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Dieses Referat darf ich mit freundlicher Erlaubnis von Christoph Barth veröffentlichen (leider ohne Grafiken).

 

Christoph Barth

Werbung

 

Religionen, Sekten und Weltanschauungsgemeinschaften

 

 

Ausarbeitung

Scientology Kirche e.V. - Detaillierte Darstellung

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

Inhaltsverzeichnis

I

Vorwort

II - III

1.

Ideologie und Zielsetzung

1 - 6

1.1.

Selbstverständnis der Scientology

1 - 2

1.2.

Einschätzung durch Ehemalige, Experten, Gerichte, etc.

2 - 6

2.

Organisationsstruktur

7 - 26

2.1.

Selbstdarstellung der Scientology-Organisation - Aufbau und Herrschaftsstruktur

7 - 18

2.2.

Verbreitung

18 - 26

3.

Die Methoden und ihre Auswirkungen

27 - 45

3.1.

Werbemethoden und Öffentlichkeitsarbeit

27 - 30

3.2.

Der "Persönlichkeitstest"

30 - 33

3.3.

Lebenshilfeangebote und therapeutische Methoden

33 - 34

3.3.1.

Der Kommunikationskurs

35 - 36

3.3.2.

Das "Auditing"

36 - 40

3.3.3.

Narconon

40 - 41

3.4.

Erziehungsmethoden und Angebote für Kinder

41 - 43

3.5.

Die "Verteidigungsmethoden"

43 - 45

 

Unvollständig (bis S. 117)

 

 

 

 

Vorwort

 

Wohl keine andere Organisation im Bereich weltanschaulicher oder religiöser Gruppen fordert die Auseinandersetzung, ja den Konflikt mit vielfältigen anderen gesellschaftlichen Bereichen heraus, wie die sich selbst so bezeichnende Scientology-Kirche (SC), oder englisch Church of Scientology. Wurden Auseinandersetzungen um und mit neuen religiösen und weltanschaulichen Gruppierungen in der Bundesrepublik Deutschland früher eher von Betroffenen, Beratungsstellen und Sektenbeauftragten geführt, so ist in der letzten Zeit -besonders wegen Scientology- eine Verlagerung in andere Bereiche wie Gesundheit, Wirtschaft und insbesondere den politischen Bereich festzustellen. Das Problem des Umgangs mit Scientology führte in jüngster Zeit zu diplomatischen Verwicklungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik Deutschland. Die Medien schenken dem Thema eine deutlich wachsende Beachtung, und dennoch scheinen nur wenige Menschen genau über Scientology bescheidt zu wissen.

Diese Darstellung habe ich verfaßt, um die große Menge an Ergebnissen, die ich aus meinem persönlichen Interesse an Scientology gewonnen habe in kompater Form festzuhalten. In diese Ausarbeitung sind neben den Stimmen von Kritikern wie Herrn F.-W. Haack (u.a.: Scientology - Magie des 20. Jahrhunderts) auch Fachausarbeitungen und Expertenstatements eingeflossen; einen wichtigen Platz in dieser Ausarbeitung nehmen auch Zitate aus Texten von Scientology ein. Hierbei waren meine wichtigsten Grundlagen das Scientology-Buch "Was ist Scientology?", das ich als Geschenk bei einem Besuch des Düsseldorfer Celebrity Centre erhalten habe, sowie mehrere Ausgaben des Magazins Freiheit, das die Scientology Kirche mit einer Auflage von einer Million Exemplaren verbreitet.

Über diese persönlichen Kontakte mit Scientology möchte ich an dieser Stelle auf den Anhang verweisen, wo ich eine kurze Darstellung dieses Kontaktes angefügt habe.

Bedanken möchte ich mich bei allen Institutionen, die mir Informationsmaterial haben zukommen lassen, sowie in besonderem Maße bei meinen Eltern und den Lehrern meiner Schule, die mir das logische Denken, das man meiner Ansicht nach bei der Darstellung eines so komplexen Themas in besonderem Maße braucht, beigebracht haben.

So muß man oftmals nur kurz über das gerade Gelesene nachdenken, um zu erfassen, was es bedeutet. So wird von Scientology oftmals die sogenannte "Feststehende Anweisung No. 1" erwähnt. Sie besagt wörtlich »Alle an mich adressierte Post soll von mir erhalten werden.« und bezog sich zeitlebens auf L. Ron Hubbard, den Gründer von Scientology, bzw. zur Zeit (nach Aussage von Scientology) auf den jetzigen Präsidenten Reverent Herber Jentzch. Ferner gibt es in Scientology eine Auflage, das jedes Mitglied einmal pro Jahr dem Präsidenten einen Brief zukommen lassen soll. 1996 reklamierte Scientology weltweit für sich rund 9 Millionen Mitglieder. Würde jedes Mitglied sich nun an die oben benannte Auflage halten, dann würde sich für den Präsidenten von Scientology ein tägliches Briefvolumen von 24.656 Briefen (in Schaltjahren 24.590) ergeben. Er hätte dann genau 3,5 Sekunden Zeit zum Lesen und Beantworten jeden Briefes (in Schaltjahren 3,6 Sekunden). Für andere Beschäftigungen wie Essen, Trinken, Schlafen, usw. bliebe ihm dann keine Sekunde mehr Zeit. Offiziell erklärte Scientology 1986, im Nachruf auf den verstorbenen Gründer, daß dieser immer (!) jede schriftliche, an ihn addressierte Anfrage, und jeden sonstigen Brief beantwortet habe - eine beeindruckende Leistung (man sollte mal die Mathematikkenntnisse der für diese Behauptung Verantwortlichen testen).

Ich hoffe, daß diese Ausarbeitung ein kleines bißchen dazu beiträgt, die Scientology-Kirche in den Griff zu bekommen; denn meiner Ansicht nach haben nur diejenigen die Chance sich gegen die Scientologen zu behaupten, die über deren Methoden, deren Ideologie und auch deren Selbstauffassung schon bescheidt wissen, noch bevor die "Krake" Scientology ihre Fänger weiter ausgestreckt hat.

 

 

Christoph Barth

im Januar 1998

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. Ideologie und Zielsetzung

 

 

1.1. Selbstverständnis der Scientology

 

In zahlreichen Veröffentlichungen verbreitet Scientology das Selbstbild einer als Kirche organisierten, ständig expandierenden Religionsgemeinschaft. So finden sich beispielsweise in einem 850 Seiten umfassenden Hochglanz-Propagandawerk, mit dem Namen Was ist Scientology? folgende Behauptungen: "Scientology ist eine angewandte religiöse Philosophie. Sie ist die am schnellsten wachsende religiöse Bewegung der Erde und wurde in weniger als einem halben Jahrhundert zu einer fest etablierten und treibenden Kraft für positive Veränderungen in unserer Welt... Die Scientology-Religion umfaßt eine ständig wachsende Anzahl von Kirchen, Missionen und Gruppen auf der ganzen Welt... Noch während dieses Buch in Druck geht, dringt ihr Wissen in immer mehr Länder vor, und bald werden die Kapitel, die sich mit der Rolle, die Scientology in der Gesellschaft spielt, befassen, erweitert werden müssen." [New Era Publications International (Hrsg.): Was ist Scientology?, Kopenhagen, 1993, Seite X ff.]

Die Zielsetzung der Scientology wird im gleichen Buch folgendermaßen beschrieben: "Eine Zivilisation ohne Geisteskrankheit, ohne Verbrecher und ohne Krieg, in der fähige Wesen erfolgreich sein und ehrliche Leute Rechte haben können, und in der der Mensch die Freiheit hat, zu größeren Höhen aufzusteigen - das sind die Ziele der Scientology." [New Era Publications International (Hrsg.): Was ist Scientology?, Kopenhagen, 1993, Seite XIII]

In einer weiteren Publikation mit dem Titel Die Ziele der Scientology versucht die Organisation sich als unpolitisch darzustellen: "Die Scientology verfolgt keine politischen Ziele. Jeder, gleichgültig, welcher Rasse oder welchen Glaubens, ist in Scientology willkommen. Wir streben keine Revolution an. Wir streben lediglich eine Evolution zu höheren Daseinsebenen des einzelnen und der Gesellschaft an." [New Era Publications International (Hrsg.) Die Ziele der Scientology, Kopenhagen, 1992, Seite 11 f.]

Dagegen heißt es an anderer Stelle: "Um diesen Planeten klären zu können, müssen wir damit fortfahren, unsere Expansionsgeschwindigkeit in alle Bereiche der Gesellschaft hinein noch zu steigern." [L. Ron Hubbard in KSW News, Ausgabe 24, Los Angeles, 1988]

 

 

1.2. Einschätzung durch Ehemalige, Experten, Gerichte, etc.

 

Ein völlig anderes Bild ergibt sich aufgrund der öffentlichen Diskussion, die zur Zeit um die Scientology-Organisation geführt wird. Dieses basiert auf zahlreichen Erfahrungsberichten ehemaliger Mitglieder, auf Expertenanhörungen und -veröffentlichungen, wissenschaftlichen Gutachten und Stellungnahmen sowie auf einer wachsenden Zahl gerichtlicher Urteile und Beschlüsse. Diesen Erkenntnissen zufolge besteht eine deutliche Diskrepanz zwischen den explizit verbreiteten Idealzielen der Scientology-Organisation einerseits sowie ihren impliziten, tatsächlich angestrebten Zielvorstellungen andererseits. Gemäß diesen Erkenntnissen weist die Scientology-Organisation totalitäre Erscheinungsformen und antidemokratische Zielsetzungen auf.

Ein im Januar 1996 veröffentlichtes, im Auftrag des nordrhein-westfälischen Innenministers erstelltes Gutachten, das erstmals Erkenntnisse zu Scientology in Anlehnung an die methodischen Schritte einer extremismustheoretischen Organisationsuntersuchung auswertet, kommt zu der Schlußfolgerung, daß Scientology "eine politische Organisation" sei, die "langfristige politische Zielsetzungen" verfolge und in deren "Zentrum... die Schaffung einer Gesellschaft nach scientologischen Prinzipien" stehe. "Eine Gesellschaft, in der scientologische Prinzipien verwirklicht wären, würde sich zu einer modernen Form totalitärer Herrschaft entwickeln, in der die fundamentalen Prinzipien demokratisch-rechtsstaatlicher Verfassungssysteme keinen Platz fänden. Eine scientologische Gesellschaft läuft hinaus auf einen durch keinerlei rechts- und sozialstaatliche Fesseln gebändigten Kapitalismus in einer totalitären Herrschaftsform." [Innenministerium NRW (Hrsg.): Hans-Gerd Jaschke: Scientology - Eine Gefahr für die Demokratie: Eine Aufgabe für den Verfassungsschutz?, Düsseldorf, 1996, S. 56]

Im weiteren kommt der Gutachter zu folgender Einschätzung: Theorie und Praxis von SC erfüllen alle Merkmale einer totalitären Organisation und Weltanschauungsgemeinschaft. Sie erhebt einen ideologischen Alleinvertretungsanspruch, sie ist hermetisch abgeschlossen, sie gruppiert sich um eine Führer-Ideologie, folgt einem rigide dualistischen Weltbild, das die Welt undifferenziert in Gut und Böse unterscheidet, eingebettet in eine eigens entwickelte, mit rationalen Maßstäben kaum zugängliche Fachsprache. Auch das für totalitäre und extremistische Ideologien typische kollektivistische Denken findet sich bei SC. Die Überhöhung der "clears" und die Frontstellung gegen alle, die SC nicht folgen, stiftet einen Gemeinschaftszusammenhang, der von elitären Vorstellungen des Übermenschen geprägt ist,...

Besonders hevorzuheben ist die Tatsache, daß Gewaltanwendung ein integraler Bestandteil der SC-Ideologie ist. Die mittlerweile vielfach von ehemaligen Anhängern geschilderte Praxis der Einschüchterung und Verfolgung von Abtrünnigen und Gegnern ist als systematische und praktische Konsequenz dieser ideologischen Position zu betrachten. "Sowohl die totalitäre Gesamtstruktur wie auch die Gewaltkomponenten verstoßen gegen wichtige Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung." [Innenministerium NRW (Hrsg.): Hans-Gerd Jaschke: Scientology - Eine Gefahr für die Demokratie: Eine Aufgabe für den Verfassungsschutz?, Düsseldorf, 1996, Seite 56 f.]

Das Gutachten erörtert auch einige Gründe, die scheinbar gegen eine extremistische Orientierung von Scientology sprechen: Insbesondere gehört hierzu die Tatsache, daß die Anhängerschaft beginnend bei den Kursteilnehmern - mehrheitlich nicht primär politisch motiviert ist, - sondern daß es ihr vor allem darum gehe, die persönliche Lebenssituation zu verbessern. Während die Sypathisanten extremistischer Gruppierungen vor allem an der radikalen Veränderung der Gesellschaft bzw. an ihrer Überwindung interessiert seien, konzentriere sich die SC-Anhängerschaft in weiten Teilen zuallererst individualistisch auf sich selbst und die Veränderung der eigenen Lebensperspektive. Darüber hinaus ließe sich Scientology "historisch-politisch und ideengeschichtlich nich den Traditionen des Links- und Rechtsextremismus zuordnen." [Innenministerium NRW (Hrsg.): Hans-Gerd Jaschke: Scientology - Eine Gefahr für die Demokratie: Eine Aufgabe für den Verfassungsschutz?, Düsseldorf, 1996, Seite 58]

Trotz dieser Einwände kommt der Gutachter zum Schluß, daß Scientology eine Organisation mit einer "extremistischen Grundstruktur" ist. Es scheint sich hierbei "eine neuartige Form des politischen Extremismus anzubahnen, orientiert an den Ideen des absoluten, heldischen Übermenschen, der die lästigen Fesseln des Liberalismus und der Demokratie abstreift auf dem Weg zu einer Weltherrschaft, die auf totalitären und mit einer demokratischen Verfassung unvereinbaren Grundprinzipien basiert." [Abel, Ralf B., Gutachterliche Stellungnahme zu der Frage "Ist das Menschen- und Gesellschaftsbild der Scientology-Organisation vereinbar mit der Werte- und Rechtsordnung des Grundgesetzes?", erstellt im Auftrag der Ministerpräsidentin des Landes Schleswig-Holstein, 1996, Seite 42]

Zusammenfassend stellt Jaschke in seinem nordrhein-westfälischen Gutachten fest, daß eine "ganze Reihe von Indizien" dafür sprechen, "daß Scientology längerfristig verfassungsfeindliche Zielsetzungen vertritt." Allerdings weist er auch darauf hin, daß beim "gegenwärtigen Forschungs- und Diskussionsstand" noch eine Vielzahl von empirischen Fragen zu wenig geklärt sei, um zu einer endgültigen Einschätzung zu kommen. [Innenministerium NRW (Hrsg.): Hans-Gerd Jaschke: Scientology - Eine Gefahr für die Demokratie: Eine Aufgabe für den Verfassungsschutz?, Düsseldorf, 1996, Seite 59 ff.]

Auf der Basis diese Gutachtens wurde unlängst im Auftrag der schleswig-holsteinischen Landesregierung eine juristische Stellungnahme von Rolf B. Abel veröffentlicht, die zu dem Schluß kommt, daß scientologisches Gedankengut "in diametralem Gegensatz zum Demokratieverständnis des Grundgesetzes" stehe. [Abel, Rolf B., Gutachterliche Stellungnahme zu der Frage "Ist das Menschen- und Gesellschaftsbild der Scientology-Organisation vereinbar mit der Werte- und Rechtsordnung des Grundgesetzes?!", erstellt im Auftrag der Ministerpräsidentin des Landes Schleswig-Holstein, 1996, Seite 51]. "Die Verankerung scientologischen Gedankengutes in der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland würde wesentliche Teile der grundgesetzlichen Ordnung faktisch außer Kraft setzen. Erzielte SC maßgeblichen politischen Einfluß, so würde dies in letzter Konsequenz zur Abschaffung der grundgesetzlichen Ordnung führen."

Von großer Bedeutung für die Einschätzung der Scientology-Organisation ist der Beschluß des Bundesarbeitsgerichtes aus dem Jahr 1985. [BAG, Beschluß vom 22.03.1985, Az.: 5 - AZB 21/94] Obwohl es bei dem Beklagten nur um eine Niederlassung (Scientology-Kirche Hamburg e.V.) handelt, wird der Beschluß allgemein als grundlegend und richtungsweisend für die Einschätzung der Scientology-Organisation angesehen. Das BAG kommt hierin zu der Auffassung, daß die beklagte "Scientology-Kirche Hamburg e.V." keine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft sei. In der Begründung heißt es unter anderem: "Die geschäftlichen Aktivitäten machen nicht nur einen erheblichen Anteil an den gesamten Aktivitäten des Beklagten aus. Die religiösen oder weltanschaulichen Lehren dienen als Vorwand für die Verfolgung wirschaftlicher Ziele."

Darüber hinaus stellt das Gericht fest, daß "unlautere Werbemethoden von Scientology zum Prinzip erhoben worden" seien. "Eine Institution, die -wie Scientology- für Mitgliederwerbung und für die Werbung zur Teilnahme an bestimmten entgeldpflichtigen Kursen Provisionen zahlt, kann keine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft im Sinne der Artikel 4 und 140 GG, sowie des Artikels 137 WRV sein." Weitere Belege für die Beurteilung, daß es sich bei Scientology um "ein kommerzielles Unternehmen" handelt, sieht das Gericht in nachweiselichen Äußerungen L. Ron Hubbards, des 1986 verstorbenen Gründers des Scientology-Organisation. Es führt dazu folgendes aus: "So heißt es in dem "Policy-Brief" des Hubbard-Kommunikationsbüros vom 9. Mai 1965 (Ron. L. Hubbard: Das Handbuch für den ehrenamtlichen Geistlichen, 1965, Seite 649, 656): "Viele haben mich bestürmt, sie zu auditieren, und ich wurde ein ziemlich überarbeiteter Mann. Ich wurde nur durch die Gründung der Kirche gerettet, der ich meine Kunden übergeben konnte." In einem Brief von Hubbard heißt es unter anderem: "Make Money: Make More Money: Make Other People Produce So As To Make Money." [HCO-policyletter of 9 March 1972 R Issue O, revised 4 August 1983, zitiert nach OVG Hamburg]

Der 5. Senat des BAG sieht auch einen engen Zusammenhang zwischen "dem kommerziellen Charakter" und den "menschenverachtenden Anschauungen von Scientology-Organisationen". Als Beispiel zitiert er aus einer Führungsanweisung vom 13. März 1991 folgendes: "...Die Org hat nicht Leute von den richtliniengemäßen Fundgruben eingestellt. Als Ergebnis davon war die Org mit Jugendlichen, die die Schule schwänzten, Kunden der nächstgelegenen Armenküche, Landstreichern und anderen widerwärtigen Burschen bemannt...." Das Gericht betont hierzu, daß ihm "eine derat abwertenden "offizielle" Stellungnahme einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft über sozial Schwache, die noch dazu ihre Mitglieder sind" bislang nicht bekannt geworden sein. Das bedeute, "daß sich Scientology zu seinem etwa in §4 der Satzung des Beklagten enthaltenen "Glaubensbekenntnis" und den "Kernaussagen" in nachhaltigen Widerspruch begibt."

Schließlich weist der Senat auch "auf totalitäre Tendenzen" hin, "die sich in wichtigen Schriftstücken und Praktiken von Scientology zeigen" und die er ausführlich anhand zahlreicher Zitate belegt. Nach Auffassun des Bundesarbeitsgerichtes handelt es sich dabei um "Methoden, die mit der Menschenwürde (Artikel 1, Absatz 1 GG) und dem Menschenbild des Grundgesetzes nicht vereinbar sind."

 

 

 

 

 

 

 

 

2. Organisationsstruktur und Verbreitung

 

 

Der Expansionsdrang der Scientology-Organisation in die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereiche hinein basiert nicht zuletzt auf ihrer Organisationsstruktur, deren herausragende Merkmale die straffe hierarchische Gliederung über mehrere Ebenen und eine strikte Aufgabenteilung sind.

 

2.1. Selbstdarstellung der Scientology-Organisation - Aufbau und Herrschaftsstruktur

 

In dem bereits zitierten Scientology-Propagandabuch "Was ist Scientology?" wird die Organisationsstruktur folgendermaßen dargestellt: "Obwohl jede Kirche in der Regel eine eigenständige amtliche Körperschaft bildet und einen eigenen Vorstand und leitende Angestellte hat, die für die Aktivitäten zuständig sind, bilden sie gemeinsam die Bausteine eines internationalen Netzwerkes, das den gesamten Globus umspannt. Dazu muß man auch wissen, daß diese Kirchen Teil einer hierarchischen Struktur sind, deren Schema der Klassifizierungs-, Gradierungs- und Bewußtseinskarte der Scientology entspricht {Anmerkung: Auf diese Karte wird im Verlaufe der Ausarbeitung noch näher eingegangen}. Mit anderen Worten, auf der unteren Stufe dieser Hierarchie geben einzelne und Organisationen "Auditin" und Ausbildung für Anfänger, während auf höherer Ebene kirchliche Organisationen die höchsten "Auditing"- und Ausbildungsstufen anbieten. ... All dies wird von einer kirchlichen Verwaltungsstruktur umspannt, die die Aktivitäten jeder einzelnen Kirche unterstützt, koordiniert und voranbringt, damit Scientology als Ganzes ihre Ziele erreicht." [New Era Publications International (Hrsg.): Was ist Scientology?, Kopenhagen, 1993, Seite 349]

Im weiteren Verlauf des Buches beischreiben die Autoren verschiedene Organisationsformen, die hier zur Dokumentation in gleicher Reihenfolge angefügt werden sollen:

Feldauditoren und Dianetik-Beratungsgruppen, Scientology-Missionen, Klasse-V-Organisationen, Celebrity Centres, SaintHill-Organisationen, Fortgeschrittene Organisationen, Flag Service Organisation, Flag Ship Service Organisation, Church of Scientology International, RTC (Religious Technology Center), Scientology-Mitarbeiter, IAS (International Association of Scientologists), Gemeinden, Freedom (Zeitschrift: dt. Freiheit), KVPM (Kommission für Verstöße der Psychatrie gegen Menschenrechte), Nationaler Ausschuß für Gesetzesvollzug und soziale Gerechtigkeit, ABLE (Association for Better Living and Education), Narcon, Criminon, Applied Scholastics, Stiftung "Der Weg zum Glücklichsein", WISE (World Institute of Scientology Enterprises)

Verschwiegen wird allerdings hierbei, daß es sich ledidlich um eine Auswahl und keineswegs um eine vollständige Liste der fast unüberschaubaren Teil- und Unterorganisationen der Scientology handelt.

Nach außen hin zeigen sich die meisten der oben aufgeführten Organisationen als unabhängige Einrichtungen, die mit Scientology nichts zu tun haben, stellenweise leugnen sie sogar öffentlich, daß Zusammenhänge zwischen ihnen und der Scientology-Organisation bestehen würden. Im folgenden eine kurze Darstellung von zwei Scientology-Organisationen:

Die Kommission für Verstöße der Psychatrie gegen Menschenrechte (KVPM) verfügt über mindestens 8 Niederlassungen im Bundesgebiet. Die stellt sich als Gruppierung dar, die Mißstände in der Psychatrie aufdecken und bekämpfen will. Ihre Kampagnen jedoch sind eine zielgerichtete Diffamierung des Berufsstandes der Psychiater und Psychologen. Dabei arbeitet sie mit den Ängsten der Menschen: In ihrer Broschüre: "Kleiner Knigge: Wie verhalte ich mich richtig im Umgang mit Psychiatern?" werden Psychiatriepatienten Verhaltensmaßnahmen empfohlen, um eine "Behandlung mit schädlichen Drogen, Einzelzelle, Festschnallen" oder eine Verlängerung der Therapiedauer zu vermeiden. Besondere Aktivitäten entfaltet die KVPM im Kindergartenbereich. So wurde in Schreiben an Kindergärten behauptet, daß "Kindern und Jugenlichen bewußtseinsverändernde Drogen aus der psychiatrischen Industrie verabreicht würden." [vgl. Beispielsweise Schreiben der KVPM an die Leitung eines Kindergartens in Duisburg vom 03.06.1994] Als Teddybär- und Puppenvertreter verschaffen sich KVPM-Mitglieder Zutritt zu Kindergärten und Tagesstätten; später wurden den Eltern der nach Meinung von KVPM überaktiven Kindern psychologische Hilfe angeboten.

In unverantwortlicher Weise versucht KVPM "Menschen mit psychischen Leiden von einer angemessenen Behandlung abzuhalten und sie stattdessen mit ihren scientology-eigenen gefährlichen Techniken an sich zu binden". [Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung des Landes Baden-Württemberg (Hrsg.): Stellungnahme zu den Praktiken der KVPM, 1993]. Die Kampagnen der KVPM "dienen nicht der Verantwortung für seelisch leidende Menschen, sondern lediglich der Anwerbung neuer Mitglieder für die Scientology-Organisation."

Das Zentrum für Individuelles und Effektives Lernen (ZIEL) ist eine Zweigstelle der internationalen Vereinigung Scientologys unter dem Namen Applied Scholastics International. Diese Vereinigung hat das Ziel, Kinder und Erwachsene mit der Lern- und Studientechnologie Hubbards vertraut zu machen, indem sie z. Bsp. Hausaufgabenhilfe und Privatunterricht anbietet.

An dieser Stelle möchte ich auf den Anhang verweisen, wo ich eine Grafik auf Basis einer Informationsbroschüre des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erstellt haben, in der die drei Scientology-Dachorganisationen und die dazugehörigen Scientoloy-Unterorganisationen aufgeführt sind. Es soll hieran deutlich werden, daß unter dem Dach der Scientology Church International ein globales Netzwerk von Einzelorganisationen besteht. Diese sind in allen Bereichen des Lebens - Wirtschaft, Politik, Bildung, Erziehung - tätig.

Eine strenge hierarchische Strukturierung gibt es nach Darstellung Scientologys in den einzelnen "Dianetik- und Scientology-Organisationen", die auch als "Kirchen" bezeichnet werden.

Die sogenannte "Orientierungstafel", die großformatig und mehrfarbig veröffentlicht wird, zeigt das Orgianisationsmuster..., das in allen Scientology-Kirchen benutzt und auf die von Hubbard entwickelte "Verwaltungstechnologie" zurückgeführt wird. [New Era Publications International (Hrsg.): Was ist Scientology?, Kopenhagen, 1993, Seite 346 f.]. Demnach wird jede "Kirche" von einem "Leitenden Direktor" geführt, dem zwei "Führungs-Sekretäre" mit den Bezeichnungen "HCO-Führungs-Sekretär" und "Organisations-Führungs-Sekretär" untergeordnet sind. Diesen wiederum unterstehen insgesamt sieben Abteilungen mit je einem vorsitzenden Sekretär; sie gruppieren sich folgender Maßen: Dem "HCO-Führungs-Sekretär" sind drei Abteilungen untergeordnet: namentlich "Abteilung 7 - Führungsabteilung" mit dem vorsitzenden Sekretär der Abteilung 7, "Abteilung 1 - Abteilung des Hubbard-Kommunikationsbüros" mit dem vorsitzenden "HCO-Gebietssekretär", und Abteilung 2 - Verbreitungsabteilung" mit dem vorsitzenden "Verbreitungssekretär". Auf der anderen Seite sind dem "Organisations-Führungs-Sekretär" vier Abteilungen untergeordnet: "Abteilung 3 - Finanzabteilung" mit dem vorsitzenden "Finanzsekretär"; "Abteilung 4 - technische Abteilung" mit dem "technischen Sekretär"; "Abteilung 5 - Qualifikationsabteilung" mit dem vorsitzenden "Qualifikationssekretär" und "Abteilung 6 - Öffentlichkeitsabteilung" mit dem vorsitzenden "Verteilungssekretär". Den sieben Abteilungen untergeordnet sind 21 weitere Unterabeitungen. Im folgenden eine kurze Unterordnungsgrafik:

 

Abteilung 7 - Führungsabteilung:

Unterabt. 21: Büro von LHR

Unterabt. 20: Büro für spezielle Angelegenheiten

Unterabt. 19: Büro des leitenden Direktors

 

Abteilung 1 - Abteilung des Hubbard Kommunikationsbüros

Unterabt. 01: Unterabteilung für Weiterleitung und Personal

Unterabt. 02: Unterabteilung für Kommunikationen

Unterabt. 03: Unterabteilung für Inspektionen und Berichte

 

Abteilung 2 - Verbreitungsabteilung

Unterabt. 04: Unterabteilung für Werbung und Marketing

Unterabt. 05: Unterabteilung für Veröffentlichungen

Unterabt. 06: Unterabteilung für Registration

 

Abteilung 3 - Finanzabteilung

Unterabt. 07: Unterabteilung für Einnahmen

Unterabt. 08: Unterabteilung für Auszahlungen

Unterabt. 09: Unterabteilung für Aufzeichnungen,Vermögenswerte,Material

 

Abteilung 4 - Technische Abteilung

Unterabt. 10: Unterabteilung für Technische Dienste

Unterabt. 11: Unterabteilung für Aktivität

Unterabt. 12: Unterabteilung für Produktion

 

Abteilung 5 - Qualifikationsabteilung

Unterabt. 13: Unterabteilung für Examinationen

Unterabt. 14: Unterabteilung für Review

Unterabt. 15: Unterabteilung für Zertifikate und Auszeichnungen

 

Abteilung 6 - Öffentlichkeitsabteilung

Unterabt. 16: Unterabteilung für Information der Öffentlichkeit

Unterabt. 17: Unterabteilung für Clearing

Unterabt. 18: Unterabteilung für Erfolg

 

Diese Unterabteilungen werden von Scientology an verschiedenen Stellen definiert; da eine vergleichbare Definition in keiner anderen Literatur vorkommt, habe ich im folgenden die Erklärungen von Scientology übernommen.

 

Unterabteilung 1:

Leitet alle Gemeindemitglieder und Besucher in ihren richtigen Bestimmungsort weiter, damit sie Hilfe oder Dienste erhalten.

Stellt neue Kirchenmitarbeiter ein.

Hilft den Mitarbeitern ihre Pflichten zu verstehen, damit sie Mitgliedern und Gemeinde bessere Dienste anbieten können.

 

Unterabteilung 2:

Verteilt alle Post und internen Kommunikationen

Sorgt dafür, daß alle eingehenden Briefe umgehend beantwortet werden.

 

Unterabteilung 3:

Hilft Personen, die Scientology-Ethik anzuwenden, um Zustände in ihrem Leben zu verbessern.

Inspiziert und berichtet über Schwierigkeiten der Organisation, um eine schnelle Lösung sicherzustellen.

Sammelt die Statistiken der Organisation und zeichnet ihre Graphen, um die Expansion zu erleichtern.

 

Unterabteilung 4:

Schickt informative Briefsendungen hinaus, die die Aktivität und Dienste der Kirche betreffen.

Veröffentlicht das Magazin der Kirche.

 

Unterabteilung 5:

Macht L. Ron Hubbards Bücher, Vorträge und andere religiöse Materialien durch den Buchladen der Kirche erhältlich.

Kommt umgehend allen eigegangenen Bestellungen für Bücher nach.

 

Unterabteilung 6:

Schreibt Mitglieder für Auditing- und Ausbildungsdienste ein.

Bleibt durch die Post mit Gemeindemitgliedern in Kontakt, informiert sie über Kirchenaktivitäten und hilft ihnen, auf der Brücke voranzukommen.

 

Unterabteilung 7:

Bucht die Spenden der Gemeindemitglieder und führt Aufzeichnungen über erhaltene Spenden.

 

Unterabteilung 8:

Sorgt für den Materialbedarf der Kirche und ihrer Mitarbeiter, indem sie alle Posten kauft, die für die weitere Funktion der Kirche notwendig sind.

Bezahlt alle Rechnungen der Kirche.

 

Unterabteilung 9:

Kümmert sich um die Möbel der Kirche sowie Ausrüstung und dergleichen und stellt sicher, daß dieses Eigentum gut erhalten bleibt und richtig funktioniert.

Führt Aufzeichnungen über die Konten der Kirche.

 

Unterabteilung 10:

Sorgt dafür, daß sich gut um die Gemeindemitglieder gekümmert wird und daß sie schnellen Service bekommen.

Hilft dabei, Unterkunft für auswärtige Mitglieder zu arrangieren.

Versorgt die technischen Mitarbeiter mit benötigten Materialien, um Auditing und Ausbildung anzubieten.

 

Unterabteilung 11:

Bietet allen Gemeindemitgliedern standardmäßig Ausbildungsdienste an.

Bringt Auditoren zum Kursabschluß, die dann anderen helfen können, die Brücke hinaufzugehen.

 

Unterabteilung 12:

Bietet Gemeindemitgliedern standardmäßiges Auditing mit exzellenten Ergebnissen an.

 

Unterabteilung 13:

Stellt sicher, daß Studenten und Preclears die vollen Ergebnisse ihrer Dienste erhalten haben.

 

Unterabteilung 14:

Macht Versagen, die Technologie richtig anzuwenden, ausfindig und korrigiert sie.

Sorgt für die Mitarbeiter der Kirche, indem sie ihnen Auditing und Ausbildung ermöglicht.

 

Unterabteilung 15:

Stellt Zertifikate für diejenigen aus, die Kirchendienste abschließen.

 

Unterabteilung 16:

Macht Dianetik und Scientology auf breiterer Ebene bekannt, und hält Einführungsvorträge, um Leute über die Fachgebiete zu informieren.

 

Unterabteilung 17:

Bietet Einführungs-Ausbildung, -Auditing und -Seminare an.

Bietet Kaplansdienste einschließlich Eheberatung an.

Führt die Aufgaben eines Geistlichen aus, einschließlich Hochzeiten, Namensgebungszeremonien und Sonntagsandachten.

 

Unterabteilung 18:

Ernennt ehrenamtliche Geistliche und hilft ihnen, ihre Aufgaben in der Gemeinde auszuführen.

Hilft dabei, neue Dianetik- und Scientology-Gruppen in der Umgebung zu eröffnen.

Unterstützt die örtliche Gemeinde mit Goodwill-Programmen der Kirche,

 

Unterabteilung 19:

Koordiniert alle Aktivitäten der Mitarbeiter, stellt sicher, daß die Organisation reibungslos läuft und verbessert ständig die Qualität der Dienste an die Gemeindemitglieder und die Gemeinde.

 

Unterabteilung 20:

Sorgt für ein gutes Verhältnis zur Regierung und erledigt die rechtlichen Angelegenheiten der Kirche.

 

Unterabteilung 21:

Stellt die Expansion und die Zukunft der Kirche durch die korrekte Anwendung von L. Ron Hubbards Technologie und Richtlinien sicher.

Hält die Grundstücke und Gebäude der Kirche sauber und sorgt dafür, daß sie sicher sind.

Zusammenfassend wird in dem "Scientology-Propagandawerk" zu der Struktur folgendes festgestellt: "In diesen sieben Abteilungen und ihren einundzwanzig Unterabteilungen findet man alle Funktionen, Pflichten, Positionen, Handlungsabläufe und Befehlskanäle der Organisation." [New Era Publications International (Hrsg.): Was ist Scientology?, Kopenhagen, 1993, Seite 346 f.]

Die vorangehende Darstellung der Unterabteilungen vermittelt einen Eindruck von der straffen Organisationsstruktur innerhalb Scientologys.

Soweit diese bekannt sind, findet sich in den Scientology eigenen Veröffentlichungen keine zusammenhängende Darstellung, die über die verschiedenen Ebenen und Befehlsstrukturen der Gesamtorganisation Aufschluß gibt. Es soll hier wohl der Anschein geweckt werden, daß es sich um voneinander unabhängige, mehr oder weniger autonome Einzelorganisationen handelt, die sich unter dem gemeinsamen Dach der "Scientology Kirche" zusammengefunden haben. Nach Meinung von Experten weist nicht nur jede einzelne Teilorganisation sondern auch die Gesamtorganisation Scientology eine solch ausgefeilte hierarchische Struktur auf. Nach dem Prinzip "Teile und herrsche!" wird so die absolute Macht über das weltweite Scientology-Netz an der Spitze der Machtpyramide konzentriert. Der Informationsfluß von unten nach oben und der Rückfluß von Direktiven und Vorgaben in die einzelnen Teilbereiche ermöglicht es der Führungsriege um den Hubbard-Nachfolger und "Chairman of the Board" David Miscavige, die vollkommene Kontrolle über die Organisation und ihre Mitglieder auszuüben.

Die "Spitze der Pyramide", die internationale Verwaltungszentrale befindet sich in Los Angeles, USA. Weitere internationale Stützpunkte der Organisation liegen unter anderem in Clearwater/Florida, Hollywood/Kalifornien (Celebrity Center) und auf dem Scientology eigenen Karibikkreuzer "Freewinds". Weltweit gilt folgende Einteilung: USA/West, USA/Ost, Kanada, Australien/Ozeanien, Lateinamerika, Afrika, Italien, Großbrittanien, restliches Europa.

Die Zentrale für Europa und Afrika ist in Kopenhagen, die auch die statistischen Sollzahlen für den von der jeweiligen Niederlassung zu erzielenden Umsatz vorgibt. Die deutsche Zentrale, die "Scientology Kirche Deutschland e.V.", hat ihren Sitz in München. Weitere sogenannte "Kirchen" gibt es in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Hannover, München und Stuttgart. Sogenannte "Missionen" oder "Dianetik-Zentren" befinden sich in Bremen, Dresden, Göppingen, Heilbronn, Mannheim, Münster, Nürnberg, Reutlingen, Ulm, Wiesbaden, München und Karlsruhe. Sogenannte "Celebrity Centres", die laut Eigenwerbung "Dienste für Künstler und Persönlichkeiten der darstellenden und bildenden Künste, des Sports und der Geschäftswelt" anbieten, besitzt die Scientology-Organisation in Düsseldorf, Hamburg und in München.

Darüber hinaus gibt es in ganz Deutschland zahlreiche weitere Niederlassungen der verschiedenen scientologischen Unterorganistionen (z.B. KVPM, WISE-Charter-Komitees, usw.). Die nordrhein-westfälischen Scientology-Organisationen werden von Düsseldorf aus geleitet. In den letzten Jahren wurden scientologische Expanisionsbestrebungen und andere Aktivitäten "in vielen Städten und Gemeinden Nordrhein-Westfalens registriert, unter anderem in Iserlohn, Velbert, Krefeld, Mönchengladbach, Köln-Rodenkirchen, usw." [NRW-Innenministerium (Hrsg.): Die Scientology Organisation, 1995, Seite 11]

Allem Anschein nach liegt derzeit die Macht und Kontrolle über die gesamte Scientology-Organisation beim RTC (Religious Technology Center) in Los Angeles. In einer scientologischen Informationsbroschüre heißt es dazu: "Das RTC ist der Protektor der Scientology-Religion. Es besitzt alle Warenzeichen und Dienstleistungsmarken und überwacht die Lizenzvergabe und Verwendung derselben." [zitiert nach F. Nordhausen: Der Sekten-Konzern, Berlin, 1994, Seite 68]

In der Praxis bedeutet dies, daß das RTC die Lizenzen an alle Zweige, Unterorganisationen und einzelnen Mitglieder Scientologys vergibt und somit sämtliche von dort ausgehenden Aktivitäten kontrollieren und steuern kann.

Das "Scientology-Imperium" scheint sich im wesentlichen auf drei Hauptsäulen zu stützen. Dieses sind:

Die "Church International", der alle Organisationen ("Missionen", "Kirchen", etc.) zugeordnet sind und die den Verkauf von Kursen, Materialien und Dienstleistungen betreibt.

ABLE International (Association for Better Living and Education), eine Vereinigung, die sich laut Scientology den "Lösungen für eine belastete Gesellschaft" [New Era Publications International (Hrsg.): Was ist Scientology?, Kopenhagen, 1993, seite 405] widmet. Dazu gehören Scientology-Organisationen wie Narconon ("Drogenrehabilitationsprogramm"), Applied Scholastics (Schule, Ausbildung, Erziehung), Criminon ("Rehabilitation für Straftäter"), usw.

WISE (World Institute of Scientology Enterprises), ein internationaler Wirtschaftsverband, in dem sich Unternehmen zusammengeschlossen haben, die Lizenznehmer für die scientologische Verwaltungstechnologie sind. Die WISE-Mitglieder tragen in erheblichem Maße zur Expansion und Infiltration der scientologischen Ideologie in ganze Wirtschaftszweige bei. Bevorzugte Branchen u.a.: Immobilien, Unternehmens- und Managementberatung und andere beratungsintensive Sparten.

 

2.2. Verbreitung

 

Über die Verbreitung der Scientology-Organisation liegen scheinbar keine verläßlichen Angaben vor. Da es keine objektiven empiroschen Untersuchungen zur Mitgliederstruktur gibt und diese wohl auch kaum durchführbar sind, muß jede Schätzung von den Eigenangaben der Organisation ausgehen. Dies dürfte der Grund dafür sein, daß man in der Literatur immer wieder auf die gleichen Zahlen stößt, deren Quellen jedoch niemand genau kennt.

Die Angaben der Scientology-Organisation selbst unterliegen einer großen Schwankungsbreite und sind abhängig von der beabsichtigten Wirkung, je nachdem ob die Organisation ihre Größe und Bedeutung kundtun oder den Eindruck einer verfolgten Minderheit entstehen lassen will.

Auf Nachfrage teilte die Scientology-Organisation 1997 mit, daß sie in Nordrhein-Westfalen ca. 2000 Mitglieder habe. Für die Bundesrepublik wird eine Mitgliederzahl von 30.000 genannt, wenn die Scientology-Organisation Größe und Bedeutung dokumentieren will. Soll jedoch der Eindruck einer "verfolgten Minderheit" entstehen, so wird auch eine weitaus niedrigere Zahl veröffentlicht.

Im Internet, das von Scientology exzessiv zur Informationsverbreitung genutzt wird, werden derzeit statistische Angaben (Zahlen, Tabellen, Grafiken) aus dem Jahre 1992 publiziert. {hierzu teilte die Deutsche Botschaft Washington am 25.03.1996 dem Innenministerium des Landes NRW mit, die Scientology-Organisation habe "vor kurzem eine aufwendige -home page- auf dem WorldWideWeb, die einem Bericht von Newsweek zufolge von 100 Scientology-Mitarbeitern erstellt wurde und insgesamt rund 30.000 Seiten umfaßt"} Hierbei handelt es sich um Auszüge aus dem Propagandabuch "Was ist Scientology?". Unter der Überschrift "Demographische und statistische Fakten über Scientology" werden auf insgesamt 36 DIN A4-Seiten Schautafeln gezeigt, die vermeintlich freimütig über jeden Aspekt der Scientology-Organisation Auskunft erteilen. Das Spektrum der Angaben reicht von der "Anzahl der Länder, in denen Technologien der Dianetik und Scientology verfügbar und in Verwendung sind" über "Positive Reaktionen auf Dianetik und Scientology" oder "Bücher von L. Ron Hubbard; Beliebtheit in der Öffentlichkeit" bis hin zu "Angaben über das Einkommen von Scientologen".

An dieser Stelle habe ich einige dieser statistischen Angaben angefügt. Ich denke, sie geben deutlichen Aufschluß darüber, wie sich Scientology selbst sieht. Alle Angaben sind zitert aus dem Buch "Was ist Scientology".

 

 

 

 

 

Anzahl von Ländern, in denen Technologien der Dianetik und Scientology verfügbar und in Verwendung sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kirchen, Missionen und Organisationen: über 40 Jahre Wachstum

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Anzahl der Gemeindeveranstaltungen und sozialen Reformgruppen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Unter Vertrag stehende Mitarbeiter in Scientology-Kirche und Missionen weltweit

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Anzahl derjenigen, die mit Scientology beginnen (pro Jahr)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Verbreitung von Scientology-Zeitschriften

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

verkaufte Bücher von L. Ron Hubbard - Beliebtheit in der Öffentlichkeit

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In welchem Alter kamen Scientologen zu Scientology? (in %-Anteil)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wie war die religiöse Vergangenheit von jetzigen Scientologen? (in %-Anteil)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wie lange sind Scientologen bereits bei Scientology?

 

 

 

 

Alle oben angefügten statistischen Angaben sind exakt aus dem bereits benannten Buch "Was ist Scientology?" entnommen. Es handelt sich um eine Auswahl meiner Ansicht nach wichtiger Punkte zum Grundaufbau und der Verbreitung von Scientology. Unter den im Buch erwähnten Punkten befinden sich aber auch solche, die sich mit dem Privatbereich der Scientologen beschäftigen, und deren Alkoholkonson, Drogenabhängigkeit, Ehe, Familie, etc. aufführen. Prinzipiell erscheint hierbei eine außergewöhnliche Detailliertheit, die stellenweise äußerst unglaubwürdig erscheint. Zusammennehmend läßt sich sagen, daß mit dieser Statistik ein unglaublich übertrieben positiver Eindruck von Scientology vermittelt wird.

Diese Darstellung wirkt auf statistische Laien beeindruckend und wissenschaftlich fundiert. Sie erweckt den Eindruck, daß die Scientology-Organisation alle Fakten offen lege und nichts zu verbergen habe. Statistik in dieser Form ist jedoch laut einer Informationsschrift des nordrhein-westfälischen Innenministeriums vom Dezember 1996 "Humbug" und keinesfalls als seriöse Informationsquelle anzusehen. Sie muß in erster Linie als ein - wenn auch sehr effektives Mittel - zur Meinungsmanipulation betrachtet werden.

Eine Antwort auf die Frage nach der Mitgliederzahl - die ja den Statistikern der Scientology nicht schwer fallen dürfte - sucht man allerdings in diesen veröffentlichten Daten vergeblich. Lediglich über die "Anzahl derjenigen, die mit Scientology beginnen (pro Jahr)" und die "Anzahl der gegebenen Auditingstunden in Kirchen und Missionen (nicht kumulativ)" wird Auskunft erteilt. Die erstere wird für das Jahr 1990 mit "493.685" (Scientology-Anfängern) angegeben, die letztere für das gleiche Jahr mit "1.502.274" ("Auditing"-Stunden). [New Era Publications International (Hrsg.):Was ist Scientology?", Kopenhagen, 1993, Seite 460 f.] Angesichts der Tatsache, daß alle Vorgänge in der Organisation der Kontrolle durch sogenannte Statistiken unterliegen, fragt man sich (sicherlich berechtigt), warum Scientology nicht in der Lage (oder willens) ist, eindeutige Angaben über die Mitgliederzahl zu machen.

Die geographische Verbreitung der Scientology-Organisation erstreckt sich über den ganzen Globus, wobei in jüngster Zeit besonders in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion starke Expansionsbestrebungen registriert wurden.

Eigenen Angaben nach war die Organisation im Jahre 1992 in 99 Ländern vertreten. Bücher von Hubbard seien in 105 Ländern vertrieben und in 31 Sprachen übersetzt worden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

3. Die Methoden und ihre Auswirkungen

 

 

"Besonders starke Kritik gilt den vielfältigen Methoden der Scientology-Organisation. Diese seien in höchstem Maße manipulativ und auf Gewinnmaximierung sowie schnelle Expansion hin ausgelegt. Sie wiesen totalitäre Zielsetzungen auf, werden in menschenverachtendem Stile eingesetzt und können gesundheits- bzw. persönlichkeitszerstörende Auswirkungen haben." [zitiert nach: Fachbericht des Max-Planck-Instituts über die Vorgehensweise der Scientology-Kirche: Dr. E. Mitschen]

 

 

3.1. Werbemethoden und Öffentlichkeitsarbeit

 

Die Scientology-Organisation betreibt schon seit Jahren aggressivste Werbung. Auf behördliche Maßnahmen ragiert sie oft mit gerichtlichen Verfahren, wobei sie den Status einer Religionsgemeinschaft für sich reklamiert. Dabei setzt sie unbedenklich zeitgeschichtliche Vorwürfe ein (Verfolgung religiöser Minderheiten in der NS-Zeit, mit denen sie sich vergleicht) und verbreitet diese in groß angelegten Kampagnen auch international. [Thesen von j. Kelsch, z.B. in Der neue politische Extremismus mit therapeutischem Legitimationsanspruck in Hanns Seidel Stiftung e.V. (Hrsg.). Vom Sektenmark zum Psychomarkt. Politische Studien. Heft 364, April 1996]

Schon 1989 gab die Scientology in einer Mitgliederzeitschrift das Motto "Cleae Deutschland" für das Jahr 1990 bekannt und begleitete dies mit einer groß angelegten Werbekampagne. Diese begann mit einem Werbespot auf zwei TV-Privatsendern und Werbeanzeigen mit dem Konterfei Einsteins ("Wir nutzen nur 10% unseres geistigen Potetials") für das Standartwerk "Dianetik" in nahezu sämtlichen Zeitschriften. Mit Postwurfsendungen an alle Haushalte wirbt die Organisation für die Bücher des L. Ron Hubbards. Diesen sind häufig Gutscheine beigefügt für einen kostenlosen "Persönlichkeitstest" oder für Werbefilme, die auch bei geringem Publikumsaufkommen (zwei bis drei Interessenten) in den Zentren vorgeführt werden (z.B. mit den Titeln "Dianetik - Die Entwicklung einer Wissenschaft", "Das Ehepaar - Stellen Sie Glück und Stabilität in Ihrer Ehe wieder her" und "Orientation").

Für die scientologischen Lernmethoden (Nachhilfe-, Lese- und Rechtschreibkurse), Kommunikations- und Konzentrationstrainings, die insbesondere auf Schüler und Studenten abzielen, wird auf verschiedene Weise geworben, z.B. per Handzettel, Plakate, Presseveröffentlichungen, -anzeigen. Es gibt laut dem Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Hinweise darauf, daß "einige Privatinstitute in Nordrhein-Westfalen von Scientologen geführt werden und diese Form von Nachhilfeprogrammen anbieten.

Die bisher umfangreichste Werbekampagne fand Anfang der 90er Jahre statt. Scientology verschickte aufwendig gestaltete Broschüren mit namentlicher Anrede der Adressaten - teils mit Videokasetten oder/und Buch - an Landtags- und Bundestagsabgeordnete, Polizeipräsidenten, Polizei- und Ordnungsbehörden, Vorstandsmitglieder in Großunternehmen und kommunalen Betrieben sowie an die Tagespresse. Auch werden Scientology-Bücher unaufgefordert an Universitäts-, Krankenhaus- und andere Bibliotheken sowie Gerichte verschickt. An einige dieser Adressaten - nach dem Innenministerium vorliegenden Informationen insbesondere an die Polizeidienststellen - wurde anschließend das bereits mehrfach in den Scientology-Zeitschriften "Freiheit" und "Freiheitsspiegel" angekündigte Handbuch "Interpol - eine in kriminelle Aktivitäten verwickelte Polizeiorganisation" verschickt.

Laut KSW News (Keep Scientology Working) sollte das Handbuch "an Regierungsoberhäupter und Parlamente jedes Staates verschickt werden, an jede Polizeibehörde in der Welt, sowie an sämtliche Polizeichefs und die führenden Köpfe der bedeutenden Unternehmen der elektronischen und Druckmedien und ähnlich gesinnter Gruppen, die daran arbeiten können, im Bereich der Justiz Ethik einzuführen." [KSW News, Ausgabe 32/1990 Dabei wird Ethik von Scientology in folgender Weise verstanden: "Der Zweck von Ethik ist: Gegenabsichten aus der Umwelt zu entfernen. Nachdem dies erreicht worden ist, hat sie zum Zweck, Fremdabsichten aus der Umwelt zu entfernen." (L. Ron Hubbard, Das Handbuch zum ehrenamtlichen Geistlichen, 1980, Seite 355)]

Auch Privatpersonen werden mit Bücherwerbung namentlich angeschrieben. Diese Adressaten werden vermutlich durch Zufallsauswahl aus dem Adressbuch ermittelt. Adressen von bestimmten Berufsgruppen (Rechtsanwälte, Ärzte, Architekten, etc.) werden von Adreßverlagen gekauft. Scientologen schrecken auch nicht davor zurück, auf den Krankenhausstationen verschiedner Hospitäler in Großstädten ihre Werbebroschüre "Der Weg zum Glücklichsein" zu verteilen.

Dem Handelsregister entnehmen die Scientology-Niederlassungen die Adressen der Geschäftsführer von Klein- und Mittelbetrieben ihrer Umgebung, um ihnen Buchwerbungen zuzusenden. Darüber hinaus werden auch zielgerichtete Schreiben an Unternehmer versandt. Häufig handelt es sich dabei um Absender, die nicht auf den ersten Blick als Scientologen zu erkennen sind. Sie werben um ihre Produkte oder Dienstleistungen (z.B.: Management-Seminare, EDV-Service, etc.), deren Verbindungen mit der scientologischen "Technologie" (im scientologischen Sprachgebrauch oft nur "Tech" genannt) sich erst bei genauerem Hinsehen erkennen läßt.

Diese angeschriebenen Geschäftleute sind fpr Scientology in doppelter Hinsicht von Nutzen: Zum einen sind sie - nicht selten samt ihren Familien - potentielle Kunden, zum anderen sind sie Multiplikatoren, die das scientologische Gedankengut an ihre Angestellten und auch an ihre Geschäftspartner weitergeben sollen. Auf diese Art werden neue Kunden für Scientology rekrutiert, wobei das Abhängigkeitsverhältnis der Mitarbeiter (besonders in einer Zeit wie der heutigen, in der die Arbeitsmarktlage sehr problematisch ist) perfide ausgenutzt wird.

Sobald eine Firma nach scientologischen Prinzipien geführt wird, muß immer auch berücksichtigt werden, daß dadurch Auszubildende und junge Arbeitnehmer zu Betroffenen werden, selbst, wenn sie hier nicht die erklärte Zielgruppe darstellen. In diesem Zusammenhang hat ein kürzlich erlassenes Urteil einige Bedeutung. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat darin einer scientologisch geführten Immobiliengesellschaft die Ausbildung von Lehrlingen untersagt, da diese den Auszubildenden regelmäßig einen "Persönlichkeitstest" zur Ausfüllung vorgelegt hat und damit die Persönlichkeitsrechte der ihr anvertrauten jungen Leute verletzte. [zitiert nach NRW Innenministerium: VG Düsseldorf, Urteil vom 23.01.1996, Az.: 3K 12881/94 -Urteil noch nicht rechtskräftig-]

Die hier geschilderten Werbemethoden stellen nur einen kleinen teil der ausgeklügelten Marketingstrategie der Scientology-Organisation dar. Bezüglich der Höhe des Werbeetats der Scientology liegen keine verläßlichen Angaben vor. Die Organisation selbst gibt an, daß die Ausgaben für die "Missionierung und Verbreitung der Scientology-Religion" bei ca. 22 Prozent der vereinnahmten Spendenbeträge liegen würde (Stellungnahme von November 1992).

Abschließend möchte ich noch sagen, daß fast alle Informationen in diesem Unterkapitel aus Schriften des Innenministeriums stammen, sowie auch das folgende Zitat des Bundesarbeitsgerichts. Dieses stellt fest, daß "unlautere Werbemethoden von Scientology zum Prinzip erhoben worden" seien. "Eine Institution, die -wie Scientology- für die Mitgliederwerbung und für die Werbung zur Teilnahme an bestimmten entgeltpflichtigen Kursen Provisionen zahlt, kann keine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft im Sinne der Artikel 4 und 140 GG und des Artikels 137 WRV sein." [BAG, Beschluß vom 22.03.1995, Az.: 5 - AZB 21/94]

 

3.2. Der "Persönlichkeitstest"

 

Der Einstieg in das Scientology-System erfolgt fast immer über den kostenlosen, sogenannten "Persönlichkeitstest", den die Leute per Hauswurfsendung oder durch Straßenwerbung erhalten, und aus Interesse oder Neugier zur Auswertung an den Absender zurückschicken. In erster Linie wird er als "Lockmittel" eingesetzt, um Interessenten, die sich auf der Straße bereits in ein Gespräch haben verwickeln lassen, für eine "intensivere Beratung" in die jeweilige Organisation oder Mission zu holen, mit dem Ziel, ihnen Kurse oder Bücher zu verkaufen.

Der Test wird unter der Bezeichnung "Oxford Capacity Analysis" (kurz auch OCA oder Oxford-Test genannt) verwendet. Es gibt keinerlei Verbindung zur berühmten Oxford-Universität, aber diese Assoziation ist vermutlich intendiert, da so der Anschein erweckt wird, als handele es sich um ein wissenschaftliches Verfahren. Dies ist nach allen vorliegenden Erkenntnissen nicht der Fall.

Der Test besteht aus 200 Fragen (der Test ist im Anhang beigefügt) - für einen reinen "Persönlichkeitstest" ist dies eher ungewöhnlich -, bei denen es sich um ein Sammelsurium aus unterschiedlichen Lebensbereichen handelt. Dem psychologischen Laien wird so der Eindruck vermittelt, als habe er sich einem umfassenden und exakten Instrument der Persönlichkeitsforschung anvertraut, mit dem gezielt und systematisch vorgegangen wird. Der Test wird kostenlos ausgewertet; das Ergebnis wird den Betroffenen nur in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt.

Der Test ist so konstruiert, daß in jedem Fall sogenannte "Ruinpunkte" auftreten, das heißt Bereiche, bei denen die Testpersonen besonders schlecht abschneiden. Dort werden von den Testauswertern (in der Regel nur mit dem scientologischen Know-how versehen, und ohne fundierte psychologische Ausbildung!) gravierende Persönlichkeitsdefizite diagnostiziert, deren Behandlung als dringend erforderlich dargestellt wird. Die Möglichkeit hierzu wird gleich in Form von scientologischen Kursen angeboten und dem verunsicherten Gesprächspartner als "einzige Chance" aufgezeigt.

Die Interpretation der Testwerte durch einen Mitarbeiter der Scientology-Organisation erfolgt nach der sogenannten "Wahrsager-Methode". Es wird willkürlich ein vermuteter Problembereich der Testperson herausgegriffen (z.B. "Ihre Testwerte legen nahe, daß Sie Probleme mit ihrer Frau haben"). Wird dies verneint, so wird sofort ein anderer Problembereich angesprochen. Jede kleinste Reaktion, die auf Irritation oder Verunsicherung hinweist, wird registriert und zum Anlaß genommen, diesen Bereich näher ins Visier zu nehmen. Mit dieser Methode werden einzelne Themenbereiche schrittweise ausgegrenzt, was für den Betroffenen meist unmerklich geschieht. Früher oder später stößt der "Tester" zwangsläufig auf eine tatsächlich vorhandene, problematische Lebenssituation. Sein Gegenüber neigt nach dieser Prozedur dazu, den Auswerter für überaus kompetent und den Test für ein ausgezeichnetes Instrument zur Aufdeckung von Problemen zu halten. [vgl. Minhoff, C. Müller, M., Scientology - Irrgarten der Illusionen, München, 1993, Seite 60] Mit der naheliegenden Schlußfolgerung "Scientology ist wirkungsvoll" werden die letzten Zweifel aufgelöst und die Bereitschaft hergestellt, weiter scientologische Angebote - jetzt allerdings nicht mehr kostenlos - in Anspruch zu nehmen.

Neben dieser Funktion als "Eisbrecher" dient der Test der Scientology-Organisation auch als Informationsquelle. Sie erhält auf diese Weise direkt beim ersten Kontakt viele für sie nützliche Informationen über die Person. Ein scheinbar wissenschaftlicher, seriöser Test weckt bei den meisten Menschen die Bereitschaft, detailliert und umfassend Auskunft zu geben. Darüber hinaus wird er innerhalb der Organisation als Kontrollmedium eingesetzt. Scientologen müssen sich regelmäßig dem Test unterziehen, um überprüfen zu lassen, ob die absolvierten Seminare und Schulungen erfolgreich waren. Alle Unterlagen eines Scientologen werden in seiner Personalakte (dem sog. "Folder") gesammelt, so daß ein kontinuierlicher Überblick über die Entwicklung jedes einzelnen Mitglieds und über Veränderungen in seinem Denken und Verhalten möglich ist. Hier stellt sich die Frage, inwieweit Datenschutzbestimmungen und die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen tangiert oder verletzt sind.

Dieser scientologische "Persönlichkeitstest" wird unter anderen Namen vermarktet und verbreitet. So wird er beispielsweise als "U-Test", "AMK-Fragebogen" (Private Akademie für Management und Kommunikation GmbH), als "Choice International / Personaltest" oder "Standard Profil / Der Personaltest" im Bereich der Unternehms- und Personalberatung vertrieben. Hier wird er für ca. DM 500,- bis DM 800,- pro Test angeboten. Mit Hilfe des Tests können scientologische Beraterfirmen Einfluß in Unternehmen erhalten und u.U. sogar gezielt Scientologen in Schlüsselpositionen plazieren.

In ihrem Propaganda-Buch Was ist Scientology? gibt die Scientology-Organisation auch Daten an, wie Menschen zu Scientology gekommen sind. Grafisch veranschaulicht ergibt sich folgendes Diagramm:

 

 

 

in wiefern dieser Test richtige Angaben wiedergibt kann nicht abgeschätzt werden, aber erstaunlich ist, daß nach Eigenangaben von Scientology der Test mit 18,0% der Beigetretenen nur auf dem dritten Rang liegt, hinter dem Lesen von Dianetik- und/oder Scientology-Büchern (20,6%) und der Einflußnahme durch einen Freund oder Verwandten (52,6%).

 

3.3. Lebenshilfeangebote und therapeutische Methoden

 

Scientolog ist einer der größten Anbieter auf dem gewerblichen Markt der Lebenshilfeangebote. Die Palette reicht von Hilfen zur Bewältigung von Alltagsproblemen (beispielsweise die Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit), Angeboten zur Gesundheitsverbesserung und -vorsorge bis hin zu speziellen therapeutischen Ausbildungsveranstaltungen, insgesamt eine kaum überschaubare Vielzahl an Kursen, Seminaren, Vorträgen, usw.

Hier einige Beispiele aus den mir vorliegenden Angebotsheften von Scientology:

Dianetik: Der Leitfaden für den menschlichen Verstand

Die Dynamiken des Lebens

Selbstanalyse

Die Probleme der Arbeit

Eine neue Sicht des Lebens

Wie man eine erfolgreiche Ehe beginnt

Wie sie ihre Ehe verbessern können

Wie man seine Beziehungen zu anderen verbessert

Rundown fürs Glücklichsein

Liste zur Reperatur für die Behandlung durch Psychiater, Psychologen oder Psychoanalytiker

Allergie- und Asthma-Rundown

Rundown für Südafrikaner

Die Liste zur Handhabung von Angst vor Menschen

Rundown für falsche Zielsetzung

Diese Liste ließe sich nach den mir vorliegenden Angeboten noch um viele Dutzend Angebote erweitern. So ist im Buch Was ist Scientology? Ein 73 DIN-A 4 Seiten umfassender Katalog mit Büchern, Videos, E-Metern, Vorträgen und anderen Materialien abgedruckt. Dieser Katalog umfaßt nach Erscheinungsjahr sortiert schätzungsweise 12000 Einträge. Eine solche Fülle wirkt im ersten Aufgenblick erschlagend. Stutzig wird der aufmerksame Leser zudem noch, wenn man sieht, daß so gut wie alle Werke von Herrn L. Ron Hubbard sind. Sollte diese Materialfülle wirklich von ihm stammen - was aber mehr als nur fraglich ist -, dann wäre er der produktivste Autor der jemals gelebt hat. Doch dürfte es Scientology große Probleme bereiten, zu beweisen, daß Herr Hubbard bei allen diesen Werken der Urheber ist.

 

3.3.1. Der Kommunikationskurs

 

Nach der Durchführung des "Persönlichkeitstest" wird den potentiellen Kunden in der Regel der Kommunikationskurs angeboten. Dieser ist relativ preisgünstig und eignet sich besonders gut als Einstieg. Nach dem Motto "Das kann ja nicht schaden" ist die Hemmschwelle für diesen Kurs bei den meisten Menschen sehr niedrig. Durch kleine Erfolge wird ihnen schnell das Gefühl vermittelt, daß die Scientology-Technik "funktioniert". Dies erhöht die Bereitschaft, immer mehr Zeit und Geld bei Scientology zu investieren.

Der Kurs besteht aus verschiedenen Übungen, den sogenannten TRs (Trainingsroutinen), die in mehreren aufeinander folgenden Sitzungen so lange beigebracht werden, bis der Kursteilnehmer sie 100%ig beherrscht. Ziel dieses Kurses soll sein, mit einer perfekten Methode alle Schwierigkeiten in der Beziehung zu anderen Menschen lösen zu können.

Kritiker sehen in den Übungen den Versuch, den Teilnehmern Anpassungsverhalten, ein kritikloses Sichfügen und das Ertragen von Extremsituationen anzutrainieren. Am Ende des Kurses haben die meisten Absolventen die fragwürdige Fähigkeit entwickelt, die absurdesten Situationen regungs- und emotionslos über sich ergehen zu lassen.

Für viele ist dies der Beginn zu einer Karriere bei Scientology. In dem Buch "Was ist Scientology?" befindet sich folgende Grafik über die belegten Kurse. Mit dieser Grafik wird der höchste Ausbildungsstand der befragten Scientologen benannt (oder wie es im Fachjargon der Scientologen heißt: Der bereits erreichte Punkt auf der Brücke - gemeint ist die Brücke zur totalen Freiheit, die im Anhang abgebildet ist. Sie umfaßt alle Kurse der Scientology-Organisation und die Stufen, die man mit diesen Kursen erreichen kann.) In dieser Grafik nun ist abgebildet, wieviel Prozent der Scientologen an welcher Stelle dieser Brücke sind (hierbei ist der sogenannte Kommunikationskurs als Ausgangspunkt genommen worden).

 

 

3.3.2. Das "Auditing"

 

Die Übungen im Kommunikationskurs haben unter anderem die Funktion, die Teilnehmer auf das "Auditing" vorzubereiten. In der bereits mehrfach zitierten Scientology-Veröffentlichung "Was ist Scientology?" findet sich folgendes Zitat: ""Auditing" hängt vom vollen Verstehen und von der Kenntnis der Grundlagen der Kommunikation ab. ... Kommunikation ist im "Auditing" von entscheidender Wichtigkeit, weil sie es möglich macht, daß der Prozeß funktioniert." [New Era Publications International (Hrsg.): Was ist Scientology?, Kopenhagen, 1993, Seite 157]

Beim "Auditing" handelt es sich um die zentrale Dienstleistung von Scientology. Es wird als "Heilstechnik" bezeichnet und ist ein quasi-therapeutisches Verfahren. Das Wort ist abgeleitet von "audire" (lat.) = hören; der Therapeut/die Therapeutin wird Auditor/Auditorin genannt. Das "Auditing" wird - vermutlich aus rechtlichen Gründen - nicht explizit als Therapie angeboten, sondern als eine Trainingsmethode zur Befreiung des Geistwesens "Thetan", um das sich die Scientology-Organisation ideologisch gesehen ausgebaut hat.

Genau betrachtet ist der ideologische Hintergrund folgender: Nach scientologischer Vorstellung ist der Mensch dreigeteilt, in Körper, Verstand und "Thetan". Der Verstand wiederum besteht aus zwei Teilen, dem "analytischen Verstand" und dem "reaktiven Verstand". Im Verlauf seines Lebens (sogenannte: "Zeitspur") sammelt jeder Mensch durch alle möglichen Belastungssituationen zahllose sogenannte "Engramme" an (auch vorgeburtliche), die nun auf der "Datenbank" des "reaktiven Verstandes" gespeichert sind. Diese "Engramme" sorgen für allerlei Probleme und Verwirrungen im menschlichen Leben, die als "Aberrationen" bezeichnet werden. Diese wiederum behindern die Entwicklung des Menschen zum "Clear" (von allen "Engrammen" befreiter Mensch) und so zum "operierenden Thetan (OT)", das heißt zum befreiten Geistwesen. Wäre dies nicht der Fall, so könnte der Mensch frei über Materie, Energie, Raum und Zeit verfügen, also über das Universum, und wäre somit allmächtig. Das "Auditing" dient nun dazu, diese "Engramme" aus dem "reaktiven Verstand" zu entfernen, um so den Weg frei zu machen zur Entwicklung zum "Thetan".

Das "Auditing" geht folgendermaßen von statten: Der Auditor/die Auditorin und der sogenannte Preclear (PC), ein Mensch also, der noch nicht den Zustand des "Clear" erreicht hat, sitzen sich an einem Tisch gegenüber. Ziwschen ihnen befindet sich das sogenannte E-Meter (Elektropsycho-Meter), ein Gerät zur Messung des Hautwiderstandes. Der PC wird zu belastenden Ereignissen in seinem Leben befragt. Wenn der Zeiger ausschlägt, wird dies auf eine physiologische Reaktion (feuchte Hände) beim PC zurückgeführt, was den Auditor/die Auditorin veranlaßt, hier eine starke Emotion zu vermuten. Die Emotion wird als Hinweis auf ein zugrundeliegendes Engramm gedeutet. Durch mehrmaliges Wiederholen des Vorgangs - so lange, bis kein Zeigerausschlag mehr registriert wird - soll das Engramm gelöscht werden. Das problemverursachende Ereignis soll dann neutralisiert sein, und fortan dem PC keinen Ärger mehr bereiten.

Das E-Meter wird heutzutage (berechtigt) sehr häufig und heftig kritisiert. In einem Katechismus der Scientology-Organisation ist das E-Meter definiert: "Was ist ein E-Meter, und wie funktioniert es?" - "E-Meter ist die Abkürzung für Elektropsychometer. Es ist ein religiöses Gerät, das als eine Art geistiger Wegweiser im Auditing verwendet wird. Nur ein Geistlicher der Scientology, oder einer in Ausbildung darf das Gerät benutzen, um dem Preclear zu helfen, Bereiche spiritueller Verwirrung zu lokalisieren und ihnen ins Auge zu sehen.

Von sich aus bewirkt das E-Meter nichts. Es ist ein elektronisches Instrument, das den geistigen Zustand eines Menschen und dessen Veränderung mißt und das Auditing präziser und schneller macht. Das E-Meter ist weder zur Diagnose noch zur Behandlung oder zur Vermeidung von Krankheiten gedacht, oder in dieser Weise wirksam.

Das Buch "Das E-Meter verstehen" liefert eine einfache Erklärung dafür, wie das E-Meter funktioniert und was es eigentlich mißt. Um zu verstehen, was das E-Meter tut, ist es wichtig, einige der grundlegenden Begriffe der Scientology zu bereifen.

Der Mensch besteht aus drei Teilen: dem Verstand, dem Körper und dem Thetan. Der Thetan ist ein unsterbliches geistiges Wesen - das Individuum selbst. Er (der Thetan) bewohnt einen Körper, eine Kohlenstoff-Sauerstoff-Maschine. Er hat einen Verstand, der aus einer Ansammlung von geistigen Eindrucksbildern besteht, die er erschaffen hat.

Diese Bilder haben Gewicht und Masse und können auf den Menschen einwirken, wenn er emotional verstimmt ist.

Das wiederum läßt das E-Meter anzeigen - die Einwirkung dieser Bilder auf den Körper.

Das E-Meter leitet eine sehr geringe Menge elektrischen Stroms (ca. 1½ Volt) durch den Körper. Das ist etwa die gleiche Menge Strom, die in der gewöhnlichen batteriebetriebenen Armbanduhr fließt.

Wenn ein Mensch an etwas denkt, ein Bild anschaut, ein Erlebnis wiedererlebt oder wenn er einen Teil dieser Bilder in seinem Verstand verschiebt, bewegt und verändert er tatsächlich geistige Masse und Energie. Diese Änderungen im Verstand des Menschen beeinflussen den geringen Stromfluß des E-Meters, was zur Folge hat, daß sich die Nadel auf ihrer Skala bewegt.

Das E-Meter mißt daher Veränderungen, die vom spirituellen Wesen in seinem Verstand (das heißt der Bewegung mentaler Massen um ihn herum) verursacht werden, und aufgrund dieser Fähigkeit ist es ein religiöses Gerät.

Das E-Meter wird benutzt, um dem Auditierten zu helfen, die Wahrheit aufzudecken. Durch das Lokalisieren von Bereichen mentaler oder geistiger Traumata hilft das E-Meter sowohl dem Auditor, als auch dem Preclear, genau das aufzuspüren, was im Auditing angesprochen werden sollte.

Der gesamt oben angefügte (kursiv gedruckte) Text ist aus dem Werk "Was ist Scientology" (Seite 555) wörtlich zitiert.

Die allgemeine Kritik an diesem Verfahren bezieht sich auf mehrere Aspekte:

Das E-Meter, das eine Art kleiner Lügendetektor ist, weist nach Meinung von Experten eine völlig unzureichende Meßqualität auf.

Die theoretische Begründung widerspricht den psycho-physiologischen Erkenntnissen: Aufgrund einer einzigen physiologischen Reaktion (Hautwiderstand) kann nicht auf die Art oder Qualität einer Emotion geschlossen werden. Die feuchten Hände können unter anderem durch Angst oder Haß, Aufregung, Freude oder Trauer ausgelöst worden sein.

Das "Auditing" ist - wie der "Persönlichkeitstest" - ein Instrument zur Kontrolle und Überwachung der Mitglieder. Wer glaubt, daß seine Emotionen vom Gegenüber erkannt werden können und daß er beim Lügen erwischt wird, der sagt lieber gleich die Wahrheit, oder verhält sich so, wie man es von ihm erwartet.

Da vom "Auditing" detaillierte Aufzeichnungen angelegt werden, besteht die Gefahr des Datenmißbrauchs. Daß ein erhebliches Erpressungspotential in solchen Aufzeichnungen liegt, zeigt die Praxis gegen ehemalige Scientologen, die als Kritiker in der Öffentlichkeit auftreten.

Obwohl Auditoren keine anerkannte psychotherapeutische Ausbildung haben, üben sie Therapie aus. Sie sind dem Gesetz nach nicht schweigeverpflichtet.

Wichtigster Kritikpunkt ist, daß das "Auditing" ein hohes Risiko für die Betroffenen mit sich bringt. Bei seelisch labilen Menschen kann es Auslöser für massive Angstzustände, Depressionen und psychotische Zusammenbrüche bis hin zur Selbstmordgefährdung sein. Darüber hinaus muß angenommen werden, daß die Bedingungen des "Auditings" (Reizarmut, hypnoider Zustand1 des PC) die Suggestibilität der betroffenen Person erhöhen, und ihre Realitätskontrolle schwächen. Dadurch ist sie offen für Beeinflussungen und Manipulationen im Sinne der scientologischen Ideologie und Zielsetzung.

 

3.3.3. Narconon

 

Narconon e.V. verwendet die Technologie L. Ron Hubbards für die Therapie Drogenabhängiger. Nach eigenen Angaben besitzt Scientology 32 Narconon-Einrichtungen in Europa (weltweit 34). In Deutschland ist nur ein Zentrum mit Sitz in Itzehoe/Schleswig-Holstein benannt. Nach Eigenangaben von Scientology haben bereits über 25.000 Menschen die Dienste von Narconon in Anspruch genommen, mit einer angeblichen Erfolgsquote von 80%. Dagegen hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg festgestellt, daß die Behauptung zulässig ist, es sei "bisland kein einziger erfolgreicher Drogenentzug" durch Narconon nachgewiesen. [VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 10.05.1993, zitiert nach P. Köpf: Stichwort Scientology, München, 1995, Seite 69]

In scientologischen Werbebroschüren heißt es, daß die Rehabilitation ohne Einsatz von Ersatzdrogen erreicht wird, und dabei mit minimalen körperlichen Beschwerden.

Auch die Bundesregierung warnt in ihrer Broschüre nachdrücklich vor Narconon und rät von der "Teilnahme am Norconon-Programm" ab: Zu der bereits bestehenden Sucht kann eine geistige und materielle Abhängigkeit hinzu kommen. Narconon sei "keine fachlich qualifizierte Therapieeinrichtung". [Bundesverwaltungsamt (Hrsg.): Die Scientology-Organisation - Ziele, Praktiken und Gefahren, Köln, 1996]

Nach vorliegenden Erkenntnissen versendet Scientology die Präsentation ihres Entzugsprogramms unter anderem an Polizeidienststellen und an Mediziner, mit dem ausdrücklichen Hinweis, daß es bei der Aufnahme von Süchtigen keine Wartezeiten gäbe. In einem 1996 gesendeten Fersehnbeitrag "NARCONON: Scientology-Geschäfte mit der Sucht" wurde berichtet, daß die Kosten für die Betroffenen bei ca. DM 120,- pro Tag lägen. Es handele sich dabei nicht um eine anerkannte Kassenleistung. [28. März 1996 in "S-Zett: Das Fernsehmagazin der Süddeutschen", VOX]

 

3.4. Erziehungsmethoden und Angebote für Kinder

 

"Die Fälle von morgen sind die Fälle der Kinder von heute. Ganze Zivilisationen veränderten sich, weil jemand die Kinder veränderte. In der Vergangenheit wurden Kinder meist zum Schlechteren hin verändert. Machen wir es heute einmal anders, und verändern wir sie zum Besseren." [L. R. Hubbard: Techniken für Kinder-Prozessing, in: Ability: Das Magazin von "Dianetik" und "Scientology", Ausgabe 110, Dez. 1959] "Retten Sie das Kind, und retten Sie die Nation ... Scientology für Kinder könnte in der Praxis sehr wohl das wichtigste Einzelgebiet der Bemühungen dieser Religion sein." [L. R. Hubbard: Scientology für Kinder, S. 469]

Diese Zitate von L. Ron Hubbard zeigen deutlich den Stellenwert, den Kinder innerhalb Scientologys einnehmen. Als Option für die Zukunft werden sie schon frühzeitig in das scientologische Denksystem eingeführt. Kinder sind nach scientologischen Vorstellungen kleine Erwachsene und auch als solche zu behandeln. "Ein Kind ist nicht eine besondere Art von Tier, die sich vom Menschen unterscheidet. Ein Kind ist ein Mann oder eine Frau, der oder die noch nicht zur vollen Größe herangewachsen ist. ... Jedes Gesetz, das für das Verhalten von Männern und Frauen gilt, gilt auch für Kinder." [zitiert nach K.-H. Eimuthm Die Sekten-Kinder: Mißbraucht und betrogen - Erfahrungen und Ratschläge. Freiburg, 1996, Seite 66]

Diesem Ansatz entsprechend gibt es auch ein umfangreiches Angebot für Kinder. Nach Angaben Scientologys seinen die angebotenen Kurse für Kinder von 8 bis 12 jahren bestimmt. Jeder Kurs sei "voll illustriert" und lehre "wichtige Fähigkeiten, um in der Schule und im Umgang mit Leuten erfolgreich zu sein". Es würden dorf "eine Reihe von Scientology-Grundlagen ... auf dem Niveau junger Leser präsentiert. Die Themen um die es geht, beinhalten ARK, die acht Dynamischen, die Teile des Menschen, die Tonskala und andere." {siehe zu den Begriffen den Anhang} Darüber hinaus gebe es auch "Kinderkurse, die L. Ron Hubbards Studientechnologien lehren." [alle Zitate aus New Era Publications International (Hrsg.): Was ist Scientology?, Kopenhagen, 1993, Seite 691] Die Scientology-Organisation bringt eine Reihe Bücher heraus, die sich direkt an Kinder und Jugendliche wenden. Hier eine kleine Titelauswahl:

"Wie man ein Wörterbuch benutzt - Bilderbuch für Kinder"

"Grammatik und Kommunikation für Kinder"

"Zum Frühstück Wunder"

"Was man mit Eltern macht"

Als besonders bedenklich muß das ""Auditing" für Kinder" eingestuft werden. Es wird von Scientology grundsätzlich für Kinder ab 8 Jahren angeboten. Allerdings sei es durchaus möglich "ein Kind jeder Altersstufe, nachdem es sprechen gelernt hat, zu auditieren." [New Era Publications International (Hrsg.): Kinder Dianetik, Kopenhagen, 1983, Seite 67] Angesichts der mit diesem Verfahren verbundenen Risiken müssen negative Auswirkungen auf die auditierten Kinder befürchtet werden. Mittels dieser Technik können Kinder außerdem über das Verhalten ihrer Eltern ausgefragt und dadurch in massive Loyalitätskonflikte gebracht werden.

Auch die Methode des "Wortklärens" wird direkt bei Kindern angewandt. Nach scientologischer Definition handelt es sich dabei um "das Gebiet und die Aktion, die Unkenntnis, Mißverständnisse und falsche Definitionen von Wörtern zu klären, so daß ihrer Verwendung nichts mehr im Wege steht." [New Era Publications International (Hrsg.): Was ist Scientology?, Kopenhagen, 1993, Seite 48] Wörterbücher mit Scientology-spezifischen Fachbegriffen müssen bei diesem Wortklärungsvorgang zur Hand genommen und auswendig gelernt werden. Durch diesen "Drill" gelingt es Scientology, die eigene Ideologie zu transportieren und den Menschen einzupflanzen. "Für die Betroffenen bedeutet dies eine mehr oder weniger starke ideologische Vereinnahmung ihrer Person und ihrer Persönlichkeit." [Innenministerium NRW (Hrsg.): Informationsskript zur Scientology-Organisation, Seite 48]

Kinder, die unter dem Einfluß dieses scientologischen Sprachsystems aufwachsen, können dadurch in ihrer sprachlichen, intellektuellen und sozialen Entwicklung massiv beeinträchtigt werden: Sie wachsen in einer realitätsfremden oder sogar realitätsfeindlichen Denk- und Sprachwelt auf und werden so zu gesellschaftlichen Außenseitern gemacht.

Der Bereich der Auswirkungen scientologischer Methoden auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ist weitgehend noch unerforscht und bedarf nach Ansicht des nordrhein-westfälischen Innenministeriums "dringend der wissenschaftlichen Klärung. Immer häufiger sind Gericht - insbesondere in Sorgerechts- und Vormundschaftssachen - mit diesen Fragestellungen befaßt und benötigen dafür gesicherte Entscheidungsgrundlagen."

 

3.5. Die "Verteidigungsmethoden"

 

Die gesellschaftliche Auseinandersetzung um Scientology hat gerade in jüngster Zeit eine besondere Stärke und Bilanz enthalten. [vgl. Exprise zur Scientology-Organisation von Jürgen Eiben, NRW Innenministerium (Hrsg.)] Dabei wird auch auf seiten der Kritiker nicht immer die gebotene Sachlichkeit eingehalten. Unsachliche und überzogene Reaktionen müssen allerdings vor dem Hintergrund der persönlichen Diffamierungskampagnen gesehen und bewertet werden, mit denen Scientology versucht, Kritiker einzuschüchtern und mundtot zu machen. Es handelt sich hierbei nicht um das unter Umständen verständliche und entschuldbare Fehlverhalten einzelner Scientologen, sondern um eine systematische, ideologiegeleitete und von der Führungsspitze legitimierte bzw. initiierte Vorgehensweise der Organisation Scientology.

Aus scientologischer Sicht befindet man sich in einem "Verteidungskrieg", der mit allen Mitteln geführt werden darf. Zu diesem Zweck gibt es bei Scientology eine "Kriegskasse". Besonders wohlhabende Scientologen können laut Berichten des NRW-Innenministeriums die "hervorragende Position eines "Patrons" erwerben, indem sie mindestens 40.000 Dollar für diese "Kriegskasse" spenden." Organisiert und geleitet werden die Aktionen gegen einzelne Kritiker, kritische Gruppen oder Regierungen von einer geheimdienstähnlichen Organisation dem "Office for Special Affairs (OSA)", in Deutschland vom "Department für Spezielle Angelegenheiten (DSA)", manchmal auch als "Presse- und Rechtsamt" oder "Büro für öffentliche Angelegenheiten" bezeichnet.

Bereits in einer Verfügung aus dem Jahre 1986 stellte die Münchener Staatsanwaltschaft fest, Scientology "benutzt zur Abwehr innerer und äußerer Gegner der Organisation auch geheimdienstähnliche Methoden, operiert im Grenzbereich zur Illegalität und scheut gegebenenfalls auch nicht vor kriminellen Aktionen zurück." [Staatsanwaltschaft beim Landgericht München I, Az.: 115Js 4298/84]

Die Rechtfertigung für diese Vorgehensweise zieht Scientology aus den Anweisungen und Richtlinien ihres Gründers Hubbard, nach denen jegliche Handlungen, die dem Überleben der Scientology dienen, erlaubt sind. Beispielsweise findet sich in der Literatur folgende Handlungsanweisung: "1. Finde heraus, wer uns angreift. 2. Beginne sofort, den Angreifer auf Verbrechen oder Schlimmeres zu untersuchen; arbeite dabei mit eigenen Spezialisten, und nicht mit Leuten von draußen! 3. Fahr die Retourkutsche, indem du sagst, wir begrüßen, daß der Angreifer untersucht wird. 4. Füttere die Presse mit tatsächlichen Beweisen gegen die Angreifer, also mit ihren dunklen, blutigen, sexuellen und verbrecherischen Machenschaften. Unterwerfe dich niemals einer Untersuchung über uns. Mach es den Angreifern schwer. (...) Benutze ihr Blut, ihren Sex und ihre Verbrechen, um Schlagzeilen zu machen, nicht aber uns." [HCO PL vom 15.02.1996, zitiert nach P. Knöpf: Stichwort Scientology, München, 1995, Seite 73]

Diese extrem drastischen Maßnahmen werden nach Angaben des Gutachtens Scientology - Eine Gefahr für die Demokratie: Eine Aufgabe für den Verfassungsschutz?, das Herr Jaschke für das NRW Innenministerium verfaßt hat unter anderem bei folgenden "Verfehlungen" angewendet: staatliche Maßnahmen (Gesetzgebung und Verordnung, Untersuchungen); öffentliche Äußerungen; einen Zivilprozeß gegen Scientology führen; das Abbrechen von Kursen oder das Verlassen der Organisation. Darüber hinaus werden pauschal Angehörige bestimmter Berufsgruppen (z.B. Psychiater, Psychologen, Politiker, Polizisten, Leichenbestatter) in zahlreichen scientologischen Veröffentlichungen verunglimpft und als "antisoziale" bzw. "unterdrückerische" Personen qualifiziert.

Basierend auf diesen und zahlreichen weiteren Belegen kommt der Gutachter zu der abschließenden Einschätzung, "daß Gewaltanwendung ein integraler Bestandteil der SC-Ideologie ist. Die mittlerweile vielfach von Anhänger und Gegnern geschilderte Praxis der Einschüchterung und Verfolgung von Abtrünnigen und Gegnern ist als systematische und praktische Konsequenz dieser ideologischen Position zu betrachten. Sowohl die totalitäre Gesamtstruktur wie auch die Gewaltkomponente verstoßen gegen freiheitlich demokratische Grundordnung." [Innenministerium NRW (Hrsg.): Scientology - Eine Gefahr für die Demokratie: Eine Aufgabe für den Verfassungsschutz?, Düsseldorf, 1996, Seite 57]

 

 

 

 

 

 

4. Auszüge aus verschiedenen offiziellen Berichten der deutschen Ministerien über die Scientology-Organisation

 

Im folgenden möchte ich meine vorgehenden Darlegungen mit einigen Auszügen aus Berichten verschiedener Ministerien untermauern. Fernerhin möchte ich die Sichtweisen der Regierungen unseres Landes zu diesem Streitthema ebenso aufführen, wie die Sichtweisen von Fachleuten.

 

4.1 Abschlußbericht der Arbeitsgruppe SC der Verfassungsschutzbehörden

 

Der Abschlußbericht der Arbeitsgruppe SC der Verfassungsschutzbehörden: "Zur Frage der Beobachtung der Scientology-Organisation durch die Verfassungs-schutzbehörden" gemäß der Innenministerkonferenz vom 22.11. 1996. Publiziert vom nordrhein-westfälischen Innenministerium.

 

 

4.1.1 Vorwort des Berichte von H. Kniola

 

Vorwort zum Abschlußbericht der Arbeitsgruppe SC der Verfassungsschutzbehörden von Franz-Josef Kniola (Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen):

 

Die öffentliche Diskussion um die von Scientology ausgehenden Gefahren hält nach wie vor an und beschäftigt die Bürgerinnen und Bürger des Landes immer wieder. Zahlreiche schriftliche Anfragen sowie die intensive Nutzung der telefonischen Beratung durch den Verfassungsschutz NRW (0 211 / 871-2821) unterstreichen das allgemeine Interesse an Aufklärung über die Praktiken der Scientology-Organisation - einer Organisation, der es bei ihrer eigenen kostenintensiven und aggressiven Öffentlichkeitsarbeit erkennbar darauf ankommt, ihre wahren Aktivitäten und Ziele bewußt zu verschleiern.

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen ist der Geheimniskrämerei von Scientology bereits seit den 80er Jahren mit verschiedenen Informationsschriften zur Aufklärung über das Gebaren dieser Organisation begegnet. Das besondere Interesse daran, ob und welche Gefahren für die Demokratie durch Scientology drohen, beweist auch die hohe Nachfrage (über 60.000 Exemplare) nach der Anfang 1996 von meinem Haus herausgegebenen Broschüre über Scientology. Sie enthält ein vom Innenministerium Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegebenes Gutachten von Professor Hans-Gerd Jaschke über die Auswirkungen scientologischen Gedankenguts in einer pluralistischen Gesellschaft.

Die wissenschaftlich gutachterliche Beschäftigung mit dieser Fragestellung hat, wie die Entscheidungen der verantwortlichen politischen Gremien zeigen, den Meinungsbildungsprozeß deutlich vorangebracht und war zugleich ein Baustein für die von der Innenministerkonferenz am 06. Juni 1997 getroffene Entscheidung zugunsten einer Beobachtung der Scientology-Organisation durch die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder.

Mit der Veröffentlichung des Abschlußberichtes der Arbeitsgruppe Scientology der Verfassungsschutzbehörden soll im Sinne einer transparenten politischen Arbeit einer breiten Öffentlichkeit der Einblick in diese Entscheidungsfindung ermöglicht werden. Ihm liegt eine binnen eines halben Jahres erarbeitete vollständige Auflistung des bei den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder vorhandenen Materials über Scientology zugrunde. Mehr als 10.000 Seiten Material wurden ausgewertet. Hinzu kamen die für Scientologen verbindlichen, vom Hubbard Communication Office herausgegebenen 1.444 Handlungsanweisungen. Der Informationsgehalt des Abschlußberichts ist breit angelegt. Führungsstrukturen bei Scientology, ihre Selbstdarstellung, aber auch das Erscheinungsbild von Scientology aus Sicht von Aussteigern werden neben den rechtlichen Voraussetzungen für die Sammlung und Auswertung von Informationen über Scientology beleuchtet. Tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung werden ebenso nachgewiesen wie die auch innerhalb der Arbeitsgruppe kontrovers geführte Diskussion um die Ziel- und Zweckgerichtetheit und politische Bestimmtheit der Aktivitäten von Scientology.

Die umfassenden Ausführungen bieten interessierten Leserinnen und Lesern Gelegenheit, sich den für sie relevanten Schwerpunkten zu widmen. In jedem Fall ermöglichen sie, die Entscheidung für eine Beobachtung von Scientology durch die Verfassungsschutzbehörden einer kritischen Nachprüfung zu unterziehen. Andererseits muß festgestellt werden, daß auch fast ein halbes Jahr nach der Entscheidung zugunsten einer Beobachtung bei Scientology keine Aktivitäten zu erkennen sind, diese Entscheidung einer gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen. Statt dessen begleitet Scientology die Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden weiterhin mit den absurden und durch nichts zu rechtfertigenden Vergleichen zwischen der Judenverfolgung im Dritten Reich und einer Verfolgung von Scientologen als einer "religiösen Minderheit" in der Bundesrepublik Deutschland.

Diese Broschüre, die ebenso wie das "Jaschke-Gutachten" über Internet (http://www.verfassungsschutz.nrw.de) abgerufen werden kann, soll neben der umfassenden Information auch dazu dienen, diesem Zerbild entgegenzuwirken.

 

Franz-Josef Kniola

Düsseldorf, im November 1997

 

 

4.1.2 Beschluß aufgrund des Berichtes

 

Die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder faßte auf der Sitzung am 5./6. Juni 1997 in Bonn zu dem Tagesordnungspunkt "Beobachtung der Scientology-Organisation durch den Verfassungsschutz" folgenden Beschluß:

 

Die Innenministerkonferenz stellt auf der Grundlage des Berichts der Arbeitsgruppe der Verfassungsschutzbehörden zur Scientology-Organisation fest, daß bei der Scientology-Organisation tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorliegen und damit die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beobachtung der Organisation durch den Verfassungsschutz gegeben sind.

Die Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern werden zur Beobachtung der Scientology-Organisation eine gemeinsame Arbeitsgruppe bilden, die unverzüglich ein gemeinsames Arbeitskonzept entwickelt und umsetzt sowie der Innenministerkonferenz nach Jahresfrist berichtet.

Die Innenministerkonferenz weist ausdrücklich darauf hin, daß die Beobachtung der Scientology-Organisation durch die Verfassungsschutzbehörden die Umsetzung der im Abschlußbericht an die MPK (= Ministerpräsidenten-konferenz) enthaltenen Empfehlungen für weiteres politisches Handeln nicht entbehrlich macht.

 

 

4.1.3 zur Infiltration der Gesellschaft durch Scientology

 

Ein Auszug aus der Publikation des nordrhein-westfälischen Innenministeriums "Zur Frage der Beobachtung der Scientology-Organisation durch die Verfassungsschutz-behörden", der das Kapitel 2.2 mit allen Unterkapitel umfaßt. Dieser Publikationsabschnitt beschäftigt sich mit der Infiltration der Gesellschaft durch Scientology.

 

Kapitel 2.2 Die sientologisch gelenkte Regierung

 

Zu prüfen ist weiter, ob tatsächliche Anhaltspunkte auf die Absicht der SC hinweisen, lenkenden Einfluß auf die Regierung in Deutschland zu nehmen und ob dadurch der Verfassungsgrundsatz der Legitimierung der Staatsmacht durch das Volk (vgl. §4 Abs.2 lit a BverfSchG) außer Geltung gesetzt würde.

 

 

Kapitel 2.2.1 Forderungen der SC nach einer scientologisch gelenkten Regierung

 

SC propagiert offen die Notwendigkeit der Lenkung einer Regierung durch Scientology.

"... 'Das ist wahnwitzig, eine Regierung durch Scientology-Admin zu lenken. 'Ich jedenfalls weiß nur, daß wir viel Ärger hatten, als wir dies nicht taten. Es geht ganz offensichtlich nicht um 'sie' oder um 'uns', sondern allein um 'uns' und irrige 'sie'. Deshalb bleibt uns nur eines zu tun, uns ihrer Sache zu bemächtigen, damit sie 'wir' werden."

Der Führungsanspruch von Scientology dokumentiert sich auch in einem Schreiben der "Church of Scientology" -Advanced Organisation Europe- in Kopenhagen (ohne Datum), mit dem die Broschüre "L. Ron Hubbard - Ein Porträt" u.a. an die bayerische Landesbehörde für Verfassungsschutz übersandt wurde. In dem Anschreiben findet sich folgenden Absatz:

"Die Seiten 44 bis 51 beschäftigen sich mit Herrn Hubbards Entdeckungen auf dem Gebiet der Verwaltungstechnologie, die meines Erachtens für Sie von besonderem Interesse sein könnte. Sie beinhalten organisatorische Erkenntnisse über die Leitung von Gruppen - seien sie klein oder von der Größe einer Nation."

Staatliche oder internationale Einrichtungen, die dem Expansionsstreben von Scientology tatsächlich oder vermeintlich entgegenstehen, werden bekämpft. So heißt es beispielsweise in der Mitgliederwerbung für die "International Association of Scientologists" (IAS):

"Die Association unterstützt Aktionen, mit denen der Unterdrückung von Scientology und Scientologen die Stirn geboten wird, indem man daran arbeitet, Gruppen und Organisationen zu zerschlagen, die sich der Schädigung, Unterdrückung oder Beherrschung der Menschheit widmen - so zum Beispiel ... Gruppen wie Interpol."

Kapitel 2.2.2 Konzept "International City"

 

Bereits bei einem Vortrag Hubbards in Saint Hill vom 24. März 1964, noch in den 90er Jahren aus Dänemark als Teil des "Saint Hill Special Briefing Course" versandt, stellte er das Projekt "International City" vor:

Im Wesentlichen geht es um die Zusammenlegung der führenden Hauptstädte aller Nationen auf einem von Scientologen organisierten Territorium, von dem aus die Nationen gelenkt werden sollen. Wörtlich heißt es:

"... So hätt man letztlich eine Kommunikationslinie von International City zu jeder Bezirks- oder Staatsregierung, ohne daß eine Relaisstelle dazwischengeschaltet wäre. ... Ein internationales Ziel ist die Bezeichnung für den Plan insgesamt, und der Plan selbst ist International City, was nichts anderes heißt als Regierung der Erde ..."

Die Rolle der Scientologen sieht Hubbard in der Wahrnehmung der Monopolstellung für jegliche psychische Betreuung in International City:

"... Nachdem Sie (den Plan) nun in Gang gesetzt haben, würden sie schließlich feststellen, daß Psychiater in International City unerwünscht wären. Sie können für politische Zwecke eingesetzt werden. Und um diesen Bereich können wir uns kümmern. Man würde dort keinen Psychiater haben wollen, weil man - weil der Regierungschef einer anderen Nation entführt und einer Gehirnwäsche unterzogen werden könnte. Das darf nicht sein. Wir brauchen zuverlässige Leute für solche Dinge. Und alles woran ich interessiert wäre, wäre schlicht eine Monopolstellung für jegliche psychische Betreuungsarbeit innerhalb von International City. Ich denke, das wäre etwa das Endprodukt."

Die beabsichtigte Kontrolle durch Scientologen wird an anderer Stelle des Vortrages deutlich:

"... -daß es möglich war, an einem Plan zu basteln, bei dem eine gewisse Chance bestand, den Weltfrieden herbeizuführen. Das war das erste, was ich dabei feststellte, daß es möglich war. Meine nächste Erkenntnis war die, daß Zusammengehörigkeit der wichtigste dynamische Schub für die meisten dieser Gesellschaften war. Und daß dies -daß dies dann auch eine Möglichkeit bot, von den Talenten der Menschen von Scientology Gebrauch machen, ... Ich denke, die Menschen sind an einem Punkt angelangt, wo sie nicht mehr erkennen können, daß überhaupt etwas machbar ist. Und es wird ein bißchen Hoffnung in dieser Richtung geboten. Dem Scientologen wird allerdings etwas anderes gegeben. Ihm wird eine Stadt gegeben. Ihm wird ein Interessenbereich und eine Stadt gegeben, die man zusammenfassen und in Ordnung bringen könnte. Damit haben sie ein Stück des Planeten in ihren Händen, so mythisch es im Moment auch klingen mag."

Die Motivation des Weltbeherrschungsszenariums wird an späterer Stelle nachgeliefert:

"Wir hatten in letzter Zeit einige Probleme mit Regierungen. Meiner Meinung nach waren sie unverschämt. Sie waren respektlos. Und ich habe mir das gründlich angesehen und bin zu dem Entschluß gekommen, daß wir das nicht hinnehmen sollten."

 

 

Kapitel 2.2.3 Infiltration von Staat und Wirtschaft

 

Anhaltspunkte für die Absicht der SC, die Führung in der Gesellschaft durch die Infiltration von Wirtschaft und Politik zu erlangen, finden sich in den folgenden Textpassagen:

"Der Direktor einer Gesellschaft, der kein Scientology-Zertifikat besitzt, wird eines Tages scheitern. Und der Regierungschef eines Landes wird kaputtgehen, wenn er nicht aus professionellem Blickwinkel mit der Scientology vertraut ist. ... Erobern sie, egal wie, die Schlüsselpositionen, die Position als Vorsitzende des Frauenverbandes, als Personalchef einer Firma, als Leiter eines guten Orchesters, als Sekretärin des Direktors, als Berater der Gewerkschaft - irgendeine Schlüsselposition. ... einige von uns werden Zentren in Gang halten, um Sie mit den benötigten Dienstleistungen zu versorgen, und wir werden Ihnen Munition und Bücher liefern. Und all die anderen von uns sollten lieber eine Invasion in jeden Aktivitätsbereich unternehmen, den es gibt, und zwar auf einer hohen Erfolgsebene, und auf den Kommunikationslinien der Welt unseren Einfluß spürbar machen."

"Wenn Sie sich in der Nähe einer Machtperson befinden, sorgen Sie dafür, daß Ihnen ein Teil dieser Macht delegiert wird, und zwar genug, damit Sie Ihnen Job erledigen und sich selbst sowie Ihre Interessen (Anm. d. Verf.: als Scientologe) schützen können ... und als letztes und wichtigstes - denn wir stehen nicht alle auf der Bühne, und unsere Namen erscheinen nicht alle in Leuchtbuchstaben -, schieben Sie immer Macht in die Richtung eines jeden, von dessen Macht Sie abhängen, sei es in Form von mehr Geld für die Machtperson oder größeren Erleichterungen oder einer flammenden Verteidigung der Machtperson ... gegenüber einem Kritiker. ... Wenn Sie so arbeiten ... und wenn Sie andere dazu bringen, genauso zu arbeiten, dann dehnt sich der Machtfaktor aus und expandiert weiter und auch Sie erwerben eine Machtsphäre, die größer ist als jene, die Sie hätten, wenn Sie alleine arbeiten würden. Wirkliche Mächte werden durch enge Verschwörungen dieser Art entwickelt, die jemanden an die Spitze heben, in dessen Führerschaft sie Vertrauen haben."

"... Wenn ... (er) wüßte, wie man ein Org-Board zurechtzimmert und die Linien richtig einführt, dann könnte er als Teil der Regierung ... sicher die Dinge zum Besseren wenden."

"Eine Bevölkerungsgruppe gerät ins Wanken und verursacht sich selbst Schwierigkeiten. Finden Sie ihre Führerpersönlichkeiten heraus. Verschaffen Sie sich einen bezahlten Posten als Sekretär oder Stabsleiter beim Führer dieser Bevölkerungsgruppe. Und auditieren Sie sie auf irgendeine Art und Weise, ... Noch ein weiteres Beispiel: Eine Nation oder ein Staat funktioniert aufgrund der Fähigkeit seiner Minister, Governeure oder irgendwelcher anderer Führungspersonen. Es ist leicht, in so einem Bereich Posten zu erhalten, es sei denn, man leidet an Größenwahn oder fürchtet sich vor einem solchen Posten. Machen Sie sich nicht die Mühe, gewählt zu werden. Verschaffen Sie sich einen Posten als Mitarbeiter des Sekretariats oder als Leibwächter, nutzen Sie jegliche Ihnen zur Verfügung stehende Talente, um eine Stellung in der Nähe solcher Personen zu bekommen, mach Sie sich daran, an der betreffenden Umgebung zu arbeiten und sie besser zum Funktionieren zu bringen."

" 1. Suche Dir ein Geschäft aus, welches bereits sehr gut arbeitet.

2. Wende dich an den höchsten Direktor ...

3. Lokalisiere SP's in der Organisation und wirf sie hinaus

4. Auditiere die leitenden Angestellten und zeige ihnen, um was es sich handelt, das wird dann den Zyklus in Gang setzen: die leitenden Angestellten werden die Jung- manager und das andere Personal dazu drängen, Auditing zu nehmen."

"Wir gehen mit ziemlicher Leichtigkeit siegreich aus dieser Konfrontation hervor. Durch die große Wachsamkeit von Organisationen und ihren Belegschaften und durch die Hilfe von Nachrichtendienst-Agenten ... und die allgemein gut koordinierten Leistungen von unserer Seite, und weil wir es nicht zugelassen haben, daß wir von unseren Hauptzielen abgelenkt worden wären, hat sich die ganze Sache für uns zu einem sehr großen Sieg hin entschieden. Solange wir schwer zu fassen sind bzw. fabianisch arbeiten, werden wir stärker und stärker."

Nach Beschreibungen des ehemaligen hochrangigen Scientologen Wollersheim verfolgt die SC die Taktik der Infiltration von Organisationen oder Behörden durch Scientologen um festzustellen, was an negativen Daten über SC vorhanden ist. Ziel sei es Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Potthoff führt in diesem Zusammenhang aus, die SC sei ein

"... weltweit operierender Multi ..., der systematisch mit der Finanzkraft eines Megakonzerns an der Unterwanderung von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft arbeitet und der die Organisationsstrukturen hat, um morgen eine diktatorische Weltregierung auszurufen."

Dies stimmt auch mit den Angaben eines Ex-Scientologen über die sechste Jahresfeier der "International Assicuation of Scientologists" (IAS) vom 5.10.1990 in Lausanne überein. Die dort von den Scientologen Marc Yager gehaltene Rede soll neben einer Aufzählung der von der SC beeinflußten Unternehmen folgende Textpassagen enthalten haben:

"Wir haben mittlerweile viele Einflußbereiche innerhalb der Gesellschaft durch die Anwendung von LRH-Technologie auf vielen verschiedenen Gebieten."

Dazu paßt auch die Vorgehensweise der SC in Albanien und den GUS-Staaten:

"Wir machen die Führer von morgen. Gerade jetzt arbeite ich an Regierungskontakten, um dies hervorzubringen ... gerade jetzt greifen Minister der höchsten Ebene in der albanischen regierung nach LRH's administrativer Technology. ... Albanien ist ein Teil unserer Vierten Dynamik."

Über die Situation auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion berichtet Mengen:

"Die Scientologen drängen, unauffällig aber zielsicher, in die Schaltstellen der Macht, im Westen wie im Osten. Die Hubbard "Dianetik-Bibel" wird gratis an russische Politiker verteilt und das "Hubbard Management College" funktioniert bereits in Moskau."

 

2.2.3.1 "Clear Switzerland"

 

Konkrete Anweisungen zur Infiltration finden sich auch in den Unterlagen zu den SC-Kampagnen "Clear Deutschland" und "Clear Switzerland".

Die "Admin Scale - Clear Switzerland" aus dem August 1992 beschreibt das Ziel, die Schweiz zum ersten "geklärten Land auf dem Planeten" zu machen, in dem "Scientology und die LRH-Technologie in allen Lebensbereichen ungehindert gedeihen und blühen kann."

Im weiteren wir für fast alle Lebensbereiche die allgemeine Gültigkeit und ausschließliche Anwendung der SC-Richtlinien als Ziel angegeben. Im einzelnen heißt es:

"Im Bereich des Rechts: Richtlinien und Justizanordnungen von LRH sind anerkannt und angewandt. Rechtsstreit wird durch die Anwendung der LRH-Policies unter WISE geregelt.

Im Bereich der Geschäftswelt: Die LRH-Technologie ist die Management-Technologie der erfolgreichen Geschäftsleute. WISE ist die stärkste Schutzorganisation für Ethik und Geschäftsexpansion geworden.

Im Bereich der Moral: Der Weg zum Glücklichsein ist der anerkannte Moralkodex der Schweiz.

Im Bereich der Erziehung und Ausbildung: Die Erziehungs- und Schuldirektion wie die Lehrer anerkennen und empfehlen die LRH-Studiertechnologie:

Im Bereich der Künste: Künstler und künstlerische Fähigkeiten werden anhand der LRH-Empfehlungen gefördert und anerkannt.

Im Bereich der Finanzen: Die LRH-Richtlinien über Finanzen werden auf allen Ebenen anerkannt und angewandt."

 

 

2.2.3.2 "Clear Deutschland"

 

Die "Admin Scale - Clear Switzerland" kann als Beispiel für die Ziele der SC auch in Deutschland, wo bereits 1987 eine entsprechende "Clear Deutschland"-Kampagne unter Leitung eines "Clear-Deutschland"-Komitees durchgeführt wurde, dienen, da die einzelnen Punkte wegen der weltweit einheitlichen Lehre und Vorgehensweise übertragbar sind.

Die "Clear Deutschland"-Kampagne wurde durch weitere Aktivitäten der SC in Süddeutschland und den neuen Bundesländern im Jahr 1992 ergänzt. Dazu heißt es:

"Alle süddeutschen Mission ED's und der ED der Stuttgarter Org waren da und wir haben wichtige Dinge besprochen, so daß Süddeutschland sehr schnell clear wird! Denn dann ist auch Deutschland sehr schnell geklärt! Am gleichen Tag haben wir auch die weitere Expansion in Ostdeutschland ausgeplant."

Damit übereinstimmende Angaben machte auch ein weiteres SC-Mitglied, das im Ausbildungszentrum der SC in Florida war und als erklärtes Ziel der SC die Kontrolle über die Regierungsgewalt in der Bundesrepublik Deutschland angab.

Hochrangige Scientologen der IAS sollen - nach Steiden/ Hamernik - in Lausanne den "Kreuzzug 1991" besprochen haben. Der habe das Ziel gehabt, den Einfluß der SC in der Politik zu stärken. Die IAS habe sich vorgenommen, den Einfluß, besonders in der FDP und der CDU, zu verstärken.

 

 

2.2.4 Prinzip der sogenannten "Gung-Ho-Gruppen"

 

Diese Methode, Einfluß auf die Gesellschaft zu gewinnen, finden sich auch im System der (so von der SC bezeichneten) "Gung-Ho-Gruppen". Dabei handelt es sich nach dem 1983 erschienen "Handbuch für den Ehrenamtlichen Geistlichen" um eine

"Gruppe, die sich aus ortsansässigen Scientologen im Feld, jeglichen interessierten Freunden und Mitgliedern der allgemeinen Öffentlichkeit zusammensetzt ... Gung-Ho-Gruppen ziehen andere Gruppen in der Gemeinde zusammen, um auf die Verbesserung der Gesellschaft (Anm.: im scientologischen Sinn) und des betreffenden Gebietes hinzuarbeiten."

Über die gezielte Unterwanderungsstrategie der Scientology gegenüber sämtlichen für sie erreichbaren politisch relevanten Gruppen berichtet auch ein Zeitungsmitglied der "Clearwater Sun" vom 23. März 1976.

"Ein mit 'vertraulich' gekennzeichnetes Dokument ... beschreibt die Gruppen als wichtigen aber bedeckten politischen Arm der Scientology ... McCanns Rede (Anm.: 1969 von ihm als Leiter der ersten Gung-Ho-Gruppe gehalten) vor kanadischen Scientologen bekennt sich zur politischen Natur und den politischen Zielen der Gung-Ho-Gruppen. 'Gung-Ho-Gruppen sind der erste Scientology-Versuch, eine Weltregierung zu errichten', sagte er, 'sie sind ein Halt in der Gemeinschaft, die wir schließlich zu regieren bekommen ... Behaltet im Sinn, daß Scientologen die einzigen Leute auf diesem Planeten sind, die einzigartig ausgerüstet sind, die Regierung zu übernehmen'. Scientology-Offizielle behaupten, Gung-Ho-Gruppen würden nicht mehr bestehen und sie wären nie in der Weise gemeint gewesen, wie McCann von ihnen gesprochen habe."

Dafür, daß die Gung-Ho-Gruppen weiterhin existieren, spricht jedoch die Bezugnahme auf das Gung-Ho-Prinzip in einem Schreiben des OT-Komitees Stuttgart e.V. vom 18.11.1989 zu dessen Gründung. Dort heißt es:

"Das OT-Komitee wurde unter dem Gesichtspunkt folgender Referenzen gegründet.

... 4.) 'Gung-ho Group Tech'."

 

 

2.2.5 Bewertung einer Absicht zur Lenkung von Regierungen

 

Die aufgeführten Hinweise deuten auf die Absicht der SC, lenkenden Einfluß auf die Regierungen auszuüben. Ob dieser über Gung-Ho-Gruppen gewonnen werden soll, durch Strategiekonzepte wie "Clear Switzerland", durch die "Vierte Dynamik" in Albanien oder durch einzelne Scientologen, die Posten im Regierungsapparat anstreben und dort Einfluß nehmen - Ziel ist in allen genannten Fällen nicht nur die Gesellschaft, es sind ausdrücklich die Staaten - ihre Rechtssysteme und Regierungen.

Mitglieder der SC werden dazu aufgefordert, in einer über den Missionsgedanken und den Öffentlichkeitsanspruch der "Religionsgemeinschaft" hinausgehenden Weise, die Verbreitung der Lehren der Scientology zu fördern und deren "Unterdrückung" zu verhindern.

Bei der Bewertung, ob dies noch Lobbyismus in einem verfassungsrechtlich akzeptablen Rahmen sein kann, ist zu berücksichtigen, mit welchem Ziel die SC ihren Einfluß ausübt. Hubbard hat dies so formuliert: "damit sie 'wir' werden", d.h. damit die SC regiert - und zwar nicht über eine Teilnahme an Wahlen. Wenn die SC aber Regierungsmacht ohne eine Teilnahme an Wahlen anstrebt, dann versucht sie den Verfassungsgrundsatz der Legitimierung der Staatsgewalt durch das Volk - wenn nicht ganz abzuschaffen, so doch - außer Geltung zu setzen.

Anhaltspunkte, daß die SC auch in Deutschland derartigen Einfluß gewinnen will, ergeben sich aus den Hinweisen auf eine "Clear Deutschland" - Kampagne im jahre 1992 und aus den Aussagen der Aussteiger - insbesondere Potthoff und Träger. Potthoff bezieht sich nach generellen Aussagen zu den weltweiten Machterlangungszielen der SC konkret auf das Konzept "Clear Deutschland". Dieses Konzept bezeichnet er als Plan zur Machtergreifung in Deutschland. Träger hebt die Bedeutung eines Erfolges in Deutschland als einem der vier wichtigsten Länder für die SC hervor und berichtet u.a. anhand eines Falles aus Hamburg über konkrete Absichten der Einflußnahme auf politische Parteien. Darüber hinaus läßt sich die Absicht der SC, in Deutschland Einfluß auf die Regierung zu nehmen, auch schon auf dem Umstand schlußfolgern, daß eine internationale Organisation, wie die SC, ihre Ziele, die sie für alle ihre Mitglieder definiert hat, auch in Deutschland verfolgen dürfte.

 

 

4.1.4 Bewertung des Verhaltens Kritikern gegenüber

 

Unter Bezugnahme auf Kapitel 3.5 (Die Verteidigungsmaß-nahmen) möchte ich hier Kapitel 2.4.5 (Bewertung der Handlungsanweisungen zum Umgang mit Kritikern) aus der Publikation des NRW-Innenministeriums "Zur Frage der Beobachtung der Scientology-Organisation durch Verfassungs-schutzbehörden zitieren:

Das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition gehört nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Verfassungsgrundsätzen, die den Kernbereich unserer Verfassung, die freiheitliche demokratische Grundordnung, ausmachen. Ob für eine solche Opposition in einer scientologischen Gesellschaft überhaupt Raum sein kann, ist sehr zweifelhaft.

Mit dem aus ihrer Lehre resultierenden Absolutheitsanspruch sieht sich die SC berechtigt, jede Form von Kritik an ihren Positionen zu unterdrücken. Der unverhüllte Absolutheits-anspruch drängt auf totale Konformität des Denkens und Handelns; die SC-"Ethik" gebietet und legitimiert Gleichschaltung und Unterdrückung. Sie duldet weder Kritik aus den eigenen Reihen noch die von Außenstehenden und geht konsequent und rücksichtslos gegen die sogenannten "unterdrückerischen Personen" vor. Meinungsfreiheit wird nur insoweit gewährt, als die "Leute" dem Weg der SC folgen. "Gegenansichten" oder "Fremdansichten" sind aus der Umwelt zu entfernen. Die aufgeführten Zitate sind als weitere Anhaltspunkte zu werten, daß eine scientologische Gesellschaft auch keine Möglichkeit gewähren wird, eine parlamentarische Opposition einzurichten und auszuüben.

Auch das Menschenrecht des Art.5 Abs.1 GG, nach dem jeder u.a. das Recht hat, seine Meinung frei zu äußern, dürfte in einer Gesellschaft gefährdet sein, in der jeder dieses Recht nur solange hat, wie seine Meinungen den Weg, den Scientology weist, nicht versperren.

Die dargestellten Äußerungen begründen darüber hinaus Zweifel, ob eine scientologische Gesellschaft den in Art. 1 GG garantierten Schutz der Menschenrechte unangetastet ließe.

Die auffällig abstrakte Terminologie ("Absichten aus der Umwelt zu entfernen") legt nahe, daß das "Entfernen" situationsbezogen auch die physische Vernichtung einschließt. Die Gleichsetzung von Kritikern mit sogenannten "antisozialen Persönlichkeiten", die "dumpf auf's Straßenpflaster" zu "klatschen" seien, weist auf eine menschenverachtende Einstellung hin. Die im Sinne von Ausrottung propagierte "Isolation", "Absonderung", und "Entmachtung" von Kritikern würde bei Machtübernahme der SC zu einer Unterdrückung und Verfolgung jeglicher Opposition führen, die als Ausprägung einer Gewaltherrschaft weder mit der im Grundsatz normierten Menschenwürde, noch mit dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit in Einklang zu bringen sind.

Die Ausschließlichkeit, mit der hier angeblick konstruktive und destruktive menschliche Charakterzüge in den Mittelpunkt gestellt werden, spricht im scientologischen Kontext dafür, daß damit allein die Nützlichkeit des Einzelnen bei der Durchsetzung der SC-"Technik" gemeint ist. Ein derartig reduziertes Menschenbild wiederspricht Art.1 sowie Art.2 Abs.1 GG. Abel führt dazu in seinem Gutachten aus:

"Liest man die redifinierte und in ihrer Bedeutung codierte (sic) scientoloische "Newspeak" daher im Klartext, dann erhält auch das in propagantistischer Absicht entstandene Werk "Was ist Scientology?" die unmißverständliche Feststellung, daß jeder 'unvernünftig oder böse' handelt, der die Ausbreitung von Scientology behindert oder bekämpft ... Die Welt teilt sich damit auf in Anhänger und Feinde; Feinde sind auszuschalten und zu eliminieren."

"Für dieses Prinzip ist der plakative Begriff 'Sozial-Darwinismus' durchaus angebracht. Das Ziel der scientologischen Ausbildung und Prägung ist die Schaffung omnipotenter Personen, also solcher, die im Idealfall Materie, Energie, Raum und Zeit 'handhaben', also manipulieren können. Ebensowenig wie 'Aberrierte' (also Nicht-Scientologen) als vollgültige Mitglieder der idealen Gesellschaft anerkannt werden, läßt SC Menschen gelten, die seinem eigenen ideal (sic) von 'Tüchtigkeit' und 'Erfolg' nicht entsprechen." Es widerspricht zum einen'dem Menschenbild des GG, die Menschen in 'Gute' und 'Böse' zu unterteilen. Zum anderen sind Ausgrenzung, Bekämpfung und womöglich Vernichtung solcher Personen oder Gruppen, die als 'böse' bezeichnet werden, mit der Wertordnung des GG unter keinen Umständen zu vereinbaren."

 

 

4.1.5 Zusammenfassung

 

Die Zusammenfassung der NRW-Innenministeriums Publikation "Zur Frage der Beobachtung der Scientology-Organisation durch Verfassungsschutzbehörden" gehört wohl mit den zu den dichtesten Texten die sich objektiv mit Scientology beschäftigen und umfaßt alle wichtigen Schlußfolgerungen der Auswertung.

 

Mit dem vorgelegten Abschlußbericht ist eine systematische Prüfung und Auswertung des gesamten bei den Verfassungs-schutzbehörden des Bundes und der Länder vorhandenen Materials und der zu SC gewonnenen Erkenntnisse erfolgt. Die Form der Selbstdarstellung durch SC wird anhand der deutschsprachigen SC-Primärliteratur beschrieben, die dahinter stehende Strategie der bewußten Verschleierung der wahren Absichten von SC und die gezielte Desinformation potentieller Interessenten durch SC aufzeigt und kritisch bewertet.

SC-Aussteigerberichte werden in derzeit größtmöglicher Zahl wiedergegeben und im Hinblick auf die unter anderem von SC erhobenen Vorwürfe gegen die Aussteiger sowie auf mögliche empirisch wissenschaftliche Defizite hin kritisch gewürdigt. Gleichwohl ist festzuhalten, daß diese Berichte wesentlichen Aufschluß über die Aktivitäten von SC liefern und für die Entscheidungsfindung der Verfassungsschutzbehörden von Relevanz sind und zu den unten dargestellen Ergebnissen führen.

Mit der Darstellung der unstreitigen Fakten zu SC werden Führungsstrukturen von SC vor allem wegen der Frage, welchem Personenkreis bei SC welche Aktivitäten in welcher Form zurechenbar sind, aufgezeigt.

Die Unvereinbarkeit der Programmatik und der Aktivitäten von SC mit den Vorstellungen von einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne der Verfassung läßt sich wie folgt zusammenfassen:

SC will eine scientologische Gesellschaft etablieren, in der die nicht im SC-Sinne geklärten "Durchschnittsmenschen" von den SC-"Führern von morgen" mit einer überlegenen Technologie "gemanaged" werden.

SC will eigene "Verwaltungs-, Technologie- und Gerechtigkeitsverfahren" auf die sie umgebene Gesellschaft anwenden, also ein eigenes für alle verbindliches Rechtssystem mit SC-eigenen Normen etablieren, ohne Rechtsweggarantie, ohne Gewährleistung des rechtlichen Gehörs, ohne Anspruch auf einen gesetzlichen und unabhängigen Richter und ohne eine gesetzmäßige Verwaltung.

SC sieht in der scientologischen Gesellschaft keine unabhängigen Gerichte vor, sondern solche, die die von der SC-Führung detailgenau vorgegebenen, standardisierten SC-Technologien umsetzen.

SC propagiert die Notwendigkeit der Lenkung der Regierungen durch SC und arbeitet gezielt darauf hin.

SC mißachtet Artikel 3 Grundgesetz, da nur "geklärten" "nichtaberrierten" Scientologen Rechte zugestanden werden.

SC mißachtet Artikel 5 Grundgesetz, da Kritik an SC mit allen, auch gewaltsamen Mitteln zu unterdrücken ist.

SC organisiert sich in einer totalitären Form, die Gewalt und Willkürherrschaft bewußt einschließt.

Darüber hinaus stellt der Abschlußbericht anhand konkreter Beispiele ("geklärtes Deutschland", Gauweiler, Wehrbereichsverwaltung VI München, Anhörung des Bundestagsausschusses für Frauen und Jugend zum Thema Jugendsekten am 09.10.1991, damalige Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Caberta, Enquêtekommission "Sogenannte Sekten und Psychogruppen" des Deutschen Bundestages) dar, wie SC mit zum Teil unerlaubten Mitteln Einfluß und Kontrolle in der Politik zu gewinnen versucht.

Es wird herausgearbeitet, daß die SC-Programmatik und ihre Realisierung nicht allein der nationalen und internationalen Führungsebene von SC zuzurechnen ist, sondern nach Auffassung der Mehrheit in der Arbeitsgruppe tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die für die Verfassungsschutzbehörden relevanten Verhaltensweisen bereits den als Mitgliedern von SC gewonnenen Personen auszumachen sind. Diesem Personenkreis ist im Gegensatz zu dem, der lediglich in einem ersten Kontakt zu SC bestimmte SC-Angebote (Kurse, Literatur etc.) in Anspruch nimmt, die Tragweite seines Engagements bei SC durchaus bewußt.

Während in der Arbeitsgruppe SC Einigkeit besteht,

daß die SC-Programmatik und Aktivitäten mit den Vorstellungen einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar sind,

daß die rechtlichen Eingriffsvoraussetzungen für das Bundesamt und die Landesbehörden für Verfassungsschutz ein einheitliches Vorgehen ermöglichen und

daß auch ein möglicher Status von SC als Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft im Sinne des Artikel 4 Grundgesetz einem Tätigwerden des Verfassungsschutzes nicht entgegenstünde,

ist die Frage der Ziel- und Zweckgerichtetheit und der politischen Bestimmtheit der Verhaltensweisen von SC in der Arbeitsgruppe nicht einheitlich beantwortet worden.

Zu den Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder gehört die Sammlung und Auswertung von Informationen unter anderem über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. §4 Abs.1 Satz1 BverfSchG definiert Bestrebungen als politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Kraft zu setzen. Die "politische Bestimmtheit" der Bestrebung erfordert ein politisches Bewußtsein und einen politischen Handlungswillen und es müssen Anhaltspunkte für ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen vorliegen, die diesen politischen Handlungswillen zum Ausdruck bringen.

Die Voraussetzung dafür sind nach Auffassung der Mitglieder der Arbeitsgruppe gegeben; lediglich der Vertreter der Verfassungsschutzbehörde des Landes Schleswig-Holstein hat Einwendungen erhoben (siehe Ziffer IV 1).

Die Vertreter der Verfassungsschutzbehörden Baden-Württembergs, Bayerns, Hamburgs, Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens sowie des Bundes sehen demgegenüber nach einer intensivien Prüfung der Rechtslage und einer Auswertung sowohl umfangreichen SC-Originalmaterials sowie von Berichten über Aussagen einer ganzen Reihe von Aussteigern, daß eine Vielzahl tatsächlicher Anhaltspunkte auch für "politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen" bei SC und ihren Mitgliedern. Ausschlaggebend hierfür sind im wesentlichen folgende Gesichtspunkte:

die SC wendet sich mit ihren Heilslehren keinesfalls nur an den Einzelnen, um dessen persönliche Lebenssituation zu verbessern oder seine geistig-spirituelle Vervollkommnung zu erreichen. Sie verfolgt auch nicht ausschließlich wirtschaftliche Ziele. Vielmehr wird an einer großen Anzahl von Schriften und Handlungsanweisungen der SC deutlich, daß ihr Gedankengut ausdrücklich auch gesellschaftliche und politische Dimensionen erfaßt und daraus unmißverständlich politische Zielsetzungen abgeleitet werden. Dies bezieht sich unter anderem auf die Errichtung einer Gesellschaft, die z.B. hinsichtlich ihrer inneren Verfaßtheit und des geltenden Rechtssystems ausschließlich an scientologische Grundsätze ausgerichtet sein soll. Damit liegt die gesetzlich geforderte "politische Bestimmtheit" vor, da diese sich unter anderem aus der Zielsetzung ergeben kann, gesellschafts- bzw. Staatspolitisch gestaltend oder verändernd zu wirken;

da die politische Bestimmtheit nach dem Gesetz auch allein auf der politischen Zielsetzung beruhen kann, ist eine Teilnahme der SC am politischen Tagesgeschehen (z.B. Teilnahme an Wahlen, propagandistischer Wettstreit) nicht erforderlich;

daß es sich bei SC nicht um eine politische Organisation im klassischen Sinne handelt (Partei, politischer Verein etc.), ist nach dem Gesetz ebenfalls unbeachtlich, da dies nicht als ein die Zuständigkeit der Verfassungsschutzbehörden begründendes Merkmal normiert ist. Die politische Bestimmtheit muß sich vielmehr auf die Verhaltensweisen eines Personenzusammenschlusses beziehen unabhängig davon, welcher Art oder Rechtsnatur er im übrigen ist;

obwohl weder der Wortlaut noch Sinn und Zweck des Bundesverfassungsschutzgesetzes verlangen, daß nur solche Gruppierungen der Beobachtung der Verfassungsschutz-behörden unterliegen, die für sich selbst die politische Macht anstreben, ist ein solcher Machtanspruch den Schriften der SC zu entnehmen und wird auch von hochrangigen Aussteigern hinsichtlich des Versuchs der Durchsetzung dieses Anspruchs bestätigt;

die von SC verursachten politischen (und verfassungsfeind-lichen) Folgen sind keineswegs nur das mittelbare oder unbewußte Ergebnis scientologischen Wirkens. Vielmehr zeigt die Sichtung des Materials, daß das bewußte und gewollte Verändern gesellschafts- und staatspolitischer Gegebenheiten ein der Ideologie und der Vorgehensweise der SC untrennbar innewohnendes Merkmal ist. Daraus ergibt sich, daß auch das gesetzliche Erfordernis der Ziel- und Zweckgerichtetheit der Verhaltensweisen bei SC erfüllt ist;

daß die bei SC festzustellenden Verhaltensweisen isoliert betrachtet zum Teil nicht selbst unmittelbar (verfassungs-feindliche) politische Auswirkungen haben, schließt eine Beobachtungszuständigkeit der Verfassungsschutzbehörden nicht aus, da es nach dem Bundesverfassungsschutzgesetz insoweit ausreicht daß die Verhaltensweisen auf einen Zweck und ein Ziel gerichtet sind;

da das Gesetz lediglich "ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen" fordert, muß bei SC keine Motivation in dem Sinne vorliegen, daß sie ausschließlich oder vorrangig politische Ziele verfolgen müßte. Insoweit genügt es, daß diese als Zwischen- oder Nebenerfolgt angestrebt werden. Zumindest dafür gibt es bei der SC jedoch zahlreiche Belege;

nach dem Gesetz nüssen tatsächliche Anhaltspunkte für "politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltens-weisen" vorliegen. Ein zwingender Nachweis ist dagegen nicht erforderlich. Tatsächliche Anhaltspunkte können sich sowohl aus dem Verhalten von Funktionären und Mitgliedern, als auch aus der Programmatik und den Schriften einer Organisation ergeben. Bei den Mitgliedern der SC ist wie bei allen anderen Organisationen auch davon auszugehen, daß sie deren erkennbar politische Zielsetzung, welche ihnen in einer Reihe von Schriften, Handlungs-anweisungen und Kursen vermittelt werden, mittragen und im wesentlichen entsprechend des bestehenden Verhaltens- bzw. Handlungskonzepts umsetzen wollen. Daraus ergeben sich jedenfalls solange tatsächliche Anhaltspunkte auch hinsichtlich der Mitglieder, als nicht feststeht, daß die Mitglieder diese Zielsetzungen ablehnen. Dafür liegen jedoch nicht einmal vage Hinweise vor.

Die Vertreter der Verfassungsschutzbehörden der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und des Bundes kommen daher zu dem Ergebnis, daß die SC die gesetzlichen Beobachtungsvorraus-setzungen der §§3 Abs.1 Nr.1 und 4 Abs.1 lit c BverfSchG auch hinsichtlich des Vorliegens "politisch bestimmter, ziel- und zweckgerichteter Verhaltensweisen" gegeben sind. Daß der Gesetzgeber beim Gesetzgebungsverfahren an das konkrete Phänomen "Scientology" wahrscheinlich nicht gedacht hat, ist wegen des generell-abstrakten Charakters jeder gesetzlichen Regelung unbeachtlich.

Folgt man dieser Auffassung, so ist festzuhalten, daß Verhältnismäßigkeitserwägungen, insbesondere zur Größe des Beobachtungsobjekts, zum Problem der Mitgliederangaben und zur wirtschaftlichen Lage der SC sowie zur Erforderlich-keit einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz neben anderen Maßnahmen öffentlicher Stellen einem Tätigwerden des Verfassungsschutzes nicht entgegenstehen.

Für den Fall einer Beobachtung ist desweiteren zu bedenken, daß die Verfassungsschutzbehörden hinsichtlich der Information zur Scientology-Organisation als Beobachtungs-objekt einer Erwartungshaltung der Öffentlichkeit ausgesetzt sein werden, die aufgrund der rechtlichen Vorgaben der Verfassungsschutzgesetze nur eingeschränkt wird befriedigt werden können.

Ferner ist zu bedenken, daß eine ausreichende personelle und sachliche Ausstattung zur Verfügung stehen muß, nicht nur dann, wenn man auch den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel bei der Sammlung und Auswertung von Informationen über Scientology in Erwägung zieht.

 

 

4.1.6 Untersuchungen staatlicher Stellen und exemplarische Gerichtsverfahren gegen SC im In- und Ausland

 

Seit Gründung der SC lösten ihre Aktivitäten in zahlreichen Ländern Untersuchungen staatlicher Stellen aus.

Im australischen Bundesstaat Victoria erfolgte bereits 1963 eine Untersuchung, die ähnlich einem Prozeß geführt wurde. Alle Zeugen konnten einem Kreuzverhör durch andere Parteien unterzogen und vereidigt werden. Als Ergebnis der Untersuchung wurde 1965 der sogenannte "Anderson Report" vorgelegt, benannt nach dem Kronanwalt Kevin Victor Anderson, später Mitglied des höchsten Gerichts von Victoria. Aus dem Bericht sind folgende Schlußfolgerungen bemerkenswert:

"Scientology ist böse; ihre Techniken sind böse, ihre Praxis ist eine ernste Bedrohung der Gesellschaft, medizinisch, moralisch und sozial."

"Scientology ist eine schwere Bedrohung der Familie und des Familienlebens."

"Scientology ist eine Brutstätte der Falschheit, des Betrugs und der Phantasterei."

In der Folge wurden im australischen Bundesstaat Victoria eine Reihe von rechtlichen Verfügungen erlassen (Psychological Practices Act 1965), die es Scientology unmöglich machen, in der bisherigen Weise weiter zu verfahren, da es strikt verboten wurde, Scientology gegen irgendeine Form der Bezahlung oder finanziellen Gegenleistung auszuüben.

Der Kronanwalt und Mitglied des britischen Unterhauses Sir John G. Foster erstellte auf Anordnung des englischen Unterhauses einen amtlichen Bericht "Untersuchung über Praktiken und Wirkungen der Scientology" ("Enquiry into the Practice and Effects of Scientology - Return to an Order of the Honorable The House of Commons dated 20th Dezember 1971"). Foster lehnte einen generellen Bann, wie er in West- und Südaustralien und teilweise in Victoria ausgesprochen wurde, ab. Foster betont die Notwendigkeit für eine Nachprüfung der Privilegien, die religiösen Körperschaften gewährt werden; es könne nicht ausreichend sein, daß eine Gruppe von Menschen mit der Behauptung, an eine Gottheit zu glauben und sie zu verehren, Privilegien von großen ökonomischen Gewicht in Anspruch nehme und der Besteuerung und Rechnungslegung entkomme.