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Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken

(amtlich Sojus Sowjetskich Sozialistischeskich Respublik: SSSR)

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ehemaliger Bundesstaat in Osteuropa und Nordasien. Die UdSSR oder Sowjetunion bestand aus 15 Unionsrepubliken. Ihrer Fläche nach war sie mit 22,4 Millionen Quadratkilometern der größte Staat der Erde. Die UdSSR ging in Folge der Russischen Revolution im November 1917 aus dem russischen Zarenreich hervor (Russland, Geschichte).

 

Revolution

 

Die Geschichte der Sowjetunion begann mit dem 7. November 1917 (dem 25. Oktober nach dem damals in Russland gebräuchlichen Julianischen Kalender), als die Bolschewiki unter Führung Wladimir I. Lenins im Zuge der Oktoberrevolution in Russland die Macht übernahmen. Vorausgegangen war die Februarrevolution, während der Zar Nikolaus II. abdanken musste. Nach der Februarrevolution entwickelte sich eine Doppelherrschaft der bürgerlichen Provisorischen Regierung unter Georgij J. Lwow und später Aleksandr F. Kerenskijj auf der einen, Arbeiter- und Soldatenräten (Sowjets) in verschiedenen Städten auf der anderen Seite; schärfster Konkurrent der bürgerlichen Regierung war dabei der Petrograder Sowjet. Im September/Oktober errangen die Bolschewiki, die mit den Aprilthesen Lenins großen Zuspruch bei der Bevölkerung gefunden hatten, die Führung im Petrograder und im Moskauer Sowjet und beschlossen, die Provisorische Regierung zu stürzen und selbst die Macht zu übernehmen. Das "Militärrevolutionäre Komitee zur Abwehr konterrevolutionärer Gefahren" unter Lew D. Trotzkij traf die Vorbereitungen für einen bewaffneten Aufstand gegen die Regierung; Lenin bestimmte den 7. November zum Beginn des Aufstandes.

Am 7. November besetzten die Bolschewiki zentrale Punkt in Petrograd und verhafteten in der folgenden Nacht die Regierung Kerenskij. Am 8. November übernahmen die Bolschewiki die Staatsgewalt und verabschiedeten auf dem 2. Allrussischen Sowjetkongress, den sie nach dem Ausscheiden der Menschewiki und der rechten Sozialrevolutionäre praktisch alleine bestritten, drei richtungsweisende Dekrete: Das Dekret über einen "sofortigen Frieden ohne Annexionen und Kontributionen", das Dekret über die "entschädigungslose Enteignung allen Landbesitzes in privater Hand", und das dritte Dekret setzte den Rat der Volkskommissare unter Lenin, dem u. a. Trotzkij für die Außenbeziehungen und Jossif W. Stalin für Nationaltiätenfragen angehörten, als vorläufige Regierung ein.

Am 15. November 1917 gestand Lenin in der "Deklaration der Rechte der Völker Russlands" allen Nationen im ehemaligen Zarenreich das volle Selbstbestimmungsrecht zu, woraufhin zunächst die Finnen, gefolgt von den Ukrainern, den baltischen Volkern, den Georgiern, Armeniern und den Aserbaidshanern, ihre Unabhängigkeit erklärten. Weitere Dekrete verfügten die Trennung von Kirche und Staat, die Aufhebung der Pressefreiheit sowie die Verstaatlichung von Banken und Industrie.

Am 8. Dezember 1917 wurde die Verfassunggebende Versammlung gewählt; die Bolschewiki hatten lediglich ein Viertel der Stimmen erhalten und lösten daher die Versammlung bei ihrem Zusammentreten im Januar 1918 gewaltsam auf. Zur Absicherung und Festigung ihrer Macht hatten die Bolschewiki bereits im Dezember 1917 die Geheimpolizei Tscheka unter der Leitung von Felix E. Dserschinskij gegründet, und ab Januar 1918 wurden alle nichtbolschewistischen Kräfte systematisch durch den "Roten Terror", wie Lenin selbst diese Aktionen bezeichnete, ausgeschaltet. Bürgerliche Parteien wurden verboten, Menschewiki und rechte Sozialrevolutionäre aus allen Sowjets verdrängt und linke Sozialrevolutionäre, die zunächst an der Macht beteiligt waren, vom politischen Leben ausgeschlossen. Allein dominierende politische Kraft wurde sukzessive die "Kommunistische Partei Russlands (Bolschewiki)", Abkürzug KPR(B), wie sich die Bolschewiki seit Anfang 1918 bezeichneten.

Im März 1918 übersiedelte die Regierung in den Moskauer Kreml, und am 10. Juli 1918 verabschiedete der 3. Allrussische Sowjetkongress die Verfassung der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR). Damit war im Inneren die erste Phase der Revolution abgeschlossen.

 

Friedensvertrag

Entsprechend dem Dekret vom 8. November 1917 über einen sofortigen Frieden schloss die bolschewistische Regierung noch im Dezember 1917 einen Waffenstillstand mit den Mittelmächten, in erster Linie mit Deutschland und Österreich-Ungarn, die immer tiefer in russisches Gebiet eindrangen. Die folgenden Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk brach der russische Verhandlungsführer Trotzkij im Februar 1918 ab, hauptsächlich weil ihm die deutschen Bedingungen für einen Friedensschluss inakzeptabel schienen.

Angesichts einer neue Offensive der Deutschen setzte sich jedoch Lenin mit seiner Forderung nach einem raschen Friedensschluss gegen Trotzkij, der daraufhin als Außenkommissar zurücktrat, durch, und am 3. März 1918 wurde der Frieden von Brest-Litowsk zwischen den Mittelmächten und Sowjetrussland unterzeichnet. Sowjetrussland musste die Unabhängigkeit der Ukraine, Polens der balitschen Staaten, Finnlands, Georgiens und Armeniens anerkennen und hohe Reparationszahlungen an Deutschland leisten.

Lenin hatte auf die Annahme des Friedensvertrags gedrängt, um Handlungsspielraum für die Festigung der bolschewistischen Macht im Inneren zu gewinnen; zudem war er der Überzeugung, dass auch in anderen europäischen Ländern eine Revolution des Proletariats unmittelbar bevorstand. Tatsächlich gab es in mehreren Ländern Revolutionen, besonders in Deutschland und Ungarn, die jedoch alle nach kurzer Zeit gescheitert waren, so dass Sowjetrussland weiterhin der einzige europäische Staat marxistischer Ausprägung blieb.

 

Bürgerkrieg

Die gewaltigen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Umwälzungen in Russland im Anschluss an die Oktoberrevolution führten zum Bürgerkrieg der "Weißen" (Menschewiki, Sozialrevolutionäre, Bürgerliche, konservative Monarchisten) gegen die "Roten" (Bolschewiki), in dem auch das Nationaltätenproblem wieder virulent wurde und in den schließlich aus politischen und wirtschaftlichen Gründen die ehemaligen Verbündeten Russlands, die Entente-Mächte, eingriffen.

In Russland hatten sich mehrer antibolschewistische Zentren herausgebildet: In Sibirien hatte sich Admiral Aleksandr W. Koltschak festgesetzt und eine diktatorische Herrschaft errichtet, im Ostseeraum übernahm General Judenitsch die Führung der Weißen und in Südrussland General Anton Denikin; im Uralgebiet konstituierte sich im Sommer 1918 v. a. aus Sozialrevolutionären eine antibolschewistische Regierung. Unterstützt wurden die Weißen von der Entente.

Im Februar 1918 begann Trotzkij, ab März 1918 Kriegskommissar, mit dem Aufbau der "Roten Arbeiter- und Bauernarmee", die sich innerhalb kurzer Zeit zu einer äußerst schlagkräftigen Truppe entwickelte. Im Laufe des Jahres konnte die Rote Armee den Vormarsch Koltschaks und Denikins abwehren, und im Frühjahr 1919 eroberte sie die Ukraine, nachdem die Deutschen entsprechend dem Waffenstillstand von Compiègne (11. November 1918) ihre Truppen aus Russland hatten abziehen müssen. Die Ukraine wurde zur Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik umgewandelt. Im Herbst 1919 schlug die Rote Armee einen erneuten Vorstoß der Weißen unter Koltschak und Denikin zurück. Der Polnisch-Sowjetische Krieg (1920/21) um die Grenze zwischen Polen und Sowjetrussland verlief nach einigen Rückschlägen v. a. dank der mangelnden Koordination zwischen den polnischen Truppen und den ukrainischen unter Peter N. Wrangel für die Rote Armee zunächst erfolgreich; am Ende aber musste sich die Rote Armee wieder aus Polen zurückziehen. Im Frieden von Riga (18.  März 1921) trat Sowjetrussland den Westen Weißrusslands und der Ukraine an Polen ab.

Im Laufe des Jahres 1920 schloss Sowjetrussland mit Estland, Lettland und Finnland Frieden; 1921 eroberte es Georgien und bildete die Transkaukasische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik, und bis Ende 1922 war auch der Ferne Osten Russlands unter sowjetische Herrschaft gebracht.Die Roten hatten den Bürgerkrieg vor allem dank ihrer straffen Organisation und ihrer starken Führung gewonnen; zugute kamen ihnen außerdem Spannungen, Konflikte und fehlende Koordination in den politisch inhomogenen Reihen der Weißen. Zudem waren die intervenierenden Entente-Mächte kriegsmüde geworden.

Infolge der Politik des so genannten Kriegskommunismus – Verstaatlichung und Zentralisierung beinahe der gesamten Produktion und Verteilung, Abgabezwang für Lebensmittel, Verbot des privaten Handels etc. – war es zu einem gravierend Rückgang in der Produktion und zu drastischen Versorgungsengpässen bis hin zu einer schweren Hungersnot gekommen. Teile der Bevölkerung und der Armee reagierten darauf mit Streiks und Unruhen. Im März 1921 setzte sich Lenin auf dem X. Parteitag der KPR(B) mit seinem Konzept der Neuen Ökonomischen Politik (NEP), einer vorübergehenden Liberalisierung der Wirtschaft, u. a. gegen Trotzkij durch, der für die Beibehaltung des bisherigen Kurses in der Wirtschaft plädierte. Durch die NEP erreichte die Agrarproduktion bald wieder beinahe den Vorkriegsstand, und auch die Industrieproduktion erfuhr einen entscheidenden Aufschwung. Die Einführung der NEP wurde begleitet von einem Ausbau der Herrschaft der KPR(B) in Richtung Diktatur.

Am 30. Dezember 1922 wurde durch den Zusammenschluss von RSFSR, Transkaukasischer, Ukrainischer und Weißrussischer SSR (Sozialistische Sowjetrepublik) die UdSSR gegründet; am 31. Januar 1924 erhielt sie ihre erst Verfassung.

 

Die Ära Stalin

 

Die Zeit nach Lenins Tod im Januar 1924 wurde dominiert vom Machtkampf um die Partei- und Staatsführung. Das neu geschaffene Amt des Generalsekretärs der Partei hatte seit 1922 Stalin inne, und obwohl Lenin in seinem "Testament" nachdrücklich vor einem allzu mächtigen Stalin gewarnt hatte, gelang es Stalin mit Hilfe eines willfährigen Funktionärsapparat in den folgenden Jahren, sein Macht in Partei und Staat bedeutend auszubauen. Mit der Unterstützung v. a. von Lew B. Kamenew und Grigorij Sinowjew konnte er zudem seinen Hauptkontrahenten Trotzkij parteipolitisch isolieren; 1926 wurde Trotzkij aus dem Politbüro, 1927 aus dem Zentralkomitee der Partei ausgeschlossen, 1929 aus der Sowjetunion ausgewiesen und 1940 in Mexiko von einem sowjetischen Agenten ermordet. Noch 1926 entmachtete Stalin auf Grund von wirtschaftspolitischen Differenzen auch seine ehemaligen Verbündeten Kamenew und Sinowjew, und 1929 schaltete er, jetzt gestützt auf den stalinistischen Block um Wjatscheslaw M. Molotow und Kliment J. Woroschilow, auch Nikolai I. Bucharin und Alexeij I. Rykow, den Vorsitzenden des Rates der Volkskommissare, aus. Rykows Nachfolger als Vorsitzender des Rates der Volkskommissare wurde 1930 Molotow.

 

Umgestaltung der Wirtschaft

1927/28 hatte sich die Wirtschaft so weit erholt, dass Stalin die liberale Übergangsperiode der Neuen Ökonomischen Politik Lenins für beendet erklären und die Planwirtschaft einführen konnte. Mit dem ersten Fünfjahresplan (1928-1932) wurde die Industrialisierung, besonders der Ausbau der Schwerindustrie, energisch vorangetrieben und unter "Liquidierung des Kulakentums" die Landwirtschaft kollektiviert und in Kolchosen und Sowchosen überführt. Die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft, die mit größter Härte durchgeführt wurde, hatte erneut Versorgungsengpässe und 1931/32 eine schwere Hungersnot zur Folge.

 

Die große Säuberung

Die Innenpolitik Mitte der dreißiger Jahre war geprägt von der Großen Tschistka, der "Säuberung" der Partei von vermeintlichen und tatsächlichen Gegnern Stalins. Äußerer Anlass der Tschistka war die Ermordung des Leningrader Parteisekretärs Sergeij M. Kirow im Dezember 1934. Zwischen 1934 und 1938 wurden zwei Drittel der Mitglieder des Zentralkomitees von 1934 verurteilt und hingerichtet. Zwischen 1936 und 1938 entfernte Stalin über die Hälfte aller hochrangigen Offiziere aus der Armee. Zuvor hatte es bereits in den zwanziger Jahren und Anfang der dreißiger Jahre umfangreiche "Säuberungen" in Partei und Staat gegeben.

In einer Reihe von Schauprozessen (1936-1938) wurden einige der prominentesten Oppositionellen u. a. unter dem Vorwurf der trotzkistischen Verschwörung und des Paktierens mit dem Ausland verurteilt und hingerichtet. Zu den Verurteilten gehörten Sinowjew, Kamenew, Bucharin, Rykow und Karl B. Radek, d. h. praktisch die komplette bolschewistische Elite aus den Zeiten der Oktoberrevolution. In einem gesonderten Geheimprozess wurden zahlreiche Offiziere der Roten Armee aufgrund ähnlicher Vorwürfe verurteilt. Die Schauprozesse führten zu einer weltweiten Ächtung der Sowjetunion.

 

Außenpolitik

Aus der Sicht Moskaus war die Sicherheit der UdSSR durch die internationale politische Situation in den dreißiger Jahren zunehmend gefährdet. Japan hatte 1931 die Mandschurei besetzt, und es gab zunehmend Auseinandersetzungen zwischen der japanischen Besatzungsarmee und den an der Grenze zur Mandschurei stationierten sowjetischen Truppen. 1938 wurde aus den bis dahin nur vereinzelten Grenzzwischenfällen ein ernsthafter Grenzkrieg.

Mit dem Rapallovertrag (1922) und dem Berliner Vertrag (1926) hatte die Sowjetunion die wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit mit Deutschland forciert, das zum wichtigsten außenpolitischen Partner der Sowjetunion wurde; nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland 1933 endete jedoch diese Zusammenarbeit. Im Rahmen ihrer Politik der "kollektiven Sicherheit" seit Beginn der dreißiger Jahre schloss die Sowjetunion 1932 Nichtangriffspakte mit Finnland, Lettland, Estland, Polen und Frankreich, und 1934 trat sie dem Völkerbund bei.

Angesichts der Expansionspolitik des nationalsozialistischen Deutschland suchte die Sowjetunion nach Verbündeten, fand sie vor allem in Frankreich und Großbritannien, und schloss 1935 Beistandspakte mit der Tschechoslowakei und Frankreich. In den folgenden Jahren bemühte sich der Volkskommissar für Auswärtiges Maksim M. Litwinow wiederholt und ohne Erfolg, den Völkerbund zu Maßnahmen gegen Deutschland zu bewegen. Die Sowjetunion war außerdem bestrebt, auf sozialistische, sozialdemokratische und bürgerliche Parteien und Regierungen anderer Länder europäischer Staaten Einfluss zu nehmen und sie zu Einheitsfronten gegen den Faschismus zu bewegen (Volksfrontpolitik).

Im Sommer 1938 forderte Hitler von der Tschechoslowakei die Abtretung des Sudetenlandes, in dem eine große deutsche Minderheit lebte. Die Sowjetunion kündigte ihre Bereitschaft an, die Tschechoslowakei gegen die Aggressionen Hitlers zu unterstützen, und ersuchte Frankreich sowie Großbritannien um Unterstützung. Die französische und die britische Regierung vertrauten jedoch Hitlers Zusage, nach der Annexion des Sudetenlandes keine weiteren Gebietsforderungen zu stellen. Im Münchner Abkommen vom September 1938 wurden die umstrittenen Gebiete Deutschland zugesprochen.

Stalin sah sich isoliert und seine Politik der kollektiven Sicherheit in Europa gescheitert und schlug nun einen aggressiveren Kurs in der Außenpolitik ein. Im August 1939 nahm die sowjetische Regierung Verhandlungen mit Deutschland auf, führte aber zugleich auch ihre Verhandlungen mit Frankreich und Großbritannien über eine Anti-Hitler-Koalition fort. Die Verhandlungen mit Frankreich und Großbritannien scheiterten, und am 23. August 1939 unterzeichneten der sowjetische Außenminister Molotow und sein deutscher Amtskolleg den deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt, der in einem geheimen Zusatzprotokoll die Aufteilung Polens zwischen Deutschland und der Sowjetunion vorsah.

 

2. Weltkrieg

Am 1. September 1939 löste Deutschland mit seinem Angriff auf Polen den 2. Weltkrieg aus. Am 17. September marschierte die Rote Armee in Polen ein und besetzte entsprechend dem geheimen Zusatzprotokoll Ostpolen. Am 28. September unterzeichneten Deutschland und die Sowjetunion einen Grenz- und Freundschaftsvertrag, der ihre jeweiligen Interessensphären in Polen festlegte. In dem Vertrag verpflichteten sich Deutschland und die Sowjetunion außerdem auf ein gemeinsames Vorgehen gegen jede Intervention Dritter.

Mit dem Pakt mit Hitler begann eine neue Phase in der Entwicklung der UdSSR. Bisher war das Hauptziel der Stalin’schen Politik der Aufbau des Kommunismus in einem, dem eigenen Land gewesen. Die Besetzung Ostpolens hingegen leitete eine Expansionsphase ein. Im Oktober 1939 zwang Stalin Estland, Lettland und Litauen zur Unterzeichnung von Beistandspakten und zur Überlassung von militärischen Stützpunkten.

Der Finnisch-Sowjetische Winterkrieg

Ebenfalls im Herbst 1939 forderte die Sowjetunion von Finnland die Abtretung von Gebieten nordöstlich von Leningrad sowie die Zustimmung zur Errichtung eines Marinestützpunktes an der finnischen Küste. Die Ablehnung Finnlands führte zum Finnisch-Sowjetischen Winterkrieg, der ohne Kriegserklärung mit dem sowjetischen Einmarsch in Finnland am 30. November 1939 begann. Nach heftigem Widerstand wurden die Finnen von den sowjetischen Truppen besiegt. Der Krieg endete am 12. März 1940 mit dem Frieden von Moskau, in dem Stalin alle seine Forderungen gegenüber Finnland durchsetzte. Wegen ihres Angriffs auf Finnland wurde die Sowjetunion im Dezember 1939 aus dem Völkerbund ausgeschlossen

Expansion im Baltikum und auf dem Balkan

Im Mai 1940 besetzte die Rote Armee die drei baltischen Staaten und gliederte sie im Juni nach Scheinabstimmungen als Sozialistische Sowjetrepubliken in die UdSSR ein.

Zur gleichen Zeit dehnte die Sowjetunion ihren Einfluss auf den Balkan aus. So forderte sie von Rumänien die Abtretung Bessarabiens, das Rumänien 1918 seinerseits von Sowjetrussland annektiert hatte. Außerdem forderte Stalin die Preisgabe der Bukowina. Rumänien ging Ende Juni 1940 auf diese Forderungen ein: Die abgetretenen Gebiete wurden später der Sowjetrepublik Moldawien angegliedert. Im Herbst 1940 setzte Deutschland in Rumänien ein Marionettenregime ein und bürgte für den Bestand der rumänisch-sowjetischen Grenze.

Im Fernen Osten drängte die UdSSR auf Beendigung des Krieges mit Japan. Am 13. April 1941 unterzeichneten die beiden Länder einen fünfjährigen Nichtangriffspakt.

Die deutsche Invasion

Am 22. Juni 1941 marschierten deutsche Truppen in die Sowjetunion ein. Am selben Tag erklärten Italien und Rumänien der Sowjetunion den Krieg. Dadurch veränderten sich die militärischen und politischen Kräfteverhältnisse völlig; der Krieg begann global zu werden. Als u. a. auch Finnland, Ungarn und Albanien der Sowjetunion den Krieg erklärten, beschlossen Großbritannien und die USA Sachhilfemaßnahmen für die UdSSR (Lend-Lease-System). Nach Kriegseintritt der Vereinigten Staaten im Dezember 1941 schlossen die drei Mächte ein militärisches Bündnis. Im Januar 1942, vier Monate, nachdem Stalin sich zu den Prinzipien der Atlantikcharta bekannt hatte, unterzeichnete die Sowjetunion mit 25 weiteren Staaten eine Erklärung, die ihre Kooperation im Kampf gegen die Achsenmächte unterstrich.

Im Spätsommer und Herbst 1941 drangen deutsche Truppen tief ins Landesinnere vor und und kamen bis vor Leningrad und Moskau und fast bis zum Kaukasus. Stalin ließ die Industrieanlagen im Zugriffsbereich der Invasoren demontieren und hinter dem Ural wieder aufbauen. Was nicht entfernt werden konnte, wurde entsprechend der Strategie der "verbrannten Erde" zerstört.

Zunächst schien der Blitzkrieg der Deutschen erfolgreich; aber ihr Vormarsch wurde im Norden im September 1941 vor Leningrad aufgehalten. Die Belagerung der Stadt hingegen dauerte bis zum Januar 1944 an; weit über ein halbe Million der Leningrader Zivilbevölkerung kam dabei um. Der Kampf um Moskau wurde im Oktober 1941 beendet.

Die Schlacht von Stalingrad

Im Süden waren die Deutschen erfolgreicher. Sie nahmen die ganze Ukraine ein und rückten weiter zur Wolga vor, um Moskau und Leningrad vom Kaukasus und Südwestasien abzuschneiden. Schließlich wurden sie aber in der Schlacht von Stalingrad, die von August 1942 bis Januar 1943 dauerte, geschlagen. Diese Schlacht markierte den Wendepunkt nicht nur im Krieg zwischen Deutschland und der Sowjetunion, sondern im 2. Weltkrieg überhaupt. Die deutschen Truppen wichen nun immer weiter nach Westen zurück. Im Frühling und Sommer 1944 waren sie aus dem Baltikum und aus der Ukraine vertrieben. Bereits Ende August stand die Rote Armee in Polen und Rumänien. Am 22. April 1945 standen sowjetische Truppen vor Berlin, drei Tage später begegneten sich sowjetische und amerikanische Truppen an der Elbe. Der Krieg in Europa endete am 8. Mai 1945.

Am 8. August 1945 erklärte die UdSSR Japan den Krieg. Ohne auf größeren Widerstand zu stoßen, besetzten sowjetische Truppen einen Großteil der Mandschurei, Nordkorea, die Kurilen und den Süden der japanischen Insel Sachalin.

Nachkriegsvereinbarungen

Bei Kriegsende war die Sowjetunion als Weltmacht anerkannt. Bereits während des Krieges hatte Stalin auf den Konferenzen von Teheran (1943) und Jalta (1945) sowie unmittelbar nach Kriegsende auf der Potsdamer Konferenz mit US-Präsident Franklin D. Roosevelt und dem britischen Premierminister Winston Churchill über die gemeinsamen Kriegsziele und die Nachkriegsordnung in Europa verhandelt. Stalin konnte sich mit seinen Forderungen jeweils weitgehend durchsetzen.

Nach Kriegsende teilten die Siegermächte Frankreich, Großbritannien, USA und UdSSR Deutschland und Österreich in jeweils vier Besatzungszonen auf. Der Osten der Länder kam jeweils unter sowjetische Verwaltung, ebenso der Osten der Hauptstädte Berlin und Wien, die beide in je vier Sektoren aufgeteilt worden waren.

 

Kalter Krieg

Die sowjetische Außenpolitik der Nachkriegsjahre war bestimmt von der Konsolidierung bzw. Ausdehnung des sowjetischen Einflussbereiches. In Deutschland führte diese Strategie aufgrund der unvereinbaren Interessensgegensätze zwischen der Sowjetunion einerseits, den drei westlichen Alliierten andererseits zum Scheitern einer gemeinsamen alliierten Deutschlandpolitik. Diese Interessensgegensätze lösten kurz nach Kriegsende den Kalten Krieg aus, der seine ersten Höhepunkte in der Berliner Blockade 1948/49 sowie der Gründung der DDR und der damit verbundenen Teilung Deutschlands 1949 fand.

Die mittel- und osteuropäischen Staaten – Polen, Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Albanien – in ihrer Einfluss- und Interessenssphäre wandelte die Sowjetunion bis 1949 in sowjetische Satellitenstaaten um, zunächst auf der Basis von Freundschafts- und Beistandspakten, dann mit Hilfe des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (COMECON). Sie unterstützte in den ersten Nachkriegsjahren massiv die jeweils einheimischen kommunistischen Parteien, die sich schließlich, zum Teil im Rahmen von Volksfrontregierungen und unter erheblichem Druck auf ihre politischen Gegner, überall durchsetzten und an dem sowjetischen Modell ausgerichtete Systeme schufen.

Lediglich Jugoslawien unter Marschall Josip Tito leistete gegen die Versuche einer sowjetischen Einflussnahme erfolgreich Widerstand. Jugoslawien konnte sich dem Druck der UdSSR auch deshalb widersetzen, weil es Wirtschaftshilfe aus dem Westen erhielt. Jugoslawien wurde 1948 aus dem Kominform, einem der wichtigsten Instrumente Stalins zur Durchsetzung des sowjetischen Kurses in den Satellitenstaaten, ausgeschlossen. In der Folge wurde Tito zu einem der prominentesten Führer der blockfreien Staaten.

 

Beziehungen zu China

Im August 1945 schlossen China und die Sowjetunion einen Freundschaftsvertrag. Obwohl die UdSSR sich verpflichtete, die chinesische Vorherrschaft in der Mandschurei, die bis 1945 unter japanischer Besatzung stand, anzuerkennen, beschlagnahmte sie nahezu sämtliche Industrieanlagen aus der Mandschurei und beließ vorerst noch ihre Truppen in der Mandschurei. Zugleich statteten die Sowjets die chinesischen Kommunisten im Bürgerkrieg gegen die Nationalchinesen mit Waffen, die aus japanischen Beständen stammten, aus. Als sich die sowjetische Armee 1946 aus der Mandschurei zurückzog, ging das ganze Gebiet an China. Der Sieg der chinesischen Kommunisten und die Errichtung der Volksrepublik China 1949 erweiterte einerseits in Asien den Einflussbereich der Sowjetunion, die China bis 1960 beim Aufbau des Landes untertützte; andererseits erwuchs der Sowjetunion im kommunistischen China aber auch ein ernsthafter Konkurrent.

Ebenso wie in Ost-Mitteleuropa hatte sich die Sowjetunion auch in Asien Satellitenstaaten geschaffen: die Mongolische Volksrepublik, 1924 errichtet, und die demokratische Volksrepublik Korea, die 1948 ausgerufen wurde. Beide Staaten waren unter massiver Einflussnahme der Sowjetunion entstanden.

 

Führungskämpfe

 

Bis zu seinem Tod im Mai 1953 vereinte Stalin eine ungeheure Machfülle in seiner Person; nach seinem Tod kehrte man wieder zum Prinzip der kollektiven Staats- und Parteiführung zurück: Georgij M. Malenkow wurde Generalsekretär der Partei und Ministerpräsident, Molotow Außenminister. Lasar M. Kaganowitsch wurde 1. stellvertretender Ministerpräsident und Lawrentij P. Berija, eine der wichtigsten Stützen der Stalin’schen Diktatur, stellvertretender Ministerpräsident, Woroschilow Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets. Dieses Regierungskollektiv wurde jedoch bald revidiert: Im Juni 1953 wurde Berija wegen Verrats aller Partei- und Staatsämter enthoben, angeklagt, und im Dezember 1953 wurde er hingerichtet. Im September 1953 musste Malenkow als Generalsekretär zugunsten von Nikita Chruschtschow zurücktreten, und 1955 musste er wegen angeblicher Abweichungen vom vorgegebenen wirtschaftpolitischen Kurs auch sein Amt als Ministerpräsident abgeben, und zwar an Nikolay A. Bulganin, einen treuen Parteigänger Chruschtschows.

 

Entstalinisierung

Auf dem XX. Parteitag der KPdSU, der vom 14. bis zum 25. Februar 1956 in Moskau stattfand, rechnete Chruschtschow in einem Geheimreferat mit Stalin ab: Er attackierte vor allem Stalins Personenkult und Herrschaftsmethoden, warf ihm vor, keine angemessenen Vorkehrungen gegen die deutsche Invasion im Juni 1941 getroffen und deshalb den Krieg falsch geführt zu haben. Chruschtschow beschuldigte Stalin außerdem, für den Bruch mit Jugoslawien und anderen Ländern verantwortlich gewesen zu sein. Im Zuge der folgenden Entstalinisierung wurden alle Stalinporträts von öffentlichen Plätzen entfernen, Institutionen, Plätze etc., die nach Stalin benannt waren, erhielten neue Namen, und Geschichtsbücher wurden im Sinne der Entstalinisierung neu geschrieben. Die Neubewertung der Ära Stalin führte nicht nur in der KPdSU zu Konflikten, sondern auch innerhalb der kommunistischen Parteien der Ostblockstaaten; in Polen und Ungarn kam es zu Aufständen.

 

Der Aufstieg Chruschtschows

Die Machtkämpfe in Partei und Staat endeten 1957 zu Gunsten Chruschtschows: Mit Unterstützung des Zentralkomitees der Partei gelang es ihm, seine Hauptgegner Molotow, Malenkow, Kaganowitsch und andere aus dem Politbüros zu verdrängen, und 1958 veranlasste er Bulganins Rücktritt und übernahm selbst zusätzlich zum Amt des Generalsekretärs das Amt des Ministerpräsidenten. Damit schien die kurze Ära der kollektiven Führung beendet. Auf dem XXI. Parteitag der KPdSU 1961 hatte Chruschtschow eine absolute Vormachtstellung. Er wiederholte einen Teil seiner Anschuldigungen gegen Stalin, ließ Stalins Leichnam aus dem Leninmausoleum entfernen; zudem forderte er, dass die Stalinisten, die 1957 gegen ihn opponiert hatten, aus der Partei ausgeschlossen würden.

 

Das Ende Chruschtschows

Leonid I. Breschnew wurde 1960 Nachfolger des 79-jährigen Woroschilow im Amt des Vorsitzenden des Präsidiums des Obersten Sowjets, d. h. als Staatspräsident, und 1963 wurde er Sekretär des Zentralkomitees. Im Juli 1964 legte Breschnew das Amt des Staatspräsidenten wieder nieder, um sich ganz der Parteiarbeit zu widmen. An seiner Stelle wurde Anastas I. Mikojan Staatspräsident (er trat 1965 aus gesundheitlichen Gründen wieder zurück). Im Oktober 1964 wurde Chruschtschow unter maßgeblicher Beteiligung Breschnews gestürzt. Gründe für diesen Sturz waren die schleppenden Fortschritte im Ausbau von Landwirtschaft und Industrie sowie die außenpolitische Misserfolge in der Kubakrise und in der Berlin-Frage. Eine Reihe seiner engsten Mitarbeiter wurde ebenfalls entmachtet.

 

Ausbau der Machtstellung Breschnews

Wie nach Stalins Tod nahm man auch nach Chruschtschows Sturz wieder das Prinzip der kollektiven Führung auf: Breschnew wurde Generalsekretär der Partei und Alexeij N. Kossygin Ministerpräsident. Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets war von 1965 bis 1977 Nikolaij W. Podgorny. Allem Anschein nach funktionierte die Zusammenarbeit innerhalb dieser Führungsspitze in den nächsten fünf Jahren gut. In den siebziger Jahren hatte Breschnew eine exponierte Stellung in der Troika inne. 1977, nachdem Podgorny auf Grund von Auseinandersetzungen mit Breschnew hatte zurücktreten müssen, übernahm Breschnew auch das Amt des Staatspräsidenten. Im selben Jahr wurde eine neue Verfassung verabschiedet. Kurz nach dem Tod Breschnews Ende 1982 wurde Jurij W. Andropow, der ehemalige Leiter des sowjetischen Geheimdienstes KGB, sein Nachfolger als Generalsekretär.

 

Entwicklung der Wirtschaft

 

Die Wirtschaftsentwicklung der Sowjetunion nach dem 2. Weltkrieg folgte Konzepten, die in mehreren Fünfjahresplänen und einem Siebenjahresplan (1959-1965) festgelegt worden waren.

 

Landwirtschaft

Chruschtschow entwickelte zwei Strategien, durch die die Getreideproduktion des Agrarlandes UdSSR erhöht werden sollte. Dies war zum einen die Kultivierung von Randgebieten (vor allem in Kasachstan), zum anderen der Anbau von Mais. Beide Strategien erwiesen sich als weniger erfolgreich als erhofft. Grundlage der Landwirtschaft wurden staatlich und genossenschaftlich verwaltete Großbetriebe. Schlechte Getreideernten (1963, 1965, 1969, 1972 und 1975) verlangsamten das Wirtschaftswachstum und vermehrten die Auslandsschulden, da große Mengen Weizen aus Kanada und den Vereinigten Staaten eingeführt werden mussten. Die sowjetische Führung versuchte, das Problem durch finanzielle Anreize für Bauern, durch effektivere Organisation sowie durch Modernisierungsmaßnahmen zu bekämpfen. Dies führte auch zur Forcierung des Chruschtschowschen Planes, die Bevölkerung kleiner Dörfer in große landwirtschaftliche Genossenschaften umzusiedeln. So sollte der beginnenden Landflucht begegnet werden. Durch diese und ähnliche Maßnahmen sowie günstigere klimatische Bedingungen konnten 1973, 1974 und 1976 bei der Ernte Rekordergebnisse erzielt werden. Durch Bewässerung und Aufforstung wurden allmählich selbst die Randgebiete Kasachstans fruchtbar. Dennoch blieb die Landwirtschaft für die UdSSR immer ein großes Problem.

 

Industrie

Durch die Fünfjahrespläne Stalins war die Sowjetunion in enormem Tempo industrialisiert worden: Auf diese Weise wurde sie schnell die zweitgrößte Wirtschafts- und Militärmacht der Welt. Die Produktion von Konsumgütern war allerdings lange zurückgeblieben. Zwar war die Industrieproduktion insgesamt 1957 dreiunddreißigmal höher als 1913, aber die Produktion von Konsumgütern stieg nur um das dreizehnfache an (verglichen mit einer Steigerung um das vierundsiebzigfache in der Schwerindustrie). Chruschtschow versprach eine Steigerung der Konsumgüterproduktion, jedoch mit mäßigem Erfolg. 1957 bzw. 1962 wurden zahlreiche Industriebetriebe zu großen Kombinaten zusammengefasst. Um 1964 lag ihr Schwerpunkt auf der Produktion von Dünger, Kunststoffen und Gummi.

 

Management und Organisation

Jewsei Liberman und andere sowjetische Wirtschaftswissenschaftler hatten dafür plädiert, kapitalistische Elemente in die marxistisch-leninistische Wirtschaftsordnung einzuführen, um die Industrieproduktion zu steigern. Im Vordergrund stand dabei die Anerkennung des Profitdenkens als Anreiz zur Steigerung der Effektivität in den Betrieben. Kossygin, Breschnew und andere standen diesen Gedanken wohlwollend gegenüber. So wurde beschlossen, das Prinzip der zentralistischen Wirtschaftsplanung im Allgemeinen zwar beizubehalten, es jedoch mit Betriebskalkulation, Bedarfsproduktion, Lohnanreizen und weiteren kapitalistischen Elementen zu verbinden. Im Juli 1965 wurde ein Pilotprojekt begonnen, in dem 400 Textil- und Schuhfabriken ihre Produktion nach eingegangenen Bestellungen und nicht nach festgesetzten Quoten ausrichteten. Im Oktober beschloss der Oberste Sowjet, diese Politik auf Betriebe in Industrie und Landwirtschaft, im Transport- und Bauwesen sowie in der Kommunikationstechnik anzuwenden. Jedem Unternehmen sollte Kapital zugeteilt werden, über dessen Verwendung das Management vor Ort verfügen konnte. Außerdem sollte die Betriebsleitung die Möglichkeit erhalten, Arbeitskräfte nach Stunden oder nach Akkord zu bezahlen und Prämien zu verfügen. Mitte 1969 lieferten jene Betriebe, die nach diesem neuen System arbeiteten, ein Drittel der Gesamtproduktion des Landes. In den siebziger Jahren kam es allerdings wieder zu einer allmählichen Loslösung von dem Liberman-Ansatz.

 

Bau

Einige Wirtschaftszweige lagen in ihrer Entwicklung besonders weit zurück, so etwa die Bauwirtschaft. Die Abwanderung der Landbevölkerung in die Städte, die mit der raschen Industrialisierung einherging, führte zu Wohnungsmangel. Neue Baumethoden, etwa die Fertigbauweise, wurden eingeführt. Allerdings kam die Produktion der notwendigen Fertigbauteile nur schleppend voran.

 

Rohstoffe

Von größter Bedeutung für das sowjetische Wirtschaftswachstum war der Abbau von Rohstoffen in Sibirien, wobei vielfach Zwangsarbeiter eingesetzt wurden. Die Erschließung riesiger Öl- und Erdgasvorkommen im westsibirischen Tjumen verbesserte die Energieversorgung der Sowjetunion erheblich. Weiter östlich wurden zudem Kupfer- und Kohlevorkommen entdeckt. Zur Erschließeung der sibirischen Rohstoffvorkommen wurde nördlich der Transsibirischen Eisenbahn die Baikal-Amur-Magistrale (BAM) gebaut, eine Eisenbahnlinie, deren Streckennetz 3 145 Kilometer lang ist.

 

Kultur und Bildung

 

Die sowjetische Führung war von Anfang an bestrebt, den Bürgern ihres Landes umfassende Bildungsmöglichkeiten anzubieten. Dabei wurde besonderes Augenmerk auf abgelegenere Gegenden gerichtet, in denen es bisher kaum Bildungseinrichtungen gegeben hatte. Die Bildungspolitik hatte großen Erfolg: Waren im zaristischen Russland noch etwa 70 Prozent der Bevölkerung Analphabeten gewesen, verschwand der Analphabetismus in der Sowjetunion nahezu vollkommen. Neben der Alphabetisierung war die Vermittlung von Fertigkeiten, die für den Aufbau eines modernen Industriestaates unabdingbar waren, das zweite zentrale Ziel der Bildungspolitik.

In der Forschung und Entwicklung in den Bereichen Chemie und Physik z. B. errichte die Sowjetunion Weltgeltung. Im Mittelpunkt standen dabei die Entwicklung der Kernenergie und die Weltraumforschung. Die ersten Satelliten, Sputnik 1 und Sputnik 2 wurden 1957 ins All geschickt; der erste Astronaut, der die Erde in einem Raumfahrzeug umkreiste, war 1961 Juri A. Gagarin. Bis Anfang der achtziger Jahre hatte die Sowjetunion über 30 bemannte Raumfahrzeuge ins Weltall entsandt.

Auch im Bereich der bildenden und der darstellenden Kunst und der Literatur versuchte die sowjetische Führung, breite Bevölkerungsschichten zu erreichen. Eine realistische Stilrichtung, der Sozialistische Realismus, wurde hier zur Doktrin. Es gab Gewerkschaften für kommunistische Schriftsteller, Maler und andere Künstler. Es wurden Theater und Konzertsäle gebaut und Orchester, Theater- und Tanzensembles auf Tourneen durch das Land geschickt. Das breite Publikum wurde vor allem mit politisch-didaktischer, zeitgenössischer ebenso wie folkloristischer Kunst konfrontiert.

 

Staatsmacht

Kulturpolitischer Grundsatz der sowjetischen Führung war, dass Kunst und Wissenschaft der Sowjetunion in allen Aspekten dem Aufbau der kommunistischen Gesellschaft zu dienen haben. Dabei blieben die Forschungen im Bereich der Naturwissenschaften von staatlicher Bevormundung relativ unberührt. Für die Sozialwissenschaften war ausschließlich die marxistische Perspektive maßgeblich.

In der modernen Musik z. B. waren Experimente möglich. So standen etwa die Komponisten Sergej Prokofiew und Dmitrij Schostakowitsch zeitweise bei der sowjetischen Führung in hohem Ansehen, fielen später allerdings in Ungnade. Mitte der sechziger Jahre äußerten sich sowjetische Kulturpolitiker positiv zum vorher als dekadent verpönten Jazz und zur Zwölftonmusik. Bildende Kunst und Literatur jedoch wurden auf den Sozialistischen Realismus verpflichtet. Mit dem Sozialistischen Realismus wurde eine Stilrichtung institutionalisiert, die das sowjetische System auf eine extrem positive und erhabene Weise darstellen sollte, und zwar so, dass die Darstellung dem Geschmack und Verständnis der breiten Masse entgegenkam. In den zwanziger Jahren erlebte die avantgardistische russische Kunst eine Blütezeit, aber unter Stalin wurden zahlreiche ihrer literarischen Werke und Gemälde (etwa von Marc Chagall, Kasimir Malewitsch und Wassily Kandinsky) verboten. Im Bereich Religion ließ die sowjetische Regierung zwar theoretisch Toleranz walten, definierte sich jedoch als atheistisch und unterdrückte in der Praxis die Religionsausübung. Gottesdienste unterlagen strengen Beschränkungen, Gläubigen wurden der Zugang zu Bildungseinrichtung und die berufliche Weiterentwicklung erschwert. In Extremfällen konnten sie sogar inhaftiert werden.

 

Dissidenten

Auf das "Tauwetter" in den Jahren der Entstalinisierung (1955-1964) folgte unter Breschnew die Rückkehr zu einer repressiveren Politik. Besonders nach dem Prager Frühling 1968 wurden Hunderte von Dissidenten (Andersdenkenden) wegen angeblich subversiver Tätigkeit des Landes verwiesen bzw. in Arbeitslagern, Gefängnissen und psychiatrischen Anstalten inhaftiert. Die bekanntesten Dissidenten waren der Schriftsteller Alexandr I. Solschenizyn und der Kernphysiker Andrej D. Sacharow. Solschenizyn erhielt 1968 in der Sowjetunion Publikationsverbot und wurde 1974 des Landes verwiesen. Sacharow entging aufgrund seines Bekanntheitsgrades lange Zeit der Bestrafung. Nachdem er aber im Dezember 1979 den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan kritisiert hatte, wurde er nach Gorki (eine Stadt, zu der Ausländer keinen Zutritt hatten) verbannt. Dort lebte er unter ständiger Bewachung. Im Dezember 1986 durfte Sacharow nach Moskau zurückkehren. Unter den Dissidenten gab es auch solche, die dem sowjetischen Sytem aus religiösen Gründen kritisch gegenüberstanden, u. a. viele Juden, aber auch Zeugen Jehovas, Katholiken und Baptisten. Zu den Dissidenten aus etnischen Gründen gehörten z. B. die Krimtartaren und die Wolgadeutschen.

 

Außenpolitik

 

Nach dem 2. Weltkrieg baute die Sowjetunion enge Beziehungen zu den angrenzenden osteuropäischen Ländern auf. Der COMECON mit Sitz in Moskau begann nach 1949, Pläne zur wirtschaftlichen Integration seiner Mitgliedstaaten in Osteuropa auszuarbeiten. Den sowjetischen Vorstellungen zufolge sollte jedes Land seine Produktion nach seinen Ressourcen ausrichten und alles, was es nicht selbst produzieren konnte, aus den anderen Mitgliedstaaten einführen. Gegen ein solches sowjetisch kontrolliertes System entwickelte sich bald Widerstand, besonders in Rumänien, das die ihm zugewiesene Rolle als Agrarland und Öllieferant nicht akzeptieren wollte. Sowjetische Pipelines, die Polen, Ungarn und die DDR mit Öl und Gas versorgten, führten zu einer gewissen wirtschaftlichen Abhängigkeit der betreffenden Staaten.

 

Beziehungen zu den Satellitenstaaten

Jugoslawien schien unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg großes Interesse an einer Kooperation mit der Sowjetunion zu haben. Es kam jedoch schon bald zum Bruch, da sich die jugoslawische Regierung weigerte, in allen Punkten den Direktiven Moskaus zu folgen. In den anderen osteuropäischen Staaten hingegen nahm der sowjetische Einfluss bis 1955 stetig zu. 1952 machte der Handel der Sowjetunion mit ihren Satellitenstaaten 80 Prozent der gesamten sowjetischen Handelsbeziehungen aus. 1954 räumte die Sowjetunion der DDR gewisse wirtschaftliche Freiheiten ein: Das Land musste keine weiteren Reparationszahlungen leisten, dafür blieben sowjetische Truppen in der DDR stationiert. 1955 wurde in Reaktion auf den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland in die NATO der Warschauer Pakt gegründet. Er sollte zum einen der wechselseitigen militärischen Hilfe der Mitgliedstaaten im Kriegsfall, zum anderen der Sicherung des sowjetischen Einflusses dienen. Nach Stalins Tod verbesserten sich die Beziehungen zu Jugoslawien vorübergehend, wurden aber schon bald wieder gespannter. Grund hierfür war vor allem der sowjetische Einmarsch in der Tschechoslowakei 1968. Nach 1961 verlor die Sowjetunion ihren Einfluss in Albanien, das in China einen neuen Verbündeten fand.

Polenkrise und Ungarnaufstand

In Reaktion auf die Entstalisierung in der Sowjetunion kam es 1956 in Polen zu großen Demonstrationen gegen die stalinistische Führung. Die Demonstrationen wurden vom Militär niedergeschlagen; die polnischen Führung aber wurde auf Druck der Sowjetunion gegen einen neue ausgetauscht, die sich deutlich vom Stalinismus distanzierte.

Von den Ereignissen in Polen angespornt, brach 1956 auch in Ungarn ein Volksaufstand aus. Tausende Arbeiter und Studenten demonstrierten für die volle Unabhängigkeit Ungarns von der Sowjetunion und den Abzug der Roten Armee. Sowjetische Truppen schlugen den Aufstand blutig nieder, und János Kádár bildete unter sowjetischer Protektion eine neue Regierung. Von den westlichen Ländern und den Vereinten Nationen wurde die UdSSR für ihr Eingreifen in Ungarn scharf verurteilt. Der Einfluss der Sowjetunion in Ungarn blieb weiterhin bestehen.

Prager Frühling

Die nächste große Krise innerhalb des Ostblocks ereignete sich im Sommer 1968 in der Tschechoslowakei. Im Januar hatte auf Grund der sich zuspitzenden Wirtschaftskrise der moskautreue Generalsekretär der tschechoslowakischen KP, Antonín Novotný, zurücktreten müssen; sein Nachfolger wurde Alexander Dubcek, der eine Liberalisierung der Wirtschaft und eine Demokratisierung der Gesellschaft, den so genannten Prager Frühling, einleitete. Die sowjetische Führung beobachtete die Vorgänge zunächst wohlwollend, befürchtete aber schon bald den Verlust ihres Einflusses in der Tschechoslowakei und im Ostblock überhaupt. Am 21. August 1968 besetzten Truppen des Warschauer Paktes gemäß der Brechnew-Doktrin über die eingeschränkte Souveränität der sozialistischen Staaten die Tschechoslowakei und schlugen den Prager Frühling nieder. Dubcek wurde im April 1969 abgesetzt, seine Reformen wurden revidiert.

Die Niederschlagung des Prager Frühlings hatte auch Auswirkungen auf die sowjetische Innenpolitik und auf das Verhältnis der UdSSR zu den anderen Staaten des Warschauer Paktes. In der Sowjetunion selbst wurden die Kontrollmaßnahmen und die Verfolgung von Dissidenten verschärft. Außenpolitisch band die Sowjetunion ihre Satellitenstaaten noch enger an sich an. Der Westen zeigte sich äußerst beunruhigt und verschob geplante Abrüstungsverhandlungen.

 

Beziehungen zu China

1949 erkannte die Sowjetunion Volksrepublik China unter Mao Tse-tung an. 1950 unterzeichneten beide Staaten einen Vertrag mit 30-jähriger Laufzeit. Außerdem unterstützten beide Nordkorea im Koreakrieg (1950-1953). Noch Ende der fünfziger Jahre waren die Beziehungen beider Staaten eng. So erreichte das Handelsvolumen der Sowjetunion mit China einen Umfang von zwei Milliarden Dollar jährlich. In den sechziger Jahren verschlechterten sich die Beziehungen zusehends; Grund waren die ideologischen Gegensätze, u. a. auch hinsichtlich der Revolution in den Entwicklungsländern. Diese Kontroverse manifestierte sich u. a. in der Weigerung der Sowjetunion, China nach 1959 bei der Entwicklung der Kernenergie zu unterstützen. Auch zeigte sich China darüber verstimmt, dass ehemals chinesische und erst 1858 bzw. 1860 an die Russland gefallene Gebiete nicht zurückgegeben wurden. 1969 kam es zu Zusammenstößen zwischen Grenztruppen beider Länder. Der Chinabesuch des amerikanischen Präsidenten Richard M. Nixon 1972 beunruhigte außerdem die sowjetische Führung, die eine Veränderung der weltpolitischen Machtverhältnisse befürchtete. Bemühungen der UdSSR, nach dem Tode Maos 1976 die ideologische und machtpolitische Auseinandersetzung zu entschärfen, schlugen fehl. China seinerseits ermunterte die osteuropäischen Staaten zu größerer Unabhängigkeit und suchte im Westen um wirtschaftliche und militärische Hilfe nach. Ende 1979 wurden Gespräche zwischen China und der Sowjetunion zur Entspannung des gegenseitigen Verhältnisses aufgenommen, Anfang 1980 wieder unterbrochen und 1982 fortgesetzt.

 

Beziehungen zu anderen asiatischen Staaten

1945 erkannte die Sowjetunion die Demokratische Republik Vietnam unter Ho Chi Min an. 1954 gehörte sie zu den Unterzeichnerstaaten jenes Vertrags, durch den Vietnam auf der Genfer Indochina-Konferenz vorläufig geteilt wurde. Als sich in den sechziger Jahren der Vietnamkrieg verschärfte, spitzte sich im Rahmen des Ost-West-Konflikts die Auseinandersetzung zwischen der UdSSR und den USA zu. Nach dem Sieg des kommunistischen Nordvietnam unterstützte die Sowjetunion das wiedervereinigte Vietnam in seinen Auseinandersetzungen mit China.

1966 leistete der sowjetische Ministerpräsident Kossygin durch seine Vermittlungen zwischen Indien und Pakistan im Konflikt um Kaschmir einen bedeutenden Beitrag zum Weltfrieden. In diesem Konflikt, der 1971 zur Gründung des Staates Bangladesh führte, stand die UdSSR auf der Seite von Indien, während die Vereinigten Staaten und China Pakistan unterstützten.

Zu Japan unterhielt die Sowjetunion relativ normale Beziehungen, lehnte es aber ab, die strategisch wichtigen Kurilen, die sie 1945 erobert hatte, an Japan zurückzugeben.

Im Dezember 1979 marschierten sowjetische Truppen in Afghanistan ein, um die angeschlagene kommunistische Regierung zu stützen. Sie stießen auf unerwartet harten Widerstand und konnten sich nicht gegen die muslimische Opposition durchsetzen. 1988 unterzeichnete die UdSSR gemeinsam mit den USA, Pakistan und Afghanistan einen Vertrag über den Abzug der sowjetischen Truppen; im Februar 1989 war der Truppenrückzug abgeschlossen.

 

Einfluss in Afrika

In den sechziger Jahren erlitt die Sowjetunion bei ihrer Afrikapolitik zwei herbe Rückschläge. In der Republik Kongo (dem heutigen Zaire) wurde der von der Sowjetunion unterstützte Ministerpräsident Patrice Lumumba 1961 bei einem Aufstand getötet. In Ghana wurden 1966 Kwame Nkrumah und seine kommunistische Regierung durch einen Militärputsch gestürzt und alle sowjetischen Berater des Landes verwiesen. In den siebziger Jahren gelang es der Sowjetunion mit Unterstützung kubanischer Truppen, in Angola eine ihr loyale Regierung an die Macht zu bringen. Außerdem wurden die Somalis aus Äthiopien zurückgedrängt. Die UdSSR unterstützte regierungsfeindliche Organisationen in Rhodesien (dem heutigen Zimbabwe) und Südafrika. Dies verstärkte die Besorgnis des Westens, der eine neue Form des sowjetischen Imperialismus und eine Zunahme des sowjetischen Einflusses in Afrika und im Nahen Osten fürchtete.

In den fünfziger und sechziger Jahren unterhielt die Sowjetunion enge Beziehungen zu Ägypten. Die UdSSR unterstützte Ägypten bei der Verstaatlichung des Suezkanals (1956) sowie beim Bau des Assuan-Staudammes. Im Sechstagekrieg 1967 zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn stand die Sowjetunion hinter Ägypten. 1971 unterzeichneten beide Länder einen auf 15 Jahre angelegten Freundschaftsvertrag. Die sowjetische Kritik an dem friedensstiftenden Besuch des ägyptischen Staatspräsidenten Anwar as-Sadat in Jerusalem (1977) führte zur Entfremdung. Im Dezember 1977 wies Sadat die Sowjetunion an, ihre Konsulate in Ägypten zu schließen und alle kulturellen Aktivitäten in Ägypten einzustellen. Gleichzeitig mussten sowjetische Berater den Sudan und Somalia verlassen.

 

Beziehungen zu Westeuropa

Nach der Verschärfung des Kalten Krieges, u. a. in Folge der Kontroversen mit den drei West-Alliierten über die Deutschlandfrage und der außenpolitischen Isolation der Sowjetunion Anfang der fünfziger Jahre, leitete die Sowjetunion nach dem Tod Stalins unter dem Motto "friedliche Koexistenz" eine Entspannungspolitik ein. Sie nahm, allerdings ohne Erfolg, wieder Verhandlungen mit den Westmächten über die Deutschlandfrage auf, und 1955 unterzeichnete sie den Österreichischen Staatsvertrag, durch den Österreich seine Souveränität zurückerhielt. Im selben Jahr nahm sie volle diplomatische Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland auf. Grundlage der sowjetischen Deutschlandpolitik war die These von der Existenz zweier deutscher Staaten Demzufolge legte Außenminister Andrej A. Gromyko 1959 einen Friedensvertrag für zwei getrennte deutsche Staaten vor; der Versuch einer Einigung mit den Westmächten über die Deutschlandfrage scheiterte jedoch noch im selben Jahr auf der Genfer Außenministerkonferenz. In den fünziger Jahren forderte die Sowjetunion die Umwandlung Westberlins in eine freie, entmilitarisierte Stadt (Berlin-Ultimatum 1958), kündigte alle Vereinbarungen über Berlin und versuchte Westberlin zu isolieren. Erst im Rahmen der neuen Ostpolitik des Bundeskanzlers Willy Brandt kam es 1971 zum Abschluss der Berlinabkommens. Bereits im August 1970 hatten die Bundesrepublik und die Sowjetunion den Moskauer Vertrag unterzeichnet, in dem beide Seiten die Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens und die deutsch-deutsche Grenze anerkannten. Die bundesdeutsch-sowjetischen Spannungen wurden durch den Grundvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR 1972 weiter reduziert. Die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), die von 1972 bis 1975 auf sowjetische Initiative im finnischen Helsinki stattfand, schrieb den territorialen Status der Sowjetunion in Europa fest.

 

Beziehungen zu den USA

1962 drohte der Interessenskonflikt zwischen der UdSSR und den USA hinsichtlich Kubas zu einem offenen Krieg zu eskalieren. Die UdSSR unterhielt enge Beziehungen zur Regierung Fidel Castros und hatte der kubanischen Regierung im Fall eines amerikanischen Angriffs Hilfe zugesichert. 1962 stationierte die UdSSR Raketen auf Kuba. Der amerikanische Präsident John F. Kennedy forderte ultimativ den Abzug der Waffen; Chruschtschow gab nach. Die Kubakrise war beigelegt. Die UdSSR unterstützte Kuba weiterhin durch wirtschaftliche und technische Hilfe. Durch die Kooperation sowjetischer und kubanischer Berater und Soldaten in Afrika und Asien wurde die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern nach 1976 noch verstärkt.

Rüstungskontrolle

1954 und 1959 schlug die Sowjetunion eine totale Abrüstung vor. Erste Verhandlungen gerieten jedoch ins Stocken, als die UdSSR eine Überprüfung der Einhaltung dieser Vereinbarung ablehnte. 1960 kündigte die UdSSR an, sie werde ihre militärische Stärke um ein Drittel verringern. Wiederum war der Westen nicht bereit, auf diesen Vorschlag einzugehen, da die Sowjetunion erneut der vom Westen gewünschten Überprüfung nicht zustimmte.

1953 zündete die Sowjetunion ihre erste Wasserstoffbombe, ein Jahr nach den USA. Danach experimentierten alle Großmächte mit Kernwaffen, so dass eine Rüstungskontrolle und -begrenzung zwingend notwendig wurde. Es gab allerdings auf dem Gebiet der Rüstungskontrolle nur mäßige Erfolge. 1963 aber unterzeichnete die UdSSR mit den USA eine Vereinbarung, die alle Atomtests, mit Ausnahme unterirdischer Versuche, untersagte. Fernerhin einigten sich die USA und die Sowjetunion darauf, keine Waffensysteme im All zu stationieren. 1969 nahmen die beiden Großmächte Gespräche über die Begrenzung strategischer Waffen (amerikanisch: strategic arms limitation talks, kurz SALT) auf. Diese Gespräche führten 1972, 1974 und 1979 zu Vereinbarungen über die Beschränkung von Raketen und Raketenstützpunkten.

Entspannung

Im Mai 1972 besuchte der amerikanische Präsident Richard Nixon die Sowjetunion. Dabei wurden verschiedene Vereinbarungen getroffen, so etwa zur Kooperation in Wissenschaft, Technik und Raumfahrt sowie zur Rüstungsbegrenzung.

Nach 1975 kamen die SALT-Verhandlungen zunächst ins Stocken. Denn das Engagement der UdSSR in Angola und in anderen afrikanischen Staaten sowie in den arabischen Ländern stieß auf die vehemente Kritik der USA. Dennoch kamen die SALT-Verhandlungen im Mai 1979 zu einem neuen Ergebnis, und im Juni wurde bei einem Treffen zwischen Breschnew und dem amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter in Wien das SALT II-Abkommen unterzeichnet. Die Ratifikation allerdings wurde nach der sowjetischen Intervention in Afghanistan im Dezember 1979 vom amerikanischen Kongress verhindert.

Anfang der achtziger Jahre verschlechterten sich die Beziehungen zwischen der Sowjetunion und den USA. Die Vereinigten Staaten verurteilten neben dem sowjetischen Einmarsch in Afganistan auch die Rolle, die die UdSSR bei der Unterdrückung der unabhängigen Gewerkschaftsbewegung in Polen spielte, sowie den Abschuss eines zivilen koreanischen Flugzeuges im sowjetischen Luftraum im September 1983.

 

Die Ära Gorbatschow

 

Im November 1982 starb Breschnew. Sein Nachfolger als Generalsekretär und Staatspräsident wurde Jurij W. Andropow. Er starb nach langer Krankheit im Februar 1984. Auf den Nachfolger Andropows, Konstantin Tschernenko, der nach nur dreizehnmonatiger Amtszeit starb, folgte im März 1985 Michail Gorbatschow.

 

Glasnost und Perestroika

Nachdem Gorbatschow seine Macht durch verschieden Personalwechsel im Politbüro gefestigt hatte, leitete er mit Perestroika (russisch: Umbau) und Glasnost (russisch: Offenheit) ein Gesellschaft, Wirtschaft und Staat umfassendes Reformprogramm ein. Auf einem Parteitag der KPdSU Ende Juni 1988 schlug Gorbatschow verschiedene Verfassungsreformen vor: Er forderte eine Machtverschiebung zugunsten vom Volk gewählter Gesetzgebungsorgane, Neuorientierung im Bereich der Wirtschaftsplanung und einen deutlichen Machtzuwachs für den Ministerpräsidenten. Drei Monate später trat Andreij A. Gromyko, seit 1985 Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjet, zurück; Gorbatschow übernahm das Amt des Staatspräsidenten. Im März 1989 fand in der Sowjetunion die erste landesweite Wahl zum Kongress der Volksdeputierten seit 1917 statt. Der Kongress trat im Mai zusammen, konstituierte den Obersten Sowjet und wählte 1990 Gorbatschow für fünf Jahre zum Präsidenten mit weit reichenden Vollmachten. Ebenfalls 1990 verzichtete die KPdSU auf ihr Führungsmonopol.

 

Außenpolitische Initiativen

Im April 1988 wurde ein Abkommen über den sowjetischen Rückzug aus Afghanistan geschlossen. Aus den offiziellen Statistiken, die im Mai veröffentlicht wurden, ging hervor, dass bei den Kämpfen 13 310 sowjetische Soldaten getötet und weitere 35 478 verletzt worden waren. Der Abzug der sowjetischen Truppen war im Februar 1989 abgeschlossen.

Zwischen 1985 und 1991 gab es mehrere Gipfeltreffen zwischen Gorbatschow und den amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan und George Bush. Bei einem Treffen mit Reagan in der isländischen Hauptstadt Reykjavík im Oktober 1986 machten beiden Seiten umfassende Neuvorschläge zur Abrüstung. Die Verhandlungen wurden jedoch abgebrochen, als Gorbatschow darauf bestand, dass die USA ihre Forschungen für das Raketenabwehrsystem SDI beenden solle. Im Dezember 1987 wurde ein beiderseitiger Abbau von Mittelstreckenraketen und Kurzstreckenwaffen beschlossen. Im Mai 1990 unterzeichneten Gorbatschow und Bush einen Vertrag über einen Produktionsstopp für chemische Waffen, im Juli 1991 einen Vertrag zur Beschränkung strategischer Kernwaffen.

Auch Gorbatschows weitere außenpolitische Initiativen waren bemerkenswert. Im Dezember 1988 kündigte er auf der UN-Vollversammlung die einseitige Abrüstung konventioneller Waffensysteme an. Bei seinem Besuch in Peking im Mai 1989 kamen China und die UdSSR überein, nach 30 Jahren der Konfrontation wieder normale Beziehungen aufzunehmen. Bei einem Treffen mit Papst Johannes Paul II. in Rom kündigte Gorbatschow an, den Bürgern der Sowjetunion volle Religionsfreiheit zu gewähren. Die UdSSR und der Vatikan verständigten sich darauf, diplomatische Beziehungen aufzunehmen. Auch die Beziehungen zu Israel verbesserten sich, da die UdSSR die Auswanderungsbestimmungen für sowjetische Juden erleichterte. Ab dem August 1990, als die Spannungen am Persischen Golf zunahmen, unterstützte die Sowjetunion generell die von den Vereinigten Staaten ausgehenden Bemühungen, den Irak durch wirtschaftlichen und militärischen Druck zur Aufgabe Kuwaits zu zwingen.

 

Das Ende der UdSSR

Zwischen 1989 und 1991 wurden die kommunistischen Regierungen der Ostblockstaaten von Reformbewegungen erschüttert und schließlich gestürzt. Hier schritt die Sowjetunion unter Abkehr von der Breschnew-Doktrin ebenso wenig ein wie bei den Massendemonstrationen Ende 1989 in der DDR. 1991 wurden COMECON und Warschauer Pakt, beides Eckpfeiler der sowjetischen Außenpolitik, aufgelöst.

In und zwischen einzelnen Unionsrepubliken begannen bisher unterdrückte Nationalitätenkonflikte auszubrechen; gleichzeitig nahmen die Spannungen zwischen den Repbuliken und der Zentrale spürbar zu, einzelne Republiken erklärten sich für souverän innerhalb der UdSSR. 1990 erklärte sich die baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland für unabhängig. All diesen Unabhängigkeitsbestrebungen suchte die sowjetische Führung zunächst durch den Einsatz des Militärs entgegenzuwirken; für den August 1991 war schließlich die Unterzeichnung eines neuen Unionsvertrages vorgesehen, durch den die einzelnen Republiken mehr Rechte erhalten und der die UdSSR weiterhin zusammenhalten sollte.

Orthodox-kommunistische Verfechter einer harten Linie, zu denen viele Parteifunktionäre gehörten, unternahmen im August 1991 einen Staatsstreich. Sie stellten Gorbatschow unter Hausarrest und versuchten, die alten Verhältnisse wiederherzustellen. Nach drei Tagen gelang es den Reformern unter Führung des Vorsitzenden des Obersten Sowjet, Boris Jelzin, den Staatsstreich zu vereiteln. Gorbatschow trat als Generalsekretär der KPdSU zurück, und in der Folge wurde die KPdSU, die beschuldigt wurde, an dem Staatsstreich beteiligt gewesen zu sein, verboten. Am 5. September beschloss der Kongress der Volksdeputierten die Bildung einer Übergangsregierung, der aus einem Staatsrat bestand, in dem die Präsidenten der Republiken unter Vorsitz Gorbatschows vertreten waren. Am folgenden Tag erkannte der Staatsrat die Unabhängigkeit der baltischen Staaten an.

Alle Versuche Gorbatschows, den Zerfall der Union zu verhindern, scheiterten. Am 8. Dezember 1991 schlossen sie die Republiken Russland, Weißrussland und Ukraine zur Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) zusammen, umd mit dem Beitritt acht weiterer Republiken zur GUS am 21. Dezember hörte die UdSSR faktisch auf zu existieren. Am 25. Dezember trat Gorbatschow zurück. Am 26. Dezember beschloss das sowjetische Parlament offiziell die Auflösung der UdSSR. Die Auflösung der Sowjetunion wurde formal am 28. September 1995 von der Duma, dem Russischen Staatsrat) rückgängig gemacht.

 

Christoph Barth

 

 

Anmerkung (1997; November): Die russische Duma hat mit der Mehrheit der Kommunisten offiziell die Auflösung der Sowjetunion rückgängig gemacht, wenn auch de facto die UdSSR aufgelöst bleibt.

cb