas sind die beiden wichtigsten Energiequellen Südamerikas. Häufig finden jedoch auch die traditionellen Brennstoffe Holz und Holzkohle Verwendung, die gelegentlich noch zur Herstellung von Eisen, Stahl oder Zucker eingesetzt werden. Die Energieversorgung wird in Argentinien, Venezuela und Kolumbien durch Ölraffinerien sowie durch Gaspipelines gewährleistet. Allerdings transportieren die meisten Pipelines in Südamerika Rohöl und Erdgas zu den Exporthäfen und nicht zu den Binnenmärkten. Aus Zuckerrohr gewonnener Alkohol wird in Brasilien als Treibstoff verwendet. Heute stellt die Wasserkraft über 60 Prozent der gesamten Stromerzeugungskapazität in Paraguay, Brasilien, Uruguay, Kolumbien und Bolivien. Auch in Peru, Chile, Ecuador, Surinam und Argentinien werden mehr als 40 Prozent der Elektrizität durch Wasserkraftwerke erzeugt.

 

Geschichte

Nach 1453, als die Türken die Eroberung des Byzantinischen Reiches abgeschlossen und die Kontrolle über den östlichen Mittelmeerraum gewonnen hatten, sahen sich die europäischen Staaten gezwungen, einen neuen Seeweg nach Indien zu finden. 1492 versuchte Christoph Kolumbus dies, indem er nach Westen über den Atlantik segelte; er landete jedoch auf den heutigen Westindischen Inseln.

Nach Kolumbus’ Rückkehr nach Europa kam es zwischen Spanien und Portugal zu Auseinandersetzungen über Gebietsansprüche in der Neuen Welt. Der Streit wurde 1493 durch Papst Alexander VI. beigelegt; er teilte Portugal alle Gebiete der Neuen Welt östlich einer Grenzlinie im Atlantischen Ozean, die etwa 483 Kilometer westlich der Azoren genau von Norden nach Süden verlief, zu, während Spanien alle Gebiete westlich dieser Linie erhielt. Nach einer späteren Änderung dieser Demarkationslinie wurde Portugal die Oberhoheit über den Osten Südamerikas, der später zum Staat Brasilien wurde, zugesprochen.

Kolumbus sichtete am 1. August 1498 auf seiner dritten Fahrt das südamerikanische Festland auf der Höhe der Mündung des Orinoco.

 

Postkolumbische Entdecker

Der nächste Europäer, der den südamerikanischen Kontinent erreichte, war der portugiesische Seefahrer Pedro Álvares Cabral (1500). Die Portugiesen, die mittlerweile durch die Umsegelung Afrikas den Seeweg nach Indien gefunden hatten, schenkten dem von Cabral entdeckten Gebiet während der folgenden drei Jahrzehnte nur wenig Beachtung. Die Spanier verstärkten dagegen die Erforschung und Kolonisierung der Neuen Welt und konzentrierten sich dabei zunächst auf die Westindischen Inseln und Mittelamerika. 1519 begann der portugiesische Seemann Ferdinand Magellan für die spanische Krone eine Westroute in den Orient zu suchen. Am 28. November 1520 durchfuhr er erstmals die nach ihm benannte Meeresstraße.

 

Eroberung des Landesinneren

Die systematische Erforschung und Eroberung des Landesinneren Südamerikas ging von Deutschen aus. 1529 erhielt Bartholomäus Welser große Landgebiete in Südamerika vom spanischen König Karl V. zugesprochen. Welser entsandte sofort eine Expedition in das Gebiet des heutigen Venezuela. 17 Jahre später wurde diese Landzuteilung rückgängig gemacht, zum Teil auch aufgrund der extremen Brutalität der deutschen Kolonisten gegenüber der ansässigen Bevölkerung.

Der erste Europäer, der erfolgreich ins Landesinnere vordrang, war der Spanier Francisco Pizarro. Von Panamá aus eroberten seine Truppen das über große Goldreserven verfügende Reich der Inka (1531). Innerhalb von fünf Jahren brachte Pizarro durch Waffengewalt und Verrat das Inkareich, das die heutigen Länder Peru, Chile und Bolivien umfasste, unter seine Kontrolle. Die Eroberung und Kolonisierung des Gebiets um den Rio de la Plata wurde 1535 vom spanischen Feldherrn Pedro de Mendoza eingeleitet, der 1536 eine Siedlung, das heutige Buenos Aires, anlegen ließ. Zwischen 1536 und 1538 unterwarf der Feldherr Gonzalo Jiménez de Quesada das Volk der Chibcha im heutigen Kolumbien. 1539 überquerte Gonzalo Pizarro, der Bruder Franciscos, die Anden und erreichte die Quellflüsse des Amazonas. Einer seiner Begleiter, Francisco de Orellana, folgte dem Fluss bis zu seiner Mündung und erreichte so 1541 den Atlantik. Im Jahr davor hatte der Conquistador Pedro de Valdivia mit der systematischen Unterwerfung der Araukaner, der Bewohner des heutigen Chile, begonnen. 1541 gründete er Santiago. Um 1530 begannen die Portugiesen, Stützpunkte entlang der Ostküste Südamerikas anzulegen und sicherten sich damit das Gebiet des heutigen Brasilien.

 

16. bis 18. Jahrhundert

Das Vizekönigreich Peru (gegründet 1542) und andere Audiencias (Verwaltungseinheiten) Spanisch-Südamerikas verfügten neben ungeheuren Vorkommen an Bodenschätzen (insbesondere die Silberminen Perus) auch über andere natürliche Ressourcen wie Nutzholz und Ackerland. Landwirtschaft und Viehhaltung florierten. Siedler konnten ihren Wohlstand durch die Ausbeutung von Sklavenarbeit mehren.

Auf der Suche nach Reichtum, Land und Abenteuern strömten in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts Zehntausende von Einwanderern in die spanischen und portugiesischen Überseebesitzungen. Die Kirche und die verschiedenen katholischen Orden erhielten als Gegenleistung für die Christianisierung, Erziehung und Befriedung der einheimischen Bevölkerung zahlreiche Privilegien verliehen und riesige Ländereien zugewiesen.

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts beherrschten Spanien und Portugal ganz Südamerika außer Guyana, das Großbritannien, Frankreich und die Niederlande in ihren Besitz gebracht und unter sich aufgeteilt hatten. Zahlreiche Kriege hatten jedoch die Seestreitkräfte der iberischen Mächte stark geschwächt, was dazu führte, dass die Niederlassungen in den Küstengebieten der Neuen Welt sowie ihre Handelsflotten häufig von englischen, niederländischen und französischen Piraten überfallen wurden. Die spanischen und portugiesischen Könige, die den Handel der Kolonien von Anfang an monopolisiert hatten, belegten die Wirtschaft mit immer höheren Steuern. Daraus resultierende öffentliche Unruhen in den spanischen Kolonien schlugen häufig in offene Aufstände um, insbesondere in Paraguay (1721-1735), in Peru (1780-1782) und in Neugranada (1781).

Soziale Ungleichheit war ein weiterer Grund für die Unzufriedenheit der spanischen und portugiesischen Siedler. Die so genannten Peninsulares waren im Mutterland geborene Spanier, die in den Kolonien führende Positionen innehatten. Es handelte sich gewöhnlich um Adelige, die andere soziale Gruppen verachteten und lediglich den Wunsch hegten, in den Kolonien Reichtümer zu erwerben, um dann nach Europa zurückzukehren. Den Kreolen, in Amerika geborenen Nachkommen europäischer Eltern, standen laut Gesetz die gleichen politischen Vorrechte zu wie den Peninsulares; in der Praxis wurden ihnen diese Rechte jedoch häufig vorenthalten. Aufgrund ihrer sozialen Stellung schlossen sich die Kreolen politisch häufig mit den Mestizen und Mulatten zusammen. In Brasilien, wo die afrikanischen Sklaven mehr als 50 Prozent der Bevölkerung stellten (1818 mehr als eine Million), kam es häufig zu Sklavenaufständen. In den spanischen Besitzungen war der Anteil von Sklaven an der Gesamtbevölkerung wesentlich geringer.

 

Unabhängigkeitskriege

Nach fast drei Jahrhunderten wirtschaftlicher Ausbeutung und sozialer Ungerechtigkeit entstanden revolutionäre Bewegungen in den südamerikanischen Kolonien. Den Anstoß dazu gaben die erfolgreichen Aufstände der britischen Kolonien in Nordamerika und die Französische Revolution.

Der Kampf um politische Unabhängigkeit in Spanisch-Südamerika kann in zwei Perioden gegliedert werden: 1810 bis 1816 wurde die Selbständigkeit nur in Teilen des Vizekönigreiches von La Plata (heutiges Argentinien, Paraguay und Uruguay) durchgesetzt; in der zweiten Periode von 1816 bis 1825 errangen die Kolonien die vollständige Unabhängigkeit von Spanien.

1810 setzten Kreolen aus Buenos Aires den spanischen Vizekönig ab und bildeten eine Übergangsregierung für die Provinzen von La Plata. Im August 1811 verkündeten die Paraguayer, die die Hilfe von Buenos Aires abgelehnt hatten, ihre Unabhängigkeit von Spanien und lösten 1813 die royalistische Übergangsregierung auf. José de San Martín begann 1814 mit der Aufstellung einer Armee, die Chile befreien und anschließend gegen Peru, den wichtigsten spanischen Stützpunkt auf dem Kontinent, vorgehen sollte. Bei seinem Feldzug von 1817 bis 1818, der zur Befreiung Chiles führte, erhielt San Martín starke Unterstützung von dem chilenischen Revolutionsführer Bernardo O'Higgins. Am 12. Februar 1817 wurde die Unabhängigkeit Chiles ausgerufen. Am 5. April 1818 sicherte die Niederlage spanischer Streitkräfte in Maípu die Unabhängigkeit Chiles. San Martín begann daraufhin mit den Vorbereitungen des Angriffs auf Peru.

Den nächsten großen Sieg errangen Unabhängigkeitsbewegungen in Kolumbien. An der Spitze einer Armee von Kreolen und in England rekrutierten Söldnern schlug Simon Bolívar 1819 die königstreuen Streitkräfte. Während die Kämpfe noch andauerten, wurde der Staat Großkolumbien gegründet. Er umfasste die ehemalige Audiencia Neugranada, das heutige Panamá, sowie Venezuela und Quito (Ecuador). Bolívar wurde später Präsident und militärischer Diktator Großkolumbiens. Unter Antonio José de Sucre, einem Oberleutnant Bolívars, wurde 1822 Ecuador befreit. Im Januar 1825 erklärte Oberperu seine Unabhängigkeit und benannte sich zu Ehren seines Befreiers in Bolivien um.

Brasilien erlangte die Unabhängigkeit von Portugal im Oktober 1822, behielt aber die Monarchie als Regierungsform bei, bis 1889 die Republik ausgerufen wurde.

 

Probleme im 19. Jahrhundert

Am Ende der Unabhängigkeitskriege waren folgende selbständige südamerikanische Staaten entstanden: Großkolumbien, Peru, Chile, die Vereinigten Provinzen des Río de la Plata (später Argentinien), Paraguay und Bolivien. Zwischen 1830 und 1832 gingen aus Großkolumbien die eigenständigen Staaten Venezuela, Ecuador und Neugranada hervor. Bis 1903 schloss Neugranada, das spätere Kolumbien, Panamá ein. Uruguay wurde nach portugiesischer und brasilianischer Herrschaft 1828 ein selbständiger Staat.

Trotz enger Zusammenarbeit in der Zeit der Unabhängigkeitskämpfe folgten die ehemaligen spanischen Kolonien nicht Bolívars Ideal, das die Gründung eines Staatenbundes Spanisch-Südamerika zum Ziel hatte. Zu groß waren die innenpolitischen Probleme der neuen Staaten. Reichtum und politische Macht lagen nach wie vor in den Händen der Kirche und einiger weniger Familien. Militärdiktaturen verhinderten die politische und soziale Emanzipation und behinderten die wirtschaftliche Entwicklung. Zahlreiche soziale Revolten prägten die südamerikanische Geschichte des 19. Jahrhunderts. Erst nach 1900 setzte in Argentinien, Brasilien und Chile, den so genannten ABC-Staaten, der wirtschaftliche Fortschritt ein.

Grenzprobleme führten oft zu erbitterten Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Nationen; einige führten sogar zum Krieg. Der Krieg zwischen Paraguay und den alliierten Streitkräften von Argentinien, Brasilien und Uruguay (1865-1870) war einer der schrecklichsten Kriege der westlichen Hemisphäre. Der Salpeterkrieg wurde von 1879 bis 1883 zwischen Chile und den alliierten Truppenverbänden Boliviens und Perus geführt. Der Chacokrieg zwischen Paraguay and Bolivien (1932-1935) führte zu lang andauernden Auseinandersetzungen zwischen beiden Ländern.

Durch die 1823 verkündete Monroedoktrin sicherten sich die Vereinigten Staaten Südamerika als Interessengebiet.

 

Das 20. Jahrhundert und die US-amerikanische Politik

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und am Anfang des 20. Jahrhunderts griff die US-amerikanische Regierung aktiv in lateinamerikanische Angelegenheiten ein. Sie handelte nach der Theorie, laut der die Vereinigten Staaten als mächtigste Nation der westlichen Hemisphäre ein "manifest right" (natürliches Recht) zur Regelung der Angelegenheiten in Südamerika besäßen. Diese Politik der Verhinderung linksgerichteter Regierungen, die sich in aller Regel auf die Zusammenarbeit mit Militärdiktaturen gründete, wurde als "dollar diplomacy" (Dollardiplomatie) und "big-stick policy" (Politik des großen Knüppels) bekannt.

1933, nachdem Präsident Franklin D. Roosevelt den Wunsch der Vereinigten Staaten, den anderen amerikanischen Staaten ein "guter Nachbar" sein zu wollen, verkündet hatte, wurde die Politik der Freundschaft und Zusammenarbeit unter dem Namen "Politik der guten Nachbarschaft" bekannt. In den beiden Weltkriegen standen die meisten Staaten Südamerikas auf der Seite der Vereinigten Staaten.

1960 unterzeichneten sechs südamerikanische Staaten und Mexiko ein Abkommen über die Schaffung einer Lateinamerikanischen Freihandelszone. Im Jahr darauf änderte Präsident John F. Kennedy den Kurs der amerikanischen Entwicklungshilfepolitik für Südamerika. Seine Allianz für den Fortschritt hatte zum Ziel, wirtschaftliche und soziale Reformen in den amerikanischen Republiken zu fördern. 1967 kam man überein, einen zentralamerikanischen gemeinsamen Markt zu schaffen, der die Lateinamerikanische Freihandelszone ablösen sollte.

1995 wurde die Zollunion Mercosur von den Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay gegründet. Dieser gemeinsame Markt setzte sich zum Ziel, die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Weltmarkt zu verringern. Die bedeutendste und ermutigendste Entwicklung ist jedoch die Ablösung der Militärdiktaturen Südamerikas durch demokratisch gewählte zivile Regierungen.

 

Christoph Barth